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1 StudiezurLebenssituationvon TranssexuelleninNordrhein6Westfalen vonwiebkefuchs,dr.danchristianghattas,deborahreinert,charlottewidmann

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3 Vorwort Ausgrenzungen und Vorurteile im beruflichen und privaten Umfeld zu erleben, das gehört zum Alltag von transsexuellen Menschen. Fehlende Wertschätzung, oft auch Beleidigungen und grenzüberschreitende Fragen nach dem Körper sind Beispiele für offene oder subtile Diskriminierungen, unter denen transsexuelle Menschen zu leiden haben. Die nordrhein-westfälische Landesregierung tritt jeder Form der Missachtung von Selbstbestimmungsrechten und jeder Form von Gewalt konsequent entgegen. Menschen müssen unabhängig von ihrer sexuellen Identität anerkannt und wertgeschätzt werden. Außerdem gilt es, antiquierte Geschlechtsrollenklischees zu überwinden, die die Menschen in ein enges Korsett pressen. Bei der Erarbeitung von Empfehlungen für einen NRW-Aktionsplan gegen Homound Transphobie hat sich gezeigt, dass über die Lebenslagen und Diskriminierungserfahrungen von Transsexuellen wenig bekannt ist. Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland, Landesverband Nordrhein-Westfalen e.v. (LSVD NRW), trägt mit der vorliegenden ersten empirischen Studie zur Lebenssituation von Transsexuellen in NRW dazu bei, diese Wissenslücke zu schließen. Besondere Authentizität gewinnt die Studie, indem transsexuelle Frauen und Männer selbst zu Wort kommen. So sagt ein Transsexueller im Interview: Ich habe halt gemerkt, ich gehörte nirgendwo dazu. Ich gehörte nicht in die Mädchenclique, nicht in die Jungenclique. Ich war also schön gepflegte neun Jahre Außenseiter. Die Botschaft ist klar: Er wollte seine Identität offen leben so wie alle anderen Teilnehmenden der Studie auch. Ich hoffe sehr, dass diese Veröffentlichung aufklärt und zu mehr Sensibilität, Offenheit und Akzeptanz beiträgt damit Transsexuelle als Teil der bereichernden Vielfalt unseres Landes überall dazu gehören und sich zugehörig fühlen können. Barbara Steffens Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen

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5 StudiezurLebenssituationvonTranssexuelleninNRW vonwiebkefuchs,dr.danchristianghattas,deborahreinert,charlottewidmann FürdieMitwirkunganderStudiebedankenwirunsbeidenen,diedenumfangreichenFragebogen ausgefüllt,beiallunsereninterviewpartner_innen,dieunsihrezeitundihrvertrauengeschenkt,die uns persönliche Einblicke in ihr Leben gewährt und die uns für die Interviews zur Verfügung gestandenhaben. Unser Dank geht an Merit KummerfürdieMitwirkunganderErstellungdesFragebogens. Vielen DankauchanChristinaundLouisRossnervonTransfamily,anDr.GesineFuchs,EricMeierhof,Dr. BeateRitzertundganzbesonderenDankanJulianSchnorr. KölnimMärz2012 WiebkeFuchs,Dr.DanChristianGhattas,DeborahReinert,CharlotteWidmann gefördert vom: 1

6 Inhaltsverzeichnis Seite I.Einleitung 4 I.1Ziel,Untersuchungsgruppe,Zeitrahmen 4 I.2Terminologie 7 I.3ZumDiskriminierungsbegriff 11 II.ZusammenfassungderErgebnisse 13 III.VorschlägezurVerbesserungderLebenssituationvonTranssexuellen 17 IV.DasTranssexuellengesetz(TSG)2012 aktuellerechtslundproblemlage 21 V.MethodikderStudie 25 V.1Interviews 25 V.2Fragebögen 29 V.3InterviewsundFragebögen:AnalysedesMaterials 30 VI.AuswertungderindenFragebögenundInterviewserhobenenDaten 32 VI.1AllgemeineSituationderteilnehmendentranssexuellenMenschen 32 VI.1.aDemographischeDaten 32 VI.1.a.1Interviews 32 VI.1.a.2Fragebögen 33 VI.1.bGeschlechtsidentitätundSelbstwahrnehmung 51 VI.1.cDiskriminierungserfahrungenundBewältigungsstrategien 55 TabelleVI.1.c.1:ListederBewältigungsstrategien 60 VI.2ErfahrungentranssexuellerMenschenimöffentlichenRaum(Straße,Geschäfte, Gastronomie,Clubs,öffentlicheVerkehrsmitteletc.), imsoziallebenundimfreizeitbereich 62 VI.3ErfahrungentranssexuellerMenschenimKontaktmitBehördenwährendund nachdertransition 73 TabelleVI.3.2:ErfahrungenmitGutachter_innenimVerfahrennachTSG 84 VI.4ErfahrungentranssexuellerMenschenimGesundheitswesen 86 TabelleVI.4.a:DurchgeführtegeschlechtsangleichendeMaßnahmen 102 TabelleVI.4.b:KostenübernahmefürgeschlechtsangleichendeMaßnahmen 103 TabelleVI.4.c:ZufriedenheitmitdemGesundheitssystem 104 TabelleVI.4.d:ErlebteSituationenimGesundheitssystem 108 VI.5ErfahrungentranssexuellerMenscheninderSchule,imStudiumundinder AusbildungvorundnachdemComingaOut 113 TabelleVI.5.a:ErlebteSituationeninSchule,Ausbildung,StudiumundFortbildung 123 VI.6ErfahrungentranssexuellerMenschenimberuflichenKontext 124 TabelleVI.6.a:ErlebteSituationenimAngestelltenverhältnis 129 TabelleVI.6.b:ErlebteSituationeninderSelbständigkeit 130 VI.7ErfahrungentranssexuellerMenscheninderFamilieundderPartnerschaft sowieimprivatenumfeld 131 TabelleVI.7.a:ErlebteSituationeninFamilie,PartnerschaftundFreundschaft 144 VI.8ErfahrungentranssexuellerMenschenmitHilfsstrukturen(SHGsetc.) 150 2

7 Appendix 161 A.1SelbsthilfegruppenundBeratungsangebote 161 A.2TranssexuellengesetzLTSG 161 A.3InterviewaLeitfaden 167 Literaturverzeichnis 168 DieAutor_innen 171 3

8 I.1Ziel,Untersuchungsgruppe,Zeitrahmen Trans*MenschenüberschreitendieinwestlichenGesellschaftenfestverankerteEinteilungaller MenscheninzweiGeschlechter,indemsieihrGeschlechtverändernbzw.wechseln.Systematisch erhobenedatenzurbenachteiligungvontrans*personenindeutschlandgibtesnicht.überihre soziale Situation ist abseits des medizinischen Diskurses und der Beratungsarbeit sehr wenig bekannt. 1 DieseFeststellungentreffenJannikFranzenundArnSauerinihrervonderAntidiskriminierungsstelle desbundesherausgegebenenstudie.dasdortformuliertedesideratgehtdievorliegendestudiefür NordrheinaWestfalen an. Sie basiert auf einer umfangreichen Bestandsaufnahme der LebensumständeundLebensverläufevon98transsexuellenMenschen(68Fragebögenmit89Fragen zu 13 Bereichen und 30 zweistündigen Interviews), die in NRW ihren Hauptwohnsitz haben und deren soziales Leben sich in NRW abspielt. Die Studie wurde im Rahmen der Erarbeitungen von EmpfehlungenfüreinenNRWaAktionsplangegenHomoaundTransphobiegefördert. In den letzten Jahren lassen sich auf gesellschaftlicher, politischer und auch medizinischerebene positive Veränderungen hin zu einer größeren Akzeptanz von Trans*aMenschen beobachten. Die vorliegendestudiewirddiesemiteinbeziehen,aberausobengenanntengründendenfokusaufdas legen, was noch zu machen ist. Daher ist dashauptaugenmerk der Studie gerichtet auf die vielfältigen Diskriminierungserfahrungen transsexueller Menschen in den unterschiedlichen Bereichen, ihren Bewältigungsstrategien und den sich daraus ergebenden Desideraten an unterstützender Infrastruktur wieetwaspezialisierten Beratungsstellen,fachlichgeschulten Ansprechpartner_innen zu rechtlichen Fragen oder auch einen besseren Informationsstand von Behörden, Schulen etc. zum Thema Transsexualität, denen mit politischem Handeln begegnet werdenkann. AlsersteempirischeStudieüberdieLebenssituationtranssexuellerMenscheninDeutschland 2 gibt die Studie einen Einblick in die aktuelle Situation und Lebensvielfalt transsexueller Menschen in NRW.Dabeiwerdenu.a.folgendeFragenbehandelt: Wie sehen transsexuelle Menschen in NRW ihre soziale Situation, wie sind ihre Erfahrungen in Bezug auf Unterstützung oder Diskriminierungen im Beruf, im Gesundheitswesen,beiBehörden,inderFreizeit,inderFamilie,imFreundeskreisoder imweiterensozialenumfeld? Wie zufrieden sind sie mit der medizinischen Versorgung und dem gerichtlichen VerfahrennachTranssexuellengesetz(TSG)? 1 Franzen,Jannik;ArnSauer(2010):BenachteiligungvonTrans*Personen,insbesondereimArbeitsleben.Expertiseim AuftragderAntidiskriminierungsstelledesBundes,Berlin,S.5.EineListederinEuropa,USAundAustralienzwischenden Jahren2000und2010entstandenStudienzurLebenssituationvonTrans*MenschenfindetsichinFranzen/Sauer(2010),S. 31a33. 2 DieempirischeStudievonJannickBrauckmannuntersuchtmitdenPartnerschaftenvontranssexuellenMännernund ihrem Verständnis von MannaSein und FrauaSein nur einen kleinen Ausschnitt der transsexuellen Lebensrealität, vgl. Brauckmann,Jannik(2002):DieWirklichkeittranssexuellerMänner:MannwerdenundheterosexuellePartnerschaftenvon FrauazuaMannaTranssexuellen. 4

9 AnwenwendensichdieBetroffenen,welcheBeratungsmöglichkeitensteheninNRWzur Verfügung,wiewerdendiesegenutzt? Welche Ressourcen haben transsexuelle Menschen, um sich politisch oder gesellschaftlichfürihrerechtezuengagieren? WiegehensiemitihrersexuellenOrientierungum,wiesindhierspezifischeProbleme gelagert? Erfahren transsexuelle Frauen eine besondere Diskriminierung, zusätzlich zu Diskriminierungen, die Frauen in unserer Gesellschaft generell erfahren? Welche Rolle spieltderaspektdermehrdimensionalendiskriminierung? DeruntersuchtePersonenkreiswurdedabeiaufMenschenbeschränkt,dievoneinemderbeiden juristischengeschlechterdemanderendurchvornamensaund/oderpersonenstandsänderungnach TSG zugeordnet wurden (im Folgenden abgekürzt mit VÄ bzw. PÄ), sich im Verfahren nach TSG befindenoderdiesesinunmittelbarerzukunftbeabsichtigenundersteschrittedafürindiewege geleitethaben.diesemenschenwerdenimrahmenderstudieimsinnedestsgmitdembegriff Transsexuellebzw.transsexuellbezeichnet. Dies bedeutet nicht, dass die Verfasser_innen dieser Studie Menschen, die sich noch keiner VornamensaoderPersonenstandsänderungunterzogenhabenoderdiese(noch)nichtplanen,ihre Transsexualität oder ihr Trans*aSein absprechen: Wir vertreten die Auffassung, dass über die GeschlechtsidentitäteinesMenschennurdiePersonselbstverlässlichAuskunftgebenkannunddass dievaliditätdieserauskunftnichtdurchmedizinischeoderjuristischeschrittegestütztwerdenmuss. Die Gründe für die Eingrenzung auf die oben beschriebene Personengruppeergebensichdaher ausschließlichausderbedingungdernötigenvergleichbarkeitderteilnehmendentrans*amenschen inbezugauf ErfahrungenmitbehördlichenVorgängenimRahmenderVÄ/PÄnachTSG ErfahrungenmitGutachter_innenimRahmenderVÄ/PÄnachTSG ErfahrungenmitdemComingaOutinBeruf,FamilieundFreizeit(dasausreinbürokratischen GründenspätestensbeiderVÄindieWegegeleitetwerdenmuss) ErfahrungenmitdermedizinischenVersorgung(dadergrößereTeiltranssexuellerMenschen somatische Maßnahmen vor der oder spätestens parallel zur VÄ/PÄ einleitet) und den Krankenkassen Erfahrungen mit Diskriminierungen aufgrund von habitueller Präsentation (z.b. Verhalten) undpassing(alsoderangleichungdeseigenenäußerenerscheinungsbildesandieinunserer Gesellschaft als weiblich oder männlich wahrgenommen Erscheinungsbilder); die VÄ erzwingtauchhierinderregeleinvollständigescomingaoutinvielenlebenslagenundkann Diskriminierungsowohlverschlimmernalsauchvermindern(z.B.isteintranssexuellerMann, dersichimstadiumvorderoperativenentfernungderbrust(mastektomie)befindet,aber die VÄ bereits hinter sich gebracht hat, der größeren Gefahr, diskriminiert zu werden, ausgesetzt). 5

10 DerHauptzeitraumderanalysiertenDatenliegtindenJahren2005bis erließ das Bundesverfassungsgericht (BVerfG)einesehrbemerkenswerteEntscheidungzum VerlustdesgeändertenVornamensbeiHeirat(1BvL3/03)undwardamitwegweisendfürdieinden folgenden Jahren wachsende gesellschaftliche Akzeptanz von Trans*Menschen. Die Fragen im Fragebogen zu erlebten Situationen im Zusammenhang mit der eigenen Transsexualität, etwa in Schule, Beruf oder Familie, beziehensichdaherexplizitaufdenzeitraum2005a2011. Eine tiefgreifende Analyse der Lebenssituation transsexueller Menschen, insbesondere jener im Alter jenseitsvon35jahren,istallerdingsnichtmöglichohnedieeinbeziehungderzeitvor2005.inden InterviewsfragenwirdaherauchnachderZeitvor2005,umzueruieren,inwieweitgesellschaftliche StrukturenderDiskriminierungoderauchderAkzeptanzbisheutefortdauernodersichverändern (zurmethodiks.ausführlichkap.v). Die Ergebnisse dieser Studie haben wir im Folgenden pragmatisch und im Sinne eines schnellen Zugriffsgeordnet.NacheinerkurzenErläuterungderverwendetenTerminologie(Kap.I.2)unddes Diskriminierungsbegriffs (Kap. I.3) folgt daher zu allererst eine Zusammenfassung der Ergebnisse (Kap. II). Hier geht es vor allem um die Probleme, die in einer Vielzahl von Lebensbereichen gleichermaßenauftreten.konkretehandlungsvorschläge,wiesichdieseproblemeauflandesebene verringernlassen,findensichimdarauffolgendenkapitel(kap.iii). AufeinenAbrissüberdieEntwicklungdesTranssexuellengesetzes(TSG)seitseinemInkrafttretenam und die Darstellung der aktuellen Rechtslage und Rechtsproblematik (Kap. IV) folgt die ErläuterungderinderStudieverwendetenMethoden(Kap.V).DieAnalysekapitelbeginnenmiteiner Beschreibung der demographischen Struktur der teilnehmenden transsexuellen Personen (Kap. VI.1.a), der Darstellung ihres Zugangs zur eigenen Geschlechtsidentität (Kap. VI.1.b) sowie ihres Verhältnisses zu Diskriminierung im Allgemeinen und den von ihnen verwendeten Bewältigungsstrategien(Kap.VI.1.c). Die Kapitel VI.2 bisvi.8 bieten eine Analyse der Erfahrungen transsexueller Menschen in verschiedenen Lebensumfeldern, geordnetnachdenerfahrungenimöffentlichenraum,im SoziallebenundinderFreizeit(Kap.VI.2),mitBehörden(Kap.VI.3),imGesundheitswesen(Kap.VI.4), inschule,ausbildungundstudium(kap.vi.5),imberufsleben(kap.vi.6),imprivatenumfeldvon FamilieundFreunden(Kap.VI.7)undmitHilfestrukturen(Kap.VI.8).AmEndeeinesjedenKapitels stehteinkurzesfazit. Im Appendix findet sich ein Link zu einer Webseite, auf der die Selbsthilfegruppen und das BeratungsangebotinNRWdargestelltsindunddieregelmäßigaktualisiertwird(A.1),dasTSGinder aktuellen Version inklusivederdurchdiebeschlüssedesbundesverfassungsgerichtsmodifizierten Paragraphen(A.2)undderLeitfadenfürdieInterviews(A.3). 6

11 I.2.Terminologie Betrachtet man die Vielzahl der Internetauftritte und Veröffentlichungen deutscher sowie internationalerselbsthilfegruppenundnichtregierungsorganisationen,zeigtsichschnelleinganzes SpektrumvonSelbstbezeichnungenundDefinitionen.WährendsicheinTeilderTerminologieengan denmedizinischendiskursundandassystemvonzweiklarunterscheidbarengeschlechternanlehnt, positionieren sich andere Begrifflichkeiten komplett jenseits aller Kategorisierungen. Begriffe zu finden,dieallenlebensentwürfenundgeschlechtsidentitätengerechtwerden,istdahernaturgemäß schwierig.wirhabenunsdeshalbimfolgendenaufjenebegriffebeschränkt,diefürdassprachliche VerständnisderStudierelevantsind. Transsexuelle,transsexuell verwendenwirfürdiesestudieimsinnedestsgalsbezeichnungfürmenschen,dievoneinemder beiden juristischen Geschlechter dem anderen jeweils durch Vornamensa und/oder PersonenstandsänderungnachTSG zugeordnet wurden(imfolgendenabgekürztmitväbzw.pä), im Verfahren zur VÄ/PÄ nach TSG befindlich sind oder dieses in Kürze anstreben und die ersten SchrittedafürindieWegegeleitethaben. Transidente,transident Manche Betroffene lehnen die Begriffe Transsexuelle und transsexuell aufgrund des darin enthaltenenwortes sexuell ab,dadiesespotentielleinenfalschenbezugzur Sexualität bzw.zur sexuellen Orientierung herstellt. Mit dem Begriff transident betonen sie daher den Bezug zur Identität. Transfrau Transfrauen haben eine weibliche Geschlechtsidentität (bei vormals zugewiesenem männlichen Geschlecht). Transmann Transmänner haben eine männliche Geschlechtsidentität (bei vormals zugewiesenemweiblichen Geschlecht). Frau/Mannmittranssexueller/transidentischerVergangenheit Diese Bezeichnung wählen manche Menschen, für die Transsexualität ein Durchgangsstadium auf demweginihridentitätsgeschlechtalsfrauodermannist. 3 Trans*,Trans*Mensch,trans* 3 Franzen,Jannik;ArnSauer(2010): Benachteiligung von Trans*Personen, insbesondere im Arbeitsleben. Expertise im AuftragderAntidiskriminierungsstelledesBundes,S.10. 7

12 Der Querschnitt der Interviews zeigt, dass auch Menschen, die ihre VÄ und/oder PÄ nach TSG durchgeführt haben und daher nach der Definition dieser Studieals transsexuell geltenkönnen, diese Definition für ihre Selbstbeschreibung nicht zwangsläufig als passend empfinden, z.b. dann, wennsiesichmehrimdazwischenoderjenseitsvongeschlechtverorten.trans*isteinrechtjunger, im deutschsprachigen Raum inzwischen verbreiteter, weit gefasster Oberbegriff, der die Existenz einervielfaltvongeschlechtlichenidentitätenabbildet. 4 InNRWfindetderBegriffu.a.Verwendung beiderselbsthilfegruppeundinternetplattformtransfamily( Transgeschlechtlichkeit,transgeschlechtlich Vergleichbar mit Trans* beschreibt der Begriff eine Vielzahl geschlechtlicher Identitäten und Ausdrucksweisen jenseits der ZweiaGeschlechteraNorm, ohne auf das medizinische Vokabular zurückzugreifen. 5 Transphobie DerBegriffbezeichnetdieFurchtvorund/oderdieAversiongegenMenschen,diedieGrenzender Zweigeschlechtlichkeit durch ihre Geschlechtsidentität oder ihren Geschlechtsausdruck überschreiten. Hill und Willoughby definieren Transphobie als emotionale Abscheu gegenüber Individuen, deren Verhalten nicht den gesellschaftlichen Erwartungen im Hinblick auf das für eine Frau oder einen Mann angemessene Verhalten entspricht. 6 Diese Abscheu führt dann (in unterschiedlichem Maß) zu negativen Einstellungen und Vorurteilen, zur Stigmatisierung und AbwertungtransgeschlechtlicherMenschen,zurVerleugnungderExistenzvonTranssexualitätund Trans*Menschen, zur Befürwortung von Diskriminierung und zur Diskriminierung und Gewalt gegenüber Trans*Menschen bzw. transgeschlechtlichen Lebensformen. Transphobie hat wie Homophobie,Rassismus,SexismusoderAntisemitismussowohleinegesellschaftlich,alsaucheine politischedimension. 7 Transphobie und die daraus resultierenden Diskriminierungen betreffen allerdings nicht nur transsexuellemenschenbzw.trans*menschen.siekönnenallemenschentreffen,derenverhalten alsimobengenanntensinn abweichend wahrgenommenwird.sowirdetwaeinheterosexueller oderhomosexueller femininer Mann,deraufderStraßeangepöbeltwird,inderRegelnicht aufgrundseinersexuellenorientierungbedroht,sondernaufgrundseinesgeschlechtsausdrucks. CrossLDressing bezeichnetimengl.sprachraumundinnerhalbdertrans*communitydastragenderspezifischen KleidungdesanderenGeschlechts(imSinnedesGeschlechts,demmannichtbeiGeburtzugewiesen wurde)unabhängigvomjeweiligenbeweggrund. 4 Vgl.Franzen,Jannik;ArnSauer(2010):BenachteiligungvonTrans*Personen,insbesondereimArbeitsleben.Expertiseim AuftragderAntidiskriminierungsstelledesBundes,S.7undFußnote8. 5 Vgl.Franzen/Sauer(2010),S.9. 6 Vgl.Hill,D.;Willoughby,B.(2005):TheDevelopmentandValidationoftheGenderismandTransphobiaScale S Vgl.a.Kummer,Merit(2011):ProblembeschreibungTranspobie,S.4. 8

13 Transition bezeichnetdengesellschaftlichenübergangvoneinemjuristischengeschlechtindasandere.dazu gehöreninderregelsowohljuristische(väundgegebenenfallspänachtsg)alsauchmedizinische Maßnahmen(Hormontherapie,geschlechtsangleichendeOperationen).FürdenZeitraum,deneine Transition einnimmt, gibt es keine objektivierbaren Kriterien. Nach allgemeinem Sprachgebrauch innerhalbdercommunityistdietransitiondannzuende,wenndertransitionierendemenschsiefür beendet erachtet. Das kann für den einenmenschenbedeuten,dassdietransitionnachdervä abgeschlossen ist,auchwennkeineweiterenmedizinischenmaßnahmengeplantsind.andere, insbesondere abernichtausschließlich Transfrauen,könnendasGefühlhaben,dassdieTransition nie zu Ende geht, weil sie von ihrem Umfeld trotz aller Maßnahmen nicht in ihrer Geschlechtsidentität akzeptiert werden. Wann die Transition endet, hängt somit maßgeblich von zwei Faktoren ab: der Innenwahrnehmung der transitionierenden Person und der Reaktion der Umwelt. Passing bezeichnetsowohldassubjektivegefühlimalltagindereigenengeschlechtsidentitätalsfrauoder Mann wahrgenommen zu werden, alsauchobjektivierbarekriterien, wiebeispielsweise die reibungsloseverwendungdesrichtigenpronomensundvornamensdurchandereoderdieinklusion ingeschlechtsspezifischesozialekontexte(z.b.keinthemenwechselineinermännergruppe,wenn ein Transmann dazu stößt) oder die richtigen, gesellschaftlich üblichen Reaktionen des Gegengeschlechts(alsKlischeez.B.dasAufhaltenderTürfüreineTransfrau).InderRegelerfordert Passing eine gewisse körperliche Angleichung an das gefühlte Geschlecht, wobei der Grad der nötigen Angleichung jenachregion(z.b.bundesland,ländlicheoderstädtischegegend),sozialem undkulturellemumfeldsehrunterschiedlichausfallenkann. ComingLOut bezeichnet die bewusste und gezielte Offenbarung der eigenen Geschlechtsidentität gegenüber anderen, in der Regel in Form eines Gesprächs, einer , eines Briefs oder anderer Kommunikationsmedien. Vornamensänderung(VÄ) Die Vornamensänderung nach 1 TSG erfordert die Beantwortung der Frage, ob mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sich das Zugehörigkeitsempfinden der beantragenden PersonzumanderenGeschlechtnichtmehrändernwird.HierzuholtdasGerichtzweiunabhängige psychologischegutachtenein.fürdiebeantragendepersonbedeutetdiesinderregelzweibisfünf Termine bei den jeweiligen Gutachter_innen, bei denen intime und in vielen Fällen grenzüberschreitendefragennachdemleben,der transsexuellenentwicklung,dersexualitätund anderen Bereichen gestellt werden. Ziel der Gutachten (wenn auch nicht des TSG) ist die psychiatrischediagnosetranssexualität(f64.0nachicda10) 9

14 NacherfolgterVornamensänderunggreift 5 TSG, das sogenannte Offenbarungsverbot: Die alten VornamendürfendannohneZustimmungdesAntragstellersnurnochoffenbartoderausgeforscht werden, wenn besonderegründedesöffentlicheninteressesdieserfordernodereinrechtliches Interesseglaubhaftgemachtwird. Personenstandsänderung(PÄ) Ursprünglich waren für die Personenstandsänderung drei Dinge notwendig: VÄ nach 1 TSG, Ehelosigkeit(impliziterScheidungszwangbeiverheiratetenTranssexuellen),geschlechtsangleichende Operationen und Unfruchtbarkeit. Durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom wurde der Zwang zur Ehelosigkeit, im Beschluss vom der Zwang zu geschlechtsangleichenden Operationen und zur Unfruchtbarkeit für verfassungswidrig erklärt. Seit dem geltenbisaufweiteresdieselbenbedingungenfürdieväwiefürdiepä. Intersexualität/Intergeschlechtlichkeit,intersexuell/intergeschlechtlich IntergeschlechtlichePersonensindMenschen,diesichimHinblickaufihrchromosomales,gonadales oder anatomischesgeschlechtnichtindiemedizinischenormmännlicherundweiblicherkörper einordnenlassen. Der medizinische Begriff DSD Disorders ofsexdevelopment (Störungdergeschlechtlichen Entwicklung),der2006alsOberbegrifffürverschiedene intersexuellesyndrome etabliertwurde, suggeriertmitdembegriffder Störung,dasseinigeVariationenmenschlicherKörpervermeintlich normalerundsomitwünschenswertersindalsandere.körper,diediesenormnichterfüllen,gelten ausdieserperspektivealsuntypischundgestört.alseinefolgedieserperspektivewerden falsch ausgebildete GenitalebereitsimKleinkindalterbzw.kurznachderGeburtoperativ korrigiert.aus SichtintersexuellerAktivist_innenistdiesnichtmenschenrechtskonform. 8 IntersexuelleMenschen,derenGeschlechtsidentitätnichtdemGeschlechtentspricht,dasmanihnen beigeburtzugewiesenhat,wählenoftdenwegnachtsgumihrenvornamenundpersonenstand zuändern. 8 Vgl.diePressemitteilungdes1.InternationalIntersexOrganisationForums(Brüssel,3.a5. September 2011), vgl. 10

15 I.3ZumDiskriminierungsbegriff Der für diese Studie verwendete Begriff von Diskriminierung ist angelehnt an einen ( vermittelnden ) rechtlichen Begriff von Diskriminierung, wie er im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) 9 zufindenist,eineallgemeingültigerechtlichedefinitionvon Diskriminierunggibtesnicht. 10 Es lässt sich häufig nicht zweifelsfrei bestimmen, was Diskriminierung ist. Von eindeutigen Fällen abgesehen, ohne die es kein justiziables Diskriminierungsverbot geben könnte lässt sich kaum feststellen, wo sie anfängt und wo sie aufhört. Die aufnachweisbarkeit im Gerichtsverfahren ausgerichteteunddeswegennotwendigerweiseverengtedefinitionderdiskriminierungkanndaher dort, wo das Problem Diskriminierung ergebnisoffen erörtert wird, nur begrenzt Verwendung finden. Die subjektive Erfahrung der ungerechtfertigten Ungleichbehandlung allerdings ist, wie die InterviewsundFragebögenzeigen,eineTatsache.ImLebensalltagvontranssexuellenMenschensind diesesozialenerfahrungeninvergangenheitundgegenwarthandlungsleitend.betroffenepersonen reagieren mit größerer Sensibilität auf (ungerechtfertigte) Benachteiligungen und spüren entsprechendesignaleschon,bevorsieeinaußenstehenderwahrnehmenkann(z.b.imfalleeiner Nichtberücksichtigungbeieiner Beförderung). Das Gefühl, diskriminiert zu werden, ist real: Es hat dasrecht,beachtetundernstgenommenzuwerden. Daher wurde in den Interviews wie auch im Fragebogen ein subjektzentrierter Begriff von Diskriminierung verwendet. Dabei mussten die unter Transsexuellen häufigen Bewältigungsstrategien des UnsichtbaraMachens (wie etwa Verdrängen, Beschönigen oder Bagatellisieren,vgl.a.Kap.V.1Interviews,MethodischeProbleme)besondersberücksichtigtwerden. Zu diesem Zweck wurde etwa vor Beginn des Fragekomplexes II. Diskriminierung eine emotionszentriertedefinitionvondiskriminierungangeboten: Diskriminierungbedeutet,wennman aufgrund eines Merkmals beleidigt, benachteiligt oder ausgegrenzt wird. Es kommt dabei nicht daraufan,obdasmerkmaltatsächlichaufeinenzutrifftoderobeinediskriminierungbeabsichtigt ist. Man könnte sagen: Diskriminiert ist man, wenn es weh tut. Oder: Entscheidend für unsere Fragestellung ist nicht, ob tatsächlich eine Diskriminierung vorgelegen hat, sondern ob man sich diskriminiertfühlt. (Fragebogen,S.6).DieInterviewendenwarendaraufgeschult,ansolchenStellen behutsamnachzufragen,unddenkonkretenhergangdersituationgemeinsammitdeninterviewten möglichstklarherauszuarbeiten. 9 Vgl.AllgemeinesGleichbehandlungsgesetz(AGG)vom (BGBl.IS.1897)zuletztgeändertdurchArtikel15Abs.66 des Gesetzes vom I 160. Das AGG selbst spricht auch nicht von Diskriminierung sondern von (verschiedenen Formenvon)Benachteiligung(unmittelbar,mittelbar,Belästigung),undnichtjedeunterschiedlicheBehandlung,dieeinen Nachteil zur Folge hat, ist diskriminierend. Vgl. hierzu auch: Antidiskriminierungsstelle des Bundes (Hg.) (2010): AGG Wegweiser,S Vgl.Peucker,Mario(2010):DiskriminierungaufgrundderislamischenReligionszugehörigkeitimKontextArbeitsleben Erkenntnisse,FragenundHandlungsempfehlungen,S.9. 11

16 DieEntscheidungdarüber,obDiskriminierungim augenblicklichgültigen juristischensinnvorliegt oder nicht, trifft diese Studie somit nicht. Gegenstand dieser Studie ist stattdessen die real existierende DiskriminierungserfahrungmitFokusaufdenEinzelfallunddasgefühlteErlebendes oder der Einzelnen (vgl. a. Kap. V. Methodik). 11 DerBegriff Diskriminierungserfahrung gestattet dabei,dievielfaltvonsituationenunderlebnisseninihrerwirkungaufbetroffenezuerfassen.die ErweiterungdesrechtlichenBegriffsindiesubjektiveDimensionliefertdieVoraussetzungdafür,dass diese Studie jene zahllosen Tatbestände deskriptiv berücksichtigen kann, die von Trans*Menschen als diskriminierend erfahren werden und die ihre Lebensqualität beeinträchtigen unabhängig davon,ob(sämtliche)juristischenkriteriendesdiskriminiertaseinserfülltsind. Anmerkung: Die Erfahrungen Dritter mit Transsexuellen (z.b. Angehörige, Arbeitgeber_innen, Gutachter_innen) wurdenvonunsnichterhoben.solcheerhebungenwärenallerdingsnotwendig,umeinengenaueren EinblickindiesozialeDynamikderpotentiellzuDiskriminierungserfahrungenführendenSituationen zugewinnen. 11 Vgl.a.Peucker,Mario(2010):DiskriminierungaufgrundderislamischenReligionszugehörigkeitimKontextArbeitsleben Erkenntnisse, Fragen und Handlungsempfehlungen, S. 12: Die Dimensionen der strukturellen Diskriminierung und der interpersonellen Ungleichbehandlung beziehen sich beide auf tatsächliche, reale ( objektive ) Phänomene der Ausgrenzung, die aber oft nur mittelbar messbar sind und sich einer genaueren Aufdeckung und Analyse teilweise entziehen.[ ]Grundsätzlichandersverhältessichmitderdritten( querliegenden )DimensionvonDiskriminierung,den subjektiven Diskriminierungserfahrungen, die sich sowohl auf interpersonelle wie auch auf strukturelle Formen der Ungleichbehandlung beziehen können. Hierbei betrachtet man Diskriminierung unabhängig von der Frage, ob Diskriminierungtatsächlichstattgefundenhat,undkonzentriertsichstattdessenaufdiePerspektiveundErfahrungender von Diskriminierung Betroffenen. Diese subjektive Dimension der individuellen Diskriminierungserfahrungen ist kein geeigneter Gradmesser für das tatsächliche Ausmaß der objektiv stattfindenden Diskriminierung und ist daher als InformationsquellezurquantitativenReichweitevonUngleichbehandlungnurbegrenztverwendbar.Andererseitsistdiese subjektive Sichtweise für viele Fragestellungen, etwa zu psychischen Reaktionen der betroffenen Personen auf Diskriminierungserlebnisse,vonzentralerBedeutung[ ] diefrage,obdiskriminierungtatsächlichvorgefallenistodernur vonderbetroffenenpersonsoempfundenwurde,spieltdabeieineehernachrangigerolle. 12

17 II.ZusammenfassungderErgebnisse Transsexuelle Menschen finden sich häufig in multiplen Belastungssituationen mit Problemen in verschiedenen Lebensbereichen wieder. Die Betroffenen berichten dabei von unterschiedlichen ErfahrungenmitAkzeptanzundDiskriminierungvor,währendundnachderPhasederTransition(zur Terminologies.Kap.I.2). Während der Transition haben viele Transsexuelle noch kein gutes Passing bzw.werdenvom sozialenumfeldalsgeschlechtlichuneindeutigwahrgenommen,waszueinemerhöhtenrisikoführt, diskriminiertundbenachteiligtzuwerden.nachdertransitionkannsichdiesesituationverändern undmitentsprechendempassingwerdenvielesituationenunproblematischer.transmännerhaben in vielen Fällen durch die Hormonbehandlung nach einiger Zeit ein sehr gutes Passing. Für TransfrauensiehtdieSituationsehrvielwenigergünstigaus. Dennoch geben alle Interviewpartner_innen, 12 egalobsienochambeginnihrertransitionstehen odersieschonlängerabgeschlossenhaben,an,dasssiediesenschrittnochmalsgehenwürdenund dass sich ihre Lebensqualität dadurch nachhaltig verbessert hat, obwohl viele auf große Widerstände und Probleme gestoßen sind.dieszeigt,wiezwingendesfürsiewarbzw.ist,ihre eigene Identität offen zuleben.teilweisehabensieimmernochmitgravierendenfolgen (Ausgrenzung im sozialen Umfeld und in der Familie, Arbeitsplatzverlust, finanzielle und gesundheitlicheproblemeusw.)diesesschritteszukämpfen. AufgrunddesstarkenemotionalenBezugsundnichtzuletztderwirtschaftlichenVerflechtungkann diefamiliesowohldiegrößtequellederunterstützungalsauchdiegrößtequellederablehnung sein. Obwohl viele Betroffene davon berichten, dass die Unterstützung insbesondere durch Freund_innen, Partner_innenunddurchihreFamiliesiestabilisiert,machtdieStudieebenfalls deutlich, dass gerade die engsten Angehörigen nicht immer in der Lage sind, mit der Situation umzugehen. Besonders die Familie durchläuft oft eine Phase des Nichtanerkennens,Verleugnens oder nicht Ernstnehmens der Geschlechtsidentität des transsexuellen Familienmitglieds. Dies geht teilweisebiszumkontaktabbruch. NacheinerPhasederakutenKonfliktealsReaktionaufdastranssexuelleComingaOutbeginntdann jedochinmanchenfällendieveränderungundentwicklungderbeziehungen,sodassnacheinem längeren Zeitraum eine gewisse Stabilisierung einsetzt. In anderen Fällen bleiben die Beziehungen dagegendauerhaftgestört. Der ZeitpunktdesComingLOuts ist individuell sehr unterschiedlich. Eigene und übernommene Rollenbilder,VorstellungenvonGeschlechtalseindeutigundunveränderlichundeineVielzahlvon Ängsten, die häufig durch fehlendes Wissen über das Thema Transsexualität verursacht werden, 12 ImRahmendieserStudiewurdennurMenschen befragt, welche die Transition (VÄ/PÄ) durchlaufen haben, sich im VerfahrennachTSGbefindenoderdiesesinKürzeplanenunddiesbezüglicherstekonkreteSchritteunternommenhaben. Menschen,diedenWegderTransitionnochnichtoffiziellgegangensindodergehen,wurdennichterfasst. 13

18 führen dazu, dass viele Transsexuelle zögern,dietransitionzubeginnen,obwohlsiesichschon längerihreridentitätbewusstsind. Zugleich berichten die Betroffenen von einem Konformitätsdruck, der aus erlebten oder befürchtetenausgrenzungserfahrungenbesteht,wieablehnung,liebesentzug,beziehungsabbruch, dem Ende der beruflichen Karriere und dem damit verbundenen finanziellen Absturz. Die BetroffenenundihreAngehörigenstehensooftuntereinemerheblichenDruckmitderFolgeeiner extremenpsychischenundökonomischenbelastung,oftmalsauchüberlastung. Im Bereich Schule, Ausbildung und Arbeitsweltlässtsichfeststellen,dass wennschulleitung, Vorgesetzte,Geschäftsführungusw.wirklichhinterdenBetroffenenstehen dietransitioninden meisten Fällen positiv verläuft. Bei mangelnder oder nur vordergründiger Unterstützung ( Lippenbekenntnissen )durchdieverantwortlichenkumulierendieprobleme,dieausablehnung, Unwissen oder tradierten Vorstellungen von Geschlecht entstehen. Die fehlende Kompetenz von Arbeitgeber_innen und Vorgesetzten bzw. Lehrer_innen, wie auch von Betroffenen, die entstehendenkonfliktezulösen,führtoftzureskalation,waswiederausgrenzung,mobbingundden VerlustvonArbeitseffektivitätzurFolgehat.DieungelöstenProblemeamArbeitsplatzkönnenauch zum Arbeitsplatzverlust und zu lang andauernder Arbeitslosigkeit führen. Folge davon sind oft finanzielleprobleme,verarmungundeinsozialerabstieg. AuchimKontaktmitBehördengibtessignifikanteProbleme.Personen,dieihrenVornamen,jedoch (noch) nicht ihren Personenstand geändert haben, werden oft von Behörden im persönlichen Kontakt und in Anschreiben mit einer ihrem früheren Vornamen entsprechenden Anrede angesprochen. Hier fehlt es nebendernotwendigensensibilitätundtrotzentsprechender gesetzlicher Vorschriften 13 häufigamnötigenwissen und vor allem auch am Willen, diese Regelungenundentsprechende gerichtliche Entscheidungen umzusetzen. Die Geschlechtsidentität derbetroffenenwirdnichtanerkannt,siefühlensichnichternstgenommenunddiskriminiert.im Fall von Behörden werden meist verwaltungstechnische Probleme auf dem Rücken Betroffener ausgetragen,waszusätzlichenpsychischendruckunddiegefahrvonungewolltemoutinginberuf und Privatleben mit sich bringt, z.b.durcheinelohnsteuerkarte,dieaneinen HerrnMartina Schulze oderaneine FrauMartinSchulze adressiertist. 14 DasUmschreibenvonPapieren(Abschlüsse,SchulaoderArbeitszeugnisse,Beurteilungenetc.),das fürdieberuflicheintegrationsowichtigist,stößthäufigaufschwierigkeiten,auchindenfällen,wo eineeindeutigerechtsprechungexistiert.transsexuellemenschenhabeneinvitalesinteresseander Bereinigung ihrer dokumentierten Lebensgeschichte, weil die Verwendung alter, noch auf den früherennamenunddasfrüheregeschlechtbezogenerunterlageneinnormaleslebenunmöglich macht, permanenten Erklärungsbedarf produziert, die transsexuelle Person in ihrer Sonderrolle 13 Vgl. 5,10TSG. 14 Vgl.BVerfGa1BvR2027/11avom

19 festhältunddiskriminierungengeradezuprovoziert.deshalbistderwunschderbetroffenen,die PersonalaktenprivaterundöffentlicherArbeitgeberkorrigierenzulassen,nachvollziehbar 15. Transsexuelle Menschen berichten auch von verbalen und physischen ÜberLund Angriffenwie Beleidigen, Bedrohen, Verfolgen auf der Straße, Grabschen, Schlagen, sexuellen Übergriffen usw. Alltäglich sind für die Befragten Erfahrungen mit grenzüberschreitendem Verhalten, wenn z.b. unangemessene intime Fragen nach Genitalien oder Sexualität gestellt werden. Diese Grenzüberschreitungen werden als irritierend, verunsichernd und/oder verletzend empfunden. Betroffeneberichtendavon,vonihremUmfeld(z.B.Bekannte,Nachbarschaft,Psychotherapeuten) nicht mehr als vollständige Personen sondern nur noch verengt auf ihre Transsexualität wahrgenommenzuwerden. Darüber hinaus erfahren Transsexuelle auch immer wieder ein sogenanntes Zwangsouting, wenn ihretranssexualitätgegenihreneigenenwillenbzw.ohneihreinverständnisoffengelegtwird,selbst wenn sie ihre Transition schon länger abgeschlossen haben. Als Konsequenz aus den oben geschildertenstarkenbelastungenkönnenpsychischeproblemeentstehenodersichverstärkenmit der Folge von Ängsten, Selbstabwertungen, Depressionen, Zwangshandlungen, Selbstverletzungen, suizidalengedankenundsuizidversuchen. Durch die häufig sehr lange Verfahrensdauer im TSGLVerfahren, bei Krankenkassen und dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK)kommteshäufig zu gravierenden psychischen Belastungen,diesichauchaufdenBerufunddiesozialenBeziehungennegativauswirken.Teilweise werdenbeantragtebehandlungenvonderkrankenkassenichtübernommen,wasfürdiebetroffenen extrem belastend ist. Vor allem der vorgeschriebene sogenannte Alltagstest ist oft wegen noch mangelndem Passing eine enorme Belastung. Hier haben Betroffene besonders mit der AufdringlichkeitderÖffentlichkeitoderdemEindringeninihreIntimsphärezukämpfen. DielangenWartezeitenimZugederverschiedenenVerfahrenistdabeinichtnuraufgrundderDauer belastend: Ebenso prekär ist die Ungewissheit. Transsexuelle Menschen erleben während ihrer gesamtentransitionimmerwieder,dasssiekeinebzw.einesehreingeschränkteverfügungsgewalt über ihre eigene Zukunft haben, da diese sowohl bei dem Verfahren nach TSG als auch bei der BeantragunggeschlechtsangleichenderMaßnahmenvonderEntscheidungsgewaltandererabhängt. Das dadurch entstehende Gefühl des Ausgeliefertseins wirkt auf viele Transsexuelle äußerst belastend. Gesundheitliche Probleme könnensichauchdurchdiegeschlechtsangleichendenbehandlungen ergeben: Komplikationen nach Operationen, Nebenwirkungen von Hormonen, z.b. Schmerzen und 15 DaderSachgehaltderAktenbeidieserKorrekturunverändertbleibt,sindhierauchFragenderAktenwahrheitunserer Ansichtnachnichtberührt.DasOLGKöln(16Wx94/09vom )undOVGNRW(1A655/08vom )sindder Ansicht,dassdasOffenbarungsverbotnichtgreift 15

