dankmal Freiheit DeNKMAL Mauer

Transkript

1 dankmal Freiheit DeNKMAL Mauer ACHTUNG! Sie verlassen jetzt OstRottweil

2 DeNKMAL Mauer Mauern sind äußeres Zeichen von Grenzen, Gesinnung und Ängsten von Völkern, Staaten, Gemeinschaften, einzelnen Menschen... Mauern sichern und schützen. Aber sie sind auch ein Symbol totalitärer Macht. Sie grenzen aus, isolieren und sperren ein. Sie verhindern Austausch. Austausch von Waren, Kultur, Bildung, Meinung, Liebe... Ein Leben ohne Mauern. Welche naiv-schöne Idee. Als die Mauer zwischen Ost-Berlin und West-Berlin stand, waren die Menschen aus dem Osten Flüchtlinge. Menschen, die aus Angst, Enttäuschung und Not flohen. Über 100 Menschen starben bei ihrem Fluchtversuch. Als die Mauer niedergerissen und die Wiedervereinigung realisiert wurde, konnte Austausch stattfinden. Austausch zwischen Menschen, Bildung, Sicherheit, Arbeit, Waren, Gütern, Kapital, Wohlstand. Flüchtlinge aus Kriegsgebieten fliehen nicht aus Lust. Wer verlässt gerne seine Heimat? Wir müssen bedrohten Menschen helfen. Aber sie gehören nicht hier her. Wir sind ihre Rettung und der Platz, von dem aus sie wieder aufstehen können. Menschen müssen in Freiheit (Meinungsfreiheit, Pressefreiheit ) und ohne Angst, verfolgt oder getötet zu werden, an dem Ort leben können, der ihre Heimat ist. Ohne Mauern. Aber Mauern stehen überall. Die Mauer zwischen Ost- und West-Berlin ist überall. Auch in Rottweil. Sichtbare. Unsichtbare. Mauern brauchen nicht zwingend Stacheldraht. Sie müssen nicht aus Beton sein. Baut nicht jeder Mauern? Täglich? Durch Vorurteile, Mobbing. Es geht um Toleranz und Freiheit. Und es geht vor allem um Bildung. Bildung ist die Basis für Demokratie. Wir haben diese Freiheiten. Wir können jederzeit nach Osten oder nach Westen. Nicht nur dafür ein Grund, dankbar und hilfsbereit zu sein. dankmal Freiheit Zu gehen, wohin wir wollen Zu lieben, wen wir wollen Zu lesen und schreiben, was wir wollen Zu demonstrieren, wofür und wogegen wir sind Zu sagen, was wir denken Michael Grimm, Rottweil

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4 Achtung! Sie verlassen jetzt West-Rottweil Autor/Quelle: Andreas Linsenmann Oktober 2015 Allseits bejubelt fiel vor einem Vierteljahrhundert die Berliner Mauer und mit ihr der eiserne Vorhang, der den Kontinent teilte. Heute werden bittere Ironie der Geschichte überall in Europa neue Grenzzäune und Mauern errichtet. Dieser Widerspruch wühlt Michael Grimm auf. Der Rottweiler Weinhändler hat daher vor seiner Bacchus- Vinothek in der Oberndorfer-Straße ein DeNKMAL Mauer aufgestellt: Er hat eines der Beton-Fertigbauelemente aufgetrieben, mit denen ab 1961 die innerdeutsche Grenze abgeriegelt wurde und ein Schild mit der Aufschrift Achtung! Sie verlassen jetzt West- Rottweil daneben gestellt. Es erinnert an die Hinweise, die in Berlin bis zum Bau von Mauer und Todesstreifen, die mindestens 136 Menschen das Leben gekostet haben, davor warnten, dass man gleich die von den westlichen Besatzungsmächten verwalteten Sektoren der Stadt verlasse und den Herrschaftsbereich der Sowjets sowie des DDR- Regimes betrete mit nicht absehbaren Folgen. Indem er diese historische Konstellation auf Rottweil überträgt, provoziert Michael Grimm. Und zwar ganz bewusst. Seine Installation ist sehr wörtlich als eine Aufforderung zu verstehen: denk mal! Es ist ein Anstoß, sich aus der saturierten Wohlstands-Komfortzone heraus zu geben und sich in die Lage derer zu versetzen, die durch ihre Lebensumstände mit existenziellen Herausforderungen konfrontiert sind, die vor Terror, Tod und Elend flüchten zu uns. Die Installation erinnert daran: Auch die Freiheit der Deutschen war einmal geteilt, bedroht und andere mussten sich dafür einsetzen, dass sich das zarte Pflänzchen der Freiheit zumindest im Westen entwickeln konnte. Für Grimm ist das ein Grund, dankbar zu sein. Aber auch etwas, das verpflichtet. In einem Begleittext geht er über den Zwiespalt nicht hinweg: Mauern sichern und schützen, schreibt er. Aber sie sind auch ein

5 Symbol totalitärer Macht. Sie grenzen aus, isolieren und sperren ein. Sie verhindern den Austausch von Waren, Kultur, Bildung, Meinung fährt er fort. Grimm betont: Flüchtlinge aus Kriegsgebieten fliehen nicht aus Lust. Wer verlasse schon gerne seine Heimat, fragt er und dürfte von überzeugten Rottweilern meist eine klare Antwort erhalten. Für Grimm steht folglich fest: Wir müssen bedrohten Menschen helfen. Wir sind, schreibt Grimm, ihre Rettung und der Platz, von dem aus sie wieder aufstehen können. Mit diesem glasklaren Appell zu Solidarität und Menschlichkeit liegt er ganz auf einer Linie mit John F. Kennedy, der im Juni 1962 den West-Berlinern zurief: Die Freiheit ist unteilbar, und wenn auch nur einer versklavt ist, dann sind nicht alle frei.