20 Thrombosen. Teilweise sind die medizinische Qualität der körperlichen Angleichung und die medizinischebetreuungunzureichend,weildiebehandelndenzuwenigspezialisiertsindbzw.sich das entsprechende Wissen nicht aneignen. Einige Transsexuelle berichten auch von sexuellen Problemen: Keine oder nur eingeschränkt Sexualität leben zu können, Schwierigkeiten eine_n neue_npartner_in/freund_innenzufinden. InalldiesenBereichenzeigensichbeinahedurchgängigimmerwiedersechsProblemdimensionen: 1. Mangel an Wissen und Informationen über Transsexualität: Gemeint ist hier das Wissen, dassdasphänomentranssexualitätüberhauptexistiert,aberauchspezifischeswissenüber Bedürfnisse von Transsexuellen, Behandlungsmöglichkeiten, gesetzliche Regelungen und Hilfsangebote. 2. NichtLAnerkennen der Identität der transsexuellen Person: Die transsexuelle Person wird nicht als zu dem Geschlecht zugehörig anerkannt, das nach eigener Auskunft das ihre ist. Stattdessenwirdsiedirektoderindirektals Frau,dieeinMannseinwill,sichwieeinMann fühlt,sotutalsseisieeinmann oder Mann,dereineFrauseinmöchte,sichwieeineFrau fühltodersotutalsseiereinefrau klassifiziert. 3. Aversives Verhalten gegenüber transsexuellen Menschen (Transphobie): Feindselige, ausgrenzende,abwertendeverhaltensweisen,wietratschen,gaffen,beleidigen,lächerlicha MachenoderTätlichaAngreifen. 4. Indirekte Diskriminierung durch Gesetze, Regelungen, soziale Konventionenetc.,dieein starreszweigeschlechtersystemzurgrundlagehaben.sobaldeinepersonindiesessystem nicht mehr klar einzuordnen ist, entstehen Probleme, z.b. durch geschlechtergetrennte ToilettenoderbehördlicheFormulare. 5. ZugangzuRessourcen:DerZugangzuRessourcen(Geld,Bildung,Ansehen,stabilessoziales Netzwerk)kannvieleProblemederTransitionabmildern,entsprechendkanneinMangelan RessourcenvieleProblemeverschärfen.FinanziellschlechtergestellteTranssexuellekönnen beispielsweise Ablehnungen der Krankenkassen nicht durch eigene Mittel kompensieren, Behandlungen selbst zahlen und haben weniger Möglichkeiten ihre Rechte durchzusetzen, etwamithilfeeinesrechtsbeistandes. 6. BesserLundSchlechterLbehandeltLWerdenalsFraubzw.Mann:DurchdensozialenWechsel ins weiblichegeschlechtsehensichtransfrauenteilweisediskriminierungenalsfrauen ausgesetzt.transmännererfahrendagegeneinenstatusgewinnalsmänner. Die beschriebenen Dimensionen sind häufig miteinanderverwobenunddieproblemekönnenso kumulierenund/odersichpotenzieren. 16

21 III.VorschlägezurVerbesserungderLebenssituationvonTranssexuellen Der Mangel an Zugang zu verlässlichen Informationen, an Aufklärung und Sensibilisierung zu FragenderTranssexualitätzeigtsichinfastallengesellschaftlichenBereichen.Diessolltebeiden nachfolgendenvorschlägenimmermitbedachtwerden: 1. MitbedenkenvonTranssexualitätalsQuerschnittsthemaindenLehrplänenvonSchule, Verwaltung,Gesundheitswesen:TranssexuelleMenschentreffeninnerhalbderSchule,der VerwaltungundimGesundheitswesenhäufigaufMenschen,diemitdemThemaüberfordert sind entweder aus mangelndem Wissen über Transsexualität und die besonderen Probleme,diesieimalltäglichenLebenfürdieBetroffenenmitsichbringt,oderinanderen FällenauchausTransphobie,alsoeinergenerellenAblehnungtranssexuellerMenschenals abnorm. Dies könnte durch die Berücksichtigung des Themas Transsexualität in den Lehrplänen von Schulen, der Verwaltungsausbildung, der Gesundheitsa und Pflegeausbildungen und pädagogischer Ausbildungen verbessert werden. Es geht hierbei nicht in erster Linie umspezialisierteunterrichtseinheiten,sondernumdasmitbedenken vontranssexualitätalsquerschnittsthema. 2. AusarbeitungvonLeitfädenfürMitarbeiter_innenderVerwaltung,desGesundheitswesens und pädagogischer Einrichtungen: Darüber hinaus benötigen Mitarbeiter_innen der Verwaltung, des Gesundheitswesen und pädagogischer Einrichtungen einen niedrigschwelligen Zugang zu relevanten Informationen, die ihnen helfen, auftretende ProblemezubewältigenunddieBetroffenenkompetentzuunterstützen.Sinnvollwärehier die Ausarbeitung von Leitfäden. Insbesondere für Schulen wird eine solche Handreichung immerdringlicher.trans*menschenbeginnenihretransitionimmerfrüher,sodassimmer häufigerbereitsinderschulefragendertransitionundeinesgutenumgangsvonschulemit ihrentransidentenschüler_innenrelevantwerden. 3. Anpassung von Verwaltungsvorgängen zur Wahrung der Rechte transsexueller Bürger_innen: Im Moment obliegt die Aufgabe, für eine (trans)adiskriminierungsfreie Verwaltung zu sorgen, häufig den transsexuellen Bürger_innen selbst. Im konkreten DiskriminierungsfallwieauchimHinblickaufdiesystemaimmanenteDiskriminierungwirken sie unter großem Zeita undkraftaufwandaufeineänderungderpraxishin.umeine flächendeckenddiskriminierungsfreieverwaltungzuerreichenunddierechtetranssexueller Bürger_innenzuwahren,solltedieVerwaltungvorbeugend,d.h.aktivundnichtreaktivtätig werden, um zu prüfen, ob Verwaltungsvorgänge auch für transsexuelle Menschen angemessen sind. Dies betrifft insbesondere aber nicht ausschließlich verwaltungstechnischehilfsmittelwiesoftwareundformulare(z.b.steuerformular). Neue VerwaltungsaundGesetzesvorhabensolltenimVorhineinaufihreFolgenfürtranssexuelle Bürger_innengeprüftwerden(GesetzesfolgenaAbschätzung). 17

22 4. Aufklärung der Gesellschaft durch Öffentlichkeitsarbeit und Informationsmaterial: In den letztenjahrenhatsichgezeigt,dassdurchgenerelleöffentlicheaufklärungeinesensibilität gegenüber den Problemen von Trans*Menschen erreicht werden kann. Eine konsequente Ächtung transphober Verhaltensweisen, wie z.b. von verbalen und nonverbalen Angriffen und sexualisierten Anfeindungen, beeinflusstdasgesellschaftlicheklimanichtnurfür transsexuelle Menschen,sondern für alle Menschen positiv. Die positive Darstellung des Themas in den Medien trägt ebenso zu einer Verbesserung der Lebenssituation transsexueller Menschen bei, wie eine klare Stellungnahme gegen Transphobie und Homophobie in allen Lebensbereichen (Kultur, Medien, Sport etc.) von Seiten der Politik sowie derniedrigschwelligezugangzu Informationen zum Thema Transsexualität. Zu empfehlen sind daher das Verfassen von allgemeinzugänglichem Informationsmaterial und entsprechendenaufklärungsmaterialiensowieeineentsprechendeöffentlichkeitsarbeit. 5. Unterstützung der Selbsthilfegruppen, insbesondere mit Qualifizierungsangeboten im psychosozialen Bereich und mit Supervisionsangeboten: Selbsthilfegruppen sind für viele transidentemenscheneinewichtigeundunverzichtbareanlaufstelle,derenmitgliederund Organisator_innenübereinbreitesWissenundlangjährigeErfahrungverfügen.Gleichzeitig sind diese ehrenamtlichen Selbsthilfegruppen teilweise von den Bedürfnissen der Hilfesuchenden überfordert. Sie sollten daher dringend mit Qualifizierungsangeboten im psychosozialenbereichundmitderfinanzierungvonsupervisionunterstütztwerden. 6. Weiterqualifizierung der Mitarbeiter_innen bestehender Beratungsstellen zum Thema Trans*durchqualifizierteBetroffene:BestehendeBeratungsstellensolltendieMöglichkeit haben, sich in transaspezifischen Inhalten weiter zu qualifizieren, bzw.transaspezifische InhaltesollteninbestehendeFortbildungsangebotefürberatendeBerufeintegriertwerden. Dabei sollte auf die Expertise der Selbsthilfegruppen zurückgegriffen werden, um zu garantieren, dass das in der Fortbildung erworbene Wissen mit der tatsächlichen LebensrealitätunddentatsächlichenBedürfnissenderBetroffenenübereinstimmt. 7. Schulung von Polizei und Beratungsstellen im Hinblick auf transphobe Gewalt: Bei BeratungsstellenundpolizeilichenAnsprechpartner_innengegenhomophobeGewaltsollte das Thema transphobe Gewalt mit angesiedelt werden. Dies sollte explizit kommuniziert werden, damit sich Opfer von transphober Gewalt angesprochen und aufgehoben fühlen. Nur so ist zu erreichen, dass Opfer transphober Gewalt diese auch vermehrt zur Anzeige bringen. 8. Verbesserung der Transparenz der Antragsverfahren und des Zugangs zu geschlechtsangleichenden Maßnahmen: Das Schaffen von Transparenz innerhalb der Antragsverfahrenisthierbeigenausodringlich,wiedieAbsicherungeinesselbstbestimmten Zugangs zu Leistungen. Der Zugang zu den Maßnahmen muss schneller, unbürokratischer 18

23 undtransparentererfolgen.hierzugehörtdieoptimierungdesbearbeitungsmanagements vonkrankenkassenunddemmedizinischendienstderkrankenkassen(mdk)ebensowiedie VerbesserungdertherapeutischenBetreuung,auchinFormvonpsychosozialerBeratungvon Angehörigen. 9. Gesetze gegen Diskriminierung: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) deckt nur einenteildersituationenab,indenendiskriminierungstattfindet.vielentranssexuellenist das AGG auch nicht bekannt und jene, die es kennen, nehmen es nicht unbedingt in Anspruch. Problematisch ist daneben diekurzefristvonzweimonaten,indergeklagt werdenmuss;sieistinderregelangesichtsdermassivenpsychischenundbürokratischen Belastungen,denenTranssexuellewährendderTransitionausgesetztsind,zukurz.Hierhat daslandgelegenheit,durchinitiativenaufbundesebeneoderergänzendeeigenegesetze, Gleichstellungaktivzufördern auchübertransaundhomophobiehinaus. 10. EinrichtungeinerfachübergreifendenKoordinationsstelleunterEinbeziehungBetroffener: DieStudiezeigt,dassesvorallembezüglichderAufklärungundBeratungfürtranssexuelle Menschen,fürihreAngehörigenunddiemitdemThemakonfrontiertenInstitutionenund gesellschaftlichengruppen(schulen,behörden,arbeitgeber,verbände,gesundheitssystem usw.) an Abstimmung und Koordination fehlt. Insbesondere die interviewten Betroffenen wünschen sich dringend eine solche Anlaufstelle. Die Förderung des Aufbaus einer LandeskoordinationsstellefürdenBereichTrans*,beiderInformationen,Fachkompetenzen und Beratungsangebote gebündelt und Informationsa und Beratungssuchenden zur Verfügunggestelltwerden,würdediesesDefizitbeheben.DieEinbeziehungBetroffenerist dabeieinewichtigevoraussetzung,umdenerfolgdiesermaßnahmezugewährleisten. 11. Förderung von sozialmedizinischer und kulturlundsozialwissenschaftlicherforschungzu TransgenderundTranssexualitätaufLandesebene:NotwendigistauchdieFörderungvon sozialmedizinischer und sozialaund kulturwissenschaftlicher Forschung zu Transgender und Transsexualität.DiesebildetdieGrundlagefürdieVerbesserunggegenwärtigunzureichender medizinischermaßnahmen,füreinbesseresverständnisfürdieursachenvontransphobie, bzw.auftretenderschwierigkeitentranssexuellermitihrerumwelt,untereinbeziehungder bislangnichterforschtenperspektiveetwaderfamilienangehörigenoderarbeitgeber_innen, oder auch für einen besseren Einblick in die Rechtswirklichkeit in Bezug auf transsexuelle BelangedurchdieAnalysevonRechtsfällenunddurchrechtssoziologischeForschung. 12. EngagementfüreinespürbareVereinfachungdesTranssexuellengesetzes(TSG)durchdas LandNRWaufBundesebene:DasLandsolltesichbeieinerReformdesTSGdafüreinsetzen, dass die Namensänderung und Personenstandsänderung spürbar vereinfacht werden. Von demerfordernis,psychiatrischegutachtenzumnachweisdertranssexualitätbeibringenzu müssen,sollteabstandgenommenwerden,denndiesestelleneinenungerechtfertigten EingriffindiePrivatsphäreunddasPersönlichkeitsrechtderBetroffenendar,dawederfür die Betroffenen noch für den Staat ein Schutzbedürfnis besteht. Ausländische 19

24 Staatsbürger_innen sollten unter denselben Bedingungen wie Deutsche Zugang zur VornamensänderungundPersonenstandsänderunghaben. 13. MaßnahmenzumSchutzderGesundheittranssexuellerMenschen:VieleTrans*Menschen sind auf medizinische Maßnahmen existentiell angewiesen. Deshalb ist der Gesetzgeber in der Pflicht, ihre Persönlichkeitsrechte und ihr Recht auf Gesundheit durch die gesetzliche Verankerung entsprechender Ansprüche zu schützen, denn eine Vornamensa oder Personenstandsänderung allein begründen momentan noch keinen Anspruch auf geschlechtsangleichendemaßnahmen.füreinegesetzlicheverankerungkönnteimfünften BuchdesSozialgesetzbuchs(SGBV)derFünfteAbschnittdesDrittenKapitelsdahingehend erweitert werden, dass bei vorliegender Indikation für medizinische Maßnahmen die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet sind, die Kosten (für z.b. Hormontherapie, geschlechtsangleichende Operationen und weitere Maßnahmen wie z.b. Epilation) zu übernehmen. SozialeKonventionenverfestigensichinFormvonVerordnungenundgesetzlichenRegelungen.Im Lauf der Zeit verändert sichjedoch insbesondereineinerzunehmendpluralistischenund individualisiertengesellschaft dergesellschaftlicheblickaufdienützlichkeitundangemessenheit dieserkonventionenunddamitdiekonventionenselbst.verordnungenundgesetzlicheregelungen, die nicht mehr den realen Lebensverhältnissen transsexueller Menschen entsprechen, müssen diesenangepasstwerden,umindirektediskriminierungzuverhindernbzw.zureduzieren. 20

25 IV.DasTranssexuellengesetz(TSG)2012 aktuellerechtslundproblemlage DasdeutscheRechtgehtvoneinerEinteilungderMenschenin männlich und weiblich aus.nach 21Abs.1Nr.3PStGmussdasGeschlechteinesKindesindasGeburtenbucheingetragenwerden. EineÄnderungistnachhernurnochinAusnahmefällenunduntererheblichembürokratischenund finanziellenaufwandmöglich. Das Geschlecht eines KindeswirdinderRegelzumZeitpunktseinerGeburtentsprechendseinen äußeren körperlichen Geschlechtsmerkmalen bestimmt. Menschen, bei denen eine eindeutige Geschlechtsbestimmung nicht möglich ist, kennt unsere Rechtsordnung nicht. Ihnen wird zwangsweiseeinesderbeidengeschlechterzugewiesen.wenndiesesnichtihrerspätergefühlten Identitätentspricht,stimmen obwohlansonstengrundverschieden indieserhinsichtrechtliche ProblemevonIntersexuellenundTranssexuellenüberein,diesichdarausergeben,einemGeschlecht zugeordnet worden zu sein, welches nicht dem inneren Empfinden entspricht. Transsexuelle MenschensindbeiderGeburtkörperlicheindeutigzuzuordnen,wobeidasgefühltevondembeider GeburteingetragenenGeschlechtabweicht. Unser (derzeitiges 16 ) System der Zweigeschlechtlichkeit erfordert es, sich alternativ und ausschließlicheinzuordnen.nunistesnichtso,dassdieüberwiegendemehrheitdertranssexuellen diebipolaregeschlechterordnungalssolcheinfragestellenwürde.dieeinteilungdermenschenin männlich und weiblich ist von ihnen mehrheitlich erwünscht und selbstverständlich. Es liegt geradeimwesendertranssexualitätbegründet,sichsicherzusein,einembestimmten,abereben einemanderenalsdem Geburtsgeschlecht zuzugehören. Das Transsexuellengesetz(TSG)bietetzweiWege,dieZugehörigkeitzumanderenGeschlechtzu beanspruchen:dievornamensänderung( kleinelösung, 1TSG)unddiePersonenstandsänderung ( großelösung, 8TSG). Das gerichtliche Verfahren unterliegt gemäß 4 TSG der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), es besteht kein Anwaltszwang und die Verhandlungen sind nicht öffentlich. Entscheidungen ergehen durchbeschlussoderverfügungen,dasgerichtmussvonamtswegenermitteln. 16 Inseineram veröffentlichtenStellungnahme Intersexualität beschäftigtsichderdeutscheethikratauchmit demthemadespersonenstandesintersexuellermenschen.diestellungnahmediskutiertverschiedenevarianten,etwaein drittesgeschlecht,dasaufschiebendesgeschlechtseintragsbiszumerwachsenenalter,denfreiwilligengeschlechtseintrag undähnlichelösungen.dieserwärezwar,gemäßderempfehlung,aneinediagnostizierteintersexualitätgebundenund beträfesomittranssexuellezunächstnicht,würdeaberdennocheineklareerweiterungdeszweigeschlechtersystems darstellen.dabeisprichtderdeutscheethikratkeineempfehlungfüreinebestimmtevarianteaus,konstatiertjedoch,dass die befragten juristischen Experten zu den Rechtsfragen der Intersexualität [ ] in ihren Stellungnahmen [ ] einhellig davon aus (gehen), dass die zwangsweise Zuordnung Intersexueller zum Geschlecht weiblich oder männlich als ein schwerwiegendereingriffindasrechtaufselbstbestimmungunddaspersönlichkeitsrechtvonintersexuellenanzusehen ist (S. 138).DaherschlagendievomDeutschen Ethikrat befragten Jurist_innen in Bezug auf Minderjährigevor, die Eintragung des Geschlechts zumindest bis zum Erwachsenenalter offenzuhalten, als unbestimmbar einzutragen oder als vorläufigzuregeln,wobeiänderungshürdennichtzuhochgesetztwerdendürfen (S.144f.)Dieswirddamitbegründet, dassart.2abs.1i.v.m.art.1abs.1ggmitderengerenpersönlichenlebenssphäreauchdenintimensexualbereich schützt, der die sexuelle Selbstbestimmung und damit auch das Finden und Erkennen der eigenen geschlechtlichen Identität umfasst. Daraus wird gefolgert, dass niemand in eine nicht seiner Identität und seinem Selbstempfinden entsprechenderollegezwungenwerdendarf (S.145).Vgl.DeutscherEthikrat(Hg.)(2012):Intersexualität.Stellungnahme. 21

26 BisherigeÄnderungendesTSG DasTSGwurdezwischenzeitlichinvielenPunktengeändert.Dieszeigtganzdeutlich,dassdasGesetz heutenichtmehrzeitgemäßistunddringendeinergrundlegendenreformbedarf. 1982wurdedieAltersgrenzefürdiePersonenstandsänderunggekippt(1BvR983/81). Mehrals10Jahrespäter(1993)fieldieAltersgrenzefürdieVornamensänderung(1BvL38/40, 43/92). InbeidenFällenwurdedasGesetzallerdingsnichtgeändert,dieVorschriftenwarennurnichtweiter anwendbar. Im Jahr 2005 erließ das BVerfG eine sehr bemerkenswerte Entscheidung zum Verlust des geändertenvornamensbeiheirat(1bvl3/03). 2006wurdedasTSGauchfürAusländergeöffnet(1BvL1u.12/04) wurde die Scheidung,alsVoraussetzungfüreinePersonenstandsänderung,alsnichtmit demggfürvereinbarerklärt(1bvl10/05).hierhattediebundesregierungbisaugust2009zeit, eine entsprechende Neuregelung zu beschließen. In einem Schnellschuss änderte der GesetzgeberdasTSG,indemereinfach 8Abs.1Nr.2TSGstrich wurde das Erfordernis der geschlechtsangleichenden Operation und der Fortpflanzungsunfähigkeit, 8 Abs. 1 Nr. 3 & 4 TSG, für nicht mehr anwendbar erklärt (1 BvR 3295/07). DieaktuellerechtlicheSituation Nach 3 Abs. 2 Nr. 2 TSG ist die Beteiligung des Vertreters des Öffentlichen Interesses vorgesehen,welcherdieinteressendeslandesbzw.vonlandesbehördenvertritt.diebefürchtung desgesetzgeberswar,dassdasverfahrenmissbräuchlichinanspruchgenommenwerdenkönnte.in derpraxisistuneinheitlichgeregelt,welchebehördeeingeschaltetwerdenmuss.derenbeteiligung führtzurzeitnochzueinernichtunerheblichenverzögerungdesverfahrens,beieinerreformdes TSGwürdesiedeswegenallerWahrscheinlichkeitnachgestrichen. 17 Vornamen könnennachdemtsgaufantrag(voneinemgericht) geändert werden, wenn die betroffenepersonfolgendevoraussetzungerfüllt: siemusssichaufgrundihrertranssexuellenprägungnichtmehrdeminihremgeburtseintrag angegebenen,sonderndemanderengeschlechtalszugehörigempfindenund seitmindestensdreijahrenunterdemzwangstehen,ihrenvorstellungenentsprechendleben zumüssen.derwortlautdervorschriftimpliziertnicht,dassdiebeantragendepersonseit drei Jahren in der entsprechenden Rolle leben muss. Zuweilen wird dieses sowohl von GerichtenalsauchvonGutachtern offensichtlichzuunrecht gefordert. 17 Vgl.dazuLesbenaundSchwulenverbandBundesgeschäftsstelle(2009):EntwurfeinesGesetzeszurReformdes Transsexuellenrechts(TranssexuellenrechtsreformgesetzaTSRRG),vgl. 22

27 VomGerichtwerdenzweiunabhängigvoneinandertätigeSachverständigebeauftragt,dieaufGrund ihrer Ausbildung und beruflichen Erfahrung mit den Problemen der Transsexualität ausreichend vertrautsind.diesemüsseninihrengutachtenauchdazustellungnehmen,wiegefestigt,nachden Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft,dasZugehörigkeitsempfindenderBetroffenenzu dem anderen Geschlecht ist; die Vornamensänderung darf nurerfolgen,wennsichdas Zugehörigkeitsempfinden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern wird. Entscheidend für diebeurteilungistdiemeinungsbildungdesgerichts,dassich zumindesttheoretisch auchüber diegutachtendersachverständigenhinwegsetzenkönnte. Die Vornamensänderung hat keinen Einfluss auf die rechtliche Geschlechtszuordnung, allerdings besteht die Möglichkeit, den Geschlechtseintrag im Reisepass dem Vornamen entsprechend anzupassen. Die kleine Lösung ermöglicht das Auftreten im Rechtsverkehr als dem anderen Geschlechtzugehörig.WeiteregeschlechtsspezifischeRechte,wiebeispielsweise,obmaneineEhe oder eine Eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen darf, kann man daraus nicht ableiten. Der Geschlechtseintrag in der Geburtsurkunde wird dementsprechend nicht geändert. Seit 2009 kann, allerdingsaufantragundnurfürtranssexuelle,einegeburtsurkundeauchohnegeschlechtsvermerk ausgestelltwerden,so 59PStG. Verzögerung,VerteuerungunddasRisikovonWillkürentscheidungensinddiedreiHauptprobleme derderzeitigenverfahrenspraxis. DurchdiederzeitnachTSGerforderlicheBegutachtungspraxiswerdendieVerfahrenunnötigerweise verzögert und verteuert. Das Verfahren zur Vornamensänderung dauert oft ein knappes Jahr, oft auchlänger.aufderanderenseitespielendiegutachteninderpraxisfürdenverfahrensausgang keinewesentlicherolle.inderregel bringendieantragstellerdievornamensänderungerfolgreich zumabschluss,trotz()zwischenzeitlichernegativergutachtenoderzeitlicherverzögerungen. Die Begutachtung birgt eine nicht unerhebliche Willkürgefahr, denn es gibt keine objektiv überprüfbaren Kriterien, die das Zugehörigkeitsempfinden zu einem Geschlecht nachweisen könnten. Problematisch ist überdies, dass häufig stereotype Geschlechterrollen zur Grundlage der Begutachtung werden, in anderen Fällen wird nicht klar zwischen sexueller Orientierung und sexuelleridentitätunterschieden(vgl.kap.vi.4). InreinrechtlicherHinsichtsinddieWirkungenderVornamensänderungweniger dramatisch,alses denanscheinhat.dennbereitsvorrechtskraftdernamensänderungistdasauftreteninderneuen Identität durchaus zulässig, sei es mündlich, schriftlich, privat oder behördlich. Sofern keine Täuschungsabsichtbesteht,istdemzufolgeauchvorderVornamensänderungeinsozialesLebenmit demneuennamenuntergewisseneinschränkungenmöglich.diesergibtsichdaraus,dassvorname und Geschlecht in der Regel für die überwiegende Zahl der gesellschaftlichen Vorgänge rechtlich nichterheblichsind.ganzandersimsozialenbereich,hieristdernameausdruckderpersönlichen Identität. Rechtlich spielt es allerdings keine Rolle, ob ein Herr oder eine Frau Schmidt einen Kaufvertragschließt. 23

28 Eine wichtige Ausnahme istallerdingsdieführungeines Bankkontos; hier muss der amtliche Vorname angegeben werden. Problematisch wird esimmerdann,wennmansichausweisenund seineidentitätnachweisenmuss,z.b.beipolizeikontrollenoderbeizahlungenmiteinerkreditaoder ECaKarte, die auf den amtlichen Namen ausgestellt ist. Bei Zustellungsverzögerungen, z. B. von Mahnungen, Rechnungen oder gerichtlichen Aufforderungen und Ladungen, kann es unter Umständen auch zu Schadensersatzansprüchen kommen, wenn mit dem nichtaamtlichen Namen agiertwurde. Einen rechtlichen Durchsetzungsanspruch, auf die Verwendung des neunen Namens durch Dritte, gibt es erst nach der Namensänderung, obwohl Behörden, Institutionen und Privatpersonen den neuen Namen bereits verwendenkönnen;sokannz.b.diedemneuenvornamenentsprechende Anrede Herr oder Frau erstnacherfolgteränderungdurchgesetztwerden.nachrechtskräftigem Beschluss über die Vornamensänderung wird beim Sozialversicherungsausweis die Kennzahl der Sozialversicherungsnummer geändert und dem Namen angepasst, man erhält eine neue Rentenversicherungsnummer; auchausweispapiereundderkfzaschein/ abrief müssen geändert werden, die übrigen Dokumente können und sollten geändert werden. Nach der Vornamensänderung besteht ein Anspruch darauf Zeugnisse auf den neuen Namen ändern zu lassen, 18 diesistinderpraxisallerdingsoftproblematisch. Für die Änderung des Personenstandes geltenzurzeitdieselbenvoraussetzungenwiefürdie Vornamensänderung.Am hatdasBVerfG(1BvR3295/07)entschieden,dassdiein 8 Abs. 1 Nr. 3 & 4 TSGgefordertegeschlechtsangleichendeOperationundSterilisationgegenden eigenen Willen des/der Transsexuellen eine nicht gerechtfertigte Verletzung der Grundrechte auf körperlicheunversehrtheitundkörperlicheselbstbestimmung(art.1abs.1i.v.m.art.2abs.1gg) darstellt. Die Folge dieser Entscheidung ist, dass die Voraussetzungen für Namensänderung und Personenstandsänderung zurzeit identisch sind. Dies wurde durch eine erneute Entscheidung des BVerfG (1 BvR 2027/11) bestätigt. Die Personenstandsänderung kann damit gleichzeitig mit der Vornamensänderungbeantragtwerden.EineVerbindungnach 9TSGistnichtmehrerforderlich. 18 vgl.bverfg1bvr2027/11;bverfg2bvr1833/95innjw1997,1632(1633);laghamm4sa1337/98 Umschreibung vonzeugnissen aberovgnrw1a655/08 PersonalaktesollnichtandengeändertenPersonenstandangepasstwerden 24

29 V.MethodikderStudie FürdieseStudiewurden30Interviewsgeführtund68Fragebögenmitinsgesamt89Fragenzu13 Themengebietenausgewertet.Erfasstwurdeninsgesamt98Personen.Seit1999wurdeninNRWca. 2521VerfahrennachTSG(VÄoderPÄ)durchgeführt. 19 DieStichprobeumfasstalsomindestens3% dertranssexuellenmenscheninnrw. AusgangspunktfürdieEntwicklungderFragestellungenwarendieimRahmenderErarbeitungvon EmpfehlungenfüreinenNRWaAktionsplangegenHomoaundTransphobiegewonnenenErgebnisse der Unterarbeitsgruppe Transsexualität 20 undderstudieproblembeschreibungtransphobie 21. In den Interviews stand dabei,gemäßdermethodedereinzelfallanalyse,deroffeneundintensiva kommunikative Zugang zur sozialen Wirklichkeit im Zentrum. Die Einzelfälle ermöglichten einen genauen Einblick in das Zusammenwirken einer Vielzahl von Faktoren und so das Auffinden und HerausarbeitentypischerVorgänge.DieFragebögenwurdenergänzendzudenInterviewsimSinne einer explorativen, quantitativendatenanalyse deskriptiv ausgewertet. 22 Ziel war auch hier die VielfaltmöglicherErfahrungenunddabeigleichzeitigderenHäufigkeitenabzubilden. V.1Interviews AuswahldesbefragtenPersonenkreises Es wurden 30 qualitative Interviews geführt (15 Transmänner und 15 Transfrauen). Der PersonenkreiswurdedabeiaufTranssexuelleimSinndesTSGbegrenzt,alsoaufMenschen,dievon einem der beiden juristischen Geschlechter dem anderen durch Vornamensa und/oder PersonenstandsänderungnachTSG zugeordnet wurden(imfolgendenabgekürztmitväbzw.pä), sichimverfahrennachtsgbefindenoderdiesesinunmittelbarerzukunftbeabsichtigenunderste Schritte dafür in die Wege geleitet haben. Die Interviewpartner_innen wurden über SelbsthilfegruppenundsozialeNetzwerkerekrutiert.DiesesVorgehenwaraufgrundderKürzeder zur Verfügung stehenden Zeit unumgänglich, schließt aber somit methodisch bedingt jene transsexuellenmenschenaus,die diesemöglichkeitendeskontaktsmitanderentrans*menschen nichtinanspruchnehmen. 19 HochgerechnetausdemBundesdurchschnittvonmax.0,01413%derinDeutschlandlebendenMenschen,dieseit1995 einverfahrennachtsg(väoderpä)durchgeführthaben(11514verfahrennachtsg)undeineraktuelleneinwohnerzahl von NRW von 17,844 Millionen, vgl. Bundesamt für Justiz a Referat III /2c ab7 299/2011: Zusammenstellung der GeschäftsübersichtenderAmtsgerichtefürdieJahre1995a2007,Stand DieUnterarbeitsgruppeTranssexualitättagteam imRahmendes AktionsplansgegenHomoaundTransphobie deslandesnrw (Arbeitstitel). 21 Im Auftrag der Landeskoordination der AntiaGewaltaArbeit für Lesben und Schwule in NRW wurde eine Studie zur Problembeschreibung von Transphobie von Merit Kummer erstellt, vgl. Kummer, Merit (2011): Problembeschreibung Transphobie. 22 Vgl. hierzu Bortz, Jürgen; Döring, Nicola (2006): Forschungsmethoden und Evaluation für Humana und Sozialwissenschaftler,S.371f. 25

30 Zielwares,einemöglichstgroßeVielfaltanLebenserfahrungenundLebenslagenzuerheben.Daher wurdebeiderauswahl der interviewten Personen darauf geachtet, dass sie sich hinsichtlich ihres sozialen und kulturellen Hintergrundes, ihres Alters und der Lebensphase ihrer Transition, ihrer sexuellen Orientierung, ihres familiären Hintergrundes (z.b. verheiratet/verpartnert, Kinder), ihrer Berufstätigkeit,ihresWohnortesundeinermöglichenBehinderungunterschieden. DieangestrebteVielfaltwurdenichtfüralleMerkmaleingleichemMaßeerreicht.Selbsthilfegruppen und die Trans*Community sind nicht für alle, aber für viele Transsexuelle eine Durchgangsgemeinschaft 23, aus der sie sich irgendwann verabschieden, so dass bei den meisten derinterviewtendietransitionwenigeralszehnjahrezurücklag.ähnlichesgiltfürtranssexuellemit Behinderungen oder Migrationshintergrund. Sie sind weniger in Selbsthilfegruppen vertreten und deshalbauchbeideninterviewtenleichtunterrepräsentiert(vgl.kapitelvi.1.a). Ebenso zeigte sich eine unterschiedliche Altersverteilung innerhalb der Geschlechtergruppen: Die interviewtentransmännerwarenimdurchschnittjüngeralsdietransfrauen.währendletzterebis etwa 1994 etwa zweimal so häufig die Transition durchliefen wie Transmänner, holten diese seit 1994auf(imJahr1998kamaufeineTransfraueinTransmann) 24 undsinddannmeistzumzeitpunkt dertransitionjünger. DieseunterschiedlicheAltersverteilungbeiunsererStudieähneltsowohlderAltersverteilung,wiesie sich bei den Antragsteller_innen auf Vornamensänderung zeigt, alsauchdenangaben von sexualmedizinischer Seite: In der Altersverteilung bei den bundesweiten Anträgen auf Vornamensänderung warbeidentransmännerndiegrößtegruppe der Antragsteller zwischen 24 und36jahrealt,wobeiderjüngste19undderälteste49jahrealtwar.beidentransfrauenwardie größtegruppederantragstellerinnenzwischen24und44jahrealt,wobeidiejüngste19jahrealt war und die Älteste 79. Diese Zahlen sind allerdings nicht ganz aktuell und beziehen sich auf den Zeitraum1981a DasAlterderErstvorstellungbeieinemPsychologe_in/Psychiaterinliegtlaut densexualmedizinernbeier,bosinskiundloewit(2005)beitransmännernmeistindenzwanzigern bismittedreißig.beidentransfrauenverteiltsichdaserstvorstellungsalterstärkeraufverschiedene Lebensaltervon17bisindieAltersgruppeüber60,dergrößteTeilderTransfrauenstelltsichMitte zwanzigunddannmiteinemzweitenpeakmitmittedreißigdaserstemalvor Vgl. Hirschauer, Stefan (1993): Die soziale Konstruktion der Transsexualität. Über die Medizin und den Geschlechtswechsel,S Garrels,L.;Kockott,G.;Michael,N.etal(2000):SexRatioofTranssexualsinGermany:TheDevelopmentoverthree Decades,S Osburg,Susanne;Weitze,Cordula(1993):BetrachtungenüberzehnJahreTranssexuellengesetz,S Beier,KlausM.;Bosinski,HartmutA.G.;Loewit,Kurt(2005):Sexualmedizin.GrundlagenundPraxis,S.369und

31 AuswahlderInterviewer_innen Transsexuelle Menschen möchten meist nur ungerne als transsexuell erkannt werden. Der im Rahmen der Transition und der VÄ bzw. PÄ implementierte Zwang,sichfremdenMenschen(z.B. Gutachter_innen) gegenüber öffnen und auf intimste Fragen antworten zu müssen, wird i.d.r. als außerordentlich unangenehm bzw. aversiv, manchmal auch traumatisierend erlebt, selbst wenn ansonstenkeineübermäßigenerfahrungenvondiskriminierunggemachtwerden. Von der richtigen Erzählung des eigenen Lebens hängt es dabei ab, wie schnell und wie komplikationslosbzw.wielangsamundhürdenreichderzugangzudenverschiedenenrechtlichen Schritten und medizinischen Maßnahmen gelingt. 27 JedeFragenachder Biographie transsexueller MenschenmussdieseHürdedergleichsam zuentscheidungszwecken eingefrorenen Geschichte, die auch auf bestimmte Merkmale hin getrimmt wird 28 überwinden.möglichwirddiesdurchdie FormdesPeeraInterviews.EsbietetdurchdiegeteilteErfahrungeineVertrauensbasis 29,dieesden Interviewten erlaubt, sich zu öffnen. Zugleich ist es für Interviewer_innen, die selbst transgeschlechtlich sind oder als Partner_innen in nahem Kontakt zu transsexuellen Menschen stehen,leichter,einfache StandardaTranslebensläufe alssolchezuerkennen. Die Interviews wurden daher von den am Projekt beteiligten und in der Trans*Community vernetztenexpert_innenselbstgeführt,sodassderzugangzumfeldgewährleistetwar.dabeiwurde darauf geachtet, dass die Interviewer_innen sowohl gleichgeschlechtliche als auch gegengeschlechtliche Transsexuelle interviewten. Dadurch wurde der Gefahr begegnet, dass die Interviewten implizit eine gemeinsame Erfahrung voraussetzen und deshalb Selbstverständliches nichtmehrerzählen. 30 AlsweitereGegenmaßnahmewurdendieInterviewer_innenvorabaufdiesen Problembereich hin speziell geschult und in den folgenden Wochen anhand bereits geführter Interviewsweitergecoacht. AblaufderInterviews Interviewt wurden in 2a2,5 stündigen Interviews 15 Transfrauen und 15 Transmänner, jeweils an einem Interviewtermin. Hinsichtlich der Interviewmethoden wurde eine Kombination aus biographischanarrativem Interview, problemzentriertem Interview 31 und leitfadengestütztem halbstrukturierteminterviewgewählt.derbiographischanarrative Teil wurde mit der Bitte um die eigenelebenserzählungeröffnet.derfokussolltedabeiaufdereigenentranssexualitätliegen,auf der Eigensicht der Interviewten auf ihr Leben, ihre EntwicklungundaktuelleSituation.Ermuntert 27 InentsprechendenInternetforen werden Tipps zur Gestaltung eines Translebenslaufs ausgetauscht, z.b. welche Lebenserfahrungensinnvollsindzuschildernundwelchebesserverschwiegenwerdensollten.DieseThreadsbefindensich indengeschütztenteilenvonforen,sindalsokeineöffentlichenquellen,weshalbhierdervertraulichkeithalberaufeine Quellenangabeverzichtetwird. 28 Hirschauer,Stefan(1993):DiesozialeKonstruktionderTranssexualität.ÜberdieMedizinunddenGeschlechtswechsel,S ZitatTF: Daszusagenistmirjetztpeinlich,dasistjetztkrass,aberdir[derInterviewerin]sageiches. 30 Spradley,JamesP.(1979):TheEthnographicInterview,nenntdiesesPhänomen abbreviating ( abkürzen ). 31 Schlehe,Julia(2003):FormenqualitativerethnographischerInterviews,S.71a93, hier: S. 78; vgl. a. Witzel, Andreas (2000):DasproblemzentrierteInterview. 27

32 wurde zu einer möglichst ausführlichen, detaillierten und zusammenhängenden Erzählung ( Long question probe 32 ). Um keinen StandardaTranslebenslauf erzählt zu bekommen (s.o.), thematisiertendieinterviewer_innenamanfangdesinterviewsdiegeteilteerfahrungdesdurchdie medizinische Kategorie Transsexualität induzierten Zwangs und achteten während der Interviews auf bestimmte Muster, die für einen StandardaTranslebenslauf typisch sind. An diesen Stellen wurdegegebenenfallsbehutsamnachgefragt. An die von den Interviewten gestaltete Lebenserzählung schloss sich ein halbstrukturierter leitfadengestützterteilan.anhanddesleitfadens(vgl.appendixa.3)wurdenthemenerfragt,die vondeninterviewtenselbstnochnichtangesprochenwordenwaren.durchdiesehalbstrukturierte Form 33 wurde eine Bezugnahme dergeführteninterviewsaufdieergebnissederfragebögen erleichtertunddemumstandrechnunggetragen,dassnurjeweilseininterviewterminstattfinden konnte. ImleitfadengestütztenTeilwurdeeinbesonderesAugenmerkaufdieletztenfünfJahre gelegt, um den aktuellen Bezug herzustellen und den rasanten gesellschaftlichen und juristischen VeränderungenderletztenJahregerechtzuwerden. MethodischeProbleme EinHauptproblemwarderUmgangmitdenBewältigungsstrategienderBetroffenenimRahmender Interviews. Transsexuelle Menschen benutzen eine Vielzahl von Ressourcen, um mit verletzenden Situationenumzugehen.Dazugehören nebeneinemaktiveneintretenfürdieeigenenrechteund der Suche nach Hilfe von außen auchbewältigungsstrategienwie Verdrängen, Beschönigen, Resignieren,Vermeiden,Bagatellisierenetc.: TF:[ ]ichmeine,manmussesdochausblenden,ichmussdochlebenkönnenandenstellen.[ ] wenn ich es nicht einfach verdränge, dann werde ich nicht glücklich. Also dafür sind die Zwischenfälledanndochnochzuhäufig.IchbraucheeineStrategie,umdamitumzugehenund dieist:rutschmirdenbuckelrunter,verdrängennichtüberdieursachennachdenken.denn wennichestäte,hätteichwirklichdauerndzutun,trotzallem,unddannwürdeichdauerhaft nichtglücklichwerden. TF: Natürlich, kann gar nicht anders sein. Ich habe denen natürlich den Vater als Identifikationsfigur genommen. [ ]Daswarschon,eineganz,ganzheftigeSache,dieichda gemachthabeundeineganzschwierige...dasmussmanauchmalandersrumsehen.dasistfür die Familie wirklich, wirklich schwer..., so ein Wechsel [ ] Man kann es niemandem übel nehmen,wennesalsschwierigempfundenwird.ja?eswarjaauchmitgrunddafür,dassichso langegewartethabe,weilesvorherabsolutnichtverantwortbargewesenwäre. DiskriminierungenkönnendahervondenBetroffenennichtimmeralssolcheerkanntundbenannt werden. In einem Interview führen diese Mechanismen häufig dazu, dass traumatisierende 32 Bernard,RussellH.(1994):ResearchMethodsinAnthropology.QualitativeandQuantitativeMethods,S Bernard,RussellH.(1994):ResearchMethodsinAnthropology.QualitativeandQuantitativeMethods,S

33 Erfahrungen sehr verknappt und wenig konkret geschildert werden. Die Interviewenden waren darauf geschult, an solchen Stellen behutsam nachzufragen, und den konkreten Hergang der SituationgemeinsammitdenInterviewtenmöglichstklarherauszuarbeiten. Wie mit dem Problem der impliziten PeeraErfahrung umgegangen wurde, wurde bereits bei der AuswahlderInterviewer_innenerläutert. V.2Fragebögen AuswahldesbefragtenPersonenkreises DerFragebogenwurdevon68Personen(27Transmänner,41Transfrauen)ausgefülltundrichtete sichandieselbezielgruppewiedieinterviews.erwurdeinselbsthilfegruppeninpapierformverteilt undstandabdem zumdownloadenaufderhomepagedeslsvdanrwzurverfügung. BekanntgemachtwurdederLinku.a.inInternetforenwieetwaTransfamily.deoderGendertreff.de, TGInfoaNewsletterusw.AlleFragebögen,diebiszum zurückgeschicktwurden,konntenin derauswertungberücksichtigtwerden.weitere15fragebögentrafennachdem einund konntendahernichtmehrausgewertetwerden.vondenausgewertetenfragebögenwurden95% direkt im PDFaFormular am Computer ausgefüllt und als gespeicherte Datei per zurückgeschickt,5%fülltendenfragebogenperhandausundschicktenihneingescanntebenfalls per zurück.diesefragebögenwurdenvondenbetroffenennichtindershgsondernzuhause ausgefüllt,umdiebeeinflussungderantwortendurchsozialezwängeauszuschließen. DiedemographischenDatenderteilnehmendenPersonensindunterKapitelVI.1.aaufgeschlüsselt. Pauschal lässt sich feststellen, dass,wiebeideninterviews,auchindieserpersonengruppedie teilnehmendentransmännerimschnittetwasjüngerwarenalsdietransfrauen 34 unddasssowohl beitransmännernalsauchbeitransfraueneinmigrationshintergrundeherseltenwar. AufbaudesFragebogens UnterteiltwarderFragebogenindiefolgenden13Bereiche: I.DemographischeDaten,II.Diskriminierung,III.SelbstwahrnehmungundFremdwahrnehmung,IV. Wie lebe ich mein Trans*Sein, V. Freizeit und Sport, VI. Leben im öffentlichen Raum, VII. Wohnsituation, VIII. Schule/Studium/Ausbildung, IX. Beruf allgemein, IX.a Beruf Angestelltenverhältnis, IX.b Beruf Selbstständigkeit, X. Familie und Freunde, XI. Unterstützung, XII. Gesundheitssystem,XIII.TSG AbgefragtwurdederZeitraumvon2006a2011.VonbesonderemInteressewarendabeidiegenutzten BewältigungsstrategienundRessourcen:AnwenwendensichtranssexuelleMenschenumHilfe,wird diese Hilfe gewährt und wie viel bewirkt sie? Gefragt wurde also sowohl nach den verschiedenen 34 Auch bei den Fragebögen ähnelt die unterschiedliche Altersverteilung sowohl jener, wie sie sich bei den Antragsteller_innenaufVornamensänderungzeigt,alsauchdenAngabenvonsexualmedizinischerSeite,vgl.hierzuKap. V.1Interviews:AuswahldesbefragtenPersonenkreises. 29

34 positiven und negativen Erfahrungen als auch nach dem Zugang zu und dem Funktionieren von unterschiedlichsten Hilfestrukturen. Den Befragten wurde bei fast allen diesen Fragen die Möglichkeitgegeben,eigeneGedankenzuergänzen.SowurdeimSinneinerqualitativenErgänzung der Interviews sichergestellt, dass auch nicht aufgeführte Erfahrungen und Bewältigungsstrategien zursprachekommenkonnten. MethodischeProbleme Der Fragebogen stand online zur Verfügung. Der Link wurde in den einschlägigen, seriösen Internetportalen für Transmänner und Transfrauen verteilt. Ferner wurde er in Selbsthilfegruppen (SHGs)bekanntgemacht.DemProblem,dassdieFragebögenonlineauchvonMenschenausgefüllt werdenkönnten,dienichtinnrwwohnen,wurdedurcheinenappellandasverantwortungsgefühl der potentiellen Ausfüllenden entgegengewirkt. Tatsächlich bekamen wir fünf Fragebögen zurück, die nicht aus NRW stammten. Die Ausfüllenden hatten dies aber in ihren Mails angegeben. Diese Fragebögenwurdennichtausgewertet. Ein weiteres Problem wird durch die Zusammensetzung der Stichprobe bestimmt. Auch bei den Fragebögen stellte sich wie bei den Interviews die Frage nach dem Zugang zum Feld: Die Transsexuellen, die die Fragebögen ausfüllten, sind durch Selbsthilfegruppen oder virtuelle und nichtavirtuellesozialenetzwerkemitdertrans*communityverbunden.transsexuelle,diesichnicht in der Community aufhalten, wurden nicht erfasst. Auch andere Gruppen sind in der Studie unterrepräsentiert. So zeigen etwa die demographischen Daten in Bezug auf die Daten des MikrozensuseineÜberrepräsentationhöhererBildungsabschlüsse. DieindenFragebögenerhobenenDatensindsomitstatistischnichtrepräsentativ,zeigenabereine VielzahlvonLebensentwürfensowienegativenundpositivenErfahrungentranssexuellerMenschen inunterschiedlichenlebensbereichen. V.3InterviewsundFragebögen:AnalysedesMaterials DieInterviewswurdenaufgenommenunddannverschriftlicht.IneinemzweitenSchrittwurdedas Interviewmaterial nach Kategorien sortiert.dassostrukturiertematerialwurdeanschließendvon deneinzelnenforscher_innenschriftlichaufzentraleinhaltereduziert.diememoswurdendannim Forschungsteam diskutiert undausgewertet, wodurch zugleich das Aufzeigen differenzierterer Problemkategorien, aber auch das Finden von Lösungsansätzen möglich wurde. 35 DieFragebögen wurdenquantitativ(explorativadeskriptiv),dieergänzendenoffenenfragenqualitativausgewertet. AlsstatistischesVerfahrenwurdedieMethodederHäufigkeitsverteilungbenutzt.DieErgebnisseder Interviews wurden in einem nächsten Schritt mit Ergebnissen der Fragebögen verglichen, ergänzt undzugleichgewichtet. Bei der Auswertung der gewonnenen Ergebnisse wurde ein besonderes Augenmerk auf mehrdimensionale Diskriminierung gelegt. Gerade im Bereich Transsexualität ist Diskriminierung 35 DieAuswertungderInterviewsorientiertsichu.a.anWitzel,Andreas(1995):AuswertungproblemzentrierterInterviews. GrundlagenundErfahrungen. 30

35 meistnichtnuraufeinmerkmalbezogen,sondernwirdinkomplexenformenerlebt(z.b.verbunden mitdiskriminierunginbezugaufgeschlecht,alter,ethnizitätoderbehinderung).alldiesefaktoren könnenfürdiebetroffenenhürdendarstellen,ihrerechtedurchzusetzen. 31

36 VI.AuswertungderindenFragebögenundInterviewserhobenenDaten VI.1AllgemeineSituationderteilnehmendentranssexuellenMenschen VI.1.aDemographischeDaten VI.1.a.1Interviews Interviewt wurdeninsgesamt30 transsexuelle Menschen imalter von18 bis69 Jahren(15 Transmännerund15Transfrauen). Transmänner Die interviewten Transmänner waren zwischen 18 und 53 Jahre alt, die meisten sind in ihren Dreißigern. Die Hälfte gab als Familienstand ledigan, drei geschieden, der Rest verheiratet,z.t. getrennt lebend. Sieben der Interviewpartner waren Single, der Rest in Beziehung. Ihre sexuelle Orientierunggabenfünfalsschwulundachtalsheterosexuellan.ZweienwardasGeschlechtder Partner_innen egal. Ein Transmann hatte ein Kind. Die meisten der interviewten Transmänner (sechs)wohnenineinergroßstadt,derrestwohntjezurhälfteineinerkleinstadtbzw.metropole. Keiner wohntaufdem Dorf oder einer Mittelstadt. Sechs der Transmänner hatten als höchsten schulischenbildungsabschlussabitur,davonhateinerstudiert(mitpromotion),zweibefindensich noch im Studium. Die restlichen neun haben einen Realschulabschluss. Alle haben eine BerufsausbildungoderbefindensichineinerAusbildung.BeidenBeschäftigungsverhältnissensind sieben in Vollzeit angestellt erwerbstätig, vier waren arbeitslos bzw. Hausmann, der Rest freiberuflich.dieeinkommenbewegensichzwischenwenigerals400,aeurobisüber4000,anetto (eininterviewpartner).allehattendiedeutschestaatsbürgerschaftbisaufeinentransmann,derin derkindheitmitseinerfamilieeingewandertist. Transfrauen Die Interviewpartnerinnen waren zwischen 23 und 69 Jahre alt, wobei der größere Teil der Transfrauenälterals44Jahrewar.Vonihnenwarensechsverheiratet(davonzweigetrenntlebend), vier waren geschieden, eine verwitwet, eine verpartnert und drei ledig. Unabhängig vom FamilienstandbefindensichvierTransfrauenineinerBeziehung,elfderInterviewpartnerinnensind Single. Ihre sexuelle Orientierunggaben13alslesbischundzweialsheterosexuellan.Sechs der InterviewtenhabeneigeneKinder(einbismax.siebenKinder).SechsderinterviewtenTransfrauen wohnenineinermetropole,dieanderenverteilensichrelativgleichmäßigaufalleortsgrößen. SiebenderbefragtenFrauengabenalsschulischenBildungsabschlussAbituran,eineHauptschule, der Rest Realschule. Sechs der Frauen mit Abitur haben studiert unddreidavonhabenmit Promotion abgeschlossen.auchdiebeschäftigungsverhältnisse warenbreitgefächert.fünf der InterviewtenwarenVollzeitineinemAnstellungsverhältnistätig,genausovielewarenselbstständig tätig,zweidertransfrauenbezogenalgii,beizweiweiterenbefindetsichdasarbeitsverhältnisin AuflösungundeineInterviewpartnerinmachteineschulischeAusbildung.Das Einkommenvariiert 32

37 entsprechend zwischen ALG II Niveau und mehr als 4000,a nettoimmonat. Alle hatten die deutsche Staatsbürgerschaft bisaufeinetransfrau,dieinderkindheitmitihrerfamilie eingewandertist. VI.1.a.2Fragebögen AnderUmfrageperFragebogennahmeninsgesamt68transsexuelleMenschenimAltervon22bis 68 Jahren teil (27 Transmänner und 41 Transfrauen). Wie bei den Interviews waren die teilnehmendentransmännerimschnittca.10jahrejüngeralsdietransfrauen(ältestertransmann geb.1958,ältestetransfraugeb.1944,jüngstertransmanngeb.1990,jüngstetransfraugeb.1988, MedianTransmänner:36Jahre,MedianTransfrauen:46Jahre). BeidenTransmännernhatten100%einedeutscheStaatsangehörigkeit,beidenTransfrauen95%, jeweilseinetransfrauwareingebürgertbzw.hatteeineanderestaatsangehörigkeit.diesspiegeltdie bereits in Kap. V MethodikerwähnteErfahrungwider,dassMenschenmitMigrationshintergrund offenbarwenigergutandieselbsthilfegruppenstrukturenundandievirtuellenundnichtavirtuellen sozialennetzwerkeangebundensind. 33

38 Von den Befragten haben bei den Transmännern 81 % bereits die VornamensL und Personenstandsänderung durchlaufen,wobeisichbei4 % imlaufdesverfahrensnachtsg IntersexualitätherausstellteundderPersonenstandnach 47PStGgeändertwurde.Weitere11% befinden sichimlaufendenverfahrendervänachtsg.7 % machten keine Angaben. Bei den Transfrauenhabenbereits61%dieVornamensaundPersonenstandsänderungdurchlaufen,bei5% wurde ebenfalls Intersexualität diagnostiziert und der Personenstand nach 47 PStG geändert. Weitere19%derteilnehmendenTransfrauenbefindensichimlaufendenVerfahrenderVÄnachTSG bzw.planenesinkürze(15%).5%machtenkeineangaben. IhreeigeneTranssexualitätwardenmeistenteilnehmendenTransmännernundTransfrauenschon sehr früh bewusst. Bis zum Alter von 10a12 Jahren waren sich 50 %dertransmännerdarüberim Klaren,keinMädchenbzw.einJungeodergeschlechtlichanderszusein,undbiszumAltervon14 Jahrenwarensich50%derTransfrauenbewusst,keinJungebzw.einMädchenodergeschlechtlich anderszusein.beidentransmännernsetztediesererkenntnisprozessrelativfrühein(35%biszum Altervon4Jahren),beidenTransfrauenetwafünfJahrespäter(8%biszumAltervon4Jahren,31% biszumaltervon9jahren). Die überwiegende Mehrheit der Transmänner (67 %) und Transfrauen (73 %) empfindet TranssexualitätnichtalspsychischeStörung. 34

39 InbeidenGruppenbeträgtderZeitraumzwischenErkenntnisundVornamensänderungmindestens zweijahre, inderregelaberwesentlich mehr: Die Zeitspanne beidentransfrauenbeträgt2a56 Jahre,beidenTransmännernbeträgtsie3a42Jahre.DiewachsendeZahlderTranssexuellen,die sich heute aufgrund der besserengesellschaftlicheaufklärungbereitsimkindesaundjugendalter bezüglich ihrer Transsexualität äußern und teilweise auch Hilfe erhalten, lässt vermuten, dass der ZeitraumzwischenErkenntnisundderEinleitungentsprechenderSchritteinZukunftgeringerwerden wird. In der Vergangenheit mochten oder konnten nicht alle Transsexuellen die für die Personenstandsänderung erforderliche Unfruchtbarkeit bzw. die dafür nötigen Operationen (Hysterektomie bei Transmännern bzw. Entfernung von Penis und Hoden bei Transfrauen) in Kauf nehmen. Am erklärte das Bundesverfassungsgericht diese Bedingungen für verfassungswidrig. Die Häufung der PersonenstandsänderungenimJahr2011zeigt, dass damit für einebedeutendeanzahlvontranssexuelleneinewesentlichehürdegefallenwar,diesiebislangvon derbeantragungderpäabgehaltenhatte. 35

40 BeiderReligionszugehörigkeitdominiertbeidenTransmännernkonfessionelldieZugehörigkeitzur römischakatholischenkirche(41%dertransmänner,19%dertransfrauen;vergleichszahlennrw: 24 % der Bevölkerung römischakatholisch 36 )währendbeidentransfrauendie Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche leicht überwiegt (22 % der Transfrauen, 15 % der Transmänner; VergleichszahlenNRW: 28%derBevölkerungevangelischalutherisch). Jeweils 2%derTransfrauen gehören dermuslimischenbzw.buddhistischen Religion an (VergleichszahlenNRW: 3 % der Bevölkerungmuslimisch).7%derTransmännerund15%derTransfrauengehöreneineranderen Religionan,z.B.Wiccau.ä.SowohlbeidenTransmännernalsauchbeidenTransfrauenisteinhoher Anteilnichtkonfessionellgebunden(37%derTransmännerund39%derTransfrauen)bzw.ausder Kircheausgetreten(VergleichszahlenNRW:24%derBevölkerungkonfessionslos). Die prozentualen Differenzen zwischen transsexuellen Menschen und der Gesamtbevölkerung in NRW sind in Bezug auf die römischakatholische und die evangelischalutherische Konfession unter Umständen auf die unterschiedliche regionale Herkunft der teilnehmenden Transmänner und Transfrauen innerhalb von NRW zurückzuführen, denn die evangelische und katholische KonfessionszugehörigkeitsindregionalsehrunterschiedlichestarkinNRWvertreten. 37 Das kommunale Lebensumfeld der Teilnehmenden zeigt sich divers. Während bei den Transmännern52%ineinerStadtvonüber Einwohnernwohnen(Metropolemitüber1 Mio:22%;Großstadtbis1Mio.:30%),lebtderGroßteilderTransfrauenineinermittlerenStadtmit 36 VergleichszahlenfürNRWhierundimFolgendenaus:Krech,Volker(2006):WasglaubendieMenscheninNordrheina Westfalen?,S Vgl.Krech,Volker(2006):WasglaubendieMenscheninNordrheinaWestfalen?,S.7. 36

41 biszu einwohnern(32%).nur12%wohnenineinermetropole,weitere22%wohnenin einergroßstadt.währenddieverteilungaufdiekleinstädtebeibeidengruppengleichist(15%der Transmänner,15%derTransfrauen),gabenimmerhin19%derTransfrauenan,aufdemLand,also in einem Dorf mit bis zu 5000 Einwohnern zu leben. Dem standen nur 7 % der Transmänner gegenüber. Umgezogen aufgrundihrertranssexualitätsindindenletztenfünfjahrendabeinur15 % der Transmänner,aber27%derTransfrauen.EinerdervierTransmännergabseineTranssexualitätals HauptgrundfürdenUmzugan,ihmgingesdarum,nachabgeschlossenerTransitionaneinemOrt neuanzufangen,andemihnniemandkannte,beidenrestlichendreienwardietranssexualitätein Grundunteranderen.BeidenTransfrauenwarenes17%,beidenendieeigeneTranssexualitätfür den Umzug ausschlaggebend war, bei 10 %warsieeingrundunteranderen.beiden17 %der Transfrauen, die ihre Transsexualität als Hauptgrund für den Umzug angegeben hatten, kamen multipleauslöserfürdieentscheidungzusammen:fünfnanntendiefamiliealsgrund,jevierdie NachbarnunddassessichineinergrößerenStadtalstranssexuellerMenschbesserlebenlasse.Je dreiführtendiebessereinfrastruktureinergrößerenstadtinbezugaufdietrans*acommunityund diemedizinischeversorgung,sowiedenwunschunerkanntneuanzufangenalswichtigegründean. BeizweiTransfrauenwarder/dieVermieterinfürdenUmzugverantwortlich.JeweilseineTransfrau nanntekinderundpartner_in. TrotzdergenanntenSchwierigkeitenfandenesjedochkeine/rderTransmänneroderTransfrauen, die aufgrund ihrer Transsexualität umgezogen waren, schwierig,eineneuewohnungzufinden, wobeihierallerdingsnichtnachetwaigenverschlechterungen(quadratmeterzahl,preis,lageetc.) derwohnsituationgefragtwurde. Die Wohnsituation stelltsichinbeidengruppen ähnlich vielfältig dar wie das kommunale Lebensumfeld. Jeweils mehr als 50 % der Transmänner und Transfrauen leben allein in einem eigenenhaushalt(56%dertransmännerund51%dertransfrauen).weiter18%dertransmänner bzw. 29 % dertransfrauenlebenmiteinem/rpartner_inzusammenineinemgemeinsamen Haushalt.NureinTransmann,aber7%derTransfrauenlebenmitPartner_inundeigenenKind(ern) zusammen in einem gemeinsamen Haushalt, während demgegenüber 7 % der Transmänner, aber nur eine Transfrau ohne Partner_in zusammen mit eigenen Kindern in einem Haushalt leben. Der Rest, jeweils Einzelfälle, verteilt sich auf unterschiedliche Wohnformen, etwa dem Leben bei den 37

42 Eltern, in einer Wohngemeinschaft, einem Student_innenwohnheim oder einer ähnlichen Gemeinschaftsunterkunft. Die Beziehungssituation derteilnehmendenspiegeltbiszueinemgewissengraddieeben beschriebene Wohnsituation. 63 % dertransmänner, abernur37 % dertransfrauensindim AugenblickohneBeziehung.Nur22%derTransmännerlebenaktuellineinerBeziehungzueinem (18 %) oder mehreren Menschen (5%). Demgegenüber leben 42 %dertransfrauenin einer Einpersonena(37%)bzw.ineinerMehrpersonenziehung)(5%).AuffällighochistdieZahlderPaare, die zwar verheiratet bzw. verpartnert sind, aber getrennt leben, also die Beziehung nicht weiter aufrechterhaltenwollenoderkönnen:17%beidentransfrauenund15%beidentransmännern. Zum besseren Verständnis dieser Zahlen sei an dieser Stelle auf die Auswertung der Fragebögen, insbesondere aber der geführten Interviews in Kap. VI.7 Erfahrungen transsexueller Menschen im familiärenumfeldundinderpartnerschaftsowieimprivatenumfeldverwiesen. Der Familienstand bildetdiejeweiligenbeziehungssituationeninetwaab,wobeihiernatürlich miteinbezogenwerdenmuss,dassdiesemitderlegalenformimmernurbegrenztkorreliert.sosind 59%derTransmännerundnur37%derTransfrauenledig.AndieserStellestimmendieZahlender legalensituationauffälligmitdenzahlendesbeziehungsstatus ohnebeziehung überein(63%der Transmänner, 37 % dertransfrauens.o.).15 % dertransmänner sind verheiratet und 4 % verpartnert. Dem stehen 22 % verheiratete Transfrauen und 19 % verpartnertetransfrauen gegenüber. Hierbei ist zu beachten, dass aufgrund desbeschlussesdesbundesverfassungsgerichts vom verheirateten Paare nun auch gleichgeschlechtlich sein können, etwa lesbische Transfrauen,dieweiterhinmitihrerPartnerinverheiratetsind.VerpartnertePaarekönnenseitdem 38

43 gegengeschlechtlichsein,etwaheterosexuelletransmänner,dieweiterhinmitihrerfrauverpartnert sind. 38 VergleichtmandielegaleSituationindeneinzelnenFragebögenmitdemBeziehungsstatus,sohaben fastalleaktuellineinerbeziehungbefindlichentransmännerundtransfrauendieselegalisiert.15% der Transmänner sind geschieden, bei einem wurde die Lebenspartnerschaft aufgehoben. Demgegenübersindnur10%derTransfrauengeschieden,weitere10%lebeninTrennung.Beieiner Transfrauistder/diePartner_inverstorben. Diesexuelle OrientierungderTeilnehmenden(immerausgehendvonderGeschlechtsidentität) ist dabei wiebereitsdiediagrammedesfamilienstandesanzeigen keineswegsnurheterosexuell. Heterosexuell sind 41 % dertransmännerundnur24 % dertransfrauen.weitere 22 % der Transmännerund17%derTransfrauenistdasGeschlechtderPersonnichtwichtig.Alsschwulbzw. lesbischdefinierensich18%dertransmännerund34%dertransfrauen.18%dertransmännerund 19%derTransfrauenbezeichnensichalsbisexuell.5%derTransfrauenhabeneineanderesexuelle Orientierung. Deutlich mehr Transfrauen als Transmänner haben Kinder: Während nur 18 %dertransmänner angaben,kinderinihremlebenzuhaben,warenesbeidentransfrauenimmerhin49%,alsofastdie Hälfte.BeidenTransmännernmitKindernhandelteessichnurin60%derFälleumleiblicheKinder. DieanderenKinderwarenvondem/rPartner_inindieBeziehungmitgebrachtworden,ineinemFall 38 Vgl.BVerfGv a1BvL10/05a 39

44 istdertransmanncoavater.beidentransfrauenhingegenistdieverteilungdeutlichanders:in95% derfällehattendietransfrauendiekindergezeugt,nurineinemfallhandelteessichumdaskind des/rpartner_in. In den Interviews werden die Gründe für diese Zahlenverhältnisse deutlich: Während sich Transmänner das Gebären eines Kindes eher selten als Möglichkeit für sich vorstellen können, da hierderbiologischevorgangmitdereigenengeschlechtsidentitätzustarkkontrastiert,istderakt des Zeugens fürtransfraueneinrelativkurzer, der vergleichsweise leicht verdrängt werden kann. Heterosexuelle(40%,s.o.),bisexuelleTransmännerundsolche,denendasGeschlechtdesMenschen nicht so wichtig ist (insg. 41 %s.o.),sindzudemvorihremcomingaout oft in der queeren Szene unterwegs, die für gebärfähige Menschen eine Vielzahl von Lebensentwürfen auch jenseits der Mutterschaftzulässt. BeiTransfrauenhatdasGründeneinerFamilieoftdenEffekt,inderMännerrollezuverbleibenund dasthematranssexualitätzuverdrängenbzw.zuseitezuschieben: TF:Es[dieTS]warimmerallesprivat.Unddann,jawiegesagt,ichhabmeineExfraudamals kennengelernt.wirhabendannauchrechtfixgeheiratet,undichdachtedaswirdsichgeben. DieKinderwerdendabeinichtbewusstindieWeltgesetzt,sondern ergeben sichmeisteinfachim LaufderBeziehung: TF:Eswarimmerso,ichzeigewas,dannistmeineFrauwiederschwanger,nagut,dannwieder zurück. TF:[ ]bindannaufmeineheutigefraugestoßen,daserstemalimlebengeschlechtskontakt gehabt,mitentsprechendkinderfolge,sozialeverantwortung,alleswiederweggeschlossen...wir habeninsgesamtzweikinderbekommen,undichhabees[dietranssexualität]einelange,lange Zeitweggeschlossen[ ]. Lesbische Transfrauen (34 %, s.o. unter sexuelle Orientierung) sind somit deutlich stärker eingebundenindennormativenkontextderklassischenfamilie,zudemdaszeugenvonkindernmit dazugehört. DessenungeachtetkanninbeidenGruppenderWunschnacheinemKinddurchausdazuführen,sich desvorhandenenbiologischenequipmentszubedienen,umsichdiesenwunschzuerfüllen ohne dass dies mit der eigenen Geschlechtsidentität zum Konflikt führt. 39 Diese Gruppe war unter den Befragtenjedochnichtvertreten. 39 SoetwaderUSaAmerikanerThomasBeatie,dernachseinerTransitiondreiKinderzurWeltbrachte:Susan* , Austin * , Jensen * , vgl. 18:07).ImdeutschsprachigenRaumkennendieVerfasser_innendieserStudiepersönlichdreiTransmänner,dienachbzw. währendihrertransitioneinkindzurweltbrachten,bzw.planeneinkindzurweltzubringen. 40

45 Bei jenen Transmännern und Transfrauen, die noch keine Kinder haben, ist ein Kinderwunsch durchausvorhanden.25%dertransmännerwünschensichaktuellkinder,wobeiallerdingsnurein TransmanndenWunschaktivbetreibt,dabeiaberHindernissengegenübersteht(derTransmannhat noch keine VornamensaundPersonenstandsänderungundkanndahermitseinerPartnerinnach deutschem Recht als vermeintlich gleichgeschlechtliches Paar nicht zu einer Samenbank gehen). Auch27%derTransfrauenwollenKinder,auchhierbetreibtnureineTransfrauaktuelldenWunsch aktiv,undauchsiestößtdabeiaufhindernisse(diesuchenachderpassendenpartneringestaltet sichfürsiealstransfrauschwierig). DieschulischeBildungliegtsowohlbeidenTransmännernalsauchbeidenTransfrauenüberdem Bundesdurchschnitt der Gruppe der 25 bis 55 Jährigen (Männer: 34 % Abitur bzw. Fachhochschulreife, Frauen: 37 %) % der befragten Transmänner haben als höchsten allgemeinbildenden Abschluss ein Abitur (44%)bzw.eineFachhochschulreife (22%). Bei den befragten Transfrauen sind es 49 % (32 %mitabiturund17 %mitfachhochschulreife). Einen Realschulabschluss haben 22 % dertransmänner(bundesdurchschnitt der 25 bis 55 Jährigen: Männer:23%), nur 7 % dertransmänner haben mit dem Hauptschulzeugnis(Bundesdurchschnitt der25bis55jährigen:männer:30%)alshöchstemabschlussabgeschlossen.beidentransfrauenist diese Quote etwas höher, aber immer noch unter dem Bundesdurchschnitt: 15 %habeneinen Hauptschulabschluss (Bundesdurchschnitt der 25 bis 55 Jährigen:Frauen:23%), 34 %jedochdie MittlereReife(Bundesdurchschnittder25bis55Jährigen:Frauen:30%). 40 Statistisches Bundesamt (2010): Mikrozensus. Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Beruf, Ausbildung und Arbeitsbedingungen der Erwerbstätigen in Deutschland, S. 4. Da die meisten der von uns befragten Transsexuellen zwischen25und55jahrenaltsind,wurdederbundesdurchschnittder25bis55jährigenzugrundegelegt. 41

46 ÄhnlichüberdurchschnittlichistdieLagebeidenberuflichenAbschlüssen. WährendfastgleichvieleTransmännerwieTransfrauenkeinenberuflichenAbschlusshaben(18% dertransmännerund19%dertransfrauen;bundesdurchschnittder25bis55jährigen,unabhängig vom Erwerbsstatus: Männer: 16%, Frauen: 18%) 41 odereinelehreabsolvierthaben (37 %der Transmännerund32%derTransfrauen;Bundesdurchschnittder25bis55Jährigen:Männer:55%, Frauen: 57%), besuchtennur4 %dertransmännereineberufsfachschulebzw.machtenihren Meister. Bei den Transfrauen durchliefen hingegen jeweils 7 %eineberufsfachschuleo.ä.bzw. machtenihrenmeister(bundesdurchschnittder25bis55jährigen:männer:9%,frauen:6%).7% dertransmännerund2%dertransfrauenbefindensichnochinderausbildung. Bei den akademischen Abschlüssen zeigt sich ebenfalls eindeutlicherunterschiedgegenüber den schulischen Bildungsabschlüssen. Bei 67 %dertransmännermitabituroderfachhochschulreife erreichtennur18%dertransmännereinenhochschulabzw.fachhochschulabschluss,keinerdavon mit Promotion. Demgegenüber haben 22 % der Transfrauen einen Hochschula bzw. Fachhochschulabschluss(bei49%derTransfrauenmitAbituroderFachhochschulreife)undweitere 10%habenerfolgreichpromoviert. 42 AuchhierliegenTransmännerundTransfrauenambzw.über dem Bundesdurchschnitt (Bundesdurchschnitt der 25 bis 55 Jährigen: Fachhochschula /Universitätsabschluss:Männer:18%,Frauen:16%;Promotion:Männer:2%,Frauen:1%).15%der Transmänner,sowie5%derTransfrauenbefindensichimStudium. Sowohl bei den schulischen wie auch bei den beruflichen Abschlüssen muss allerdings beachtet werden, dass das ZugänglichaMachen desfragebogensüberdasinternetundseinenicht unbeträchtliche Länge zu einer gewissen Vorauswahl der ausfüllenden Personen führten. Die Interviewszeigen,dassderWegderSelbstfindungundderTransitiondestoleichterwird,jemehrdie Betroffenen über bestimmte Ressourcen, wie etwabildungundberuflicheabschlüsseverfügen. WissenunddiedarausgewonnenenKompetenzen,ebensowiediemiteinemhöherenBildungsaund 41 ZahlenhierundimFolgendenentnommenaus:StatistischesBundesamt(2010):Mikrozensus.Bevölkerungund Erwerbstätigkeit.Beruf,AusbildungundArbeitsbedingungenderErwerbstätigeninDeutschland,S.4 42 NichteinbezogenwurdeindieErfassungderDaten,obderakademischeAbschlussaufdemzweitenBildungswegerreicht wurde,d.h.dassdiezahlderakademischenabschlüsseimvergleichzurzahldertransmännerundafrauenmitabituroder Fachhochschulreifegegebenenfallsnochgeringerausfällt. 42

47 Berufsabschluss einhergehende bessere soziale Stellung, stärkenpotentielldieposition der betroffenen Personen, z.b. auch gegenüber den akademisch geschulten Gutachter_innen im VerfahrennachTSG.WennalsodiedurchschnittlichenschulischenundberuflichenQualifikationen transsexueller Menschen (zum Wortgebrauch im Sinn dieser Studievgl.Kap.I.1)sodeutlichüber dembundesdurchschnittliegen,mussimmerdanachgefragtwerden,inwieweitdiesezahlennicht auchdiekorrelationzwischenvorhandenenressourcenundderdadurchverbessertenmöglichkeit zurtransitionabbilden. Beim Beschäftigungsverhältnis tretensignifikante Unterschiede zwischen Transmännern und Transfrauen auf. Von den Transmännern sind 30 %Vollzeiterwerbstätig,15 %sindselbstständig (BundesdurchschnittVollzeitMänner:90%;selbstständigMänner:13,8%). 43 4%derTransmänner sindteilzeiterwerbstätig(bundesdurchschnittmänner:10%).26%dertransmännersindaufalgii angewiesen (geschlechterübergreifende ALG IIa und SozialgeldaQuote in NRW: 11,1 %; ArbeitslosenquoteNRWMänner:7,5%,Ausländer_innen:18,2% 44 ).11%derTransmännergaben anderebeschäftigungsverhältnissean(z.b.unbezahltimeigenenhaushalttätigetc.)und11%sind erwerbsunfähig.26%dertransmännersindmitschule,ausbildungoderstudiumbeschäftigt. Bei den Transfrauen sind 41 %Vollzeiterwerbstätig,24 %selbständigtätig(bundesdurchschnitt VollzeitFrauen:54%;selbstständigFrauen:7%).KeinederteilnehmendenTransfrauenistTeilzeit erwerbstätig (Bundesdurchschnitt Frauen: 45 %). 2 % dertransfrauenhabeneinenminijob (Bundesdurchschnitt Frauen: 13%). 2 % der Transfrauen erhalten im Augenblick ALG I,19%der TransfrauenerhaltenALGII(geschlechterübergreifendeALGIIaundSozialgeldaQuoteNRW:11,1%; ArbeitslosenquoteNRWFrauen:7,5%,Ausländer_innen:18,2%).5%sindbereitsinRentebzw.im Vorruhestand. 17 %gabenanderebeschäftigungsverhältnissean,z.b.rente auf Zeit, Beamtin auf Zeit,erwerbslosohneALGaBezug.10%derTransfrauensindmitSchule,AusbildungoderStudium beschäftigt. DieberuflicheSituationvonTransmännernundTransfrauenähneltsomitimBundesvergleicheher der Situation des Geschlechts, das ihnen bei Geburt zugewiesen wurde, als der ihres Identitätsgeschlechts. DasEinkommenderbeidenGruppenunterscheidetsichebenfallsdeutlich.65%derTransmänner habeneinmonatlichesnettoeinkommenvonbiszu1000,aeuro(bundesdurchschnitt,immernetto: Männermitmax.1100,aEuro:20%).18%derTransmännerverfügendabeiübermax.400,aEuroim Monat(BundesdurchschnittMännermitmax.500,aEuro:6%). 45 BeidenTransfrauenhaben12%ein Nettoeinkommen bis zu 400,a Euro, weitere 17 % eines zwischen 400,a und 1000,aEuro (BundesdurchschnittFrauenmitmax.500,aEuro:16%;Frauenmitmax.1100,aEuro:48%). Weitere34%derTransfrauenverfügenübereinNettoeinkommenzwischen1000,aund2000,aEuro (BundesdurchschnittFrauenzwischen1100,aund2000,aEuro:38%).BeidenTransmännernsindes 43 ZahlenhierundimFolgendenentnommenaus:StatistischesBundesamt2010:Mikrozensus.Bevölkerungund Erwerbstätigkeit.Beruf,AusbildungundArbeitsbedingungenderErwerbstätigeninDeutschland,S ZahlenfürNRWhierundimFolgendenentnommenaus:BundesagenturfürArbeitStatistik(2011):Arbeitslosigkeitund GrundsicherungfürArbeitssuchende.RegionNordrheinaWestfalen,hier:Blatt5a7. 45 ZahlenhierundimFolgendenentnommenaus:StatistischesBundesamt 2010: Mikrozensus. Bevölkerung und Erwerbstätigkeit.Beruf,AusbildungundArbeitsbedingungenderErwerbstätigeninDeutschland,S

48 nur 15 % (BundesdurchschnittMännerzwischen1100,a und2000,a Euro:41%). Im oberen Einkommensbereich ziehen die Transmänner wieder nach: 15 %dertransmännerund15 %der Transfrauen verdienen zwischen 2000,a und3000,a EuronettoimMonat(Bundesdurchschnitt Männer zwischen 2000,aund3200,aEuro:26%,Frauen:11%). Je 5 %dertransfrauenerreichen zwischen 3000,a und4000,a bzw.über4000,a EuronettoimMonat(insg.10 %). Nur 4 % der Transmännerverfügenüber3000,abis4000,aEuronettoimMonat,keinerschafftdie4000,aEuro Hürde(BundesdurchschnittMännermitmehrals3200,aEuro:13%,Frauen:3%). MiteinbeziehenmussmanandieserStellezwardasjüngereDurchschnittsalterunddengrößeren Anteil der noch in Ausbildung und Studium befindlichen Transmänner (26 %gegenüber9 %der Transfrauen).DennochliegendieEinkommensverhältnissevonTransmännerundTransfraueninder RegelunterdemBundesdurchschnittfürFrauenundMänner.GemessenandenimBundesvergleich überdurchschnittlich hohen Bildungsabschlüssen verschärft sich das Missverhältnis. Dabei korrelierensienichtmitdeneinkommensverhältnissendergleichgeschlechtlichengruppe,sondern mit der Gruppe, die dem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht entspricht, d.h. die Einkommensverhältnisse von Transmännern entsprechen eher jenen von Frauen, die von TransfrauenjenenvonMännern.TransmännerundTransfrauenbelegenhiergleichsamexnegativo Benachteiligungenbzw.Vorteile,denenFrauenbzw.Männerausgesetztsindbzw.dieihnenzuTeil werden. BeidemZeitpunktdesErwerbslosLWerdenszeigtesicheinZusammenhangmitderTransition.11% dertransmännerund12%dertransfrauenwurdenvorihremcomingaouterwerbslos.nachdem ComingaOutverloren4%ProzentderTransmännerund10%derTransfrauenihreArbeit.Während der Transition liegen Transmänner wieder vorn: 11 % der Transmänner und 7 % der Transfrauen wurden in dieser Zeit erwerbslos. Auch nach der Transition verloren mehr Transmänner als TransfrauenihreArbeit:15%derTransmännerund7%derTransfrauenwurdenerwerbslos.Inden Interviews zeigt sich dabei eine große Bandbreite von versteckter und offener Transphobie am Arbeitsplatz,diedurchausbereitsvordemComingaOutdas,wasdemUmfeldandentranssexuellen Personen geschlechtlichnichteinordbar erscheint, zum Anlass für Kritik und Mobbing nimmt. 44

49 TranssexuellePersonenerfahrendabeiMobbingsowohlvonSeitenderArbeitgeber_innenalsauch vonseitenderkolleg_innen,kund_innenoderklient_innen: TM:[ ]dassmanmichdaquasizurklamottenordnunggezwungenhatte. Dass man mir z.b. sagte: Hier Pressetermine, kommen Sie dann bitte in anderen Klamotten, obwohl meine Klamottenimmersauberundordentlichwaren,undichglaubeauch,dassicheinengutenStil habe,dassmansichdadurchauchindersituationsahundmirmitteilte,ichsolltemichetwas geschlechtskonformkleiden. TM:[ ]dannhabeicheinelehregemachtalsarzthelfer,auchnochbeieinemgynäkologen.ich weiß,dassderarztproblemehattemitseinenpatientinnen,weilsieechtdachten,dawäreein JungeimUntersuchungsraum.IchsahhaltauswieeinJunge,ichglaube,dahatteermanchmal ein bisschen Stress mit den Damen, manchmal. Nach der Lehre habe ich da nicht mehr gearbeitet,habedannineinemlaborangefangen,dawardannauchgarnichts,ganznormales Lebenhalt. Für den endgültigen Verlust der Arbeit spielen allerdings viele Aspekte eine Rolle: der gewählte Beruf, die Position innerhalb des Unternehmens, die individuellen Ressourcen, die allgemeine ArbeitsmarktsituationundauchdiepersönlicheStabilitätunddasAusmaßanUnterstützungdurch Freunde und Familie. Hier entstehen, wie an den Interviews sichtbar wird, sehr komplexe Situationen,derenAusgangvonvielenFaktorenabhängt. DiemassiveErfahrungmitdemUnverständnisderGesellschaftführtbeidenmeistentranssexuellen MenschenimLaufihresLebenszuselbstzerstörerischemVerhalten. An Selbstmord dachten 78 % derteilnehmendentransmännerund22%derteilnehmendentransfrauen. 76%derTransmänner,diejemalsanSelbstmorddachten,betrafdiesinden5Jahrenvorder Transition, 24 %dachtenwährenddertransitiondaranund5 %nachdertransition.vonden Transfrauen,diejemalsanSelbstmorddachten,hatten77%dieseGedankenvorderTransition,53% hatten solche Gedanken während der Transition, und27 % hattensolchegedankennachder Transition. 45

50 Einen Selbstmordversuch begingen 30 % der teilnehmenden Transmänner und 29 % der teilnehmenden Transfrauen. Von den Transmännern, die einen Selbstmordversuch verübten, unternahmenihn87%vordertransition,25%währenddertransitionundkeinerdanach.vonden Transfrauen,dieversuchtensichumzubringen,tatenes83%vorderTransition,25%währendder Transitionund17%nachderTransition. SowohldieSelbstmordgedankenalsauchdieSelbstmordversuchenahmenimLaufderTransitionbei dentransmännernbisaufnullab.diehöhererestzahlanselbstmordgedankenundaversuchenbei Transfrauen wird u.a. erklärlich durch die stärkeren Schwierigkeiten von Transfrauen, als Frauen wahrgenommenzuwerden.währendtransmännernacherfolgtertransitioninderregelalsmänner 46

51 in der Masse untergehen, können viele Transfrauen ihre durch das pubertäre Testosteron verändertephysiognomiehäufigschlechterverbergen.siebleibenals transsexuell erkennbar(vgl. dazu auch Kap. VI.1.c) und sind daher auch nach der Transition einem höheren bis hohen gesellschaftlichen Druck ausgesetzt. Insgesamt zeigt der Verlauf, dass der Druck und damit das selbstzerstörerische Verhalten oder der Gedanke daran kontinuierlich in dem Maß abnehmen, in demdiefalsche,gegengeschlechtlichezuweisungdurchdiegesellschaftgeringerwird. TF:AlsobeimirwarderZeitpunktsehrdramatisch,wojetztwaspassierenmusste.Ichweiß nicht,obeswirklichsopassiertwäre...ichsagdasjetztimmerso,obessogekommenwäre,weiß ichnicht,aberichbindermeinung,wennichdenwegnichtgegangenwäre,ichwärekeinezwei Monate älter geworden. Ich stand in Köln auf dem Herkuleshochhaus im 24. Stock, bin mit fadenscheinigenbegründungen[ ]binichdaobenraufgekommen,einparadiesfürsuizid.und ichhabedaobengestanden,dasistjetztkeindaherreden,sondernichhabeeswirklicherlebt. WennichnichtsoschnellzudemB.[Therapeut]gekommenwäre,weißichnicht,waspassiert wäre. 44 %dertransmännerund22 %dertransfrauenhabensichbereitseinmalgeritztoderähnliche Verletzungenzugefügt.InbeidenGruppennahmdieSelbstverletzungmitderTransitionab. Von den Transmännern, die sich bereits einmal geritzt oder sich ähnliche Verletzungen zugefügt haben,fügtensich67%dieverletzungenvordertransition,25%währenddertransitionund17% danachzu.vondentransfrauenfügtensich89%vordertransitionverletzungenzu,44%während dertransitionund11%nachdertransition: TF:IchwolltediesemKörper,derfalschwar,wehtun.WeilernichtzumirpassteunddaeinHass aufdiesenkörperwar,kaumvorstellbar.also...ganzextremichsagheute,ichbineigentlichein sehr schmerzempfindlicher Mensch,... könnt ich das nicht mehr.... Wollte ich natürlich auch nicht,verstehtsichvonselbst. 47

52 18%derTransmännerund24%derTransfrauenhattenvorihrerTransitioneineEssstörung.Auch diese verschwand in vielen Fällen bis zum Ende der Transition. Von den Transmännern, die eine Essstörung hatten, hatten sie 100%vorderTransition,40 %währenddertransitionund40 % danach.beidentransfrauenwarenes80%vordertransition,50%währenddertransitionund20 %nachdertransition: TM:NachdemichmichentschiedenhabediesenWegzugehenistessehr,sehrschnellpassiert, dassdiesezwängeaufgehörthaben,ich40kilogrammabgenommenhabeunddassmeinleben sichkomplettgeänderthat,undichhabedaskeinentagbereut. Drogena und/oderalkoholsüchtigsindbzw.warenbereits7 % der Transmänner und 12 % der Transfrauen.WiebeidiesenschwerenSüchtenzuerwarten,hatsichhierauchnachderTransition nichtvielverändert,beidentransmännernisteineraktuellclean/trocken(4%),beidentransfrauen ebenfallseineperson(2%).auffälligist,dassdiebetroffenenwährenddertransitionbzw.nachder Transition(wieder)zudenklassischenDrogengreifen(7%derTransmänner,5%derTransfrauen). AndersalsbeidenanderenFormenselbstzerstörerischenVerhaltens,dieallebeibeidenGruppenim 48

53 LaufderTransitiongrößtenteilsverschwindenoderzumindestsignifikantabnehmen,zeigtsichhier insbesonderebeidentransfraueneinzuwachswährendundnachdertransition. Dies könnte für die von unseren Interviewpartner_innen immer wieder formulierte psychische BelastungimZugederjuristischenundmedizinischenAngleichungsprechen, so z.b. die zu langen Wartezeiten im Verfahren der Vornamensänderung nach TSG, der Eingriff in die Privatsphäre der Betroffenen bei den für die Vornamensänderung nach TSG obligatorischen Gutachten, die existentielleabhängigkeitvonderentscheidungsgewaltdergutachter_innenundrichter_innen,die stetig zunehmenden Verzögerungstaktiken der Krankenkassen bei der Beantragung geschlechtsangleichender Maßnahmen und schließlich auch konkrete Diskriminierungserfahrungen (vgl. zu all dem ausführlich Kap. VI.2a7). Während diese Erfahrungen unterschiedslos von beiden Geschlechtern gemacht werden, spielen bei Transfrauen zusätzlich die bereits erwähnten physiognomischen Nachteile eine Rolle für die Anfälligkeit für Suchtverhalten nach der Transition. DievonTransfrauenindenInterviewsgeschildertenErfahrungenlassendaraufschließen,dassder massive gesellschaftliche Druck von außen und die Diskriminierung als sichtbare Transsexuelle eine,wennnichtdieentscheidenderollebeimgriffzudenklassischenbetäubungsdrogenspielen könnte(vgl.u.a.kap.vi.1.c). Trotz oder vielleicht auch aufgrund ihres vergleichsweise anstrengenden Lebensweges finden transsexuelle Menschen immer noch Zeit, sichzutrans*themen politisch und/odersozial zu engagieren.22%dertransmännerund27%dertransfrauenengagierensichehrenamtlichineiner SelbsthilfegruppefürTrans*Menschen.41%derTransmännerund32%derTransfrauenstellensich regelmäßigalspersönlicheansprechpartner_innenfüranderetrans*menschenzurverfügung.7% der Transmänner und 12 %dertransfrauenarbeiten ehrenamtlich an Trans*Themen im Rahmen einernichtregierungsorganisation(ngo),22%dertransmännerund35%dertransfrauennehmen 49

54 eine andere Art von Engagement in Bezug auf die Belange von Transsexuellen wahr. Mehrfachantwortenwarenmöglich,undwiedieAnzahlderProzentezeigt,engagierensichvieleder Transmänner und Transfrauen doppelt und dreifach. 33 % dertransmännerund27 % der Transfrauengabenallerdingsan,sichüberhauptnichtinBezugaufTrans*belangezuengagieren. Beianderweitigemsozialemund/oderpolitischemEngagementsehendieZahlenandersaus,dadie meistentranssexuellenihrekräftezuallererstandieeigenesachebinden. 65%derTransmänner gabendaheran,sichüberhauptnichtindiesenbereichenzuengagieren,beidentransfrauenwaren es 59 %. Im sozialen Bereich sind 11 % der Transmänner aktiv und bringen sich z.b. in der Jugendarbeitein,beidenTransfrauensindes23%.WährendsichkeinerderTransmännerineiner Parteiengagiert,tunes10%derTransfrauen.Anderweitigpolitischodersozialengagierensich23% der Transmänner und 18 %dertransfrauen,soetwaim Bereich des Technischen Hilfswerks, der Gewerkschaft, bei attac oder in der queeren Community. Auch hier waren Mehrfachantworten möglichunddieprozentwertezeigeneinmehrfachengagementderbeteiligten. 50

55 VI.1.bGeschlechtsidentitätundSelbstwahrnehmung Die bislang verwendete Zuordnung Transmann bzw. Transfrau, die auch im Folgenden zur Unterscheidung der Geschlechtergruppen beibehalten wird, wurde über das bei Geburt zugewiesene Geschlecht (Transmänner: bei Geburt weiblich zugeordnet, Transfrauen: bei Geburt männlichzugeordnet)abgefragt.dieeigenegefühltegeschlechtsidentitätzeigteinetwasbreiteres SpektrumanSelbstverortungen. Die Ausfüllenden waren hier aufgefordert, ohne Vorgaben von unserer Seite ihre gefühlte GeschlechtsidentitätmiteinemselbstgewähltenBegriffzudefinieren.Währendsichinsgesamt67% dertransmännerals Mann (52%)oderals männlich (15%)definierenunddamitbetonen,dass sich ihre Geschlechtsidentität nicht von jener eines nichtatranssexuellen Menschen unterscheidet, definieren sich immerhin 11 %als Transmann, empfinden also ihre Transsexualität als Teil ihrer Geschlechtsidentität.Weitere15%habeneine anderegeschlechtsidentität entweder zwischen oder jenseits der Geschlechter. Diese Gruppe hat dennoch die Vornamensa und PersonenstandsänderungnachTSGdurchlaufen.Dieszeigt,dassbeiderinDeutschlandmöglichen Auswahl von Geschlecht ( männlich oder weiblich ) offenbar von dieser Personengruppe die männlichezuordnungalspassenderundlebbarer,wenngleichauchnichtalsdeckungsgleichmitder eigenen gefühlten Geschlechtsidentität empfunden wird. Die in einem Fall angegebene Geschlechtsidentität Frau lässt sich aus der in der Beratungspraxis getroffenen Beobachtung erklären,dasssicheinigemenschensolangealsdembeigeburtzugewiesenengeschlechtzugehörig empfinden,solangeihretransitionnochnichtvollständigabgeschlossenist.4%dertransmänner ließendiefragefrei. BeidenTransfrauenzeigtsichinBezugaufdieeigeneGeschlechtsidentitäteinvergleichbares,aber noch stärker zur Eindeutigkeit der weiblichen Selbstverortung hin gewichtetes Bild: 54 %der Transfrauenempfindensichals Frau (56%)bzw. weiblich (29%),jeweilseinePersonsahsichals Transfrau, als fast weiblich bzw. einer anderen Geschlechtsidentität zugehörig. 7 % der TransfrauenließendieFragefrei. Bei der Frage nach der geschlechtlichen Selbsteinschätzung zeigtesicheinähnlichesbild.die AusfüllendenwurdenindenbeidenfolgendenFragengebetenaufeiner16cmlangenLinieeinKreuz dortzusetzen,wosiesichgefühlsmäßigverorten.sinndieserartvonfragestellungisteinemöglichst 51

56 genauedarstellungderselbstvermutetengeschlechtlichenverortung(z.b.passing)abzubilden,die nichtausschließlichmännlichoderweiblichist.andenpolendererstenliniestanden Frau (links außen)und Mann (rechtsaußen),einegefühltepositiongenauzwischendengeschlechternwurde demnach durch ein Kreuz in der Mitte gekennzeichnet. Die zweite Linie fragte nach geschlechtsspezifischemverhalten.hierwarendiepole stark (linksaußen)und garnicht (rechts außen), die mittlere Position markierte dementsprechend eine ausgewogene Verwendung des VerhaltensundderAttributebeiderGeschlechter. SowohlTransmänneralsauchTransfrauenkreuztenmiteinerAusnahme(Transmann)beiderersten FrageeineStelleauf ihrer SeitedesGeschlechtskontinuumsan.80%derTransmännerverorteten sich im Bereich zwischen dem Pol Mann unddermitte(bei+4cm) des männlichen Geschlechtskontinuums,55%setztendasKreuzaufdenPolodermaximal1,5cmvordenPol.Bei dentransfrauenzeigtsicheinähnlichesbild:50%setztendaskreuzaufdenpol Frau oderbiszu1 cm vor den Pol. 10 % mehr als bei den Transmännern, nämlich 90 % der Transfrauen setzten ihr KreuzindenBereichzwischenPolundderMitte(beia4cm)desweiblichenGeschlechtskontinuums. Bei der Frage nach geschlechtsspezifischen Verhaltensmustern und Attributen zeigt sich bei den TransmännerneinesehrgleichmäßigeVerteilungvon stark bis garnicht miteinemleichtenpeak knapp vor dem Pol stark (9%). FürTransmänneristdamitdas(bewussteodereingestandene) Handeln nach sogenannten männlichen Verhaltensmustern und der Einsatz von geschlechtsspezifischenattributengleichwichtigwieunwichtigundeinepersönlicheentscheidung, dienichtmitderselbstwahrnehmungalsmann(odernichtamann)korreliert.beidentransfrauen sieht die Lage anders aus. Nur 14 % der Transfrauen greifen in ihrem Verhalten auf geschlechtsneutralesodereinwenigmännlichesverhaltenzurück.derrest,86%,verteiltsichbis aufkleineausschlägeaufdemspektrumweiblichenverhaltensundweiblicherattribute. 52

57 Unabhängigdavon,dassdieTransmännersichselbsteineganzeBandbreitedesVerhaltensundder Attributevonsogenanntem männlichen bishinzumsogenannten weiblichen zugestehen,geben 74%an,immerentsprechenddemGeschlechtwahrgenommenzuwerden,demsiesichzugehörig fühlen. 22 % gebenan, wenigstens häufig entsprechend ihrer männlichen Geschlechtsidentität wahrgenommen zu werden. Bei den Transfrauen gestaltet sich die Lage anders: Obwohl diese deutlichachtsamerverhaltenundattributeihresweiblichengeschlechtsverwenden,gebennur24 %an,immerentsprechenddemgeschlechtwahrgenommenzuwerden,demsiesichzugehörig fühlen. 66 % hingegenwerdennurhäufigentsprechendihrerweiblichengeschlechtsidentität wahrgenommen. DieGründedafürliegenzumeinenindengünstigerenVoraussetzungen,dieTransmännerinBezug auf die körperliche und die soziale Angleichung haben: Das Hormon Testosteron führt bei Transmännern zu einer männlichen Pubertät, u.a. zu Stimmbruch, Bartwuchs und der typisch männlichen Verteilung des Kopfhaares. Ist diese männliche Pubertät abgeschlossen, sind TransmännerinderRegel unauffällige Männer.ZeigensieeinVerhalten,dasals zuweiblich für männlichesverhaltengilt,werdensiedahervonderaußenweltvielleichtals schwul eingeordnet, inderregelabernichtalstranssexuell enttarnt : 53

58 TM:Vielesagen,wennsiemichamAnfangkennenlernen,dieschiebenmichsofortindie schwuleseite.vielleichtweilicheinbisschenweiblichaussehenoch,obwohlichanmirnichts Weibliches mehr sehe. Oder weil ich docheinerelativweibliche,mitfühlende,freundlicheart habe,dievielleichtmännersonichthaben.dasweißichhaltnicht.alsovielehabenmichgefragt, irgendwannkamdiefrage,obichdennnichtschwulbin.nuja,ichbinschwul.insofernwarmir dasdannegal. Hinzukommt,dassbeivermeintlichenMädcheneineherjungenhaftesVerhaltensozialakzeptierter ist als umgekehrt ein mädchenhaftes Verhalten bei vermeintlichen Jungen. So können sich Transmänner (zumindest potentiell und bis zu einem gewissen, gesellschaftlich akzeptierten Grad) bereitsinihrerkindheitgeschlechtsspezifischemännlicheverhaltensweisenaneignen: TM:DawarnieeinProblemmussichsagen,warimmerklar,dassichimTorstehenwerdeinder Pause,undja,Mädchenwarenzwarnichtdoof,undJungswarennurcool,abereswarhaltdas Alter:Fußballspielenistgut. BeiTransfrauenwerdendieseFreiräumeinderRegelvielfrüherbeschnitten: TF:Ichsagte: Mama,ichmöchtegernedasKleidhaben.Siehatesdanngenommenundwollte es weglegen. Ich habe es mir dann genommen und angezogen und durfte es dann sogar anziehen.inmeinerkindheitbinichdannmitsieben,achtjahren inderwohnungwohlgemerkt inmeinem kleinen roten Lackkleid hin und her gelaufen und durfte mich frei bewegen [ ] irgendwannwarmeinemutterdermeinung: JetztistaberZeit,dassdiesePhaseaufhört. TransfrauenhabenesinderRegelschwerer,ihrenWegzugehen.EinzentralerGrunddafürist(vgl. a. die folgenden Kapitel)dasProblemdesPassingsaufgrundderkörperlichenNachteile,diesich durch die durchlaufene testosterongesteuerte Pubertät ergeben. Zum anderen vollziehen TransfraueneinenStatuswechselhinzuderindergesellschaftlichenRealitätimmernochniedrigeren StatusgruppederFrauen.AufgrunddiesesWechselssindsiebesonderenAnfeindungenausgesetzt. Transmänner andererseits profitieren davon, dass in unserer Gesellschaft Menschen, die als Mädchen und Frauen eingeordnet werden, bis zu einem gewissen Grad mehr Freiheit im geschlechtlichen Ausdruck zugestandenwird. Obwohl es für Transmänner dadurch schwieriger werdenkann,beimcomingaouternstgenommenzuwerden(vgl.kap.vi.4),habensievorallemin der Übergangsphase der Transition mehr Gestaltungsmöglichkeiten als Transfrauen. Durch den sozialen Wechsel in die höhere Statusgruppe der Männer und die besseren körperlichen VoraussetzungenfüreinPassingistesTransmännernmöglich,amhöherengesellschaftlichenStatus vonmännernzupartizipieren. 54

59 VI.1.cDiskriminierungserfahrungenundBewältigungsstrategien Die erste Frage nach Diskriminierungserfahrungen bezog sich allgemein auf erlebte Mehrfachdiskriminierung innerhalb der letzten fünf Jahre. Mehrfachantworten waren möglich, gefragt wurde nach der Bandbreite möglicher Diskriminierungserfahrungen (Geschlecht, sexuelle Orientierung, sexuelle Identität, Alter, Behinderung, ethnische und kulturelle Zuordnung, Nationalität,Aufenthaltsstatus,ReligionundandereGründe/Merkmale). Immerhin 27 %dertransmännerund15%dertransfrauengebenan,diskriminierungnichtaus eigenererfahrungzukennen.dierestlichen73%dertransmännerund85%dertransfrauenhaben indenletztenfünfjahrendiskriminierungerlebt.dergrößteanteildererfahrenendiskriminierung bezieht sich in beiden Fällen auf Geschlecht bzw. Sexuelle Identität. Bei den Transmännern entfalleninsgesamt48%dergegebenenantwortenaufdiesebeidenbereiche(insg.21nennungen), beidentransfrauensindessogar61%dergegebenenantworten(insg.47nennungen). Auf die sexuelle Orientierung entfallen bei den Transmännern nur 4%derAntworten,beiden Transfrauen sind es 9 %. Der gleiche Prozentsatz findet sich bei Transfrauen im Hinblick auf Altersdiskriminierung, bei den Transmännern im Hinblick auf Behinderung (9 %). Einige wenige RestprozentverteilensichinbeidenGruppenaufReligionbzw.andereMerkmale.Dieethnischeoder kulturellezugehörigkeit,dienationalitätundderaufenthaltsstatuswerdennichtgenannt(vgl.dazu a.diedemographischendateninkap.vi.1.a). An dieser Stelle zeigt sich deutlich der Unterschied zwischen einem eher abstrakten Begriff von Diskriminierung(deraufSeitendesGeschädigtengefühlsmäßighäufigdiemöglicheMotivationdes Gegenübers mit einberechnet) und der konkreten Nachfrage nach erlebten und gefühlten Situationen(vgl.dazuauchKap.V,MethodischeProbleme). So geben zwar 27 % der Transmänner und 15 % der Transfrauen bei der Frage nach Mehrfachdiskriminierungan,indenletztenfünfJahrennichtdiskriminiertwordenzusein.Abernur 11%derTransmännerund5%derTransfrauenfühlensichnieverletzt,wennsienichtgemäßihrer Geschlechtsidentitätangeredetoderwahrgenommenwerden.15%derTransmännerund24%der Transfrauengebensogaran,dasssieeinsolchesVerhaltenmeistensverletzt.30%derTransmänner und 34 % dertransfrauenempfindendieseverletzungjedesmal. Unabhängig davon, ob das Gegenüber dies nun mit verletzender Absicht oder aber aus Unwissenheit, Nachlässigkeit oder Unverständnistut,verschlechtertdiesesErlebendasLebensgefühlderTransmännerundTransfrauen folglichmaßgeblich. 55

60 Erfahrungen von Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts und/oder der sexuellen Identität enden nicht mit der vollzogenen Transition. Auf die Frage nach der Veränderung von DiskriminierungserfahrungenimZusammenhangmitGeschlechtundsexuellerIdentitätvorundnach dertransitiongebensowohltransmänneralsauchtransfrauenan,dassdiesenachdertransition abnimmt.aberauchhiergeltendiebereitsanmehrerenstellennachgewiesenenunterschiede(vgl. Kap.VI.1.aundKap.VI.1.b)zwischenTransmännernundTransfrauen:48%derTransmännergeben an,nachdertransitionwenigerdiskriminiertzuwerden,abernur19%dertransfrauen.41%der TransfrauenerfahrenhingegenseitihrerTransitioneineDiskriminierungalsTranssexuelle,beiden Transmännern sind es nur 4 %. 18 %dertransmännermachendieerfahrungimnormalenalltag wenigerdiskriminiertzuwerden,seitdemsiealsmannwahrgenommenwerden;hinzugekommenist für sie jedoch die Diskriminierung als Transsexueller in Situationen, in denen sie als solcher erkennbar werden. Diese Erfahrung machen umgekehrt nur 7 %dertransfrauen.für17 %der TransfrauenisthingegenseitderTransitiondieDoppelerfahrungderDiskriminierungalsFrauundals TranssexuelleTeilihresalltäglichenLebens. 56

61 Bemerkenswert ist dabei, dass insbesondere Transfrauen schnell bereit sind, ihr Umfeld zu entschuldigen und zu verstehen, wenn dieses nicht willens ist, z.b. die korrekte Anrede zu gebrauchen: 88 % der Transfrauen finden, dass sie selbst erst ein Mindestpassinghabenmüssen, bevor sie von ihrem Umfeld einfordern dürfen, gemäß ihrer Geschlechtsidentität behandelt zu werden.beidentransmännernsind52%derselbenansicht.22%dertransmännersindderansicht, dass das keine Voraussetzung sein könne, aber nur 3 % dertransfrauen.weitere26 % der TransmännersindandieserStelleunentschieden,beidenTransfrauensindeswiedernur7%. Diesistbesondersinteressant,dasichdieFrage DenkenSie,dassSieeinMindestaPassingaufweisen müssen, bevor Sie von der Umwelt einfordern dürfen, Sie gemäß Ihrer Geschlechtsidentität zu behandeln? nicht zuallererst auf das ErkanntaWerden als Frau oder Mann oder auf ein AkzeptiertaWerden indereigenengeschlechtsidentitätbezieht,sondernesbeziehtsichdarauf,ob die transsexuelle Person meint,einrechtauf korrekte Behandlungzuhaben unabhängig von ihrerpassingaleistung. Die Interviews zeigen, dass diejenigen Transsexuellen, die hier eine ausgeglichene Mischung zwischendemeinfordernvonrespektgegenüberihrer(geschlechtlichen)persönlichkeitundeinem gewissenverständnisfürdiewahrnehmungsgewohnheitenihrergegenüberaufweisen,inderregel amschnellstenihrejeweiligenzielewährenddertransitionerreichen: TM:Esfunktioniertwirklichso,wiemanindenWaldhineinruft.Alsowennmanoffenund ehrlich und freundlich zu Menschen ist, dann muss man keine fiesen Reaktionen befürchten. DannhatdeinGegenüberkeinenGrund,fieszusein.Wenndunatürlichhinkommstundfängst anrumzuschnauzenundaufdeinrechtzupochen,mitderhandaufdentischzuschlagenund einfachvondirauseinunfreundlicherundunhöflichermenschbist,dannmussmansichnicht wundern,wenndasgegenüberauchsoist. Problematisch wird diese grundsätzlich einleuchtende Bewältigungsstrategie dann, wenn die transsexuelleperson wieeshäufigauchgeschieht nichtnurmitdemnichtawisseneineransich hilfsbereiten Person, sondern mit transphobem Verhalten konfrontiert ist. Hier ist das Wissen um unddasbeharrenaufdemeigenenrechtmeistdieeinzigemöglichkeit,rechtzubekommen: 57

62 TF:Ja,dasersteEpilierenhabeichselbergezahlt,also3000,aEuro[ ]dannhatdiekrankenkasse [ ]denüblichensatz[übernommen].[ ]Ichglaub,daswärnursoungefähreinDrittelgewesen vondentatsächlichenkosten.[ ]WennichzweiDrittelselberzahlenmuss,wardasfürmichein K.O.,zumalichvorherschonselbersovielgezahlthatte. I:Wieistesdazugekommen,dasssietrotzdemkomplettbezahlthaben? TF: Also, das war ganz fies. Ich hab das beantragt, und ich hab das dann nachher auch mitbekommen, dass [ ] der MDK auch grünes Licht gegeben hat. [ ] meine Krankenkassena Sachbearbeiterin [hat mich] angerufen und gesagt: Ja alles klasse, Sie kriegen den Bewilligungsbescheid,[ ]unddannkamirgendwiezweiwochenlangnichts.dannhabichda nochmalangerufen,unddasagtesie,dassesbeiderleiterinliegt.unddannkamhinterherdie Mitteilung über diesen Kassensatz, [ ] ich[hab]widersprucheingelegtund... dann geklagt dagegenund,alsodie[leiterin]warwirklichah...ahm,schonfastpersönlichfandichdas.[ ]z.b. der Richter, der [ ] ist meinen Argumenten gefolgt undundhatauchnenschriftsatzandie geschickt,wodannauchdrinstand[ ],obsiedasnichtabkürzenwolltedasganze,weil,wenner einurteilfällt,wirddassowiesoinmeinerichtunggehen.unddannhatsiealslapidareantwort geschrieben[ ]:DenAusführungendesGerichtswirdnichtgefolgt,Punkt.Daswardereinzige Schriftsatz. I:Aber,duhastdanngewonnenmitderSachevordemSozialgericht? TF:Ne,ichhabmichdannbeiderKrankenkassebeschwert[ ]beimvorstand[ ]dannhabich innerhalbvonnerwocheoderzweiwochen[ ]meinebewilligungbekommen[ ]witzigerweise finanziellundstundenmäßigunlimitiert,alsoeineflatratehabich [ ]fandichirgendwieauch interessant[ ]weilichwusstejaeigentlich,dassichgewinne.[ ]DaswarneFragederZeit,das hättejetztzweijahredauernkönnen. I:Ja,gutaberdieZeitistjadasProblem,wenndudenBartloswerdenmöchtest,undmusstda ewigkämpfen? TF:Genau,deswegenhabichmichauchüberdiebeschwertunddasGerichtsverfahrendanicht mehrzuendegeführt. I:GeradeamSozialgerichtdauertdasjaimmerewig? TF: Ne, ne, deswegen habichmichdannjairgendwannbeschwert.weil,ichhabgedacht,da kommstejanichtmehrrausausdergeschichteso,ah,unddannistmirdaseingefallen,dasses janochwashöheresgibtalssie. NebendiesenbeidenStrategiensetzenTranssexuelleeineVielzahlweitererBewältigungsstrategien ein,seies,umfürihrerechteeinzustehen,seies,uminbestimmtenphasenderselbstfindungund des ComingaOuts das Lebensgefühl zu verbessern bzw. überhaupt zu überleben (Gesamtliste s. TabelleVI.1.c.1amEndedesKapitels).EinigedieserBewältigungsstrategien,wieetwaVerdrängen, Umdeuten,BagatellisierenoderSichaArrangierenunddasMeidenbestimmterOrte,Menschenund VeranstaltungenverschleiernDiskriminierungssituationeneher,alsdasssiesielösen: TF:Dahabichmichselbererkannt,unddaistesmirwieSchuppenvondenAugengefallen,und gleichzeitighabichgesagt,nein,daskannnichtsein,dasdarfnichtseinunddaswardannfür dienächstenjahreauchmeinemaxime,eskannnichtsein,wasnichtseindarf.undsohabich dasganzeunterdrückt. 58

63 TF:Unddannguckter(Gutachter)rum,jawodenn?[ ]Unddannließermichvorausgehen. Undmanhatjaseinen6.Sinn,manmerktgenau,wennmanangestarrtwird...Ichmerktegenau, wieermichvonhintenbetrachtete.unddannhörteich,wieersagte:istschoneinpluspunktfür Sie. Oh,sageich, dankeschön...undgut,ichhabegemerkteben,ichhatteeigentlichauchnie negative Prob.., eine ja.., Erfahrungen als Frau gemacht. Ich habe immer nur zum Glück Pluspunktesammeln...,woichwar,obichzumArztgehe,obicheinkaufengehe,wasichtueund mache... Eine wichtige Strategie für fast alle Betroffenen istdiestärkungdesselbstbewusstseinsdurch KontaktmitanderenBetroffenen,z.B.inSelbsthilfegruppen,durchdieAneignungvonWissenüber die rechtlichen und medizinischen Möglichkeiten und auch durch eine unterstützende Psychotherapie: TF: Dann hatte mir B. was gesagt gehabt, von Dr. S. [Psychologe], wie man den Weg gehen mussusw.ichhabnächstentagallessofortangeleiert.terminbeims.gemacht,istauchnoch im gleichen Monat passiert. Ich hab,glaubich,14tage,3wochenhabichdraufgewartet. AnschließendnachdiesemTermin,denichtelefonischgemachthatte,habichdannB.wieder gesprochen. Dann hatte ich auch von ihr die HandyaNummer, und hab sie dann darüber informiert,dassichdanenterminhabeimselbenmonatnoch.[ ]Ja,undwiegesagt,dann hattenwirauchdarübergesprochen,dassichmeinerfreundinjaauchsagenmuss,wasmitmir losist. DazugehörtauchdieSuchenachdenrichtigenFreund_innenundVerbündeten,diedieBetroffenen so akzeptieren, wie sie sind, und die ihnen als Fürsprecher_innen und Unterstützer_innen in schwierigensituationenbeistehen: TM:Alsosohatteichesdannleicht,dannbinichhingegangenundhabausdenAbteilungen, ausdenenichfrüherkam,verbündetegesucht,habsoeinzelneeingeweiht,weilichgedacht hab,wennichmichoute,dannhabeichimmerüberalleinensitzen,dermirentwederzutragen kann,derundderquatschtmist,dannwäreichdahingegangenundhättegesagt,wasglaubst dueigentlich?sprichdochmitmirselber.eskamaberniedazu. Andere engagieren sich nicht nur in eigener Sache,sondernwerdenzuFürsprechernfürandere BetroffeneundgewinnendarauswiederKraftfürihreneigenenKampf: TM:IchwarinderKantineundsaßaneinemTischmitAuszubildenden.Unddiehabensich über eine Transfrau unterhalten, aus ihrer Berufsschulklasse. Und die haben sich ziemlich abfälligüberdieunterhalten,sovonwegen,eskamdaauchderspruch Dasistfürmichein MannimRock,ganzübel.UnddannauchfielauchdasWort blödetranse unddahabeich micheingemischtundhabegesagt,entschuldigung,dassichmichdaeinmischenmuss,aberihr 59

64 sitztgeradeauchaneinemtischmiteinerblödentranse.dasistsoeinesituation.diewaren ersteinmaltotalüberrascht.unddannhabeichaucherzählt.esgehtjamanchmaleinfacherst maldarumzuerzählen,ichbinbeidergeburtweiblichzugeordnetgewesenundhabedann denangleichungsweggemacht.diewarendannauchganzneugierigundhabengefragtundich habedannhalt,wieichdassowollte,geantwortet. IndenangeführtenBeispielen,wieauchgenerellindenErzählungenderinterviewtenPersonen,wird immer wieder deutlich, dass Ressourcen wie Wissen, ein unterstützendes soziales Umfeld, ein stabiles Selbstbewusstsein und die psychische, finanzielle und zeitliche Kapazität, für die eigenen Rechte einzustehen, entscheidend dafür sind, dass Transsexuelle den Weg der Transition und die diskriminierenden Erfahrungen, denen sie während der Transition und danach ausgesetzt sind, bewältigenkönnen. TabelleVI.1.c.1ListederBewältigungsstrategien 1. HeimlichesAusleben:heimlichesCrossaDressing,FantasienundTagträume. 2. Verdrängen und Verleugnen: das Problem abwehren/verdrängen, z.b. durch Arbeit oder NichtawahrhabenaWollen. 3. Bagatellisieren: Dashöreichschongarnichtmehr, Dasgehtanmirvorbei. 4. SichArrangieren/Aushalten:z.B.ineinerunbefriedigendenSituationinderFamilie. 5. UmdeuteneinernegativenErfahrungineineBestätigungdereigenenGeschlechtsidentität: z.b. wird der sexistischekommentardesgutachtersüberdenhinternderbegutachteten Transfrau umgedeutet in eine Bestätigung der eigenen Weiblichkeit,oderumgekehrt,die ErklärungdesüberdieTranssexualitätdesPatienteninKenntnisgesetztenGynäkologen,er wolle den Transmann nicht behandeln, denn er sei nicht zuständig, sobald auf der Krankenkassenkarte der männliche Vorname vermerkt sei, wird umgedeutet in eine BestätigungdereigenenMännlichkeit. 6. Meiden(Menschen/Situationen/Orte):Diesumfasstz.B.denAbbruchdesKontaktszuLeuten, diedietranssexuellepersonnichtakzeptieren,aberauchdasmeidenvonschwimmbädern undfitnessastudiosoderdenversuchimmermitbargeldzubezahlen,umfragenwegendes falschen NamensaufderECaKartezuvermeiden. 7. KontrolliertesComingTOut/Transititon:sorgfältigesPlanenundDurchdenkenjedeseinzelnen Schritts,umdieFolgenkontrollierenzukönnen. 8. Passingverbessern:z.B.durchentsprechendeKleidungundHilfsmittel,durchAngleichender GestikandierollentypischeGestikdesIdentitätsgeschlechtsoderdurchStimmübungen. 9. StärkendeundunterstützendePsychotherapie 10. Stärkung des Selbstbewusstseins: z.b. mit und durch Selbsthilfegruppen und Freunde/Partner,auchbewusstesTrainingdurchDurchspielenvonSituationen. 11. Situationen und Menschen (auf)suchen, wo man Akzeptanz erfährt: z.b. die richtigen Freunde haben,sichdortbewegen,womanwillkommenist. 60

65 12. EigeneSituationanderenerklären/näherbringen:z.B.ComingaOutaGeschichten,Aufklärung der eigenen Umgebung auch unter Offenlegung intimer Details um Verständnis für die eigenesituationzuerhaltenund/oderausaufklärerischemimpetus. 13. Wissen aneignen: z.b. durch Recherche im Internet, Austausch in der SHG über OPa Methoden,Gutachter_innenetc. 14. Engagement/anderen Betroffenen helfen: z.b. Engagement für die SHG, als Kontaktperson oder Gründer_in, andere am eignen Erfahrungsschatz teilhaben lassen, einen Stand beim CSD betreuen, Webseite betreiben, aber auch sich für andere Transmenschen in Diskriminierungssituationeneinsetzen. 15. Interpersonale Konflikte offen und offensiv ansprechen/austragen: z.b. Briefe an Familienmitglieder schreiben, auf Bekannte zugehen und fragen, welches Problem sie mit derpersonselbsthaben. 16. Sich Fürsprecher_innen undunterstützer_innen organisierenundsichhelfenlassen: z.b. durch Partner_innen oder Freund_innen, die zum MDK begleiten,durchdaseinschalten eines Anwalts/ einer Anwältin, durch einen unterstützenden Vorgesetzten, durch Kolleg_innen,diefüreineneintreten. 17. SelbstFürsprecher_innenfürandereTrans*Menschensein 18. Beschweren:mündlichoderschriftlich. 19. Bei Institutionen um Empathie und Verständnis für die besonderen Probleme von Transsexuellenwerben:z.B.beimArbeitsamtoderJobcenterimHinblickaufdiespezifischen ProblemebeiBewerbungenundaufdemArbeitsmarktwährendderTransition(z.B.Passing, abernochkeinevä,väaberwartezeitbeiderzeugnisumschreibungetc.). 20. JuristischeAuseinandersetzung:z.B.SchriftwechselmitrechtlichemHintergrund(z.B.Hinweis aufrechtslage),androhungvonrechtlichenschritten(z.b.fristsetzung),rechtlicheschritte (z.b.kündigungsschutzklage). 61

66 VI.2ErfahrungentranssexuellerMenschenimöffentlichenRaum(Straße,Geschäfte,Gastronomie, Clubs,öffentlicheVerkehrsmitteletc.),imSoziallebenundimFreizeitbereich Bei der Frage nach den Erfahrungen im öffentlichen Raum imsinnevonorten,dievonden AuszufüllendenmehroderwenigerjedenTagfrequentiertwerden(fürBehördens.Kap.VI.3),geben die meisten Transmänner und Transfrauen, die den Fragebogen ausgefüllt haben, an, verhältnismäßigwenignegativeerfahrungengemachtzuhaben.diesgiltinsbesonderefürorte,an denen die transsexuellen Menschen als Kunden und Kundinnen verkehren, so etwa in der Gastronomie,inGeschäftenoderClubs.Dennochsagenimmerhin15%derTransmännerund17% dertransfrauen,dasssieingeschäftenund11%dertransmännerund10%dertransfrauen,dass sieinclubsaufgrundihrertranssexualitätwenigergutbehandeltwerden. Eine der häufigsten Erfahrungen, die Trans*Menschen in Bekleidungsgeschäftenmachen,sinddie FolgeneinerinternalisiertenGeschlechtertrennung,dieindemHinweismanifestwird,manbefinde sichinderfalschenabteilung.dertranssexuellekundeoderdietranssexuellekundinwirddannin dievermeintlichrichtigedamenabzw.herrenabteilunggeschickt.dieserinmanchenfällendurchaus gut gemeinte Hinweis bezeugt nichtsdestotrotzeineinternalisiertetransphobie,dennerspricht einem erwachsenen Menschen die Fähigkeit zur selbstverantwortlichen Entscheidung über seinen Aufenthalt und seinen Kaufwunsch ab. Transsexuelle fühlen die Auswirkungen der gesellschaftlich implementierten Geschlechtertrennung und deren restriktives Potential, da es sie unmittelbar im AusdruckihrerGeschlechtsidentitätbetrifft.SchilderungenwiedieFolgendefindensichinfastallen Interviews: TM:IchhabemichdannmalgetrauteinHemdzukaufen.WareinAngang,warauchblöd.Der VerkäufersagtedannnacheinerdreiviertelStunde: DieKäuferinmöchtedasunddasgehenSie nochmaldanachobenhin. Oh,neindaskannnichtwahrsein,binwiederaufdenBodender Tatsachen gefallen. Na gut, ich habe mich wenigstens mal getraut. Ich habe mich ja nichts getraut,dasdurftemanjanicht,dasmachtemanjanicht. Während hier die NichtaWahrnehmung der Geschlechtsidentität durch den Verkäufer und das Drängen in die falsche Geschlechterrolle die Lebensqualität der betroffenen Transsexuellen beeinträchtigt,kanninanderenfällendietranssexualitätinsbesonderevontransfrauenzumanlass werden, diesen besonders zu misstrauen. Transsexualität wird hier zum Kennzeichen des Abnormen, das somit sozial unter Generalverdacht steht. In einem sehr extremen Fall gibt die Transsexualität der Kundin in einem Geschäft sogaranlassfüreineverfolgungdurchdie gerichtlicheninstanzen: TF:AlsobeimEinkaufen,daistmirmalwasBlödespassiert.DahabeichnachdemBezahlenden Alarm ausgelöst, denn wie ich inzwischen weiß, war in meinem Rucksack ganz versteckt ein Magnetstreifen übersehen worden. [Ich] habe der Kassiererin meinen Rucksack gezeigt, nachgewiesen, dass ich nichts geklaut habe, man wollte es nicht akzeptieren, hat den Hausdetektivgerufen,deristmirimmermehraufdiePellegerückt,hatmichkörperlichberührt, 62

67 dannhabeichmichgewehrt,manhatmichzubodengerungen,eskamnocheinzweitermann, die haben mich am Boden gehalten bis die Polizei kam und haben mir dabei Pfefferspray ins GesichtgesprühtunddieJustizbehördenhabensichsoverhaltenalsobichdieSchuldigewar.Ich hatte eine Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung. Sie haben eine riesen Batterie von Zeugen aufgebracht, Leute, ein Nachbar von mir war sogar dabei, Leute, die viel zu weit weg waren,esgarnichtmitbekommenhabenkönnen,habenausgesagt,dieaussagehateigentlich nur meine Darstellung bestätigt. Trotzdem wurde das Verfahren gegen mich aufrechterhalten undmeingegenverfahrenwurdeniedergeschlagen.erstalsmeinverteidigerangeführthat,dass ichdochdiegeschädigteseiundnichtandersherum,hatdasgerichtdasverfahreneingestellt aber so, dass es mir die Kosten aufgebürdet hat. Und das geht ja auch nur dann, wenn man schuldig ist. Die Behörden haben sich ganz klar auf den Standpunkt gestellt, dass ich da die Ursachegewesensei,dasfindeichdenHammer.IchhabemichdamalsauchandieVorsitzende (SPD) des hessischen Landeskontrollausschusses des Innenausschusses gewendet, es war Wahlkampf.DagabeserstmaleinpaarwarmeWorte,aberesistnichtsweiterpassiert. InanderenFällenerlebenvorallemTransfrauendurchaus,dassihreTranssexualitätundihrPassing vonanderenkund_innenkommentiertwerden: TF:MancheLeutereagierensehraggressiv,ichbineinmalbeimEinkaufenvoneinemwenig gebildetenjungenausländer,denichindiemuslimischeeckeverortenwürde,massivangepöbelt worden, ich sollte mich doch ordentlich operieren lassen und Gott weiß was alles. Der wollte michabdrängen,daswarganzübel,istfasteskaliert,ichmusstemichsehrlautstarkzurwehr setzen,leider,dassindaberausnahmen.dashängtbeimirdamitzusammen,dassmeinpassing einigermaßenist. DieseEinordnungvonTranssexualitätals Abnormität unddiedarausresultierendediskriminierung wird flankiert von zwei interessanten Beobachtungen, die Transsexuelle mit gutem Passingnach ihrertransitionimmerwiedermachen:transmännererlebenregelmäßig,dassihnen alsmann andersalsfrüher als vermeintliche Frau,eingrößeresVerständnisvonTechnikzugesprochenwird undsiegenerellingeschäftenbesserbehandeltwerden. TM:Daswurdemirauchirgendwieerstbewusst,alsichdanndurchgängigalsMannlebte.Auf derstraßewirdmirmehrplatzgemacht,ichwerdeüberhauptirgendwieaufirgendeineartund Weise ernster genommen. Ich habe halt auf der ArbeiteinenJobwoichmichauchmit technischensachenbeschäftige,undichhabedasjetztvoneinigen,insbesonderemännern,so erlebt, dass ich da diesbezüglich nicht ernst genommen wurde. Wenn ich einen Tipp gegeben habe oder gesagt habe, wie die Geräte zu behandeln sind, wurde das vereinzelt nicht ernst genommen.undichhattedannimmersodasgefühl,dasssoirgendwo,wieichbinundwasich macheundwieichnachaußenwirke,daspasstallesirgendwiesonichtübereinander.einfach nichtstimmig. I:Undnunwirstduernstgenommen TM:Ja,alsoichdenke.Heutzutagehabeicheher,ichhabekeineProbleme. 63

68 TransfrauenmachenalsFrauendieumgekehrteErfahrung: TF:IchhabedaeinenneuenComputergekauftundkannmichnocherinnern,wodieLeutemir daallesmöglicheunterjubelnwolltenunderklärenwollten[ ].Undichdachte,guckan,duwirst daimgrundeauchalsfraugesehen,sonstwürdedagarkeineranfangen,dirwasanderesoder aufzuschwatzen oder erklären zu wollen, wie man eine Schraube andreht oder wie der CPU Lüftereingebautwird. TF:Ichbinz.B.frühernichtunterbrochenworden.DasfängtanimRestaurant,wennichbestelle, solchegeschichten,bezahlen,dannwirdmanalsfrauganzandersbehandeltalswennichals arroganter Herr da sitze und mit den Augen den Ober herwinke. So was passiert sehr häufig, mussmanganzklarsagen. 46 WährendextremeKonfliktsituationeninGeschäftenundähnlichenOrtennichtallzuhäufigsind,zeigt sichaufderstraßeeinganzanderesbild:30%dertransmännerundsogar51%dertransfrauen berichtendavon,dasssiemanchmalbishäufigaufderstraßenegativeerfahrungenmachen.dieim Fragebogen angekreuzten Antworten umfassen bei Transmännern wie Transfrauen Beleidigungen (30 % dertransmännerund49 % dertransfrauen)undfragennachdemkörper(48 % der Transmännerund37%derTransfrauen).17%derTransfrauenkreuztenan,körperlichangegriffen wordenzusein,5%dertransfrauenwurdenbereitsschwerund7%dertransfrauenleichtverletzt. Belästigungen,wieungewolltesexuelleAnnäherungsversuche,kennen37%derTransfrauen,klare sexuelleübergriffe12%dertransfrauen. Daran wird erneut deutlich, dass Transfrauen in der Regel aufgrund eines weniger guten Passings eher als transsexuell enttarnt werden. Zugleich wird die scheinbare Transgression eines vermeintlichenmanneshinzumweiblichengeschlechtgesellschaftlichoftstärker undvorallem mitgrößerergewaltbereitschaft sanktioniertalsdietransgressioneinervermeintlichenfrauhin zummännlichengeschlecht: TF:FürVieleistesdanneinfachauchschwer,dasGanzenachzuvollziehen.Daist seinfach schwer,wennmansichvonnemgutaussehendenmannineine...ja,innefrauverwandelnkann [ ] wie man den Weg überhaupt gehen kann, weil es doch auch für, für einige mit vielen Nachteilenverbundenist.Undhmtja,daskönneneinigeMenschennichtsoganznachvollziehen. Mehrere Interviewpartnerinnen berichten von Beleidigungen, verbalen Angriffen, sexuellen Anspielungen, körperlicher Anmache bis hin zu tätlichen Angriffen, wie einem Faustschlag ins 46 Transsexuelle Menschen haben einen einzigartigen Einblick in Erscheinungsformen von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.SiekönneneineBesseraoderSchlechteraBehandlungalsMannbzw.Frauklarerkennen,dennsiewissenaus Erfahrung,welcheBehandlungfürdasandereGeschlechtüblichist,underkennendeswegendenUnterschied.Inunserem BeispielbemerktdieTransfraudiegeringereAufmerksamkeitdesKellnersihralsFraugegenüber,weilsieesfrüheranders erlebte.einefrau,dieimmeralsfraugelebthat,kanndasnichtunbedingtindieserklarheiterkennen,dennsiehatesnie anders erlebt und hält die Situation für normal. Transsexuelle Menschen haben aufgrund des Überschreitens der Geschlechtergrenzen besondere Einblicke in die Geschlechterordnung unserer Gesellschaft, der unseres Wissens nach bishernochnichtsystematischerhobenbzw.nutzbargemachtwurde. 64

69 Gesicht, auf offener Straße. Die Täter_innenaGruppen reichen dabei von Jugendlichen bis zu alten Menschen: TF:Äh,esreichtvonJugendlichen,ichsagmalvoneinem10bis12Jährigen,dermichschonmal aufgeforderthatte,ähihndochmalzuficken,ähbishinzunerälterendame,diedannsagte: Du gehörtest,ähh, inskz. DerVersuch,vonPassant_innenHilfezubekommen,scheitertdabeihäufig: TF:UnddannhatichnenTaxifahrernochgebeten,ermöchtedochdiePolizeirufen.Nö,der machtdochgarnichts. Die meisten der interviewten Personen, die von Anfeindungen im öffentlichen Raum berichten, erfahrendieseinregelmäßigenabständen.alseinzigebewältigungsstrategiebleibtletztlichnurdas WegaHörenunddasVerdrängen,dennochgehendieseErlebnisseandieSubstanz: TF:Ichbinjetztnichtzusammengeschlagenworden,dasliegtvielleichtdarandasich1,88bin, abereskommenimmerwiedersodinge,diemichinmeinengrundfestenerschütternundich denkeworanmerktmandasjetzt.wennichsprecheo.k.,aberwennichnormalandenenvorbei gehe?nagut,vielleichtbinichauchinzwischeninm.bekanntindercity.kannnatürlichauch sein. I:Aberwieäußertsichdasdenn,dassdudaangesprochenwirst? TF: DuschwuleSau,komischerweise,istzwarnichtsehrpassend.MeistensvonJugendlichen, Türken[ ]anfangshabeichjamal,wobeiichdannjaziemlichbösegewordenbin,binstehen gebliebenundhabegefragt: Foto?HabenSieeinProblem?,oderwasauchimmer.Habedann aberfestgestellt,eshatkeinensinn,wenndieaggressionehergepushtwird,dawolltemirmal einerindieschnauzehauen.seitdemhabeicheherkeinproblem,ichhöreesmanchmalauch nichtimmer,daherstörtesmichnichtimmer,nurmanchmal.esgibtemotionaletagewoman sagt,egal. InkleinerenStädtenundländlichenUmgebungenleidentranssexuelleMenschenaufeineweitere ArtunterdervölligenDistanzlosigkeitihresUmfelds.DieTranssexualitätderBetroffenenwirdfürdie Nachbarn,aberauchfürvölligunbekannteMenschenzumAnlassfürgrenzüberschreitendeFragen nach den intimsten psychischen und physischen Details einverhalten,dasunterallenanderen Umständengesellschaftlichsanktioniertwird.DerEinbruchindieIntimsphäregehtdabeieinhermit einerreduktiondertranssexuellenpersonaufeine Informationsbörse zumthematranssexualität: TF: Ich kann mit diesen Leuten kein anders Thema mehr anfangen als meine Geschichte, als meinen Werdegang und was ich alles durchlitten habe, und was weiß ich, und Hauptsache glücklich.ahm,dakommtaucheinjahrjetztnachderopjetztkeinanderesthemaauf.[ ]Also, die Leute kennen keine Grenzen mehr. Die fragen mich teilweise Sachen... Eine hat mir jetzt letztensnochgesagt,siehättemaliminternetgegucktwiesowasnachheraussieht,operativ,ja. Das sieht ja teilweise wirklich echt aus [ ] Mittlerweile ging das soweit, dass ich mit einer 65

70 zusammengerasseltbin,nachdemdiemichsehrvielintimesachengefragthat.undwiewarihr letzter Termin beim Frauenarzt, und was hat der gesagt,undwiesieht sbeiihnenausunten rum?dakommteinem,irgendwannschwillteinemderkamm... Während sich einige Transsexuelle gegen die grenzüberschreitenden Fragen ihres Umfelds verwahren und den Kontakt von sich aus reduzieren, erleben andere, wie sich der Umfang ihres gesellschaftlichenumgangsnachdemcomingaoutaufgrunddertransphobiedesumfeldsdrastisch verringert: TF:Ja,irgendwannkommtderPunkt,wodie[Bekannte,Nachbarnu.ä.]demGanzennichtganz folgenkönnen.[ ]Sieversuchenmichdannzurückzudrängen.Daslassichmitmirnichtmachen. I:Undwie,wieäußertsichdas,dasZurückdrängen,dassdunichtmehreingeladenwirstoderso irgendwasoder,oder,odersprechensiedichauchdadirektmalaufirgendwasan,also? TF:Sie,siesprechenmichauchdirektan.[ ]Kritisierendasdannund..,dannrechtfertigeichdas. [ ]DasistdannoftmalsdasEnde[desKontakts]. Den Grund dafür sehen viele Interviewpartner_innen in der mangelnden Aufklärung der Bevölkerung,denfalschenBildern,dieüberTranssexualitätimmernochinUmlaufsind: TF:Essindeinfach indergesellschaftnochganzanderebildervon,vonunsda,dieahm,denen wirnichtentsprechen. Die erfahrene Ablehnung beschränkt sich dabei nicht nur auf den sogenannten heteronormativen Bereich der Gesellschaft. Auch innerhalb der lesbischen und schwulen Community erfahren Transsexuelle, dass sie nicht immer willkommen sind. Typischer Grund der Ablehnung ist ein Missverstehen von Transsexualität als Bewältigungsstrategie sowohltransmännernalsauch Transfrauenwirdvonlesbischerbzw.schwulerSeitevorgeworfen,sichdurchdieTransitiondochnur denschwierigkeitendeslesbischenbzw.schwulenlebensentziehenzuwollen.denankläger_innen istdabeiinderregelderunterschiedzwischensexuelleridentitätundsexuellerorientierungnicht bekanntoderbewusst. TF:[Ich]binsolidarisch,weilichhabmirirgendwannneZeitlangauchgedacht,dassichdasbin oder so ne, also ich hab da überhaupt keine Probleme mit, im Gegenteil, aber da gab s doch manche,dasistklar,diesindjaauchnichtallenett,dassesdaauchleutegab,diedaeinemdas einbisschenübelgenommenhaben.sonachdemmotto,wiekannmannurne,diestehennicht zuihremschwulasein,dagibt sdadannauchsonefraktionne,diedannauchtranssexuelleso gerneeinbisschendissenne,malso. Insbesondere Transmänner, die einen Teil ihres Lebens in der lesbischen Szeneverbrachthaben, machen die Erfahrung, dass sie dort als Mann nicht mehr willkommen sind und ungeachtet jahrelangerpersönlicherbindungenplötzlich aufderfalschenseite stehen: 66

71 TM:WoichganzklarDiskriminierungenerfahre:ichhabejafast20Jahrelesbischgelebt,dagibt esonlineaplattformen,treffpunkteusw.ichkann,obwohlichjareinbiologischnochfraubin, keinenlesbenschwoofmehrbesuchen,weilichdaandertürabgewiesenwerde.dasgleicheist inlesbenforen,obwohlichmichdaganzdeutlichalstransausgebeundsage,anwelchempunkt ichstehe[ ]. Vereinzelt wird den betroffenen Transmännern vorgeworfen, sich nur aus Gründen der Vorteilsnahme in die Rolle des anderen Geschlechts zu begeben und damit die Frauena und Lesbengemeinschaftzuverraten: TM:InnerhalbderSzenewaresso,dassvereinzeltauchFrauen,Lesben,sagten,ichwürdesie verraten, ich würde auf die falsche Seite gehen, was auch immer,und ich könnte nicht von meinervergangenheitdavonlaufen.diewarenfestdavonüberzeugt,dassdasallesnichtsein könnte und dass ich um Gottes Willen Frau bleiben sollte. Die wussten das komischerweise besseralsich. Nach einer gewissen Gewöhnung an dietranssexualitätdesgegenübersfindenauchinder lesbischenundschwulenszenehäufiglernprozessestatt: TM:Abernichtsdestotrotz,dieLesben,diemichausderZeitauchnochkennenundheuteauch noch sehen, die haben sich da auch sehr geöffnet. Also,dieunangenehmenSachensindso völlig...,diesindeinfachüberzeugtirgendwie...,dasistaberjaaucheinprozessgewesen. Ein gegensätzlich gelagertes Problem, von dem die Interviewten berichten, ist die Erfahrung, aufgrundihrertranssexualitätnichtals richtige Frauoder richtiger Mannwahrgenommenund dahervongleichgeschlechtlichenkontextenausgeschlossenzuwerden.diespassiertsowohlinder heterosexuellengesellschaftalsauchinderlesbischaschwulencommunity: TF:VonlesbischenFrauenvereinenbinichweggeschicktworden,weiblicheUnternehmerinnen aufdereinenseiteundauchvonderspdmehrfach. In anderen Fällen sind sowohl die Mitglieder der schwulalesbischen Community als auch die Transsexuellen selbst unsicher, inwieweit sie sich unter dem gemeinsamen Schirm LGBT (Lesbiana GayaBisexualaTrans)wiederfinden ungeachtetdessen,dasseinesignifikanteanzahltranssexueller Menschenselbstschwuloderlesbischist(vgl.Kap.VI.1.a). TF:Wirhatten,M.hattediesenStandzwarangemeldet,aberkeinerkonntesieeinordnen.[...] Unter anderem hatten wir auch gefragt gehabt, äh steht überall schwulalesbisch. Müssen wir jetzthierweg,hamwirimmerwiedergefragt. Warum? Jaweilwirtranssexuellsind.Müssen wirjetzthierweg,vondiesemstraßenfest? Ja, da müssen wir uns mal schlaumachen. Diese Ansprechpartner, die da für diese schwulalesbische Festveranstaltung, mussten sich selbst untereinandererstmalschlaumachen.unddannhießesdannaufeinmalso,daswarmorgens um10,undnachmittagsum5kamensiedannanundsagten,nebleibterstmalhier. 67

72 DienegativenErfahrungenimöffentlichenRaumschränkenauchdieGestaltungdesFreizeitbereichs unddergeradewährenddertransitiondringendbenötigtenerholungsphasenein,insbesonderein Hinsicht auf Aktivitäten wie Schwimmen, FitnessaTraining und Sauna. Die Hauptgründe für den Verzicht auf die genannten Aktivitäten, insbesondere auf Sport, liegen bei Transmännern wie bei TransfrauenzumeineninderAngstvorundderErfahrungmitDiskriminierung(bishinzumErleben körperlichergewalt)beiihrer/einer Enttarnung alstranssexuellerperson.zumanderensehensie sich mit der Problematik konfrontiert, sich in die polare Geschlechterwelt, was Duschen, Umkleidekabinen oder geschlechtergetrennten Mannschaftssportarten betrifft,nichteinordnenzu können. Sogebenje37%derTransmännerund32%derTransfrauenan,ausUnsicherheitbezüglichihrer körperlichen Erscheinung und aus Angst vor negativen Reaktionen bestimmte Freizeitangebote zu meiden. 30 %dertransmännerund15 %dertransfrauenfühlensichmitdergesamtsituation unwohl,dadieseeinekörperlicheeinordnungvonihnenverlangt,diesiemeistnichtvollumfänglich bietenkönnen: TM:Sportistschön,ja,mmh,aber[ ]esjaeinbisschenschwierigfürmichist,aufgrundmeiner großen Oberweite, mit dem Binder Sport zu machen. Das waren die ersten paar Male schmerzhafte Erfahrungen, dashabeichdanngelassenundbinwiederaufsportabh's zurück gegangen,weildersportmitdembindersowehtat,damithießesaberauch,mädchenumkleide. Inzwischenistesaberso,dassichsage,scheißdrauf,BinderumaJungsumkleide.Ichziehemich soweitschonzuhauseumundwechselemeineuntereileauchwiedererstzuhause.dasheißt, dassichindenverschwitztensachenhinundhertigere[ ]. DieEntscheidung,Sportzutreiben,impliziertdamitvorundwährendderTransitionhäufigandere, weitreichende Entscheidungen im Hinblick auf das, was unter Berücksichtigung der eigenen Sicherheit,GesundheitunddeseigenenWohlbefindenmöglichist: TM:IchhatteerstmaldenKampfageheichindieJungshalle[ ]Ja,mmh,dieguckenimmerein bisschendumm,ichhattebisherimmerdasglück,dassichmiteinembefreundetentransmann, derschonweiteristalsich,mitmirgegangenist,unddannwardassoweitinordnung.derhat mich dann bei den letzten Bankdrückern unterstützt,unddannkamenebenkeinedummen Sprüche,aberichglaubeinderStoßzeit,dawürdeichdanichtreingehen. FastalleTranssexuellewürdengerneSchwimmengehen,wasaberwiekaumeineandereSportart dieproblemenichttransitionierterkörperoffenlegt: I:AlsofürdichistaucheinkörperlichesAngleichenwichtig? TM:ManmusssichjainderÖffentlichkeitbewegenkönnen.IchwarimSchwimmbadjetztinD., daserstemal,schwimmendiesesjahr,vorherbinichnieschwimmengegangen[ ] 68

73 TM:Ichbinjahrelangnichtschwimmengegangen,weilesmirirgendwieeinfachpeinlichwar,das habeichmichnichtgetraut. TF: [ ] also im Urlaub bin ich seit 20 Jahren zum ersten Mal wieder schwimmen gewesen im Meer,fanddasechtklasse.DassichesnichtmachehateherpraktischeGründe.Weil,ichhabe eingewebteshaarteilausechthaar.diemüssenregelmäßiggepflegtwerdenundsowohlchlora alsauchdasmeerwassergreiftdieseshaarteilunglaublichan.dahilftauchkeinebadehaube,das Wasserkommtdrunter[ ]AnsonstenhätteichmitSchwimmenwenigProbleme. TM:[ ]binfrühersehrgerneschwimmengegangen,habegesagt,ichkannjanichtschwimmen gehen,ne,binjaeinmann,gehtjanicht,ähmweilichmicheinfachnichtwohlfühlte,dasheißt esbeschränktsichaufdinge,woichmichjetztnichtirgendwoumziehenmuss,womanmehr meinekörperkontursieht TF:JetztdieletztenJahre,jaklar,auchalsichnochnichtoperiertwar,ichhatteschonmeinen BusengehabtundtrotzdemmitdemDingbinichschwimmengegangen,imBadeanzug,dennder ziehtdasganzenatürlichhoch.ichhätteliebereinenbikiniangezogen.trotzdem,dasgingganz gut. I:UndbeimDuschen?BeidenFrauen? TF:Jaklar,ichbinjamitmeinerFrauzusammendareingegangenbin,hatsiesichvormich gestellt,undichhabegeduscht,damitessowenigwiemöglichauffällt. TF:Dasmöchteichzurzeitnicht.MeineKinderwollenunbedingt,dassichmitihnenschwimmen gehe.aber,dasistja...,meinkörperistjaleidernochnichtso,ichhoffe,dassermalsowirdund wieerdann...,aber...,nee TF:BeimSchwimmunterrichtwarfürmichdasSchlimmste,ichmerkte,ichfühltemichanders obenrumundwusstegenau...,ichfühltemichnacktirgendwoundhatteeineabneigunggegen Schwimmengehabt,diesesSichaBloßaStellen TM: DasSchlimmstefürmichundfürmichistauchsoeinbisschendieWeltzusammen gebrochen,alsichgemerkthabe,sooops,jetztkannichdochnichtmehrinderbadehoseins Schwimmbad, ich muss obenrum auch was anziehen. Schwimmen war für mich dann auch erstmalgegessen. Aber auch nach vollzogener Transitionbleibenkörperbetonteundzugleichgeschlechtergetrennte Situationenschwierig: TF:Witzigerweisehatteichjetzt,seitdiesemJahr,nachderOPimFitnessstudioangemeldet,und dawarenerstmalüberlegungenvondeminhaberoderbetreiberdesstudios,wiedasistmitdem Umziehenusw.ObdannandereFrauenProblememithaben. I:Dubistjajetztoperiert,dakönnendiejakeineProblememithaben. TF:Dassdiedasnichtargumentierenkönnen,istklar,reinrechtlichistdasimmerdieeineSache, aber es ist doch trotzdem so, wenn man als Transfrau auffällt, das tue ich aufgrund meiner 69

74 Stimmenunmal,kannesschonmalBerührungspunktegeben,dieauchbeianderenIrritationen auslösen und, und, und. Da will ich auch nicht immer auf Konfrontationskurs gehen, für mich stand sowieso von vorneherein fest, da ich da ja sowieso nicht dusche und ich kein Problem damithabe,undesklapptebisherjaauch Trotz()vollzogenergeschlechtsangleichenderGenitaloperationbleibtfürdieinterviewteTransfrau einesignifikanteeinschränkungihrerbewegungsfreiheitineinemöffentlichenfrauenraumerhalten. Andere Transsexuelle verzichten daher insbesondere im Prozess der Transition lieber gleich auf Situationen,indenensieaufgrundihrerkörperlichenDispositionmitAnfeindungenoderIrritationen zurechnenhaben: TM:IchhabemichaufgrundmeinerjaaufgrundmeinesUnwohlseinmitmirselbst,mitmeinem Körper eigentlich komplett aus meinem Sportleben eigentlich zurückgezogen, ich mache Sport eigentlichnurnochzuhause,ichhabesoeinencrossatrainerdastehen.habemichausdiesen ganzen Freizeitaktivitäten wie Badminton, Tennis komplett rausgezogen, bin frühersehrgerne schwimmen gegangen, habe gesagt ich kann ja nicht schwimmen gehen, ne, bin ja ein Mann, gehtjanicht.ähmweilichmicheinfachnichtwohlfühlte,dasheißt,esbeschränktsichaufdinge, woichmichjetztnichtirgendwoumziehenmuss,womanmehrmeinekörperkontursieht[ ]ja alsoichfreuemichdadrauf,wenndaswiedergeht[nachdermastektomie]. Freizeitangebote und Sportgruppen, die sich explizit für transsexuelle Menschen öffnen würden, begrüßendaher56%dertransmännerund41%dertransfrauen.weitere30%dertransmänner und32%dertransfrauensindsichunschlüssig.nur11%dertransmännerund27%dertransfrauen schließeneineteilnahmevonvornhereinaus. 70

75 Bei der Frage nach der Teilnahme an Sportgruppen oder Freizeitaktivitäten, die sich speziell an Trans*menschen richten, bleibt das Zahlenverhältnis in etwa gleich. Fürmindestens 86 % der Transmännerund74%derTransfrauenwärenalsoz.B.speziellfürTrans*menscheneingerichtete Sportgruppen oder Sportgruppen, die sich explizit für Trans*menschen öffnen, eine denkbare Möglichkeit, ihrefreizeitaktivundohneunbehagengemäßihreneigenenwünschenund Bedürfnissenzugestalten. Aber auch bei Freizeitangeboten, die eigentlich geschlechtsneutral sind, kann ein ComingaOutals Transsexueller oder Transsexuelle zum Verlust des seit Jahren bestehenden sozialen Umfeldes führen: TF:IchhatteineinemKegelverein,ähhm27Jahrelanggekegelt.Äh,dasistz.B.ähvonmeiner Freundin, als ich mich ihr gegenüber geoutet hatte, muss sie wohl das an diesen Kegelverein weitergegebenhaben.jedenfallswurdedann,innerhalbvonzwei,dreitagenwurdemirdann, über meine Freundin, klargemacht, ich sollte mich bei diesem Kegelverein nicht mehr sehen lassen.na,unddiefreundeundbekanntewarenaufeinmalauchalleweg. DaswiederholteErlebendesAusschlussesundeindamitverbundenerVerlustdessozialenUmfelds kannineinigenfällennurdurchverdrängenundabstumpfungbewältigtwerden: 71

76 TF:Ichhabejetztgerade,manstumpftaucheinbisschenab,beimMusikmachenbinichauseiner Gruppe raus geflogen,unddawaresso,dasseinmitmusikergarnichtmitdemthemaklar gekommenist.derhatdannhaltgegenmichgearbeitet.aberdasnehmeichnichtalsspezifische Diskriminierungwahr... Problematisch für die Gestaltung des Freizeitbereiches sind aber für einen beträchtlichen Teil transsexueller Menschen nicht nur die Reaktionen der Umwelt, sondern auch mit der Transition einhergehende Verschlechterung ihrer finanziellen Lage (vgl. Kap.V.0.a). Sie bewegen sich nicht zuletztdadurchindemteufelskreis,nämlicheinerseitsinzeitenstarkerpsychischerbelastungdie ErholunginderFreizeitdringendzubenötigen,andererseitsabernichtinderLagezusein,diesezu finanzieren: TF:InmeinerJugendwarichaktivimSchwimmverein.SchwimmenistaucheinSport,denich wieder machen möchte, der mir momentan finanziell leider nicht möglich ist. [ ] Wegen Eintritten,undinderFormwieich sbetreibenwill,ahmwärendieeintrittsgelderimmenshoch, unddawäreesgünstigermitgliedinnemvereinzuwerden,aberselbstdenmitgliedsbeitragim Verein kann ich mir momentan finanziell nicht leisten. Von daher... Ich bin in meinen MöglichkeitenmomentandurchmeinefinanzielleSituationsehr,sehreingeschränkt. Fazit: Transsexuelle Menschen erleben oft, dass Sie auffallen. Insbesondere Situationen, in denen Körperlichkeit und Geschlecht eine besondere Rolle spielen, werden häufig als hochgradig problematisch erlebtundführenzumausschlussaussozialenkontexten. Je besser das Passing ist, destowenigerproblemegibtesimalltäglichenleben.eineunkomplizierterechtlicheangleichungvon Vornamen und Personenstand an das Identitätsgeschlecht, die beschleunigte Bewilligung geschlechtsangleichender Maßnahmen (vgl. Kap. VI.4) und die Förderung der gesellschaftlichen Akzeptanz in Bezug auf Transsexualität wie allgemein auf die menschliche Vielfalt von Körpern. LebensentwürfenundIdentitätenistdaherwesentlich. 72

77 VI.3 Erfahrungen transsexueller Menschen im Kontakt mit Behörden während und nach der Transition GerichtsverfahrenzurVornamensänderungnachTSG 44 %dertransmännerund46%dertransfrauenbetrachten es als unnötig,füreinenreinen Verwaltungsakt,wieihndieVornamensänderungdarstellt,zweipsychologischeGutachtenanbringen zumüssen.18%dertransmännerund12%dertransfrauenbemängelndabeidencharakterder Stressabzw.Prüfungssituation,dersiesichimVerfahrennachTSGausgesetztsehen(s.a.Tabelle VI.3.1amEndedesKapitels). DiedemütigendeErfahrung,indereigenenGeschlechtsidentitätnichtanerkanntzuwerden,machen TranssexuellezumTeilauchnacherfolgtemVÄBeschluss:33%derTransmänner,abernur5%der Transfrauen, berichten davon, trotz bewilligter Vornamensänderung im Beschluss zur Vornamensänderung nicht mit der angemessenen Anrede und dem passenden Pronomen angesprochenzuwerden,obwohllautdembeschlussdesbundesverfassungsgerichtsvom (2 BvR 1833/95) 47 mit Beschluss der Vornamensänderung auch unabhängig von der PersonenstandsänderungdiezumVornamenpassendeAnredeverwendetwerdenmuss. 30 %dertransmännerund34%dertransfrauenempfindendiewartezeitimgerichtsverfahren generellalszulangundalspsychischbelastend: TF:Daswartotalschlimm,daswarschlimm,jagenau,dahabichgarnichtmehrdrangedacht, jetztmehr.ne,daswarschlimm,biszurendgültigenvornamensänderungwardastotalschlimm. Dashatnoch...eindreiviertelJahrgedauert,bisdanndieVornamensänderungwar.Mehrnoch ne,einganzesjahrwardas,glaubich,nochbisdahin. GenerellberichtendieinterviewtenPersonendavon,dassdieInteraktiondirektvorGericht,alsodas Gespräch mit dem/der Richter_in, inderregelalsfreundlichundpositiverlebtwird.inden FragebögengabdaheraucheinDrittelallerAusfüllenden,nämlich33%derTransmännerund27% dertransfrauen,an,keinenegativenerfahrungenmitdemverfahrennachtsggemachtzuhaben. Für NichtaDeutsche bleibt es allerdings trotz des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtsvon inderpraxisschwierig,wennsiedastsginanspruchnehmenwollen.unsicherheitenüber die Möglichkeiten für Ausländer_innen und über die Folgen einer Vornamensa/ Personenstandsänderungführenhäufigdazu,dassAnträgeaufVÄundPÄnichtgestelltwerden: TM:Ichfühleichmicheigentlichdoppeltunddreifachundvielfachdiskriminiert,weilichmich frage,warumichhiervielleichtkeinevä/pämachenkann.ichfragemich,wiedasgehensollund warumdassoistundwarumkeineretwasunternimmt,umsolchegesetzezuverbessernoder mirmehrrechtzugeben,dennichfühlemichschonmeinerrechtealsmensch,alsindividuum 47 DieseEntscheidungwurdedurchBeschlussdesBundesverfassungsgerichtsvom (1BvR2027/11)erneut bestätigt. 48 BeschlussBVerGvom18.Juli2006(1BvL1/04und1BvL12/04) 73

78 beraubt. Und das in einem demokratischen Staat wie Deutschland, also, das ist schon bedenkenswert. I:DuhastjanochkeinedeutscheStaatsangehörigkeit... TM: Ja,genaudadurch,dassichkeinedeutscheStaatsbürgerschafthabe,binichschon verpflichtet,immerwiederzurausländerbehördezugehen,undsieentscheideneigentlichüber meinen,darüber,wasmitmirpassiert,weilichfürsieimmernocheinausländerbin,unddasgilt, ja..., Ausländerbehörden sind schon ziemlich hart,undegal,inwelchem,obinrheinlandapfalz oder NordrheinaWestfalen, obwohldasinkölneigentlichschonsehrviellockereristim Gegensatz zu meinem früheren Ort [ ], was aber nicht bedeutet, dass die locker sind, das ist immer noch sehr, sehr streng,undichweißnicht,wietransphob Leute sein können, aber sie könnenesaufjedenfallseinundausländerbehördenbesonders,weileserstensfürsievielzu vielekostensindfürdenstaat,diemandannfüreinenausländersozusagenausgebenmuss,und überhaupt,esistschonziemlichschwierigfüreinenausländer,miteinerduldungodermiteinem ReisepassfürAusländer,wasichjetztimMomenthabe,dannüberhauptdadurchzukommen. GutachterverfahrennachTSG Nach 1und 4TSGmüssenzweiunabhängigepsychologischeGutachtenbestätigen,dasssich nach denerkenntnissendermedizinischenwissenschaftdaszugehörigkeitsempfindendesantragstellers mithoherwahrscheinlichkeitnichtmehrändernwird. Die Begutachtung wird häufig als grenzüberschreitend erlebt (s. a. Tabelle VI.3.2 am Ende des Kapitels).IneinerganzenReihevonInterviewsberichtendieBetroffenenvonGutachter_innen,die stereotype Vorstellungen von Geschlecht und Geschlechterrollen zur Grundlage ihrer Begutachtungen machen, die in keiner Weise mehr der heutigen gesellschaftlichen Vielfalt entsprechen: TM: DieseszudenGutachterngehenfandichziemlichblöda eingutachterwarmeine Therapeutin a dahabeichmirerstmalwiederinshemdgemacht, zueinemwildfremden Gutachter zu gehen und alles zu erzählen, es kostet viel Kraft und ist auch nicht billig. Ich empfand es im nach hinein als Schikane. Ich weiß nicht,wassichdasgerichtdabeidenkt, machenwirmaldies,machenwirmaldas. I:WasmachtdieGutachtersoanstrengend? TM:Manmusssichjadabeweisen.AmliebstenhättedereineGutachtergehabt,ichwäremit einer Hantel unterm Arm gekommen. In seinem Gutachten stand dann u.a.,ichwäreneutral gekleidetgewesen.eswareinälterergutachter.ichhattejeansundeinenschwarzenpullover an.ichempfandmichnichtalsneutral,wassolldasdenn,wassagtdasübermeinepersonaus. Dasfandichblöde. Die Begutachtung geht dabei häufig über die Bereitstellung der nach TSG geforderten Informationen hinaus. Zu nennen sind hier insbesondere körperliche Untersuchungen (30 %der Transmännerund27%derTransfrauen)und/oderFragenzudenpersönlichenSexualpraktiken(33 74

79 %dertransmännerund15%dertransfrauen),sexuellenfantasien(37%dertransmännerund19% dertransfrauen)undzursexuellenorientierung(74%dertransmännerund41%dertransfrauen). TM:IchbinzudemeinenGutachtergegangen,dreieinhalbStundenhatdasGesprächgedauert. Da wurden mir dann auch sehr intime Fragen gestellt und teilweise auch Fragen, wo ich mir dachte,washatdasjetztmitderganzengeschichtezutun,erstesexuelleerfahrungenundwie ichmichdabeigefühlthabe,sexuelleneigungen.unddasaßichdannwirklichauchzumteilmit einemrotenkopfundhabeeinigesachenauchgarnichtbeantwortet,alsofindeichquatsch. InBezugaufdieDauerdesBegutachtungsverfahrensisteinknappesDrittelderAusfüllenden(30% dertransmännerund21%dertransfrauen)derüberzeugung,dassdieseszulangsei: TM:[ ]auchdasmitdernamensaundpersonenstandsänderung.auchdaistesjarechtlich schon... [ ] Warum muss man ein ganzes Jahr warten, wenn man eigentlich schon so weit ist körperlich, dass man... dass muss man sich ja vorstellen, dass man nicht einmal zu einer VeranstaltunggehenkannodereinBuchinderBibliotheknichtausleihenkann,weilimAusweis etwas anderes steht,undzwarweiblich,alsdaswasmandannwahrgenommenwird.dasist dochsoeingroßesproblem,undeskanndochnichtsein,dassmaneinjahrdaraufwartet,dass mansichendlichzeigenkannundnichtimmersichzuerklärenundrechtfertigenbraucht.weil dasistpsychischeinfachnichtmachbarist,daskannmandochkeinemzuzumuten.fürmichist dasjetztjanochnichtsoschlimm...aberbaldschon...undichhättegerne,dassichbaldschon sagenkönnte,hiereswarsoundso,jetztistesso,undjetztmüsstihrdasakzeptieren,dann akzeptieren es die Menschen natürlich sehr viel schneller, wenn man das auf Papier rechtlich geregelthat.dasistjetztz.,nichtjemandanders. Diejenigen Transsexuellen, die keine Prozesskostenhilfe erhalten und die Gutachten somit selbst bezahlenmüssen,findendiegutachten,fürdiesiejeweilsumdie800,aeuro(teilweiseauchmehr) zahlen müssen, zu teuer (24 %dertransfrauen und 7 % der Transmänner). Kritisiert wird hier insbesondere die Intransparenz der erhobenen Gebühren, die umso problematischer wird, als die Betroffenen das Gefühl haben, für eine Leistung auch noch zur Kasse gebeten zu werden, die sie ohnetriftigengrundinihremrechtaufselbstbestimmungverletzt,weilwederfürsieselbstnochfür denstaateinschutzbedürfnisbesteht. TF:IchfindedaseinbisschenlächerlichmitdenGutachten,der[Gutachter]kanntemich,da wardasgarnichtsoeinproblem,derhatsichsehrmitmirbeschäftigt,jaaberdassmandann nocheinzweitesgutachtenbrauchtunddannnochdengutachtergesagtbekommt.beimir wardasso,mankanndiesichnormalselberaussuchen,unddiewerdenmeistensdannauch genommen,beimirwaresnichtso,diefolgtenmirnicht.wennichdannabersehe,wiesoein Gutachtenaussieht,wiediedasmachen,unddassderdanninderkurzenZeitentscheidenwill, obichtransidentbinodernichtunddasbefürwortetinanführungszeichen,dannhalteichdas eigentlich für lächerlich. Das ist ein Witz, das ist Geldschneiderei, der bekommt ein paar hunderteurofür,dassdereinpaarzeilenschreibt,ichwarhöchstenseinestundedrin...ich halteeseigentlichfüreinefrechheit,aber,umjetztderkonfrontationausdemwegezugehen, 75

80 das Verfahren schnell hinter mich zu bringen,habeichesgemacht.inordnungfindeiches eigentlichnicht. TF: Wennmansichüberlegt,dassesmancheGutachtergibtinmanchen Regionen in Deutschland,dieproGutachten2.000 wollen,woesauchoffensichtlicheauchpreiskartelle gibt,beiunsindeutschland,dannfragtmansichschonseinenteil.manhatschondasgefühl, dassesimbereichdesganzenbehandlungsaundbegutachtungsprozessesüberdiehilfehinaus aucheinigeleutegibt,fürdiedaseinewillkommeneeinnahmequelleist. Bei44%derTransmännerund21%derTransfrauenwurdenindergutachterlichenStellungnahme trotzfestgestelltertranssexualität nichtdiedergeschlechtsidentitätentsprechendeanredebzw. dieentsprechendenpronomenbenutzt.ineinigenfällenliegtdiesemvorgehenvongutachterlicher Seiteausdie rechtlichunbegründete Befürchtungzugrunde,demrichterlichenBeschlussmitder VerwendungderangemessenenPronomennichtvorgreifenzudürfen. ErfahrungenmitöffentlichenInstitutionen In Bezug auf Behörden besteht eines der klassischen Probleme auch nach vollzogener Vornamensänderung weiterhin, nämlich die falsche Anrede. Es handelt sich hierbei nicht nur um einen lästigen Schreibfehler von Seiten der Behörden: Vorname und Anrede weisen Personen als AngehörigeeinesbestimmtenGeschlechtesaus.WennnacheinerÄnderungvoneinemweiblichenin einenmännlichenvornamen(oderentsprechendviceversa)dieanredenichtmitgeändertwird,ist dasfürvieletranssexuelleeinenichtaanerkennungihrergeschlechtsidentität durchdiehintertür (wiederzummann/zurfraumachen)unddementsprechendschwererträglich. 49 Hinzukommt,dass einediskrepanzvonanredeundvornamezueinemungewolltenoutingführenkann. Von den Ausfüllenden der Fragebögen betraf dies bereits 37 %dertransmännerund41 %der Transfrauen. In den Interviews zeigen sich die teilweise fatalen Auswirkungen einer solchen behördlichenpraxisundauchderteilweisegroßeunwilleunddiegroßeträgheitderbehörden,die das Recht der Betroffenen auf eine korrekte Anrede oft erst nach langwierigen Beschwerden akzeptieren. In der Regel müssen sich die transsexuellen Personen explizit um eine Änderung bemühen; es entstehen dann in der Folge Probleme mit der Verwaltungssoftware, die keinen andereneintraginderanredeerlaubtalsden,derdemgeschlechtseintragentspricht.solangedie betroffene transsexuelle Person keine Personenstandsänderung hat, bleibt das Problem somit bestehen,wennnichtdiemitarbeiter_innenderbehördeeinenwegfinden,dassoftwareproblemzu umgehen. In Anbetracht dessen, dass die korrekte Anrede nach der Vornamensänderung eingefordertwerdenkann, 50 bestehthiersoftwaretechnischeindeutlichernachbesserungsbedarf: TM:DahabeichdannauchnochmallustigeErfahrungenmitderStadt D. gemacht. Ich habe immer wieder Post von denen bekommen, zwar mit dem neuen Namen,abermitderAnrede 49 Vgl.LindemannGesa(2011):DasparadoxeGeschlecht.TranssexualitätimSpannungsfeldvonKörper,LeibundGefühl. Wiesbaden,S.154a BVerfG1BvR2027/11;BVerfG2BvR1833/95inNJW1997,1632(1633);LAGHamm4SA1337/98 76

81 Frau. Und dann habe ich im Bürgerbüro nachgefragt, was das soll, ob man das nicht ändern könnte.mansagtemir,dasgingeangeblichwegencomputertechnischendingennicht.esging wirklichweiter,ichhabediewahlbenachrichtigungbekommenmit Frau,unddasfand,finde ich einfach nicht richtig. Und hab dann ein langes Schreiben an die Stadt D. an den OB selbst geschrieben und dann von einem Dezernenten eine Antwort bekommen mit einer Entschuldigung,eswürdenichtmehrvorkommenundvondaanliefdas.Alsodasisteinfach..., so was hat mich unheimlich viel Energie gekostet, also wirklich jeder Schritt... und ja... dieser Sieg...alsoichmeine,ichhabedasjadurchgekämpftbekommen.Esistschonschön,aberecht totalenergieraubend Wenn der/die Mitarbeiter_in der Behörde darauf besteht, die Anrede nicht ändern zu können, solangederpersonenstandnichtgeändertsei,kommtesindiesemzusammenhängendurchdiefür andereanwesendenhörbarfalscheanredeauchzumouting: TM:Washeißtdiskret,eswareinGroßraumbüromitdreiSchreibtischen,wasichdooffandund dahabeichmichsehrgeärgert.ichhattedenführerscheinunddenpersonalausweisgeändert unddabinichumgezogen,unddannwarichbeimverkehrsamt,hattedenneuenausweis,hatte dieneuenpapiere,unddahabendiemichmitfraup.aufgerufenundich:häh,wiejetzt,woher weißsie,dassichfraubin BesondershäufigistdiefalscheAnredeaufWahlzettelnundimWahlamt.Siestelltzumeinenein Wahlhindernis dar, zum anderen führt sie bei Berichtigung im Wahlamt automatisch zu einem Outing: TM:[ ]dieanredefürdenpostbotenundüberall.jetztstelldirdochmalvor,ichkommeins Wahllokal,undja,unddannstehichdannda,wennichPechhabeundgeradeandenFalschen gerate,kriegichdochnurfragengestellt,obichdasüberhauptbin,ja,unddasfindichdann schonschlimm,weil,wennichsodahinkomme,bisdiepersonenstandsänderungwar,hatteich jaschonbart,nichtganzsoviel,abereinbisschenschon.ichhabdasjadannnachderbrustaop alleswachsenlassen.einjahrlang,so,undja,dastehtmandoofda,stelldirdasmalvor,aufm Dorf.Ja,dakommtmansichjaschoneinbisschenbeklopptvor Auch das FinanzamtverwendethäufignochdiefalscheAnredeaufderLohnsteuerkarte,solange keine Personenstandsänderung erfolgt ist. Brisant wird dies dadurch, dass die Karte mit dem ArbeitgebereinemDrittenzugänglichwird: TM:JetzthabeichjadiePersonenstandsänderungschon,abervorheristdasblöd,wennman dann irgendwo hin kommt, sagen wir mal beim Wachdienst da hin und würd sich da dann vorstellenunddannstehtdaaufderlohnsteuerkarteweiblicheanrede.ichdenkemir,esgibt Leute,diesichschonGedankendazumachen.VorallenDingendajaimmermehrMenschen darüberbescheidwissen,dassessoetwasgibt. 77

82 TF:Genau,geradeinBehördenschreiben.Genausogutistes,damalsgab sdiesteuerkarten noch,2006/2007,unddahabich[ ]diesteuerkartebekommen,dastandherr[weiblicher VornameundName].Unddahabichdannreklamiert,beidenBehörden,unddahatmanmir gesagt: Nö,dasistjakorrekt. Dahabichgesagt: Nö. Sagen sie doch mal eine Person, die männlichist,die[weiblichervornamen]heißt,nureine,alsoichbin sauchnicht. Ja,aberda ham wir doch nichts mit zu tun. Ichsag: Gerade Sie hamdamitzutun.sie sind doch die Bürgerdienste,Siemachendasdoch,SiegebendasdochweiteransFinanzamt.UndSiesinddoch verantwortlich für die Steuerkarten. JaunddashatdannneganzeZeitgedauert[ ]auch nachdemichihreabteilungschefindagesprochenhatte:siewillsichdarumkümmern.dannhat s dann14tagegedauert,diesteuerkartewurdeeinbehalten,unddannkriegteichaufeinmalnach 14Tagen,3Wochen,kriegteichaufeinmaldieneueSteuerkarte. I:Diewardannkorrekt? TF: Da stand wieder Herr [weiblicher Vorname und Name]. Ich dann wieder hin. Die: Ja, die Steuerkartewardochkorrekt. Ichsag: Darumgeht sdochgarnichtobendasherr,dieanrede Ichsag: Dasselbealswennichsieals,alsHerrah,siesindja,siehtmanjaFrau,nicht,wennich siejetztalsherransprechenwürde,würdensiesichauchirgendwoverarschtfühlen,nicht. Und dasmussrausja,unddannhat snochmaleinegutewoche,10tage,gedauert,bissiedanndas geänderthat.undinzwischenistesso,dassesinderstadtd.soakzeptiertwird.[ ] I:DawareinKampf,umdeinRechtdurchzusetzen? TF:Genau,genau. ImBereichderSelbstständigkeitunddesGewerbeamtesentstehenProblemeimmerdann,wennvor dervollzogenenvornamensänderungeingewerbeangemeldetwerdensoll.diesekannnurmitdem aktuell offiziellen Namen geschehen, der entsprechend auf Rechnungen etc. ausgewiesen werden muss. Ein Outing gegenüber potentiellen Kund_innen erfolgt somit unweigerlich. Hier kann die weiter oben erwähnte lange Verfahrensdauer der Vornamensänderung nach TSG zu gravierenden finanzielleneinbußenführen: TF:Ja,alsovorderNamensänderungistessehrschwierig,weilmanjaverpflichtetistunterdem offiziellennamenseingeschäftzubetreiben.undwennichalsfraulebeundmännlichheiße, dannhabeichkeinechance.undwennichdann...unddaswarfürmicheinesehrlangeundsehr schlimmezeit,dennichhabeeinjahrgewartetmitdemantragaufdienamensänderungund dann noch die Verfahrensdauer drauf, das sind rund zwei Jahre. Diese zwei Jahre musste ich irgendwas Illegales machen. Das Illegale bestand in dem Fall darin, dass ich trotzdem den weiblichennamenaufmeinewebseitegeschriebenhabe,trotzdemmitdemweiblichennamen firmierthabe. EingenerellesProblembestehtimMangelanErfahrungbeiBehörden.Dadurchkommtesimmer wieder zu Fehleinschätzungen der rechtlichen Lage, die für die Betroffenen nicht nur psychisch belastend sind, sondern auch mit einer erheblichen Verzögerung ihrer beruflichen Projekte und Behinderung ihres alltäglichen Lebens einhergehen. Die Unwissenheit der Behörden wird dabei häufigaufdemrückenderbetroffenenausgetragen: 78

83 TF:[ ]dawarichmalda,mitdiesemvorläufigenbescheidda,undahohnerechtskraftvermerk. Binichdahingegangenundhabgesagt: IchhabhiernenBescheidohneRechtskraftvermerk,und eigentlichdürftensiemirjetzt(noch)keinenpersonalausweisausstellen,aberichfragjetztdoch mal,vielleichtgehtdasja,manhatjaauchnenspielraum,habichdanngesagt.unddannsagte der: JaüberhauptkeinProblem.GeheichzumeinerVorgesetztenundfragnach. Unddannging der zu seiner Vorgesetzten und fragte nach und kam dann lachend wieder und meinte: ÜberhauptkeinProblem.DabrauchenSiekeineAngstzuhaben,stelleichIhnensofortaus. Und irgendwieso,dawarschonfastdierechtskraftfristrum,dahabichnenanrufgekriegt,undda wurdedarumgebrüllt,alsoichhättebetrogen,undichhättewasweißich,undäh...ichsollte diesenausweiszurückgeben,duah,eswürdesonstwaspassieren... IneinemanderenFallisteinWahlleiterzwarinteressiertundsuchtdasGesprächmitderbetroffenen Transfrau,erweistsichaberinrechtlicherHinsichtalsvölligahnungslos. TF:AlsichnurdieVÄerstmalnurhatte,hatsichderWahlleiterbeimirgemeldet,wieermich dennanschreibensollte,wasichaußergewöhnlichfinde,unddannhabenwir,erhatgesagt,ich seijanunnochnichtoperiert,wieermichdennnunanschreibensolle,ich,ermüsstejuristisch Herr schreiben. Da haben wir uns drauf geeinigt, er soll Herr/Frau schreiben,dahaterkeine Bauchschmerzengehabt. DenTranssexuellenkommthierimmerwiederdieAufgabezu,aufzuklären,GesetzeundBeschlüsse zu zitieren und notfalls gegen Widerstand durchzusetzen. Nicht allen Transsexuellen ist dies psychischmöglichundnichtalleverfügenüberdasdazunotwendigerechtlichespezialwissenunddie nötigedurchsetzungskraftinnerhalbderbehördlichenmachtstrukturen.hinzukommt,dassauchauf Behörden indiskrete Fragen nach dem persönlichen Lebenslauf und der körperlichen Verfasstheit gestelltwerden,diedietranssexuellepersonzusätzlichpsychischschwächen: TF: UndzwarwardasdieDamebeimPass, alsich das erste Mal gemacht habe: Sind Se operiert? InBezugaufKontaktmitderPolizeiberichtendieinterviewtenPersonensowohlvonsehrpositiven alsauchvonextremnegativenerfahrungen.soerwähnteinetransfraudasverständnis,dasihrbei einerverkehrskontrolle,indiesievorihrervornamensänderunggerät,zuteilwird: TF:EinewitzigeSachewar,ichhabenochmeineVÄnichtgehabt,fahremitdemAuto,kommin einefahrzeugkontrolle,fahrzeugschein,führerschein,ichreichedasraus.dachte,waskommt jetzt. Er guckt so rein zu mir: Hm, von Ihrem Mann, nicht von Ihnen. Ähm, ja Herr Wachtmeister,wassollichsagen,dochdasbinichschon. WiedassindSiejetzt? Doch,dasbin ichschon,abernochnicht,daswarichmalvielmehr. Dannhabeichdaserklärtund Ohaber gut,sagteer, gutefahrtnochabersehensiezu,dasssiedasbaldgeändertbekommen. Diese positive Erfahrung steht im KontrastzumErlebniseinesTransmanns,derAnzeigebeider PolizeiwegenversuchterVergewaltigungerstattetunddessenTranssexualitätdazuführt,dassseine 79

84 Glaubwürdigkeit sowohl von der Polizei als auch von der ihn befragenden Psychologin massiv angezweifeltwird. TM:Wosiedanngesagthabennein,dasistallesandersundahdasmusseingestelltwerden,und wo dann wirklich darin stand, das wäre pubertäres Gehabe und ich hätte eine Wahrnehmungsstörung, wo ich gesagt habe Leute, das geht mal gar nicht, nur weil ich transsexuellbin[ ].Unddaswarfürmich,daswarfürmichrichtigunangenehm IneinemdrittenFallwirddiebetroffeneTransfrauOpfersowohltransphoberalsauchklassischer misogynerdiskriminierung.polizeiundjustizbagatellisierendietat: TF:[Siesagten]ichsollteeslockersehen.Kannpassieren,esistjanichtjederBundesbürger,der michtätlichangreift,unddementsprechendsolltich das ganz locker sehen: UndSie wissen ja selber,wennsietätlichangegangenwerden,dasspassiertihnenjanichtjedentag. [ ]habich dann die Verhandlung abgewartet, und hatte dann wegen dieser Körperverletzung auch den Richterdraufangesprochen.Under: Ja,dakannichihnenkeinPatentrezeptgeben,nich. Ichsag: SollichjetztwiederalsMannleben?Siehörenjaselber,nurweilichangeblicheinenMinirock anhabe,heißtdas,dass,siehabenjagehört,ichhätteihndurchdieart,durchdas...,durchdie Bekleidung des Minirockes, alleine, weil ich da stand, einen Minirock anhatte, hätte er sich angemacht gefühlt. Obwohl ich ihn gar nicht gesehen hatte, ich hatte auf einmal die Faust im Gesicht.AberSiehörenjaselber,ersagtjanoch,jaichhabmichangemachtgefühlt,weilsie,weil dernenminirockanhatte. I:UndwaswardadieAntwortgewesen,vondemRichter,meineich? TF: Ja,dakannichIhnenkeinPatentrezeptzugeben. I:HastdudenEindruck,daswirddaüberhauptnichternstgenommen? TF:Nein,daswirdnichternstgenommen,invielenDingennicht... InstitutionendesnichtLöffentlichenBereichs Das klassische Problem für Transsexuelle vor der Vornamensänderung, aber mit bereits gutem Passing(bzw.auchfürTranssexuellenachderVornamensänderung,abermitschlechtemPassing) sind Situationen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, denn das Erscheinungsbild der betroffenen Person und der VornameaufderKarte(z.B.ECaKarte) passen nicht zusammen. Die Folgen sind Nachfragen,dietranssexuellePersonmusssichinallerÖffentlichkeiterklären,nichtseltenkommtes zu Auseinandersetzungen mit den Mitarbeiter_innen des Geschäfts. Zu dem Zwang, sichvor Publikumoutenzumüssen,trittdaswiederholteErlebnis,nichtimIdentitätsgeschlechtanerkannt bzw.bezweifeltzuwerden: TM: Diskriminierunghauptsächlich, nur wenn es irgendwelche Probleme gab, wenn die Vornamensänderungnochnichtdurchwar,manmitdemTestoaberschonangefangenhat,da hattemanschonsoängstegehabt,hoffentlichmusstdujetztnichtdenausweiszeigen,wennes dawiederzuirritationenkommtundmansicherklärenmuss.daswollteicheigentlichnicht,das 80

85 muss ich auch nicht jeder vor der Tanke, oder wenn ich mir Zigaretten kaufe der Frau an der Kassenochmalerklären. EineMöglichkeit,dieIrritationderMitarbeiter_innenzulindern,bietetderErgänzungsausweisder DeutschenGesellschaftfürTransaundIntersexualität(dgti),aufdeminKleinbuchstabenderalteund der neue Name vermerkt sind und mit dem sich die betroffene Person als transsexuell ausweisen kann.unabhängigdavon,dassauchdieserausweisnichtzwangsläufigvorirritationenschütztund dassdasproblemdernichtanerkennungdergeschlechtsidentitätalsverletzendeserlebenbestehen bleibenkann,bieteteralsoffiziellanmutendesdokumentdocheinengewissenschutz: TF:IchhattemirdaauchschondenDGTIaAusweisbesorgt,weilichoftnachFrankreichfahre, weil ich Bekannte in Paris habe. Wenn ich mal angehalten würde, hätte ich das Ding dann hinhaltenkönnen,damitdiesehenkönnen. I:GabesdaProbleme? TF:Nee,habeichniegebraucht.WarabereingutesGefühl,dasersteDokumentzuhaben,wo (weiblichervorname)drinstand.obwohlichesniegebrauchthabe. Interviewpartnerinnen berichten beispielsweise über Mitarbeiter_innen von Banken, die zuweilen ihre Kompetenzen überschreiten und transsexuellen Menschen ihre Rechte auf der Grundlage persönlichertransphobieverweigern.eineinterviewpartnerin,dietransitioniertundmiteinerfrau verheiratet(nichtverpartnert)ist,beschreibtdenlangwierigenkonflikt,alsdiebankdempaarden Ehefreibetragverweigernwill.DasProblemwirderstgelöst,alssichdieTransfrauschließlichanden VorstandderBankwendet: TF:AnfangdesJahreshabichunsereFreistellungsaufträgeneusortiert[ ]undwarauchüberall keinproblem,nurdiespardabankhatdasnichtakzeptiert,weilsiekeine...weilsiedermeinung waren,dasswirnichtzusammenveranlagtwerdenkönnen.[ ]dashatdiebankzuentscheiden. ObwohldaeigentlichdasFinanzamtdrüberentscheidet.Undah,daswar...Hattensichaber,wie dassoüblichistdann,beisolchen,solchengeschichten,dannbildensichdieleuteneeigene Meinungundah,irgendwie,undah.Lassen sich dann auch nicht mehr belehren oder so. [ ], eigenevorurteilewerdendaeingebaut,undahdaswirddannnachaußenhinals...ah..wasweiß ich verkauft [ ]. Und das wird nachher richtig grotesk irgendwann... Die haben nicht mal akzeptiert,alsichdenennebescheinigungvorgelegthab...dievomfinanzamtsagteauch: Da könnendienichtsmachen.siesindverheiratet,siewerdenzusammenveranlagt,unddieeinzige Voraussetzung für die Zusammenveranlagung ist verheiratet zu sein. Und wenn die das nicht akzeptierenundmeinen,siemüsstendaselberdrüberentscheiden,ichweißauchnicht,wasich ihnendaanderesgebensollalsdasssiezusammenveranlagtwerdenkönnen. Interviewpartnerinnen, die bei Privaten Krankenversicherungen versichert sind, berichten Folgendes: TF:IchhabediePersonenstandsänderungimmernochnicht.AusdemeinfachenGrund,weilich privatversichertbinunddiekrankenversicherung,dagibtesdanneineanpassungandentarif, 81

86 solangeichdiepersonenstandsänderungnichthabe,gelteichbeidenennochalsmanntariflich, undwennichdieanpassungmachenwürde,würdeichalsfraugeltenundwürdeungefähr20% mehrbezahlen. HierwürdedieTransfraueineDiskriminierungalsFrauerfahren,dersiedurchdenVerzichtaufdie Personenstandsänderungentgehenkann. Ein weiteres Problem besteht bei der Änderung von Konten und Accounts im Zusammenhang mit TelefonundInternet.InsbesondereeinigeInternetproviderweigernsich,denInhaber_innenaNamen des Accounts zu ändern, trotz offizieller Belege. Dies führt dann zu Problemen, wenn die transsexuellepersonetwaeinelangjährigbestehende aadressenichtaufgebenkannoderwill: TM:Dereinehatgeändert,deranderehatsichaufdenKopfgestelltohneEnde(WEB.de),den habe ich dann nicht mehr genommen. [ Beim ersten] da habe ich meine Gutachtenkopien (Gerichtsurteil)undKopiemeinesPersonalausweiseshingeschickt,weilichmein aAdresse auchbehaltenwollte.daswarganzproblemlos. Auch Nichtregierungsorganisationen (NGOs), wie Amnesty International, deren Arbeitsgebiet Menschenrechtsverletzungensind,brauchenerstdenDruckeinerangedrohtenKündigung,umden NamenunddieAnredeihrerAbonnent_innenzuändern: TM:Undichhabemichaufgeregt,daichjabeiAmnestyInternationalMitgliedbinunddiehaben einhalbesoderganzesjahrgebraucht,umdennamenzuändern.ichbekommejadiezeitung, und das mit meinem weiblichen Namen, bis ich gedroht habe, wenn nicht endlich der Name geändert wird, dann kündige ich. Da habe ich dann auch gedacht, was ist das denn für eine Diskriminierung, da habe ich mich tierisch aufgeregt. Gerade die, die waren zu blöde, also wirklich. Wenn Transsexuelle in einem Mietverhältnis wohnen, kann es zu Konflikten mit den Vermieter_innenkommen.WenndietranssexuellePersondieMieteselbstüberweist,wirdsiedurch dennamenswechselderkontoverbindungnachdervornamensänderungautomatischgeoutet: TF:MitmeinerVermieterinhabicheinpaarProbleme,seitdemOuting.Kommenimmerwieder Sticheleien,unddasspitztesichjetztindemletztenviertelJahrauchextremzu[ ] Siehatdaserstversucht,über[NamederKatze]auszutragen.[ ]angeblichwürdeesstinken... Die Gerüche kommen eindeutig von meinem Nachbarn. Das ist mittlerweile auch klar und ja, dannhatsieversuchtmichzuzwingen,dassichdiewohnungrenoviereund,und,und 82

87 Fazit: Die Gesellschaft und ihre Institutionen und Behörden sind auf die herkömmliche Zweigeschlechterordnungeingestellt.TranssexuellePersonenentsprecheninderPhasederTransition undteilweiseauchnachdertransitiondieserzweigeschlechterordnungnichtundwerdendahermit ihrenanliegenschnellalslästigempfunden.infolgedessenmüssensieinvielenfällenselbstfürdie BehebungdersichhierausergebenenProblemeaktivSorgetragen.Der Ausgang ist dabei immer ungewiss und trägt zur Belastungssituation transsexueller Menschen wesentlich bei. Es ist daher unbedingt notwendig, dass behördliches Handeln und behördliche Strukturen die vielfältige GeschlechterrealitätanerkennenundvonpolitischerSeiteausMaßnahmenergriffenwerden,welche diesermöglichen. 83

88 TabelleVI.3.1:ErfahrungenimGerichtsverfahrenzurVÄnachTSG TabelleVI.3.2:ErfahrungenmitGutachter_innenimVerfahrennachTSG 84

89 85

90 VI.4ErfahrungentranssexuellerMenschenimGesundheitswesen DieErfahrungentranssexuellerMenschenmitdemGesundheitswesensindvielfältig:Insbesondere während der Transition kommt es zu zahlreichen Kontakten mit Fachärzt_innen, Sachbearbeiter_innen der Krankenkassen, Psycholog_innen oder Mitarbeiter_innen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) imzusammenhangmitdereinnahmevon Hormonen und der Beantragung und Durchführung geschlechtsangleichender Operationen. Aber auchnachdervollzogenentransitionspieltderumstanddertranssexualitätderbetroffenenansich einerolle:transmänner,diekeinehysterektomiehaben,gehengegebenenfallszurkrebsvorsorge zum/zur Gynäkologin, Transfrauen mit Prostata zur Vorsorge zum Urologen. Auch in anderen Situationen, in denen eine körperliche Untersuchung angezeigt ist, kann die Körperlichkeit transsexuellermenschenzumoutingundimnegativenfallzukomplikationenführen. Während der Transition stehtfürtranssexuelle Menschen, die eine körperliche Angleichung anstreben, meist der Zugang zu Hormonen und die Beantragung bzw. Bewilligung der von ihnen gewünschten geschlechtsangleichenden Maßnahmen durch die Krankenkassen im Vordergrund. Dabei ist zu beachten, dass sich nicht alle transsexuellen Menschen sämtlichen möglichen geschlechtsangleichendenoperationenunterziehenoderunterziehenwollen. So haben etwa 20 %dertransmänner,diedenfragebogenausfüllten,denkompliziertenund risikoträchtigen Aufbau einer Phalloplastik mit Konstruktion eines Penoids z.b. aus dem Unterarm oderbeinhintersich.weitere28%dertransmännerplaneneinephalloplastikfürdieunmittelbare Zukunft. 16%habeneineMetaidoioplastik,alsodensogenannten kleinenaufbau durchführen lassen,beidemdasvorhandenegenitalfreigelegtundneupositioniertwird,16%planendiesefür die nähere Zukunft. Dem stehen 47%derTransfrauengegenüber, die bereits eine Vaginoplastik habendurchführenlassen %derTransfrauenplanendieVaginoplastikinnähererZukunft.Die Zahlen zeigen, dass zwar nicht alle, aber doch ein überwiegender Teil der Transsexuellen genitalangleichendeoperationenwünscht(68%dertransmännerund72%dertransfrauen). Ein gleichermaßen klares Bild von der Notwendigkeit, den Leidensdruck durch eine körperliche Angleichung zu verringern bzw. zu beenden, zeigen die Zahlen der anderen geschlechtsangleichenden Maßnahmen: 92 %dertransmännerund80%dertransfrauen unterziehensichbereitseinerhormonersatztherapie,4%dertransmännerund7%dertransfrauen planensiefürdienäherezukunft. Die Mastektomie, also die Entfernung der Brust, stellt für Transmänner meistdieersteund dringlichste geschlechtsangleichende Operation dar: 84%derTransmänner,diedenFragebogen ausfüllten, haben sie bereits durchführen lassen, die restlichen 16%planensiefürdienähere Zukunft. Allerdings ist es bei 64 %miteiner Operation nicht getan, denn siebenötigeneine Korrektur. 51 Hier darf nicht vergessen werden, dass die Vaginoplastik für Transfrauen bis zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom nach 8 TSG zur Voraussetzung für die Personenstandsänderung gehörte, währendbeitransmännernaufgrundderkomplikationsratebeiderphalloplastik nur dieovarhysterektomie(entfernung voneierstöckenundgebärmutter)verlangtwurde. 86

91 DiezweiteOperation,dersichTransmännerinderRegelunterziehen,istdieOvarhysterektomie,also die Entfernung der Eierstöcke und Gebärmutter. 80 %dertransmännerhabendiesebereits durchführenlassen,16%planensiefürdienäherezukunft. Für Transfrauen sind weitere wichtige geschlechtsangleichende Maßnahmen: die Epilation der Barthaare (per Nadelepilation durchgeführt von 40 % dertransfrauen,geplantvon15%; per Laserepilation durchgeführt von 52 %dertransfrauen,geplantvon12 %), das Stimmtraining (durchgeführtvon47%dertransfrauen,geplantvon20%)undderbrustaufbau(durchgeführtvon 27%derTransfrauen,geplantvon25%). Feminisierende Stimmoperationen (durchgeführt von2% der Transfrauen, geplant von 7 %) und feminisierendegesichtsoperationen(durchgeführtvon5%dertransfrauen,geplantvon12%)sind demgegenüberunterrepräsentiert. Mit den Leistungen, die sie von den verschiedenen Vertreter_innen des Gesundheitssystems erhalten,sindtranssexuelleinunterschiedlichemmaßzufrieden(gesamtüberblicks.tabellevi.4.c amendedeskapitels). Während über 50 % dertransmännerundtransfrauen mit dem fachlichen Umgang des medizinischen Personals (67 % der Transmänner, 58 %dertransfrauen)undmitderqualitätder medizinischenberatung(54%dertransmännerundimmerhin42%dertransfrauen)sehrzufrieden sind, schwankt die Zufriedenheit mit der begleitenden Psychotherapie von 33 %sehrzufriedener Transmänner bis zu 50%sehrzufriedener Transfrauen. Weitere 46 %dertransmännersindeher zufrieden mit ihrer psychologischen Begleitung, bei den Transfrauen sind es 16 %. 17 % der Transmännerund10%derTransfrauensindunzufrieden. AmschwierigstenistfürtranssexuellePersoneninderRegelderKontaktmitdenKrankenkassenund demmdk. Mit der Dauer des Genehmigungsverfahrens sindnur21%dertransmännerund16%der Transfrauen sehr zufrieden. Weitere 29 %dertransmännerund18%dertransfrauensindeher zufrieden.diesenstehen42%dertransmännerund39%dertransfrauengegenüber,diediedauer desgenehmigungsverfahrensalsdeutlichzulangempfinden: TF: [ ] war dann schon die Begutachtung beim Herrn Dr. [Name], in [Ort], wegen der geschlechtsangleichendenoperation.unddersagte: KeinProblem,binnenvon8Wochenham SiedieZusageaufdemTisch.SiekönnensichinderKlinikschonnenTermingebenlassen,fürne Operation. IchinderKlinikangerufen,habmirnenTermingebenlassen...Die8Wochengingen um,eswarkeinekostenzusagedavonderkrankenkasse.ichbeiderkrankenkassenachgefragt. Ja,wirbrauchennochnenMoment,dasdauertnoch.Ichsag: Ja,aberderDr.[Name]sagte8 Wochen. Ja,nixmit8Wochen,wirmeldenunsbeiIhnen.DenOperationstermin,denkönnensie getrostabsagen. IchinderUniklinik[Stadt]angerufen,mittlerweilewarschonklar,dassichdas in[stadt]beim[name]machenlassenwollte,denoperationsterminabgesagt.[...]meinegefühle gingenindemmomentwiedersodermaßenindennegativbereichrein,dassichrichtigdepressiv wurde.ichbeiderkrankenkassenochmalangefragtundgefragt,wielangeesdenndauert. Ja, keine Ahnung, wissen wir nicht. AbdemZeitpunkthabichtäglichbeiderKrankenkasse angerufenundnachgefragt.ichdenk,machstmaleinbisschendruck,vielleichtgehtdenendas 87

92 irgendwann auf den Nerv, dass die dir die Kostenzusage geben, das brachte alles nichts. Ich wurdenurdepressiverunddepressiver. I:Wielangehatsichdasdannsohingezogen? TF:DashatsichübereinviertelJahrsohingezogen. I:Aha,hastdudamiteinemAnwaltvielleichtversuchtodersowas? TF:UnddannkriegteichdenTipp,gehdamitzumAnwalt.IchzumAnwalthin,derAnwaltsah michundsagte: KeinProblem,ichübernehmedassofort,ichmachdassofort.Ihnengeht sso schlechtdamit,dasssiediekostenzusagenichthaben,damüssenwirwastun. ErhateinenBrief hingeschickt,hatderkrankenkassenefristgesetzt,diefristverstrich,eswarkeinekostenzusage da.ichwiedereinenterminbeimanwaltgemacht,zumanwalthin.unddannguckteernochmal reinundsagte: Ne,dasgehtsonicht. GriffzumTelefon,riefbeiderKrankenkassean,hatsich den Sachbearbeiter geben lassen und hat nachgefragt. Und dann kam vonseiten des Sachbearbeiters, wahrscheinlich nur um irgendwelchem Ärger zu entgehen: Wir haben doch schonnekostenzusagerausgeschickt,ansie. DahaterinderKanzleinochmalnachgefragt,bei sich,eswarkeinekostenzusageeingegangen.unddannhaterdirektdrumgebeten,diealsfax zubekommen.10minutenspäterhaterperfaxdiekostenzusagebekommen.[...]unddannhab ichnekopievondemfaxbekommen,unddannhießes,wirschickenihnendasoriginalnochmal zu.[ ]UnddannhabichdasdemKrankenhauszugefaxt,habdannauchdirektangerufenund gefragt,obsieesbekommenhaben.unddannsagtensie: Ja,keinProblem,15.Dezember2009 istihroperationstermin.am14.kommensie,undam15.werdensieoperiert. [ ]Alsicham10. DezemberimmernochkeinePostvonderKrankenkassemitdemOriginalhatte,binichselberzur Krankenkassehingefahrenundhabgesagt,gebtmirdasOriginal,herdamit.Hamsiedannauch gemacht. Da war vonseiten der Krankenkasse dann schon wieder so ein bisschen Mobbing da gewesen.ja,undseitherhabichbeiderkrankenkasseauchkeinenweiterenantragirgendwie durchbekommen.wederaufbrustaufbau,nochaufepilation. ErschwertwirddieSituationfürdieBetroffenenauchhierdurchdieIntransparenzdesVerfahrens. NichtseltenwerdenetwaohneBegründungimmerneueUnterlagenangefordert: TF:Ganzklar,KasseundMDKhabenaufeingerichtlichesVerfahrenabgezielt.Daswardann,es hatsichewighingezogendiegeschichte,inderzeitwarauchklar,dassichdieopbenötigen würde, die ich dann auch mit beantragt habe,undauchdorthabeichnursehrhinhaltende Auskünftebekommen.DieKassehataberaufeineArtundWeisehingehalten,dasswirüber Monate hinweg nicht mal ins Widerspruchsverfahren kamen. Sie hat irgendwas gemacht, sodass wir keine Untätigkeitsklage machen konnten und wir sind im Widerspruchsverfahren nicht weiter gekommen. Da haben die Kassen generell die Möglichkeit, Patientenbei Behandlungen, die sie nicht übernehmen wollen, kalt zu stellen. Das ist eine generelle,ganz großelücke,manifestiertsichbeitsvielleichteinbisschenstärkeralsanderswo. Als defizitär empfinden vor allem Transfrauen den Inhalt und Umfang der kassenärztlichen LeistungennachMDSaRichtlinien: 52 Währendnurjeweils4%derTransmännereherunzufrieden 52 MedizinischerDienstdesSpitzenverbandesBundderKrankenkassene.V.(Hg.)(2009):GrundlagenderBegutachtungzu geschlechtsangleichenden Maßnahmen bei Transsexualität. Richtlinie des GKVaSpitzenverbandes zur Sicherung einer einheitlichenbegutachtungnach 282Absatz2,Satz3SGBV.Stand:

93 bzw.unzufriedensind,aber42%sehrzufriedenund29%eherzufriedensind,findennur5%der Transfrauen diese Leistungen sehr zufriedenstellend. Weitere 24 %sindeherzufrieden.24 %der Transfrauensindeherunzufrieden,16%sindunzufrieden. DernichtzurGeschlechtsidentitätpassendeKörpererzeugteinenLeidensdruck,derKrankheitswert hat und die Kostenübernahme geschlechtsangleichender Operationen durch die Krankenkassen erfordert. 53 FastalledergeschlechtsangleichendenMaßnahmenwerden wennauchteilweisenicht ohneeingelegtenwiderspruch vondengesetzlichenundprivatenkrankenkassenbzw.derbeihilfe bezahlt (Gesamtüberblick s. Tabelle VI.4.b am Ende des Kapitels). Allerdings wird bei Transfrauen häufig die Kostenübernahme von zwei wesentlichenundvonfastallentransfrauenbeantragten geschlechtsangleichenden Maßnahmen abgelehnt: die Epilation der Barthaare, die für ein gutes Passingunverzichtbarist,sowiederBrustaufbau,beieinerdurchdieHormonersatztherapienicht ausreichendgewachsenenweiblichenbrust: Der Kampf mit den Krankenkassen, die Dauer des Beantragungsverfahrens, das eine 12monatige Therapievorschreibt, 54 dasverfahrenderkostenübernahme,diepsychologischebegutachtungdurch denmdk,weildieepilationschonvordemsozialenwechselgemachtwurde,weillaserepilationkein Bestandteil des Leistungskataloges ist, und vor allem die endgültige Ablehnung der KostenübernahmeeinerbenötigtengeschlechtsangleichendenMaßnahmedurchdieKrankenkasse, führen dieentsprechendefinanzkraftvorausgesetzt dazu,dassmanche Transsexuelle auf ihr RechtaufKostenübernahmeverzichtenundgeschlechtsangleichendeMaßnahmenselbstbezahlen. 53 BSG3RK15/86vom6.August1987;Urteil1RK14/92vom10.Februar1993;BeschlussB1KR28/04Bvom20.Juni Vgl.MedizinischerDienstdesSpitzenverbandesBundderKrankenkassene.V.(Hg.)(2009):GrundlagenderBegutachtung zugeschlechtsangleichendenmaßnahmenbeitranssexualität,stand ,s

94 DieBehandlungbeiderBegutachtungdurchdenMDKempfinden25%derTransmänner,dieden Fragebogenausgefüllthaben,abernur13%derTransfrauenalssehrzufriedenstellend.Weitere21 %dertransmännerund18%dertransfrauensindeherzufrieden,4%dertransmännerundknapp8 %dertransfrauensindehernichtzufrieden, 8%derTransmännerund8%derTransfrauensind unzufrieden. Während die Fragebögen ein vergleichsweise neutrales Bild zeichnen, zeigt sich in den Interviews allerdingseindeutlichnegativeresbild.denkontaktmitdengutachter_innendesmdkerlebtedie Überzahl der interviewten Transsexuellen als ein extremes Machtungleichgewicht, als eine starke ErfahrungderMachtlosigkeitunddesAusgeliefertaSeins: TM:IchhatteaufgrundvonanderenErzählungenmeineFreundinmit[beimGutachterdesMDK], weileranderetransmännergenötigthat,sichobenrumfreizumachen,diebrustzuzeigen,da habeichgesagt,dasistnichtnötig,umfestzustellen,dassichtranssexuellbin.dereinzige,der das sehen muss, ist derjenige der mich operiert, ne. Also ich zeig s noch nicht mal meiner Freundin,sollichdasdannirgendeinemwildfremdenMenschenzeigen?HattemeineFreundin mit,diedurftegarnichtmitrein.erhatgesagt: JadannmüssenwireinenneuenTerminmachen, soinvierwochenungefähr.ichhabegesagt: IchhabeSchmerzen,ja? Erhatauchgarnichtzu erklärenversucht,warumerdasnichtmöchte. Die Wartezeit ist, wie die Schilderung des Interviewten beispielhaft zeigt, nicht nur aufgrund der eigentlichen Dauer belastend: Prekärer ist die Ungewissheit, die ein Gefühl des AusgeliefertaSeins erzeugtundinseinemfallweiterewochenmitstarkenschmerzenbedeutethätte,wennersichdem Druck des Begutachters nicht gebeugt hätte. Diese während der gesamten Transition erlebte UngewissheitüberdieeigeneZukunft,dievonderEntscheidungsmachtandererabhängt,unddas dadurchentstehendegefühldesausgeliefertaseinswirktaufvieletranssexuelleextrembelastend, zuweilentraumatisierend.wiediebegutachtungzurvornamensänderungwirdauchdiebefragung 90

95 durchdenmdk,inder(meisterneut)auskünfte,z.b.überwirtschaftlicheverhältnisseodersexuelle Praktikengegebenwerdensollen,alsEinbruchindieIntimsphäreundalsÜbergrifferlebt: TM:Abermichinteressiertwarumerwissenmuss,wieichlebe,alsosprich,obicheine Eigentumswohnung habe oder nicht, also ich meine das hat mit transsexuell nichts zu tun. MeinesexuellenFantasiengehenihnglaubeichauchnichtsan,wieichmeinSexuallebenmit meinerfreundingestalte,gehtihnglaubeichauchnichtsan. DieBedingungenfürdieendgültigeBewilligungdergeschlechtsangleichendenMaßnahmensindfür die Betroffenen intransparent, denn selbst die Erfüllung der umfangreichen MDSaRichtlinien garantiertnochnicht,dassdiegeschlechtsangleichendenmaßnahmenbewilligtwerden.dieletzte Entscheidungwird entwedernachaktenlageodernacheinempersönlichengespräch durchdas GutachtendesMDKentschieden,andemsichdieSachbearbeiter_innenderKrankenkasseninder Regel orientieren. Bemängelt wird hier von den Interviewten, dass Gutachter_innen des MDK im persönlichen Kontakt häufig einen stereotypen Geschlechtsausdruck erwarten und veraltete Vorstellungen von Geschlechterrollen bei der Begutachtung anlegen. Insbesondere Transmänner berichten hier in der persönlichen Interaktion von einem häufig signifikanten Mangel an Genderkompetenz: TM:EinMensch,derdieGenderrollennichtkennt,hatdaalsGutachternichtszusuchen,also denichkonnteihnnichtdavonüberzeugen,dassmeinefreundinnichtbisexuellist,sondern queer,alsohomosexuellistsienicht,sieistjamiteinemmannzusammen,alsowennsiesich dann noch anders definiert, dann ist sie bisexuell. Ich sage: Nein das ist sie nicht. Meine FreundinsiehtsichabseitsdesbinärenGeschlechtersystems. DiemeistenTranssexuellenkritisierendabeinichtdieExistenzderBewertungskriteriendesMDSan sich.kritisiertwirdjedoch,dassdermaßnahmenkatalogdergesetzlichenkrankenkassenmitseinen aktuellen Kriterien nichtdenbedürfnissentranssexuellermenschenentspricht.hierbestehtdie NotwendigkeitnacheinergrößerenIndividualisierungundeinerRevisionderBewilligungskriterien, die sich an der Lebensrealität transsexueller Menschen orientierenundauchdiepsychischen und existentiellenproblemeinbetrachtziehen,diedurcheinlangesantragsaundbewilligungsverfahren entstehen. DasProblemdesfehlendenPassing,dasetwadurchEpilationbeiTransfrauenwesentlichverbessert wird, verschärft den Leidensdruck während der Transition ebenso wie die Inkonsequenz der Krankenkassen bei der Bewertung der einzelnen körperlichen Aspekte, die Leidensdruck verursachen. Transsexuelle Menschen bekommen den Eindruck, dass die Krankenkassen hier zugleich selektiv und normativ vorgehen,indemsiebestimmtemaßnahmenbewilligen,die NotwendigkeitandererjedochohneAnsehenderindividuellenPersonablehnen: TF:[ ]oftgenug,wennsie[aok]michanrufen,weilsiemirmalwiedereinenstandsagen,wie es mit der StimmaOPist, oder wenn sie irgendwelche anderen Sachen an Fragen haben, dann 91

96 heißtesdannimendeffekt: JaichmöchtegerneFrau[Name]sprechen. JaamApparat,ichbin esselber.dannhabich s Ja,aberSiehörensichabernichtsoan,undichsag: Ichbinesaber trotzdem,undvielleichtwissenssejaauch,dassichmeinestimmaophabenmöchte,abervon IhrerSeitewirddasjanichtgenehmigt. Dannsagendie: Jaesgehtdarum,dassSiez.B.noch einenkrankenscheinoderirgendwelcheunterlagenbeibringenmüssen,undsagensiedochbitte Frau[Name]Bescheid,Siemöchtedasreinreichen. Dannhabichschonmalöftersaufgelegt,weil es hört mir einfach keiner zu. Und dann ham sie halt nochmal angerufen oder ham mich angeschrieben,frau[name]möchtedochbitte...obwohlsiegenauwissen,dassnureineperson daist,unddasistfrau[name],undtrotzdemwirdsiealsmannartikuliert. DiebetroffeneTransfrauhattedieStimmbandoperationbeantragt,weilnachärztlicherAuskunftmit den LogopädieaStunden kein weiterer Erfolg zu erzielen sei. Die Krankenkasse lehnte das immer wiederab obwohldiemitarbeiter_innenderkrankenkasseselbst,diesieanriefen,sieimmerfür einen Mann hielten, darauf bestanden,miteiner Frau und nicht mit ihr sprechen zu wollen,und einfachnichtglaubenkonnten,sieselbstamtelefonzuhaben. Solche Situationen zeigen deutlich,wiesehrtranssexuellevonderkompetenz,korrektheitund HilfsbereitschaftdereinzelnenSachbearbeiter_innenderjeweiligenKrankenkasseabhängigsind. DenninsbesonderebeijenengeschlechtsangleichendenMaßnahmen,derenBewilligungandersals die geschlechtsangleichenden Operationen mitunter ohne ein Gutachten des MDK erfolgt (z.b. Epilation bei Transfrauen), hängt die Einwilligung letztlich von dem Verständnis der jeweiligen Sachbearbeiter_innenfürdiespezifischentranssexuellenLebensumständeundBedürfnisseab.Ohne eine parteiliche und fachlich versierte Stelle im Rücken, die ihnen hilft, ihre Ansprüche durchzusetzen,sindtranssexuellehierderwillkürdeszufallsausgesetzt: TF:Beider[ursprünglichzuständigen]Sachbearbeiterinbinichgar nicht weiter bekommen. DannhabeichdieGenitalaOPbeantragtundbinaneineandereSachbearbeiteringeraten,da sinddiezuständigkeitenunterteilt...wareinbisschenkampf,warpersönlichesvorsprechen. ÜberBriefeundTelefonateerreichtmanganzwenig.AberdannimGrundeimVerbundmitder Sachbearbeiterin der GenitalaOP hatdasdanngeklappt,hatmeinekrankenkasse dann mitgespielt Ein weiteres Problem liegt in der von den MDS Richtlinien geforderten 12L18 monatigen Psychotherapie, 55 diefürdiebewilligunggeschlechtsangleichendermaßnahmenund Operationen unabdingbar ist. Begründet wird diese Therapiepflicht damit, dass nur,wennpsychiatrische und psychotherapeutischemitteldasspannungsverhältnisnichtzulindernoderzubeseitigenvermögen, es zu den Aufgaben der gesetzlichen Krankenkassen gehört, die Kosten für eine geschlechtsangleichendeoperationzutragen 56.DasProblemwirdsomitausschließlichindiePsyche dertranssexuellenpersonverlagert.derkrankheitsförderndecharakterdesbewilligungsverfahrens wirdsoübersehen: 55 Vgl.MedizinischerDienstdesSpitzenverbandesBundderKrankenkassene.V.(Hg.)(2009):GrundlagenderBegutachtung zugeschlechtsangleichendenmaßnahmenbeitranssexualität,stand ,s.18,20und23,24,29, Vgl.1RK14/92vom ;B1KR28/04Bvom

97 TF:[..]alses[dasBewusstseintranssexuellzusein]frischaufgekommenistundichmirdessen bewusstgewesenbinhatteichauchkeinenleidensdruck.ichhabegesagt,gut,wussteeben: diese operativen Maßnahmen will ich durchführen lassen und gut ist. Aber ich habe in all diesenjahrennieeinenbewusstenleidensdruckgehabt.[ ]ichhabevielsportgemacht,ist vielleichtauchirgendwieeineartderverdrängungoderso.eswarmireinfachnichtbewusst. I:Leidensdruck,sagstdu,ersteinmalnein,hatdichdanndasVerfahrenleidenlassen,nachdem wasduerzählthast? TF:JaalsodasBürokratische, dieses AusgeliefertaSein, den Gutachtern irgendetwas erzählen müssen,wassievermutlichhörenwollen,undwasmichdahaltauchweiterbringt,daistecht ehersoeinleidensdruckentstanden,dadurcheigentlich.diesesbewusstawerden,dassdahalt irgendwieandereüberdiedauerauchbestimmenkönnenoderdarüberbestimmenkönnen,ob sie mir die Vornamensänderung gestatten oder Kostenzusage geben. Während dieser Zeit mussteichmichsehrbeherrschenundmusstemirimmerwiedersagen,duwirstjetztkeinen LeidensdruckinBezugaufdeinenKörperentwickeln.Alsodaswarmirganzwichtig. Übersehen wird bei dem Erfordernis der 12a18 monatigen Therapie auch, dass sich Transsexuelle bereitslangevorihremcomingaoutmitihrertranssexualitätbeschäftigen.derfürdiebewilligung geschlechtsangleichender Maßnahmen gleichsam erzwungene Gang zum/zur Psycholog_in stellt dahermeistnichtdenanfangspunkteinesselbsterkenntnisprozessesdar,sonderndenmoment,in dem der Entschluss gefasst ist, sich auf den Weg der körperlichen Geschlechtsangleichung zu begeben: TM: IchhättejetztnochvierJahredrübernachdenkenkönnen;wennichandenfalschen Psychologen geraten wäre, hätte ich das vielleicht auch machen müssen... jetzt [nach der selbstständigenentscheidungfürdietransition]isteinunglaublicherdruckvonmirabgefallen. Ich habe auch gemerkt, dass ich besser schlafe und solche Sachen... Da kommt jetzt ganz viel sozusagen von alleine bzw. durch die Spritzen, wofür ich jetzt erst mal gar nicht nur was tun muss. DiebedrückendenErfahrungen,dieTranssexuelleaufdemWegderTransitionmitBehörden,dem beruflichen Umfeld, der Familie und mit der Dauer der juristischen und medizinischen Bewilligungsverfahrenmachen,könnenineinervertrauensvollenBegleittherapieleichterverarbeitet werden.daherentsprichtderinhaltdertherapiemeistgeradenichtdervondenmdsrichtlinien konzipierten SelbstfindungsaTherapie, sondern behandelt nicht selten die Auswirkungen gesellschaftlichertransphobieunddieprobleme,dieerstdurchdiehürdendestsgunddermdsa Richtlinienentstehen. Möchte die transsexuelle Person die Begleittherapie tatsächlich für sich nutzen, statt sie einfach abzusitzen,entstehtalsweiteresproblemdiesuchenacheinem/einerpassendentherapeut_in: TF:Sie[Psychotherapeutin]hatmirmaldenSinndesAlltagstesterklärt[...]Hormonesindne Wundertüte.Eskannunglaublichvielpassieren,eskannkaumwaspassieren.[...]Ahm...man muss einfach auch gucken, wenn jemand sehr offensichtlich dem biologischen 93

98 Geburtsgeschlechtentsprechendaussieht,mitdersozialenRolle[...]alsFrauzulebenoderso, dannindierichtungoderumgekehrtalsmann,sondernauch,kommstduvordergesellschaft alstransezurecht.mussmandannderehrlichkeithalbersagen,wieanderedassehen.ahm..., zerbricht man darunter, plötzlichangegucktzuwerden? Zerbricht man darunter, dass es Gespräche gibt, zerbricht man unter Diskriminierung, oder packt man das?dasistfürsie Alltagstest.UndbeiihrkannmanbeisoeinemAlltagstest,wennmansagt,ichschaffdasnicht und mir geht s so schlecht, durchfallen. Wenn derjenige psychisch nicht gefestigt genug für dieserolleist,fürdenfall,dassdiehormonekeinegroßewirkungbringen. Wartezeiten bei erfahrenen Psychotherapeut_innen sind sehr lang, oftmals entsteht dadurch eine großebelastung.dabeiwerdendietherapeut_innen,dievonselbsthilfegruppenempfohlenwerden, häufigalsbesondersunterstützenderlebt: TF: Ja und dann, es war Ende 2008 im Dezember, dann ging es gar nicht mehr,... nein früher noch, im Oktober bin ichdaserstemalzur[name SHG] gegangen. [ ] Ich habe Adressen bekommenundsofortmitdemherrnb.ausbonnkontaktaufgenommen,dasisteintherapeut, dersichaufdasthemaspezialisierthat,unddaswarauchdereinzige,woichkurzfristigeinen Therapieplatzbekommenhabe.Alleanderen,dieichvorherangerufenhabe,dahätteichbiszu einemhalbenjahrwartenmüssen.eswarkeintherapieplatzfrei.undbeidemzustand,indem ichmichbefundenhatte,mitsuizidgedanken,dawäreunerträglicheinhalbesjahrzuwarten,das hätteichnichtüberlebt.mitdemherrnb.kamechtdieerlösung,derhatmirersteinmalgesagt, dassichnichtschizophrenbin,ichhatteechtmanchmalgedacht,ichwäregeistigverwirrtund wäreschizophrenundhättezweipersönlichkeiten.unddanngingallessoseinenweg. EntscheidensichdieBetroffenenfüreinereinePflichttherapie,machensieoftdieErfahrung,dasssie mitihrentatsächlichenproblemenalleingelassenwerden: I:Frage:BistduinTherapie? TM:JabeidemPsychiater.AberdasisteigentlichfürmichkeineTherapie,nichtwirklich.Auch wenn die Psychiater als Begleiter gedacht sind, sieht man sie ja nur eine halbe bis 1 Stunde einmalinzwei,dreimonaten,unddagehtesnurummedizinischesachen.alsoesistjetztauch nichtso,dassichmichdahinsetzteunderzähle[ ]wasichsoanerlebnissengehabthabe,die michbesonderstraumatisiertoderschockiertoderglücklichgemachthaben.dasisteigentlich ziemlichtrocken I:Würdestduesdiranderswünschen,duwürdestauchredenwollen? TM:Ja,ichwünschtemir,ichkönntemiteinemPsychiatersoredenwiejetztmitdir,zum Beispiel,odermiteinernormalenTherapeutin.Alsodasfehltmir. Manche Transsexuelle entscheiden sich daher für zwei Therapien: eine, mit der sie die MDSa Richtlinien erfüllen und die ihnen die für die Hormontherapie bzw. die geschlechtsangleichenden MaßnahmennötigeIndikationliefernsoll,undeinezweite,dieihnendieUnterstützungbietet,die sietatsächlichbenötigen: 94

99 TF:Da[inderzweitenselbstgewähltenTherapie]binichdurchgehendgewesen.Derhatdas[die ProblemeindernachMDSRichtliniegefordertenBegleittherapie]auchmitgekriegt.Unddahab ichauchtierischvielimmerüberns.geschimpft,undauchzwischendurch,wennirgendwaswar, und...konntichimmer.dasfandichtotalhervorragend,dassmansichirgendwieübersojemand wiedens.auslassenkann,undwiescheißedasist,undwasdafürneeinflussnahmeherrscht, undso...fandichtotalgut,ohnedassmanjetztdaangsthabenmusste,dassdannwasbeider Indikation[fürdieHormontherapiebzw.geschlechtsangleichendeMaßnahmen]schiefläuft. FürTranssexuelle,diesichbereitswährendihreseigenenSelbstfindungsprozesses(alsovordervon denmdsrichtliniengefordertenbegleittherapie)inpsychologischebehandlungbegeben,stelltsich ein ganz anderes Problem. Das Wissen um Transsexualität ist bislang nicht Teil der psychotherapeutischenundmedizinischenausbildung.diesführtineinerganzenreihevonfällen dazu, dass transsexuelle Menschen selbstwennsiedem/derbehandler_indievermutung, transsexuell zu sein kommunizieren oder entsprechende Gefühle beschreiben aufgrundder mangelnden Fachkompetenz des/der entsprechenden Behandler_in falsch diagnostiziert und therapiertwerden: TF:Dannwardasz.B.,dassichzumerstenMalinmeinemLebenüberhauptmitnemArztmal drübersprechenkonnte,weilichimkrankenhausgelegenhatte und mal meine Probleme mal erzählenkonnte. I:Ahja,d.h.,duhastdenArztdaraufangesprochen? TF:JaUndderhat,weilichihmgesagthatte,ichhabirgendwoeinProblemmitmir,undzwar, ichfühlanders,ichweißabernichtwasdasist,nicht...[...]undja,erwüssteauchnicht,aberes könntesein,dassdasvielleicht,weilichnochnienefreundinodereinenfreundhatte,ähm... I:Homosexualitätodersowas? TF:Ja,nicht... I:WarderFacharztirgendwieinden...? TF:Ne,nedaswareinfachnureinStationsarzt,ne.Jaundhabichgesagt,irgendwasstimmtaber mitmirnicht.unddasagter,daswirdwahrscheinlichsexuellestörungenseinoderstressbedingt, wieauchimmer.[...]unddannhabichdann,mitdenjahrenhabichdannauchimmerwieder versucht, die Ärzte, meine Hausärzte, drauf anzusprechen. Ich hab fast jedes Quartal einen anderenarztgehabt.diebeiunsimumkreisoderaufdemwegzurarbeitwaren,habichimmer wiedergewechselt. I:AberdiehamDichnieannenSpezialistenodersoverwiesen? TF:Nein,nein.Keiner,keinerwollteoderkonntemirhelfen.Weißichnichtwarum. TF:Zeitgleich,mit14,hatmeineMuttersichinformiert,auchüberdenganzenWerdegang,man muss eine Therapie machen usw., und hat dann natürlich auch eine Therapeutin gesucht die schnellstmöglicheinenterminhatundsagtja,verstehichwasvon.diesefraudürftemirheute nochnichtüberdenweglaufen,ichbineintotalfriedlichermensch,aberdawürdeichmeine Manierenvergessen,wenndiemirnochmalssoklarbegegnenwürde.[...]Aberbeiderwar sso, daswarnekinderaundjugendatherapeutin,meineerstetherapeutin,dievorherauchsagte,hab ich Ahnung (von Transsexualität), nach dem Motto, ichkenndochirgendwen, deristauch 95

100 schwul. KeineAhnung Hat mir erst mal klar gemacht, dass man Hormone erst ab dem 18. Lebensjahrbekommt.UndeineOPinDeutschlandgesetzlicherstabdem25.Lebensjahrmöglich ist.vonpersonenstandsänderungwusstediegarnichts.aberichbindaingutemglauben,ich wussteesjaauchnichtbesser,meinemutterauchnicht,istjadietherapeutin,fraudr.w.,auch gleichzeitigkinderärztinmussmandazusagen.zuderbinichbiszumeinem18.lebensjahrbrav jedewochehingegangen.[...]dannbinichnämlichandieendokrinologenrangetreten,[...]und die sagten beide [...]: Aber diese Gutachten von der Frau sie hat dann auch Gutachten geschrieben,zweisätze,wirklichzweisätze,wieeinattest dieerkennenwirnichtan. [...]Und dawarsiedannplötzlichvölligüberfordertundwusstevongarnichtsmehr: Jaeigentlichhabich davon ja gar keine Ahnung, das hat mich ein bisschen überfordert, aber ich wollte ihnen nur helfen. Dabinichdannkomplettzusammengebrochen.Dasgingauchrelativschnell. FürTransjungenundTransmädchenvorbzw.inderPubertätgestaltetsichdieKommunikationmit Psycholog_innenundPsychotherapeut_innenmeistnochschwieriger.Gegenüberdenerwachsenen Therapeut_innen sind sie aufgrund ihrer mangelnden LebenserfahrunginbesondererWeise hilfsbedürftig. Die Schwierigkeit liegt dabei zum einen in der Hilflosigkeit der professionellen Problemlöser_innen, die sich auf dem speziellen Gebiet von Transsexualität und Transphobie sowohlinrechtlicheralsauchinpsychologischerhinsichtnurungenügendauskennenundübernur wenig Wissen bzw. kaum Erfahrung mit Transsexuellen verfügen. Gerade bei jungen Betroffenen erkennentherapeut_innendeswegendietranssexualitätihrerpatient_innenoftnicht.dieseführt, nebeneineroftunbewusstvorhandeneneigenentransphobie,dazu,dasssiedasproblem,mitdem diehilfesuchendenaufsiezukommen,ineklatanterweiseverkennen: TM: Kindera undjugendpsychiatrie, unddannwurdendanngesprächegeführtmitder Psychologinmitden,dawarauchneKrankenschwester,undabdawurdedannhaltklar,dass irgendwas ganz, ganz schief im Argen ist und das Problem ist, dass diese Klinik nicht auf Transsexuellespezialisiertistodergenerell.Alsoeswurdedanneherthematisiert,wieichdenn zumeinenelternstehe,zumeinenbeidenbrüdernsteheundesgingtotalindiefalscherichtung. I:ObwohlduwasvonTransgesagthast TM:Ja,ichkonnteeshaltnichtbetiteln,ichkonntehaltnichtsagenichbintranssexuell,sondern ichfühlemichhaltnichtrichtiginmeinemkörper.dasisthalt,auchdiesesselbstverletzenhabe ich auch halt erklärt mit diesem DenaJungenafreilassen. Das wurde einfach irgendwie nicht wahrgenommen,undichwarinsgesamtviermaldort,dreimalindergeschlossenenabteilung und einmal in der Therapie, wo ich dann aber die Therapie nach zwei Wochen abgebrochen habe,weilichgesagthabe,leute,wirkommenhiernichtweiter. TF:Undichkannauchnichtsagen,mussichganzoffensagen,BonnerLandesklinik,dassda irgendwastherapeutischwasgemachtwurde.dawurdedasganzeabgetanalszuengebindung zurmutterundschulphobie. 96

101 DieErfahrung,solcherartvonPsycholog_innenbzw.Psychotherapeut_innenlächerlichgemachtoder in Verhalten und äußerer Erscheinung kritisiert zu werden, machten zwischen 4 % und 20 % der TransmännerundTransfrauen,diedenFragebogenausfüllten. PositiveGegenbeispielezeigensichbeiTherapeut_innen,dieüberKenntnisseüberTranssexualität und Erfahrungen mit transsexuellen Menschen verfügen. Sie können ihren Patient_innen Impulse geben,diesieinihrertranssexuellenselbstfindungunterstützen: TM: Ja,undalsichausderKlinikrauskamhabeich mir eine Therapeutin gesucht und nach einemjahrsaßdievormirundsagte: GlaubenSienicht,dassSietranssexuellsind? Dem Problem der mangelnden ärztlichen Kompetenz in Bezug auf Transsexualität begegnen Transsexuelle nicht nur im Rahmen von Psychotherapien. Auch FachL, AllgemeinL und Hausärzt_innenhabenhäufigkeinoderzuwenigtransspezifischesWissen: TM: [ ] die hat mich ein Jahr total falsch eingestellt mit Testosteronspritzen, die einfach zu wenigwaren,woichgesagthabe,leute,wannfängtdennmalbeimirwasan?unddasmusste ichhaltallesmiteinemendokrinologenabsichern,daswarsehrlustig,weildermirdannmal eineseiteauseinembuchkopierthatundwoichdannzumeinergynäkologingesagthabe: Hallo,hierbinich,ichhabdamalwasmitgebracht.Unddannhatsiesichdasdurchgelesen und gesagt: Oh,dakannichjanochwaslernen, wo ich aber schon ein Jahr bei ihr in der Behandlungwar,woichdanngesagthabe: Oorgdaskommteinbisschenspät,oder? Woich danngehörthabe,dasssiewohlmehrerebetreut,oh,ok? Auch wenn die Wissenslücken offenbar werden, sind Ärzt_innen nicht immer bereit, diese zu schließen,ungeachtetdessen,dasssieihrepatient_innendamitgefährden: TM: DannhatteichauchmitdenHormonenextremeSchwierigkeiten,ichhatteextreme Muskelschmerzen, ich konnte teilweise nicht mehr richtig laufen. Spaziergang oder so war teilweise gar nicht mehr möglich. Das hat sich extrem bei mir ausgewirkt. Was ich erfahren habe,dassesebenbeiälterenoftsoist.dassdannextremschnellmuskelngebildetwerden unddadurchdassdasallessoextremschnellgeht,obwohlmaneigentlichauchnurganzwenig nimmt,verkrampfensichdiesemuskelnextrem. TM: Ich nehme eigentlich jeden Tag Magnesium, wenn ich es nicht nehme,habeichsofort Krämpfe.Daswarsehrschwierig,denneshateigentlichniemandeninteressiert... TM:Sehrschwierig.AlsoichhabmitGelangefangen.Dasfandichganzgut.Danachbinich irgendwieaufnebidoumgestiegen,undscheinbarvertrageichdasnichtganzsogut.[ ]ich hatteimmersehrhohewerte,habemichabernurbeisehrhohenwertengutgefühlt.unddie wolltendasdannimmerrunterdrücken: Nein,dasistzuhoch,dasistzuhoch. Wennichaber wenigerhatte,dannhabeichnuraufdemsofagelegenundwartotalschlapp,hattegarkeinen Antrieb,dagingüberhauptnichtsmehr...Irgendwannhabeichessogemacht,dassichmich selber medikamentiert habe, denn ich wollte mich einigermaßen gutfühlenjajetztendlich. 97

102 UndnichtschlappundimmeraufdemSofa.DashatauchneganzeZeitguthingehauen,nur hatte ich immer einen extrem hohen Wert. Dann konnte sich der Arzt das auch nicht so erklärenundhatmichzuendokrinologenanderunigeschickt.diehabendannrausgefunden, dass meine Testorezeptoren wahrscheinlich nicht richtig funktionieren und ich mehr haben müsstealsandere.so,dannhabeichwiederallezweimonatedienebido,fühlemichaberauch dadurch, das habe ich auch bei vielen anderen gesehen, die haben dann irgendwie so ein aufgedunsenesgesichtbekommen.daswollteichjaauchnicht,unddamithabeichmichauch nichtganzsowohlgefühlt.alsdannmitdemjoballeszusammenkam,hatteichsohohetestoa WerteunddickesBlut,mitdemErgebnis,dassichjetztimEndeffekt,musstezweimalAderlass machen,wasjaauchgarnichtmehrnormalist,wasichaberauchimforumgelesenhabe,dass beieinigenälterendasbluttotalverdickt. TF:[...]habeichdieHormonenichtsogutvertragenundeineThrombosebekommen,dieso späterkanntwurde,dasssieschonbisüberdieleistebisindenbauchraumhineinging,also allerhöchstezeitwar,unddaraufhinistdiegesamtehormonbehandlunggestopptworden... TF:IchwarjabeivielenverschiedenenEndokrinologen.BeidemersteninBonn,beidemist maneigentlich...,diesenmenscheninteressiertnurderblutwert,wieervorherwarundwieer seinmuss.dermensch,allesdarum,waspsychischpassiert,interessiertihnnicht.derhatbei mirdiemedikamentesohochdosiert,dassichersteinmaldepressionenbekam.nachdemich diethrombosehatte,haterüberalldiedosierunghalbiert.beivielenmeinenbekanntenhater dannsoforteineanderebehandlungeingeleitet. MehrerederInterviewten berichten davon, dass ihnen die medizinische Behandlung mit teilweise fadenscheinigenbegründungenverwehrtwird: TM:Wasichsehrschlechtfand,wasichimmersehrschlechtfand,wardieGynäkologische Abteilung,zumeinenimKrankenhausadiemichnachderOPdreiTagevergessenhaben,als Mann und dann noch in einer anderen Abteilung, da hat man mich dann mal einfach übersehen,bisdanndieplastischenchirurgengesagthaben,sokönnensiedasnichtmachen, derpatientmusstrotzdemuntersuchtwerden,auchwenndernichtaufihremflurliegtund wenn das ein Mann ist. Die haben mich einfach aufgrund des Namens und der anderen Abteilungverdrängtundvergessen.UndgenaudasistmirauchmitmeinemGynäkologen,der eigentlich die Nachuntersuchung machen sollte, passiert, den habe ich dann angerufen und gesagt:ichbräuchteeinennachsorgeterminnachderop,undersagtezumir: Nee,ichhabe eine Frauenarztpraxis und behandele keine Männer. Mir ist es hauptsächlich im gynäkologischenbereichpassiert,dassebengesagtwird,siesehenauswieeinmann,haben ihrenamensaundpersonenstandsänderung,alsohabensiehierindergynüberhauptnichts mehrverloren. 98

103 AndereberichtenvonpositivenGegenbeispielen,indenenÄrzt_innengezieltihrWissenergänzen. DieBetroffenenerlebendieseBereitschaftnichtnurinfachlicher,sondernauchinsozialerHinsicht alsüberauspositivundunterstützend,auchüberdenmomentdereigentlichenbehandlunghinaus: TF: Ich bin dann zu dem Frauenarzt in meinem Dorf, und damit hab ich nen Glücksgriff gemacht. Muss ich ganz ehrlich sagen, sagte er mir in der ersten Sprechstunde, Sie sindder erstefall,auchnochniemandtranssexuellenoderso,undichhabevondemthemaüberhaupt keinenschimmer.aberwennsiewiederkommen,erwürdedasgernemachen,einganzlieber [...]underhatsich,obwohleroffenzugab endlichmaleinarzt,derdasdannauchmaltut davon wenig Ahnung zu haben. Ist er hingegangen und hat sich auch mit der Uniklinik Köln auseinandergesetzt. Als ich beim nächsten Termin da aufgekreuzt bin, da hatte er dann Ahnung. Eine solcherart gezeigte soziale Kompetenz ist für Transsexuelle ein entscheidender Faktor, um in dem für sie schwierigen Bereich körperlicher Behandlung Vertrauen zu gewinnen und sich wohlzufühlen. Als positive Beispiele werden vondeninterviewtenhäufigdasverhaltendes Krankenhauspersonals im Rahmen der geschlechtsangleichenden Operationen angeführt. Das mit den Bedürfnissen von Transsexuellen vertraute Personal legt etwa gleichzeitig operierte Transmänner oder Transfrauen auf ein Zimmer, benutzt die richtige Anrede und den richtigen Namen: TM:AuchwasdieZimmerbelegungbetrifft,guckendieschonwasmachbarist,alsoprinzipiell istesso,dasswennnichtmehreretransmännerdasindundmanaufdempapierevtl.noch Frau ist, bei einem Herren mit aufs Zimmer kommt, damit es keine Irritationen gibt, aber ansonstenschauendieschon,wennmehreretransmännerdasind,dassdieaufeinemzimmer liegen, wegen der Thematik und des Schamgefühls,unddassnichtirgendwelcheIrritationen undfragenentstehen: WiesohabenSiedenndasolangeNarbenaufdemOberkörper,warum kommtdennhiereingynäkologerein. DassindjaauchvieleSacheninderPrivatsphäre,die nichtjedenwasangehen,daslösendiedaeigentlichschonganzgut,kannicheigentlichnur bestensweiterempfehlendaskrankenhaus. Diesen wohltuenden Erfahrungen stehen andere, negative Erfahrungen mit Vertreter_innen des Gesundheitsapparats gegenüber. Ein typisches Problemfeld ist auch hier die Verwendung des falschen Vornamens und Pronomens oder der falschen Anrede,etwawenndietranssexuellen Patient_innen in Arztpraxen aufgerufen werden. Da nicht alle Krankenkassen bereit sind, vor der offiziellenvornamensänderungeineneuekarteaufdengewähltenvornamenauszustellen,sinddie BetroffenenhiervonderKooperationdesPraxispersonalsabhängig: TM:[...]alsobeimEndokrinologenwaricheinbisschenenttäuscht,diehabenerst,nachdemdie die Krankenversicherungskarte geändert hatten, haben sie dann Herr gesagt, obwohl ich ja eigentlichschonwegendemtestosterondawar,weilichgedachthabe,ok,dasmüssteeigentlich klarsein. 99

104 Solchewiederkehrenden,durchArzthelfer_innenverursachtenOutingsmachendengrößtenTeilder Erfahrungenaus.Fachärzt_innenoderChirurg_innenpflegenhiertendenzielleinenrespektvolleren Umgang, die Prozentzahl der negativen Erfahrungen bei nicht spezialisierten Ärzt_innen und Arzthelfer_innenistgrößerundsteigtindenFragebögenaufbiszu28%beidenTransmännern.In den Interviews wird deutlich, dass auch das Bedürfnis nach Bewahrung der Intimsphäre, das bei TranssexuelleninderRegelbesondersstarkausgeprägtist,nichtimmerrespektiertwird: TM:jaichhattedasjaschon mal kurz umrissen, ich war in der plastischen Chirurgie zum VorgesprächfürdieBrustaOP,undja,grundsätzlichwarenallesehrnett,derFacharzthatauch sehrgutaufgeklärtaberauchganzvielesrechtlicheserklärt,hatsichauchdaselend,wasnoch vorherrscht, angegucktund mmh, das Problem war, wir blieben dabei leider nicht allein. PlötzlichstürmtedaeineSchwesterindasZimmer,ichstandimSichtbereichderTür,daich michgeradeentkleidethatte,umentsprechendvermessenzuwerden,jasiekamrein,brachte demfacharzteintelefon,währenddiesertelefoniertebliebsiedastehen,betrachtetemich unddietürstanddieganzezeitoffen. I:Nachdraußen? TM:NachdraußenaufdenGang,wojederzeitPatientenoderanderesmedizinischesPersonal hätte längs laufen können. Das waren quasi 2a3a4 Minuten, woichobenohneineinem Behandlungsraumstand,derArztwarbeschäftigtdamitzutelefonieren,dieSchwesterhates irgendwie nicht geschnallt und hat es sich tatsächlich gewagt,michvonobenbisuntenzu mustern,alsobichdairgendwieso'ntierchenwäre,undichwarmitmeinerpartnerindaund ich wäre fast explodiert auf Grund dieser Frechheit. Egal,auswelchemGrundichmichdort befinde,egalobmannoderfrau,keinermöchtegerneinsonerärztlichensituationhalbnackt begafft werden;ichfanddasneechtefrechheit.andersherum, ein paar Minuten später, musste ich zum Fotografen, damit sie den IstaZustand festhalten können. Medizinischer Fotograf, absolut professionelles Auftreten, hat absolut nur seine Arbeit abgeleistet, nicht gestarrt,nichtgegafft,sondernnur: IchbrauchedieunddieAufnahmen,ichbrauchedieund die Körperhaltungen. Danke schön, das war es, Sie können sich wieder ankleiden. Daswar wirklicheinprofessionellesauftreten,derrestnicht. Nach der Transition tretenandereproblemeindenvordergrund.soberichten18 % der Transmännerund24%derTransfrauen,dassihnenihrempersönlichenEindrucknachaufgrundihrer TranssexualitätderZugangzuanderenLeistungendesGesundheitssystemserschwertwurde. 100

105 In den Interviews werden diese Situationen fassbarer. Die im Rahmen der Transition erlebten DiskriminierungenunddieErfahrung,aufgrunddereigenenKörperlichkeitimmerwiedernegativen ReaktionenderUmweltausgesetztzusein,erzeugtAngstvordemmedizinischenEstablishment,die zumaufschiebennotwendigerbehandlungenführt: TF:ZahnarztzumBeispiel.ZusätzlichzuderAngst,diemansowiesovordemZahnarzthat.Aber diefrage,wiereagiertsoeinarzt,auchwennesnureineangstist,dievielleichtunbegründetist, aberdieangstistda.behandelterdichwirklichnochgleichfair.gibtersichnochgenausoviel Mühe? Ist er möglicherweise brutaler? Steckst du ja nicht drin, denn ich habe ja schon mal BrutalitätdurcheinenArzterlebt. Fazit: DasGesundheitswesenkannmitderBereitstellungvonBehandlungentscheidendzumWohlbefinden vontranssexuellenmenschenbeitragen.transsexuellestehendemgesundheitswesengrundsätzlich aufgeschlossen, aber kritisch gegenüber. Sie zeigen sich als wohl informierte Patient_innengruppe undwünschenundschätzenesdaher,wenndiebehandler_innenihreanliegenundbedürfnisseernst nehmen, sich auskennen und/oder bereit sind sich zu informieren. Aufgrund des in der Regel vorhandenen Leidensdruckes am eigenen Körper und dem Leidensdruck, der durch das mangelnde PassingimsozialenUmgangmitanderenentsteht,istesfürtranssexuelleMenschenäußerstwichtig, dass bei Vorliegen der Diagnose Transsexualität die Kosten für die zur Geschlechtsangleichung erforderlichenmaßnahmenübernommenwerden. 101

106 TabelleVI.4.a:DurchgeführtegeschlechtsangleichendeMaßnahmen DadiejenigenTranssexuellen,diebestimmteMaßnahmennochnichtdurchgeführtoderbestimmteErfahrungennicht gemachthaben,ausplatzgründennichtindietabellarischeübersichtaufgenommenwurden,lassensichdieprozentzahlen nichtinallenfällenauf100%aufsummieren. 102

107 TabelleVI.4.b:KostenübernahmefürgeschlechtsangleichendeMaßnahmen 103

108 TabelleVI.4.c:ZufriedenheitmitdemGesundheitssystem {weiters.nächsteseite} 104

109 {FortsetzungTransmänner} 105

110 106

111 {FortsetzungTransfrauen} 107

112 TabelleVI.4.d:ErlebteSituationenimGesundheitssystem {FortsetzungTransmänner} 108

113 109

114 110

115 {FortsetzungTransfrauen} {weiters.nächsteseite} 111

116 {FortsetzungTransfrauen} 112

117 VI.5ErfahrungentranssexuellerMenscheninderSchule,imStudiumundinderAusbildungvor undnachdemcominglout Die meisten Interviewpartner_innen bemerken schon in frühem Alter (Kindergarten bis Grundschule),dasssieanderssind.MancheverleihendiesemBewusstseinexplizitAusdruck,manche schließensichsozialanderenjungenbzw.mädchenan,undwiederanderehabeneindiffuses,nicht auszudrückendesgefühldesandersseins: TM:Also,daswarnichtso,jaalso,dabinichjarelativunbedachtnochaufgewachsen,habe gedachtokhierstimmtwasnicht,ichhabezwargemerkt,dasswasandersistzwischenmirund meinembestenfreund. TM:Ja,ichhabemichschonalsKindandersgefühlt Die Interviews zeigen, dass transsexuelle Kinder, die man gewähren lässt, die sich also der Geschlechtsgruppeanschließendürfenundkönnen,dersiesichzugehörigfühlen,relativunauffällig und integriert sind und wenig Leid erleben. Wird allerdings schon in der Grundschulzeit Druck zu geschlechtskonformenverhaltenausgeübt,müssensiesichgegenihrebedürfnisseentscheidenund leidendarunter: TF:JameineKindheit,alsoah,beimirwardasschonsehr,sehrfrüh.So,ichsagmalso,seitich, jasodenkenkannoderseitmansodenkt,sagichjetztmal.undesfingan[ ]ichdenkeschon soauchmitdrei,vieroderso.imkindergarten,daswarallesnochinordnung,weilichnicht wusste,dachte,dasisthaltnormal,aberichkonnteesnatürlichauchnichtwirklicheinordnen, ne. Ja,unddanninderGrundschuleso,ja,somitsechs,siebenkommtmanjaindie Grundschule, da wurd mir schon klar, das war irgendwie wirklich schon so für mich damals schon der Ernst des Lebens. Da hab ich irgendwie gemerkt, ich bin anders, anders als die andernjungs. TM:IchhattezwarCousins,aberwennichmaldazuBesuchwar,sollteichimmermitmeiner Cousine spielen und, ja, nichtmitmeinencousins.daswardannauchwiedersehr,ja unbefriedigendeigentlich. TF: Ja, ja, Frauen. Da hab ich zugehört. Da hatsichmeinetantefasttotgelacht: Ach dieser Junge,derliebtFrauengespräche,lasstihndoch. MeineMutterhatsichaufgeregt,undmeine SchwesterhatmichmitdemBesen : Verpissdich,gehmalzuMännern,undso. SpätestensaufweiterführendenSchulengewinntdasGeschlechtinderVorpubertätunddanninder Pubertät einen bedeutenden Stellenwert. Mädchen und Jungen werden sozial getrennt (z.b. im Sportunterricht),undeingeschlechtskonformesVerhaltenwirdfürdiesozialeInteraktionwesentlich. Nichtageschlechtskonformes Verhalten, das in der Grundschule noch vergleichsweise 113

118 unproblematisch war, gibt nun potentiell Anlass zu Ausgrenzungen, Mobbing und physischen Angriffen: 58 TF: So ein bisschen so vorm vorpubertären Schock mit anschließendem pubertärem Schock. Vorpubertär,dassmansoinderSozialrollemerkt,Mädchenverhaltensichplötzlichandersals Jungs, hier herrscht jetzt ne Grenze. Das war für mich komplett furchtbar und wie so ein Spagat.AufeinmalwolltendieMädchenmichnichtmehrsowieinderGrundschule...soin ihremittelassen,weilichjaunterjungelief,undfürdiejungswarichdieschwuchtel TM:Dahabeichschoneherdasangezogenwasichsoertragenkonnte,abermandarfnicht vergessenbeialledem,ichwar[ ]schonauffällig[ ]Gut,alsichdahin[insGymnasium]kam, [ ] da gab es eine Direktorin, die die Nase gerümpft hat,weilichaufdemzeugnisvonder Grundschule in Handarbeit eine 4 hatte, dass ich in Deutsch ein 5 hatte war nicht so erschreckend,aberdassichinhandarbeiteine4hatte,dawurdeechtdienasegerümpft. FürTransjungenwiefürTransmädchenistdiePubertätauchausphysischenGründeneineleidvolle Zeit.DieVeränderungdeseigenenKörpersindieungewünschteRichtungwirktaufdiemeistenwie einschock. TransjungenversuchenihreBrüstemitweiterKleidungundkrummerKörperhaltungzuverstecken, TransmädchenverzweifelnameinsetzendenStimmbruchundBartwuchs: TM: [ ] wobei ich dabei natürlich die totale Krise gekriegt habe als mir dann natürlich die Brüste wuchsen, ichmeineersteperiodekriegteundichdachtedieganzeweltstürzt zusammen. Habe dann natürlich versucht immer alles unter weiter Kleidung zu verstecken irgendwie,binauchimmerkrummundschiefgelaufenundhattedannauchkeinelustmehr, michsportlichzubetätigen,denndannhatteichangstmansiehtdannirgendwas. TM:[ ]undamtagmeinererstenregelhabicheinenheulkrampfgehabt.habdasgesehen, undmirsindeinfachdietränengekommen.ichhabdamalsnichtgewusstwarum,wareinfach ganzschrecklichfürmich. TransmädchenwerdenindieserZeitnichtseltenOpfervonhomophobenAnfeindungenundGewalt, wenn ihr Geschlechtsausdruck zu sehr von dem für Jungen gesellschaftlich akzeptablen Verhalten abzuweichenscheint: 58 BesondereSituationenergebensichfürtranssexuelleKinderineinerreingegengeschlechtlichenSchulumgebung,z.B.für Transjungen,dieineinerreinenMädchenschulewaren,oderTransmädchen,dieeinereineJungenschulebesuchten.Ihnen fehlteinderwichtigenzeitderpubertätdiemöglichkeit,sichangleichgeschlechtlichenälterenjugendlichenzuorientieren undverhaltensweisenkennenzulernenbzw.sichabzuschauen,diefürihregeschlechtsgenoss_innenüblichsind. ZitatTM:DannkamichaufdasGymnasium,aufeinekatholischeMädchenschule.Habemichselbergewundert,wodie Jungs sind. Und weil meine zwei Jahre ältere Schwester da auch war, sollte ich dann da auch hin. Habe meiner Mutter gesagt,warumkannichdennnichtindieschuleundindie,wodieanderenallehingehen.nein,daswärefüreinmädchen besser,indemalter,fürdieentwicklung,wennsienichtmitjungenzusammenist.sounddannwarichda,kamindie KlasseunddasaßennurMädchen,dadachteich,wasistdennhierlos.JaunddaswareigentlichsehrschlimmeZeit,weil, ichkonnteesjanichtändern. 114

119 TF:DanngingderZirkuseigentlichlos,mitnemMobbing,wassichauchsehrstarkgesteigert hat,sehrschnell,unddawarsdannplötzlichauchnichtmehrschwuchteloderso,dafingdie Sacheanzubröckeln.Dakammanauchdarauf,ichseieinZwitterundGottweißwas.[ ] TF:[...]woichfrühersoverprügeltwurde,daswarja,weilichhaltsoauffälligwar.Weilichhalt alsjungesofemininwar,unddaspasstejaallesgarnicht TF:Ichkamimmerzuspät,weilichungernzurSchulegegangenbin,weildiemichdaimmer fertiggemachthaben.nichtweilichangsthattevordemunterrichtsstoff,meinegrößtesorge waren immer diese Verletzungen. Die anderen hatten nicht diese Probleme, klar auch ihre eigenenprobleme,aberdiewarenvielglücklicher.meineproblemewarenwirklichextrem.in der9.klassewarichaufderrealschule,unddawaresgenauso.dahabendieanderenauch gesagt,wirsindnichtschwul,warummachstdudichsoschön AuchderGangzurToiletteistschwierig,denndaseigenePeinlichkeitsempfinden,aufdiefalsche Toilettezumüssen,alsoz.B.alsTransmädchenaufdieJungentoilette,kollidiertmitder WahrnehmungderUmwelt. AuchimUnterricht,insbesondereinderSexualaufklärung,dominiertdasZweiaGeschlechtersystem: WedertranssexuellenochintersexuelleMenschenkommendarinvor,siesindunsichtbar eine klassischediskriminierungssituation: TM:Ja,ichhabemich[inderSchule]eigentlichziemlich,ziemlichunwohlgefühlt.Vorallem,wir hattenanderschuledann,daswardannindersechstenklasse,aufklärungsunterricht,undda ginges,genauumdiepubertätnatürlich,dieganzezeit,unddarum,wasdannbeieinemmann üblichistundwasbeieinerfrauüblichistoderbeimädchenundjungen,diedannzufrauund Mannwerden.Unddadurch,dassbeimirjabeidesirgendwiedawar,wurdeichnatürlichvon anderenauchnichtnurschiefangeguckt,natürlichhabeichvielekränkungenauchgehört[ ] Alsoalsichvordrei,vierJahrenjetztnachKölngezogenbin,binichauchzurTherapiegegangen, undeshatmichaucheinjahrgekostet,überhauptübersolchedinge,überdieichjetztnach10 Minutenrede,alsodashabeichdannineinemJahrdannehergeschafftundgeschafftweilich irgendwann dann nicht mehr konnte, weil es dann irgendwann zu viel wurde für mich, diese ganzen Erinnerungen oder die ganzen.. ja... Beleidigungen, nicht Beleidigungen, sondern... einfach,daswasmichsoverletzthat,verletzungengenau.[ ] I:WiehabendieLehrerreagiert? TM:DiemeistenLehrerhabennichtwirklichreagiert. I:Habendiedasmitbekommen? TM:Ichdenkeschon,dassvieledasmitgekriegthaben. AuchingeschlechtergetrenntenUnterrichtsformenwiedemSportunterrichtwirddas AndersaSein fürtranssexuelleschüler_innenzumbesonderenproblem,wennsiekeineunterstützungerfahren: 115

120 TF:IchfühltemichniewieeinMann.FußballspielenwarfürmicheinHorrorgewesen,obwohlich im Sport in der Schule immer mit am besten abgeschnitten habe. Ich habe Wettkämpfe in Leichtathletik gewonnen, hatte Siegerurkunden, undeshießimmer,ermussinunserer Mannschaftmitspielen,manwollteimmersoeinenLäuferhaben.Aberichhätteliebermitden Mädchen, bei uns war immer ganz klar getrennt, Jungs spielen Fußball, Mädchen spielen Badminton.IchhättelieberBadmintonoderVolleyballgespielt.AberichmussteFußballspielen. TF:Ichhatteauchne[ ]Sportlehrerin,wowirgeradedabeisind: BeidenJungshatdiedirekt gesagt,kannstduaufgarkeinefallrein,zumumziehen,oderauchwennwirmalgetrenntwas machen, auf gar keinen Fall, da kommst Du zu den Mädchen. Aber beim Umziehen selber separat. Haben die transsexuellen Kinder und Jugendlichen ihr ComingLOut während der Schulzeit, dann erleben sie unterschiedliche Reaktionen ihrer Umwelt. Ein kleiner Teil der interviewten Transsexuellen berichtet von weitgehend unproblematischen, teilweise vom Umfeld unterstützten ComingaOutsimschulischenoderuniversitärenKontext: TM:[ ]meinemitschüler,woichdanndie[offizielle]namensänderunghatte,[die]habendas superaufgenommen.alsowirhabendasjetztnichtsogefeiert,wieicheseigentlichwollte.aber wirhabenunsdrübergefreut.ichhatteauchinderschuleeinfacheinnamensschildmitdem neuen Namen gemacht, so dass alle Lehrer wussten: so sieht es aus. Mein Klassenlehrer war schonvonanfangandabei.derwurdesoeinfachmitgerissen,derkonntesichgarnichtwehren, na,derwareinbisschenüberfordert,aberdasisteinsupermann,derhatdaecht,derhatalles fürunsgemacht.alsoderistdannauchmitmirindieklasseundhatgesagt: So,setzdichmalda hin,duerzählst,undichstärkedirdenrücken.unddaswurdeauchsogemacht.[ ]mirwurde sogarapplaudiert,alsichgesagthabe,sojetztdernameundsoisses.undmeinklassenlehrer hat dann gesagt: So ja. Mal gucken, was jetzt so wird, wir wissen alle nicht,wasdrauswird. Guckenwirmal. UndichhatteüberhauptkeineProblemedamit.MitmeinenMitschülern,mit meinenanderenfachlehrernalsoauchimprivaten. InjenenFällen,indenendieBetroffenennegativeErfahrungenmachen,verteilendiesesichüberdie gesamtebandbreitetransphobenverhaltens(vgl.tabellevi.5.aamendedeskapitels):vonseiten ihrermitschüler_innenundkommiliton_innenwerdendiebetroffenenlächerlichgemacht,beleidigt oder ignoriert oder erfahren Kritik an ihrem Aussehen und ihrem Verhalten, es werden grenzüberschreitendefragennachderkörperlichenverfasstheitgestellt,diemitschüler_innenund Kommiliton_innen gehen auf Distanz oder die falsche Anrede und das falsche Pronomen werden verwendet. DabeiwirddereigentlicheGrundfürdasMobbing,dieTranssexualitätderBetroffenen,nichtimmer offengegenüberdertranssexuellenpersonthematisiert.insbesondere,wennetwapädagog_innen oderdieschulleitungnichtaktiv,sonderneherreaktivihrerfürsorgepflichtnachkommen,verbleibt diebeweislastbeidenbetroffenen. 116

121 TF:Es[dasMobbing]gingüberdieunmöglichstenanderenSchienen[ ]Hinterherkamraus,dass es wegen der Transsexualität war, dass sie sich in den Pausen das Maul über mich zerrissen habenundsomiteigentlichmitdemthemanichtklarkommen.[ ]DieSozialarbeiterinsagte: Sobaldoffiziell rauskommt,dasseswegentranssexualitätist,könnenwireinschreiten.sowas dulden wir an der Schule nicht, und dann kriegen die einen Schulverweis. Aberdiewarenso schlau,dasssiehaltüberandere... In manchenfällenwirddasmobbingsoschlimm,dassdietranssexuellepersonselbstdieschule wechselt: TF:DaswarimRahmendiesesMobbings,daswaramEndenurnocheineBrutalität.Kurz davor,imjanuarwardas,habichdasmiterlebt,dassmanmichverschnürthat.dieschulehat esgeleugnet,dieschulesagte: AnunsrerSchulegibteskeinMobbing. Bisichdannsoandie Sozialpädagogin ran ging und die dann sagte: Doch,dasistwahr [ ]Ähm,dassich,ahm, verschnürtinnempapiermüllcontainerlag,beiminusgradenüberstunden,einenganzentag. Die haben mich gesucht, und Gott weiß was, bis ich dann auf mich aufmerksam machen konnte.ichwurdedanndurchzufallgefunden.undkurzdarauf,meinemutterwarschonam Suchenwiesonstwas,neandereSchulezufindenistziemlichschwierigmit13/14,soachte Klasse,dawirklichwaszufinden,danehmendieSchulenungerne.Ahm,dasgingebensoweit, dassichzusammengetretenwurde,auchgegendiehalswirbelsäule[ ] I:WiealtwarstDudagewesen? TF:14,ne13,eigentlichnoch13,unddannkamenebendieSommerferien,unddanachauch derschulwechsel. DieSuchenachHilfe,nachErkennenderLageundSchutzdurchAutoritätspersonen,wieetwaden Lehrer_innen,führtmeistineineSackgasse: TF:IchhatteAngst,zurSchulezugehen,undkamausAngstimmerzuspät.Dannkameinmal dieklassenlehrerinmiteinemzettel,nocheinmal,undwirwerfendichvonderschule. Solche Situationen beschränken sich dabei nicht auf die Schulzeit und auf pubertierende Mitschüler_innen, sondern kommen gleichermaßen in Fortbildungseinrichtungen mitälteren Mitauszubildendenvor: I:AlsoeswarkeinenormaleKlassemitPubertierenden? TF:Nein,keinenormaleKlasse,sondernne,nenormaleUmschulungsklasse.Undaham,ja, hinterher stellte sich dann raus, dass das Mobbing auch wegen Transsexualität war, dass die nichtdamitklarkamenaberanscheinend,tja.dasganzehatmichsomitgenommen,dassdie Umschulungjetztim Oktober,MitteOktober,erstmalausgesetztwerdenmusste.Dassichjetzt wieder Zeit habe, um mich psychisch zu stabilisieren, bevor die Umschulung in einer anderen Klassefortgesetztwird. 117

122 Auch der Lehrkörper von Fortbildungseinrichtungen zeigt ein vergleichbaresabwehrverhalten gegenübertranssexuellenschüler_innenoderstudent_innen: TF:[Ichhabe]michnochgemeldetaneinerSchuleinH.,umeigentlicheineAusbildungzu machenzursozialhelferin.[ ]Ahm,dawaresso,dahabeichmichangemeldet,hatteauchmit einer Sozialpädagogin ein Vorstellungsgespräch für diese Ausbildung. Und das ist ja eine Fachschule.Ähm,unddiesinddasoeinbisschengetrennt,ineineKlassewerdenbevorzugtdie männlichenteilnehmerreinzudrücken,weilesdaauchschonirgendwelchereibereiengegeben hat[ ]Unddiewolltemichhaltunbedingt,weilsieesdefinitivnichtgeraffthat,indieKlassemit denjungsstecken. I:Jetztnoch,oderwannwar...? TF:Jetztnoch,dasistdrei,vierMonateher. I:AberduhastdiePersonenstandsänderungundalles,wassolldas?Wusstesievondeinem Weg? TF:DiewusstevonmeinemWeg. InderAusbildungundimStudiumsetzensichsomitdieinderSchulegemachtenErfahrungenfort. Die Interviewten berichten etwa im Zusammenhang mit der Ausbildung von ähnlichen Außenseitererfahrungen,wiesiesieausderSchuleschonkennen: TF: IchhattedamalseineherausgehobenePosition, aberichbinvorallemvonden Unteroffizieren regelmäßig, mehrfach die Woche als Traumtänzer heftig angemacht, angepöbeltworden.keineahnungwarum.einfachso,ichkonnteesnichtverstehen.ichhabe in der Schirrmeisterei gesessen, habe den ganzen Laden geschmissen, weil der Schirrmeister morgensmanchmalziemlichlangebesoffenwarundesmussteeinfachalleslaufen,ichhabe michdarumgekümmert,undeslief,ja.esliefwiebeiniemandemanderssonst.undtrotzdem bin ich von allen sehr, sehr misstrauisch behandelt worden und von praktisch allen auch ausgegrenzt gewesen, auch von sogenannten Kameraden. Die haben zum Beispiel nicht verstanden,dassichknöpfeannähenkonnteunddassichsogarsohilfsbereitwarundanderen LeutendieKnöpfeangenähthatte,wennsieabgerissenwaren. Jenen, denen ihre Transsexualität im Lauf der Ausbildung oder des Studiumsklarerwird,erzählen davon,dasssiedieseaufgrundderumständegeheimhalten: TF:DannhabeichangefangenMedizinzustudieren,unddorthabeichüberhauptbegriffen, wastranssexuellbedeutenkannundbedeutet.daistmirklargeworden,wases(ich)ist(bin), aberdasgibtineinemerzkatholischenumfeldnicht...imrahmenderuni,unddabinichja immer noch habeichjageradegesagt männlichunterwegsgewesen. Zuhause dann weiblicheklamottengetragen,weggefahrenundsowas.ichhabeeinambivalenteslebennoch geführt.mankann,wennmansokonservativaltgewordenist,kannmannichtkomplettalles switchen. 118

123 TF:AlsoauchwenndieHistorie...dasnatürlichaufgezeigthat,derroteFadensichtbarwar,war ichmirnichtsicher,obdasnichtvielleichtdocheinefluchtreaktionvordemdruckgewesen seinkönnte,vordemichstand...nochmalversuchen,dasgehtimmomentnicht,esisteinfach nicht zu verantworten gegenüber allen anderen und... weiter...,unddannhabeichesauch wiederverdrängt,undichhabeesrechtgründlichverdrängtgehabtundhabetatsächlichauch versucht,michweiteralsmannzuetablieren. TF: Wennmaneine Wochenendeheführt,hatmanzweiLebensbereiche.Einmaldaheimbei der Familie und dann dort. Es war damals noch ein ausdrückliches Daheim bei der Familie, inzwischenistesmehrgleich.aberdamalswardaseinganzklaresdaheimbeiderfamilie,wo ich ganz striktmannwarund peinlichst darauf geachtet habe, dass das auch nicht merkbar gewesenist.mancheveränderungensindaufgefallen,nichtviele FürmanchewirddiesesDoppellebensobelastend,dassdieStudienleistungdarunterleidet: TF: [...]daauchmeinbetriebswirtschaftsstudium komplett vernachlässigt. Das hat mich 4 Semestergekostet.Alsodahabeichwirklichmichvielleichtauchdareingestürzt,umirgendwie vonetwasabzulenken. Aufgrund der traumatisierenden Erfahrungen in der Schule trauen sich manche dann auch im Studiumnicht,sichvorKommiliton_innenzuouten,bevorsienichtmitderVornamensänderungund Passingdenoffiziellen Beweis fürihretranssexualitäterbringenkönnen: TM:UndanderUniversitätstehtjainmeinemAusweisweiblich,unddabinichFrau.Undda wissensie,ahok,siehtzwarirgendwiesehrandrogynaus,istabereinmädchen. Andere kompensieren den Leidensdruck durch ein Fokussieren auf Ausbildung und Studium oder vertiefensichintensivinanderebeschäftigungen,diesievomthematranssexualitätablenken: TM:[...]durchmeinStudiumgeboxt.MirhatdasdurchausauchSpaßgemacht.Ichhabeaber einfachgemerkt,dassichsodurchlernenundjadahalterfolgezuhaben,dassesmirauch eineartvonbefriedigungeinfachgibt...undichhabeinderzeitgelerntbiszumumfallen,also weilichdaseinfachanderskompensierthabe... TF:InmeinerStudentenzeithabeichamAnfangvomStudiumherLeutekennengelernt,diein einer christlichen Bewegung drin waren. Habe mich dann da auch voll engagiert. Das wurde Geschlechtertrennung sehr groß geschrieben, also die Jungs oder die Männer untereinander unddiefrauenuntereinander.auchdakammirjetztnichtauf,dassichjetztinderfalschen Gruppebin. 119

124 WiederanderebrechendieAusbildungoderdasStudiumab,nachdemsieerkannthaben,dassdie speziellekleiderordnungdesjeweiligenwunschberufsihnendeneigenengeschlechtsausdruckvöllig verwehrenwürde,währendesanderengelingt,sichhiergewissefreiräumezuschaffen: TM:Dannhabeichauchirgendwannmalangefangenzustudierenundhabgedacht,naJura studieren,daswäreesvielleicht.dashabeichdannauchziemlichschnellwiederaufgegeben, weil[ ]ichhabdannauchversucht,inmeinezukunftzugucken,undhabmichdaeinfachauch nichtalsjuristinsehenkönnen.ichkonnteeseinfachnicht,undalsichanfingzustudieren,da warmeinefreundingeradefertig,siehatteihrerstesstaatsexamengemacht,daswardamals wirklich noch mit kleinem Schwarzem usw., undichbinmitderbeimolgindüsseldorf gewesen und hab da schweigend irgendwo in der hinteren Reihe gesessen und hab da zugehört.alsichdasaß,habichimmernurgedacht,ichkanndasnicht.ichkannhiernichtso sitzen,wennichdassosehe,ichkannhiernichtsositzen.warummachichdasüberhaupt?ich habdiedannauchgefragt,wennichwirklicheinestagesdaankommen,mussichdannauchso dasitzen,unddahatdierigorosgesagt,ja.denndiehatauchnieirgendwelcheröckegetragen. DiehatsichtatsächlichfürdiesesPrüfungsgedönssoeinKostümgekauft.Ichhabdanngesagt, [NamederFreundin]wasmachstdu,dumusstdochnichtunbedingtinderJeansdahingehen. DukannstdirdocheineschöneJackekaufenundeinevernünftigeHose.Undsiehatgesagt: Nein,gehtnicht,kannstenicht. Undichwardermaßenschockiertdavonundauchweiterhin, dasisthaltimlebenso,manmussdanneinerbestimmtenkleiderordnungfolgen,unddahab ichimmergedacht,daskannichnicht.ja,daswarhaltschonderinnerezwiespalt,meingott, washabenmeinejuristischenfähigkeitenmitmeinerkleiderordnungzutun?aberwennduda schon von Anfang an gesagt kriegst,dukommstdanichtraus,dubrauchstdirdagarkeine Gedankendrübermachen,dukommstdanichtraus,ichkonntedasnicht. TM:IchmussdazusagenichhatteimmerschonHerrenuniform,dahabeichschonimmerdrauf bestanden.schoninderausbildung.esgabkleinereibereien,alswirausgestattetwordensind. EsgibtwiebeiallenBerufenimöffentlichenLebenmitUniformen,dieUniformfürdieFrauund dieuniformfürdenmann.ichhabedieuniformfürfrauenabgelehnt,mussteeinwenigmit derdameanderausgabezanken,abernacheinerwochehabeichdanndieherrenuniform bekommen.daswardas,waszumeinemgeschlechtpasste,unddieausgabederuniformen waren danach immer nur noch Herrenuniformen. Dementsprechendgabesdaauchkeine Probleme. Einige wählen Berufe, die es ihnen erlauben, sich mit der eigenen Geschlechtsidentität auseinanderzusetzen: TM:Ichhabauch,gutichhabnochdenSchauspielunterrichtgemacht,undhattedadenLeiter derschuledraufangesprochen,undderhatesmirdannfreigestellt,obicheserzählenmöchte. Aber dadurch, dass ich halt es dort erzählt habe [ ]binichdannauchmehrins Körperbewusstseinreingekommen,miristaufgefallenwoichnochstarkweiblichmichbewegt haboderso.[ ]ichkonnteesändernundhattedannaberauchüberdieganzensachen,die ichgemachthabe,diefreiheitgewonnen,dassichesnichtändernmuss,wennichnichtwill. 120

125 Und ja,ichdenk,dieses Freie und Entspannte damit UmgehenaKönnen hat halt auch diese ganzenangstfantasiendaimmermehrabgebaut. Das immer wiederkehrende Hauptproblem mit dem Verwaltungsapparat von Schulen, Fortbildungseinrichtungen, Fachhochschulen und Universitäten entsteht für die meisten Transsexuellendann,wennsieihreZeugnisseaufdenneuenNamenumschreibenlassenwollen: TF:[ ]diegesamtschule,woichgewesenbin.diemeinten,manmüssedas[umschreibender Zeugnisse]nichtunbedingtmachen.EswärjagleichzusetzenmiteinerEhe,undwennman,wenn man als Frau heiratet, hätte man ja auch einen anderen Namen, und das wär ja dann gleichzusetzen,undvomkultusministeriumhergingedasgarnicht.unddannhabichmichan demselben Abend, als ich den Anruf dann von dem Direktor der Schule kriegte, ans Internet gesetzt,habeinpaargerichtsurteilerausgesucht,einenbriefgeschriebenmitverweisaufdiese Gerichtsurteile,undirgendwieging sdannunproblematischweiter. TM:[ ]dannbinichdanochmalmitmeinerschulleiterinaneinandergerasselt,dieso,ichweiß nichtauswelchemjahrhundertdiestammt,abereinbisscheneingerostetwar,woichdanndas GutachtenhattezurVornamensänderung,unddannkamdannso: Nö,ichänderedasZeugnis nicht. Woichgesagthabe: Ok,warumdas? Sie: Ja,dasistjaeineUrkunde,daskannmannicht einfach ändern. Dann habe ich gesagt: Also bitte gute Frau, ich kriege eine neue Geburtsurkunde,alsowenndasnichtänderbarwäre,dannhättedasjaallesgarkeinenSinn.Also ichhabehiereingutachten,ichhabehiereinschreibenvonmeinempsychologen,wennsiedas habenwollen,sieändernbittemeinezeugnissevonderfünftenbiszurzehntenklasseunddann sind wir fertig mit dem Thema. Ja,dashatdanneinbisschenlängergedauert,bissiedann gedachthat,jaok.sonstgibt sjanurstress,dannmacheichdasmal,undsiewollteerstinmeine Gutachtengucken,woichdanngesagthabe: Nö,dastehensoprivateSachendrin,dasgehtsie einfachnichtsan,dasreicht,wennsiehierdasschreibenvomamtsgerichthaben,machensie dasbitte. Ja,daswardannkeinProblem,ichhabedasjetztauch.VonderRealschulehabeich allezeugnisseaufdenneuennamengeändert,undsokonnteichmichauchbewerben. TF:UnddannvergingendreiMonate,unddannfragteichnachundersagte: Nein,dasmache ichnicht. DasseieinamtlichesDokument,dasdürfteernichtändern.Ichsagte: Dasistwitzig, mein Führerschein ist amtlich, mein Personalausweis ist amtlich, alles ist amtlich und ist alles geändertwordenundsiewollenmirnicht... DaichdieAdressevonFrauAugsteinhatte,diesich da ja sehr einsetzt und hatte ein Telefongespräch mit ihr unddiesagte,derwirdsichnoch wundern.undaufeinmalgingesdannganzschnell.dannhabeichesdochbekommen. Während die Interviews die Vielfalt an möglichen Diskriminierungserfahrungen ausbreiten, zeigen dieausdenfragebögengewonnenendateneinetwaspositiveresbild:30%dertransmännerund19 %dertransfrauen,welchediefragebögenausfüllten,besuchtenzwischen2006und2011dieschule bzw.habeneineausbildung,einstudiumodereinefortbildungabsolviert.ihreerfahrungenreichen vonpositivenundunterstützendenerlebnissenbiszuunterschiedlichstennegativenreaktionenihrer Umwelt. 121

126 PositivaufgenommenwurdedasComingaOutvondenMitschüler_innenbzw.Kommiliton_innenbei 62 %dertransmännerund50 % dertransfrauen.derlehrkörperreagierte bei 86 % der Transmänner und 50 % dertransfrauenpositivundbei50 % dertransmännerund37 % der Transfrauenüberwiegendpositiv.MitderVerwaltunggabesbei62%derTransmännerund37%der Transfrauenbislangkeinebzw.bei25%derTransmännerund12%derTransfrauenkaumProbleme. DieAusfüllendenderFragebögenwendensichaufderSuchenachHilfeandieunterschiedlichsten Stellen.GenanntwurdeninEinzelfällenLehrer_innen,Schulpsycholog_innen,dieeigenenEltern,die MitgliedereinerSelbsthilfegruppe,Anwält_innen,dieSchulleitungunddasSchulamtodersogardie AntidiskriminierungsstelledesBundes.AmehestenwendensiesichandieeigenenFreund_innen. Signifikantistaberauchhier wieindeninterviews dassnureingeringerteil,nämlich23%der HilfsgesuchevonTransmännernund11%derHilfsgesuchevonTransfrauen,Wirkungzeigtunddie angesprochenen Stellen bzw. Personen etwas gegen das Problem unternehmen. Die Transmänner wandten sich an Lehrer_innen und Schulpsycholog_innen/Sozialarbeiter_innen, zwei der Fälle wurdengelöst,derdrittefallwurdenochnichtgelöst.dietransfrauenwandtensichaneinestelle, dienichtindemregisterauswählbarerhilfsangebotedesfragebogensenthaltenwar. 59 Nurineinem FallkonntedasProblemgelöstwerden,imzweitenFallwurdeeszumTeilgelöst.Ineinemdritten FallkonnteeineTransfraudasProblemselbstlösen. Fazit: Im Bereich der Ausbildung herrscht große Verunsicherung. Auf mehreren Ebenen haben Trans*T PersonenmittransphobenAusgrenzungenzurechnen.DiesezeigensichvordemComingTOuthäufig in Form von homophobem Verhalten, weil sie aufgrund ihres vermeintlich nicht geschlechterrollenkonformen Auftretens für homosexuell gehalten werdenundwirdbesondersin AusbildungsTundArbeitssituationensichtbar. Ein klares Bekenntnis auf Leitungsebene ist hierbei unabdingbar.konstruktivezusammenarbeitaufallenebenenvonallenbeteiligtenistnotwendig,um transsexuellemenschenaufihremwegzuunterstützen.dieseunterstützungistmitentscheidendfür eineerfolgreichebildungsteilhabetranssexuellermenschen. 59 ZurAuswahlmitderMöglichkeitvonMehrfachantwortenstanden:Mitschüler_innen,Partner_in(nen),Schulleitung, Lehrer_innen, Sozialarbeiter_innen/Schulpsycholog_innen, Vertrauenslehrer_in, Elternvertretung, Schulamt, Behörde, die eigenen Eltern, jemand anderen aus der eigenen Familie, Eltern von Mitschüler_innen, Kommiliton_innen, andere Auszubildende,Antidiskriminierungsstelle,AntiaGewaltstelle,Anwält_innen,Freund_innen,Nichtregierungsorganisationen (NGOs),Selbsthilfegruppen(SHGs),andere,niemand. 122

127 TabelleVI.5.a:ErlebteSituationeninSchule,Ausbildung,StudiumundFortbildung 123

128 VI.6ErfahrungentranssexuellerMenschenimberuflichenKontext Unter den Ausfüllenden der Fragebögen sind 30 % der Transmänner Vollzeit im Angestelltenverhältnis beschäftigt, 15 %sindteilzeitbzw.geringfügigbeschäftigtund15 %sind selbstständig bzw. freiberuflich tätig. Bei den Transfrauen sind es 41 %, die Vollzeit im Angestelltenverhältnis arbeiten, 2 % arbeiteninteilzeitund24 % sindselbstständigbzw. freiberuflichtätig.26%dertransmännersindarbeitslosunderhaltenalgii,je2%dertransfrauen habeneinenminijobbzw.sindarbeitslosundbeziehenalgi.19%dertransfrauenerhaltenalgii. Naturgemäß unterscheiden sich die Lebenssituation und das Problemspektrum einer im Angestelltenverhältnis tätigen transsexuellen Person, die in einer Hierarchie und klaren Abhängigkeitsverhältnissen arbeitet, von der eines selbstständigen transsexuellen Unternehmers odereinerunternehmerin,diesichnichtineinbestehendessystemeinfügenmüssen.dafürstehen bei Selbstständigen Fragen nach der Akquisition bzw. dem Halten eines vorhandenen Kundenstammes, imfalleinescomingaouts, oderetwaauchgewerberechtlicheproblemeim Vordergrund. Die Erfahrungen von Transmännern und Transfrauen im Angestelltenverhältnisfallenvorwiegend positivaus.vondenjenigentransmännern,dieseit2006imjobihrcomingaouthatten,erlebten90 %diereaktionihrerkolleg_innenundvorgesetztenalsinsgesamtpositiv,beidergeschäftsführung waren60%derreaktionenpositivundauchinderverwaltungmachten80%vorwiegendpositive Erfahrungen.ImKundenkontaktsinddiemeistenungeoutet,diejenigen,diesichouten,erlebendie Reaktionalspositiv. BeidenTransfrauenerlebten92%dieReaktionihrerKolleg_innenalsinsgesamtpositiv,während61 %dervorgesetztenzwarüberwiegendpositivreagierten,31%sichjedochambivalentverhielten.bei dergeschäftsführungwaren61%derreaktionenpositiv,undauchinderverwaltungmachten67% dertransfrauenvorwiegendpositiveerfahrungen.15%erfuhrenallerdingseineklareablehnungvon dergeschäftsführungund17%vonderverwaltung.imkundenkontaktwaren75%derreaktionen positivodervorwiegendpositiv,17%jedochvollständigablehnend. JeneTransmännerundTransfrauen,beidenendasComingaOutproblematischist,erlebeneineganze BandbreitevonReaktionensowohlvonSeitenihrerKolleg_innen,alsauchvondenVorgesetztenund Kund_innen,dievonverbalenAngriffen,Drohungen,LächerlichaGemachtaWerden,IgnoriertaWerden, auffällig häufigem BeauftragtaWerden mit mühseliger Arbeit, Kritik an Erscheinung, Verhalten und Ideen,grenzüberschreitendenFragennachderkörperlichenVerfasstheit,Verwendungderfalschen Anrede und des falschen Pronomens über Einschränkung des Kundenkontakts und Übergangena Werden bei Fortbildungen und Beförderung bis zur Entlassung bei strukturellen Reorganisationen reichen, deren Sinn aufgrund der Qualifikation und Position der Betroffenen im Unternehmen fragwürdigist.auchhieristauffällig,dasstransfrauendeutlichschlechtereerfahrungenmachenals Transmänner(vgl.TabelleVI.6.aamEndedesKapitels). 124

129 DerGroßteilderTransmännerundTransfrauensuchtsichinsolchenSituationenHilfe(83%der Transmännerund92%derTransfrauen) 60 : In den Fällen, in denen Geschäftsführung, Vorgesetzte, Kolleg_innen oder der Betriebsrat etwas gegendastransphobeverhalteninnerhalbdesunternehmensunternahmen,wurdedasproblemin derregelgelöstoderzumindestkleiner: TM:[ ]daswarenirgendwieeinlagermitarbeitermitmigrationshintergrund,derdannmeinte, was sagen zu müssen. Und mein Chef selber, Ausländer, Engländer, hat dann seinen Chef angerufen und gesagt: Wenn du dein nächstes Abteilungsmeeting hast, kannst du deinem Kollegen da mal sagen, wer im Glashaus sitzt. Ne, schöne Grüße. Und von da an nichts mehr gehört. TM: Ja,unddannhateserstmalfunktioniert,dassichimPark[Vergnügungspark] unter den KollegenmitdemmännlichenNamenangesprochenwurde.Undpraktischerweisewardannauf demnamensschildhaltdernachnahme,unddenvornamenhabichdanndurchmeinenkragen immerüberdeckenkönnen.unddawaraberderchefdererstenhilfe,unddermeinte: Sogeht dasjagarnicht.wirgehenjetztinsbüro,unddannwirddasgeändert. Ichsag: Duichhabschon überallnachgefragt,diesagen,wegenunterlagenundrechtlichemgehtdasnicht. Dasistmir egal,wenndiemirwaswollen,diefindensowiesokeinenanderen,wirgehenjetztdahin,undich machkrach. DannistermitmirinsGroßraumbürogegangen,hatalleLeutedalautstarkzurSau gemacht,bisderchefgekommenist,vondempark.derhatversuchtzurückzuschreien,under sollteaufpassen,wasersagtundso. Ja,waswollensiedennmachen,michrausschmeißen? Hm 60 ZurAuswahlmitderMöglichkeitvonMehrfachantwortenstanden:Kollegen_innen,Geschäftsführung,dieeigenen Eltern, Partner_in(nen), Freund_innen, jemand anderen aus der eigenen Familie, Vorgesetzte, Antidiskriminierungsbeauftragte_r, Frauenbeauftragte_r, Gewerkschaft, Betriebsrat, Antidiskriminierungsstelle, Antia Gewaltstelle, Anwälte_in, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Selbsthilfegruppen (SHGs), Medien/Öffentlichkeit, Psychotherapeut_innen,andere,niemand. 125

130 ja. Und außerdem der Mann hier hat das Recht da drauf, und sie können ihm das nicht verwehren,unddasistdiskriminierung usw.usw.undichstandda,woah.alsoeswarechtcool. WennallerdingsinsbesondereVorgesetzteundGeschäftsführungnichtbereitwaren,sichmitdem Problemzubeschäftigen,unddasHilfegesuchzurückwiesen,bliebdasProblemimgleichenAusmaß bestehen oder verschlimmerte sich. Dies beschreiben auch die interviewten Transmänner und Transfrauen: TF: [Ein Kollege] hatte gesagt: Ja so wasfauleswiedichgibt sjahier... Hätteernochnie gesehen.ichsag: Kannichganzlockerzurückgeben.Nichtnur,dassdufaulbist,dubistauch nocheingroßersprücheklopfer. UnddannbinichaufmeinenArbeitsplatzgegangen,unddann kamerhintermirher.[ ]indemmoment,woichmichrumdrehe,hautermiraufdiebrust.[ ] IchdannzumeinemstellvertretendenChefhin[ ]Er: HabenSieZeugen? Ich: Ne. Er: Haben SieBeweise? Ich: Nö. Also,ohneüberhauptdenKollegenzufragen,hatderschonmalgesagt gehabt,esistaussagegegenaussage.ichsag: OK,wennsiedassosehen.DannindemMoment kam der Kollege [ ] auch zum stellvertretenden Geschäftsführer. Der stellvertretende Geschäftsführer hat ihn nochmal drauf angesprochen: Frau W. sagt, sie hättensietätlich angegriffen. Er: So was wie den [sic] würd ich nie anfassen [ ]Dannhörtichnurnochim Hintergrund,wieichdenRaumverlassenwollte,hörtichnurnoch:Ja,esstehtAussagegegen Aussage.IchzumPersonalrat.[Dortwurdenur]eineAktennotizgemacht.Dawarichdraufund drandiepolizeimitreinzuholen.die: Ne,dochkeinePolizei,undsiehabendochkeineBeweise undsiesindjanichtgroßverletztoderso. [ ]Undaußerdem,siehabenjajetztheuteerstmal den letzten Arbeitstag, sie sind ja jetzt erst mal ein paar Tage weg wegen ihrer Geschlechtsangleichung...Vielleichtkriegenwirdasbisdahingeregelt.Ich: Ja,istgut. DieErfahrungenvonTransmännernundTransfrauen,dieselbständigoderfreiberuflichtätigsind, fallenpositivbisvorwiegendpositivaus.vondenjenigentransmännern,dieseit2006ihrcominga Outhatten,erlebten100%dieReaktionihrerMitinhaber_innenundAngestellten_innenalspositiv odervorwiegendpositiv.auchkund_innenreagiertenzu100%positivodervorwiegendpositivauf dascomingaout. VondenTransfrauensind27%beiihrenMitinhaber_innenungeoutet.18%erlebtenambivalente Reaktionen,siegebenan,positiveodervorwiegendpositiveErfahrungenmitihrenMitinhaber_innen gemacht zu haben. Auch bei den Angestellten und Kund_innen waren die Erlebnisse vorwiegend positiv,ineinemfallvonseitendes/rkund_indurchausambivalent. Gemessen an den vorwiegend positiven Reaktionen ist die Liste der erlebten schwierigen und negativenerfahrungenerstaunlichlang,undtatsächlichgeben82%derselbstständigarbeitenden Transfrauen an, eine oder mehrere negative Erfahrungen gemacht zu haben. Dazu gehören insbesonderedasstornierenvonaufträgen,diefalscheanredeundintimefragennachdemkörper vonseitenderkund_innen,verwendungdesgeburtsnamens,kritikanerscheinung,verhaltenund IdeenvonSeitenderMitinhaber_innenundderAusschlussausNetzwerken.MancheSelbstständige verringern aus Angst vor negativen Konsequenzen selbst den Kontakt zu den Kund_innen und 126

131 Klient_innenundüberlassenihndenMitinhaber_innenundAngestellten(vgl.TabelleVI.6.bamEnde deskapitels). Bemerkenswerterweisesuchensich62%dervonsolchenErlebnissenbetroffenenselbstständigen Transfrauen keine Hilfe. Diejenigen, die sich an ihr Umfeld um Unterstützung wenden, gehen in Kontakt mit Mitinhaber_innen, Angestellten, der Standesvertretung, dem/r eigenen Partner_in, Freund_innen,deneigenenElternunddereigenenFamilie. 61 InallenFällenbisaufeinenwurdeetwasvondenumHilfegebetenenPersonenunternommenund dasproblemvollständiggelöst.diehohepositionalschefinoderchefdeseigenenunternehmens führt hier zu einem deutlich größeren Handlungsspielraum, wie auch diegeführteninterviews bestätigen: TF:DieMitarbeiterhabentaffzumirgehalten.IchhabeeinaltesTeam,wirsindwirklichseit21 Jahrenzusammen,unddiesindmitmirmehrzusammenalsichmitmeinerFamilie.Wirhocken 10 Stunden am Tag am StückindiesenRäumendadrüben.Nein,diehabenimmerzumir gehalten, absolut... Ich bin eine Honoration vom Dorf. Ein Großteil der Leute sind bei mir Patientenundauchgeblieben.UnddieKinderdavonsindmitmeinenKinderninderSchule,das isteinbonus,einvorteil,dasistunermesslich. TM:Ichhabedasheute[TagdesOutingsinderFirma]denMitarbeiterngesagt,wirhattenimmer eine sehr hohe HomosexuellenaQuote,unddassichdaauchgesagthabe: Ich werde jetzt die Homosexuellenquotereduzieren...,ichbinjetztganzklaroffenheterosexuell,unddazieheichA. [Mitinhaberin und Partnerin] jetzt mit rein. Und da meinten sie: Oh, damüssen wir neu einstellen.(lacht) Obwohl im Fall der Selbstständigkeit anders als im Angestelltenverhältnis die Gefahr besteht, Kund_innenzuverlierenundsodurchdasComingaOuteinenunmittelbarenexistenziellenSchaden zu erleiden, bewirkt eine bereits bestehende gute Kund_innenbindung in der Regel, dass sich die Kund_innen, nach einer Phase der Irritation, an die Veränderungen bei ihren transsexuellen 61 Zur Auswahl mit der Möglichkeit von Mehrfachantworten standen: Mitinhaber_innen, Angestellte, Eltern, Partner_in(nen), Freund_innen, Familie, Standesvertretung, Verdi, die eigenen Klienten_innen/Patienten_innen, Antidiskriminierungsstelle, AntiaGewaltstelle, Anwälte_innen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Selbsthilfegruppen (SHGs),Medien/Öffentlichkeit,Psychotherapeut_innen,andere,niemand. 127

132 Geschäftspartner_innen gewöhnen. Die bereits bestehende persönliche Erfahrung mit der transsexuellen Person und das darauf aufgebaute Vertrauensverhältnis in die Qualität der bislang erbrachtendienstleistungenkanndiegeschäftsbeziehung nichtzwangsläufig,aberhäufig inder schwierigenphasedereingewöhnungstabilisieren: TF:IchhabeinReisebüro,binselbstständigundhattedasmitmeinerGeschäftspartnerinauch besprochen. Die sagte Anfangs erst, hörzudasmüssenwirerstmaltrennen,ichmöchtedas nicht.dahabichihrgesagt,naja,ichwilljaaucherstmalgucken.alsdasdannklarwarfürmich, gingdasrelativschnell. I:Dasheißt,diehatdichdannunterstütztoder? TF: Ja, diehatesakzeptiert,ichhattemitdenenauchungefährzeitgleichmitdem Therapiebeginn ein Outing mit den engsten Freunden, habe aber trotzdem noch optisch als Manngelebt... I:DuhastkeineKundendadurchverloren? TF:Nagut,dasweißmannicht.InderRegelhabeichpositiveResonanzbekommen,aberobich jetztkundenverlorenhabe,dasweißichnicht.ichdenkeschon,dassdaeinoderzweibeiwaren die da Probleme mit haben. Aber gut, das kann man auch so verlieren.daskannmanauch verlieren,wenndueinepolitischemeinunghastodereineanderehaarfarbehastoder. I:AberdassindprivateKunden,diedudahast,odersinddasFirmenkunden? TF:IchhabenocheinezweiteFirma,dasisteineWerbemittelfirma,daarbeite ich nur mit Firmenkundenzusammen.Dawareseinbisschenschwieriger,ausdemeinfachenGrund,weiles zu99.9prozentinternetvertriebistundtelefonvertrieb.dahabeichjetztimmernoch,jedentag Diskussionen,wosiesagen: IchhattemitihrerFraugesprochen undsolchesachen. DasAllgemeineGleichbehandlungsgesetzistnureinemTeilderTransmännerundTransfrauenals Rechtsmittel bekannt und nur 30 %dertransmänner,aber47%dertransfrauenkennenseinen Inhalt. Auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wirdnurinausnahmefällenvonden BetroffenenalsAnlaufstellegenutzt:22%derTransmännerund46%derTransfrauenwissen,dass sieexistiert,10%dertransfrauenhabensichbereitsandieadsgewendet.allerdingswünschensich 52%derTransmännerund54%derTransfraueneineAntidiskriminierungsstelleinNRW. Fazit: Im beruflichen Kontext besteht die berechtigte Angst vieler Transsexueller,aufgrundihrerspäten IdentitätsfindungausderberuflichenBahngeworfenzuwerdenundsoinssozialeundökonomische Abseitszugeraten.TransfrauenkönneneineMehrfachdiskriminierungerfahren sowohlalsfrauin einem Männerberuf als auch als Transsexuelle. Nach einem Arbeitsplatzverlust haben viele Transsexuelle Schwierigkeiten, eine neue Anstellung zu finden. Sind sie längere Zeit ohne Beschäftigung,könnensiesichkaumumeineeffektiveAltersvorsorgekümmern.Esdrohensozialer Abstieg und Verarmung. Positive Beispiele zeigen, dass in einem von Akzeptanz geprägten BetriebsklimaeinererfolgreichenBerufstätigkeitnichtsimWegesteht. 128

133 TabelleVI.6.a:ErlebteSituationenimAngestelltenverhältnis 129

134 TabelleVI.6.b:ErlebteSituationeninderSelbstständigkeit 130

135 VI.7ErfahrungentranssexuellerMenscheninderFamilieundderPartnerschaftsowieimprivaten Umfeld Die Familie ist für transsexuelle Menschen häufig das erste soziale Umfeld, in dem die eigene Transsexualität latentoderklarwahrgenommenundverhandeltwird.indenletztenjahrensind aufgrundderzunehmendenaufklärungdieallgemeinegesellschaftlicheunterstützungundauchdas Verständnis innerhalb der Familie gewachsen. Auch in Partnerschaften führt die Transsexualität des/dereinenpartner_inselbstbeianfänglichenproblemennichtzwangsläufigzueinertrennung. DennochstellteinComingaOutinnerhalbengerBeziehungenwiejenenzudenEltern,dereigenen Familie, dem/r Partner_in, den eigenen Kindern und auch gegenüber Freund_innen sehr oft eine konfliktbeladene Situation dar. Die Interviews zeigen, dass diese Konflikte auch lange über das eigentliche ComingaOut hinaus bestehen bleiben können und dass diese Konflikte auf Seiten der betroffenen Transsexuellen nicht selten mit psychischer und teilweise physischer Gewalterfahrung einhergehen. 67 %dertransmännerund73 %dertransfrauen,diedenfragebogenausfüllten, berichten, solche Erfahrungen gemacht zu haben oder immer noch zu machen (eine Liste der erlebtensituationenbefindetsichintabellevi.7.aamendedeskapitels). Ein Teil der befragten transsexuellen Menschen äußert sich bereits in der Kindheit zuihrer Transsexualität.OhnedenBegriffzukennenoderzubenutzen,redensieetwadavon keinmädchen, sonderneinjungezusein oder liebereinmädchenstatteinjunge seinzuwollenundversuchen sichentsprechendzukleiden.siemachendieerfahrung,dasssiesichnichtderpeeragroupzugehörig fühlen,dersiedurchdieumweltzugewiesenwerden,undversuchenoftaktivundmitmehroder wenigererfolg,sichinjenezuintegrieren,indersiesichzuhausefühlen:transjungenspielenmit Jungen,TransmädchensuchenAnschlussanMädchengruppen: TM:[Ich]habemichauchmehrmitmeinenFreundenzugehöriggefühltalsmitdenMädchen, wennichvonfreundinnenanachmittagenausdemkindergartenkamodersonstirgendwas,war ich immer total gestresst. Wenn ich von meinem besten Kumpel kam,warichimmertotal zufrieden,alsodaswarsehrmerkwürdig.warauchimmerfroh,wennmanmichverwechselthat. TF:AlsKind,jetztnochnichtinNRW,[ ]aberdasspieltezudemzeitpunktauchgarkeinerolle, dennesistkeinefragederzeit,frühe60erjahre,dakamensoerstefragenauf,schwache,so Kindergarten,wasdieJungs,dieKindergelernthaben,dahabeichmichganzselbstverständlich, ohnemirwasdabeizudenken,beidenmädchendazugestelltundknicksmitgeübt. Die Reaktion der Eltern reicht vom GewährenaLassen bis hin zu verbalen und körperlichen Misshandlungen, die dem Kind das falsche Verhalten austreiben sollen. Insbesondere Transmädchen erfahren als vermeintliche Jungen oft die volle Kraft der geschlechterrestriktiven Abwehrhaltung,insbesonderedann,wennsieversuchen,sichalsMädchenzukleiden: TF:Ahm,meinerstesOutingfandstatt,dahabeichmichvollzurechtgemacht.Irgendwo,dass dasganzeinmeinenaugendannkomplettauchnachmädchenaussah.ahm,binvormeinen 131

136 VatergetretenundhabdieFragegestellt,obichsolebendarf.Unddahatermichzerschlagen wieeinenhund,dernichtgehorcht.wirklichzerprügelt,grünundblau. TF:EineSzene,woichmichrechtguterinnere,dawarichsosechsodersiebenJahre,dassichbei meineromaundtantewar,[dahatteich]irgendwelchedingegefundeninderwaschkücheund habmichdannhinterdertür[ ]alsmädchenfertiggemacht,hattemirdiesachenangezogen, gucktedannzumspiegelumdieecke,lugterum,dakammeinvatervorbeiundsagtenurmit strengemton: WasmachstDudennda? Undich huch,daswardaspeinlichsteüberhauptund dasstichwortpeinlichziehtsichauchdurchslebendurch.wennesirgendeinerentdeckt,dann istdaspeinlich.daswardaspeinlichsteüberhaupt[ ]undnachmittagswurdedann[geburtstag] gefeiertmitkaffeeundkuchenunddahatmeinvater,diesestory,dassermichuntenerwischt hatte, zum Besten gegeben [ ]. Das war wie Loch aufmachen, bitte verkriechen. Also das StichwortPeinlichkeitziehtsicheinLebenlangdurch,Kindheit,Jugend,eswarimmerda. Die Erfahrung, dass weibliches Verhalten verboten ist und hart sanktioniert wird, wird von den Transfrauen verinnerlicht, wirkt bis ins Erwachsenenalter fort und führt dazu, dass die eigene Transsexualitätlangeunterdrücktundallenfallsheimlich,z.B.alsCrossaDressing,ausgelebtwird: TF:MeinVaterhatmaleinenSpruchgebracht,dawarichsehrentsetzt,undzwarliefmalim FernseheneineSendung,wiesicheinMannalsFrauverkleidethat,unddahatergesagt:Wenn ichdichirgendwanneinmalmitohrringensehenwürde,dannhaueichsiedirindenkopfrein. Das hat sich so eingeprägt. Das war so, von dem Moment an war mir klar, wenn ich mit jemandemdrüberrede,ichweißnicht,obichdasoschadensfreidurchslebenkomme,wenn mandaspublikmacht,daspassteinfachnichtindiewelt,unddahabeicheinfachdieklappe gehaltenundmichsomännlichwiemöglichgegebenfürdenrestmeineslebens,alsobiszur Transition. Aufgrund der größeren Akzeptanz eines jungenhaften Verhaltens bei Mädchen bis zur Pubertät, kämpfen Transjungen häufig eher mit dem NichtaWahrgenommenaWerden und NichtaErnsta GenommenaWerden,wennsiesichanderengegenüberbezüglichihrerTranssexualitätäußern: TM:Ganzfrüh[ ]mitdreijahrenhabeichimstehenpinkelnkönnenalsnochmädchenawieso gesagtwird,undichhabeauchandergrundschulesagenkönnen,dassichmichaufallefälle umoperierenlassenwerde,woichdenbegrifftranssexualitäteinfachnochnichtkannte. I:Dirwarschonganzklar,wasSacheist. TM:AufjedenFall.Mirhabensiedanngesagt: Jakomm,gehweiterFußballspielen,ne,aber nee,eswarschonernst. NichtsdestotrotzstehenauchsiespätestensabderPubertätunterdemNormierungsdruck,sichwie ein Mädchen verhalten zu sollen und zu müssen, da sie sonst von ihrer Umwelt als anders erkannt und aus sozialen Kontexten ausgeschlossen werden. Der in der Grundschule oft noch vorhandene Zugang zur eigenen PeeraGroup endet meistens mit der Pubertät bzw. mit dem ÜbergangaufeineweiterführendeSchule: 132

137 TM: [ ]ichhabhaltgemerkt,ichgehörte nirgendwo dazu. Ich gehörte nicht in die Mädchenclique,ichgehörtenichtindieJungenclique,ichwaralsoschöngepflegteneunJahre Außenseiter.AlsoeswarglaubeichdieschlimmsteZeitmeinesLebens. Insgesamt zeigen die Interviews jedoch deutlich, dass Frauen in unserer Gesellschaft ein größeres Spektrum des geschlechtlichen Ausdrucks zugestanden wird. Für Transmänner bedeutet dies, dass sie besser als Transfrauen Schlupflöcher für das Ausleben ihrer Geschlechtsidentität finden können.sospieltetwadasheimlichecrossadressing,dasbeitransfraueneinenwesentlichenteilder Selbstfindung,aberauchdersymbolischenKommunikationihrerGeschlechtsidentitätausmacht,bei Transmännern eine geringere Rolle. Transjungen zeigen ihre GeschlechtsaNonkonformität deutlich stärker über Tätigkeiten, die in den klassischen Geschlechterrollen eher Jungen und Männern zugewiesensind,etwadurchdasreparierentechnischergeräte: TM:MeinVaterhattejawasgegenmeineElektronikbastelei,derwolltejaausmireinMädchen machenundichhabmichjasomitdentechniksachensobeschäftigt,unddannhabichdiesen Plattenspielerwiederzusammengesetzt,dassderwiederlief[ ],dahatmeinvatersichmalfür interessiert.abervorhermussteichdasimmersomachen,meinvaterwarweg,garagentorging zu, mein Vater war weg, Plattenspieler raus, wenn das Garagentor wieder ging, war der Plattenspielerwiederverschwunden,sonsthättederdengepacktundindieTonnegekloppt.Der hasstedastotal,dahabeichschließlichdieersteauseinandersetzungüberhauptmitdemthema gehabt. WennTranssexuelleimErwachsenenalterihrComingaOuthaben,erlebensievonihrenElterneine VielfaltanReaktionen,dievonsehrunterstützendundakzeptierend,überambivalentundbesorgt, bisklarablehnendreichen: TM:AnsonstenfandichganztolleinenSatz,denmeinVatergesagthat: Dubistimmerunser KindundwirwerdenDichimmergleichlieben,unddasfandicheigentlichsehr,sehrschönund dasistauchso. TM:[ ]ichbindaskindeineralleinerziehendenmutter,undalsichmichmit18geoutethatteals Lesbe,binichschonzuHauserausgeflogen,daistnichtbesondersvielToleranz,undichhabe sehr viele Jahre gebraucht, umwenigstenswiedereinannäherndvernünftiges Verhältnis hinzubekommen,undalsichdannebenvoreinpaarmonatengesagthabe ichbintrans aich habeesübereinenbriefgemachtundhabeversucht,allesmöglichezuerläutern,habewirklich auchsehrliebundsehroffengeschrieben habedraufhinauchvonmeinermuttereinenbrief zurückbekommen: [ ] Intoleranz pur, Vorwürfe über Vorwürfe,undeigentlichwurdemeine TranssexualitätalspersönlicherAffrontgewertet.NullVerständnis,esgehtsoweit,dasssiemich fragte, ob ich noch ganzdichtsei?mirauchsagte,ichseijanichtnormal,wennichmichals gesundermenschverstümmelnlassenwürde,umdasgeschlechtzuwechseln.[ ]Esgabdann nochmaleinziemlichlangestelefonat[ ]SelbstmeineAussage[amTelefon],dassmeineMutter soodersoihretochterverliert,weilsieentwedereinensohnbekommtoderweilmeinlebenso 133

138 alsfraunichtlebenswertist (ganzleise)dahatsieganzklargesagt,dannwürdesielieberdie Tochterverlieren,unddamitwarfürmichklar,dassichdenKontaktbeendenmuss,weilesfür michnichtgesundist. Obwohl keine der interviewten transsexuellen Personen von einer Gewalterfahrung innerhalb der Familie nach dem ComingaOut berichtet, war bei zwei der interviewten Personen die Gefahr, körperlich misshandelt zu werden so hoch, dass sie auf ein ComingaOut innerhalb der Familie verzichtetundsichdieserpräventiventzogenhaben: TM:DaswarjaauchderGrund,warumichirgendwannnachKölngekommenbinunddann eigentlicheinjahrineinemfrauenhausgewohnthabe.alsoichmussteschonvonmeineneltern fliehen, weil sie mit meinem Lebensstil gar nicht klar gekommen sind und weil ich auch nicht mehrsolebenkonnte.ichhabedasjaprobiertundversucht.aberirgendwannwarmirklar,dass ichsogarnichtlebenkannundglücklichwerde. InjenenFällen,indenendieErstreaktionimfamiliärenUmfeldnichtuneingeschränktpositivoder eherambivalentbzw.abwehrendausfällt,findetinvielenfällenimlaufderzeiteine CoaTransition statt.diefamilieverändertsichnachinnen,indemsiediegeschlechtsidentitätdesfamilienmitglieds anerkenntunddurchverwendungdesgewünschtenvornamensundpronomenssowiedurchkaufen geschlechtsspezifischerkleidungunterstützt: TM:MeineMutterfingdannanHemdenzukaufen,mitmireinSakkokaufenzugehenund solchesachen.ichweißnoch,wennich[vordemcomingaout]irgendwiemalsoklamottenfür michkaufenwollte,diemirgefallenhatten,sagtesieimmer: DaskannstDuabernichtanziehen, dassiehtnichtaus. Mehrsoklassische,neutraleSachen,bisichdannmalSachenundSchuhe hatte.alsichdenwegdanngegangenbin,hatesihrauchspaßgemacht,sachenzukaufen,das warschonangenehmundentspannend. Ergänzt wird diese innerfamiliäre Veränderung durch die Kommunikation nach außen, indem das transsexuelle Familienmitglied in seinem neuen Geschlecht gegenüber Verwandten, Nachbarn, Freund_innen der Familie und in anderen gesellschaftlichen Kontexten präsentiert und bestätigt wird: TF:Dannhabendiegesagt: Wirhaben[ ]45.Hochzeitstag, diewarendamalssoumdie65, die beiden dawolltenwireuchsowieso alle zum Kegeln einladen, dann komm doch als [weiblichername]. DabeisindnichtalleambivalentenErstreaktionen soanstrengendsiefürdietranssexuelleperson auchsind aufeinunverständnisodereinenmangelndenwillenzurunterstützungzurückzuführen. Dass beispielsweise Eltern, die mit ihrem Kind teilweise seit Jahrzehnten einen bestimmten Vornamen und ein bestimmtes Pronomen verbinden, längere Zeit brauchen können, um sich umzustellen,wirdvontranssexuellenmenscheninderregelsehrverständnisvollakzeptiert und 134

139 dasunabhängigdavon,dasssieselbstinderschwierigenphasedertransitiondieanerkennungihrer nun offenbarten Geschlechtsidentität, die sich im Alltag hauptsächlich in korrekter Anrede, VornamenundPronomenmanifestiert,alspsychischeUnterstützungbenötigen. TF:[ ]dashasseichja: Damals war er so ein süßes Kind.DakriegeichjedesMalsoeinen RappelbeiundM.[Ehefrau]auch.Wennwirzusammensitzen: DasBild,woerdamals... Nee, das war auch schon sie, nur mit einem kleinen Geburtsfehler, sage ich immer. Sie: Achja, stimmtja,entschuldigung Ichmussdazusagen,meineMamaistauch82,[ichsagdann]: Mami, esisthaltschwer,ichweiß,ichbinfroh,dassduessogutakzeptiertundaufgenommenhast. Wennesmalwiedervorkommt,sagtsie: Ah,tutmirleid,ichweiß,ja,ja. Die Grenze zur psychischen Gewalt wird allerdings spätestens dann überschritten, wenn die Besitzansprüche derelternüberdieidentitätihreskindesdazuführen,dassdemtranssexuellen MenschenentwederabsichtlichderpassendeVornameunddasangemessenePronomenverweigert werden,oderwennauchnachjahrenderbeschwerdenvonseitendertranssexuellenpersondieser immer noch mit dem Argument begegnet wird, man brauche Zeitsichumzustellen.Inder Öffentlichkeit kann die Verwendung des alten Vornamens durch Eltern, Partner_innen und Freund_innenunterUmständenzueinemOutingführen: TM:[ ]unddaseinzige,wasmichbedrückthat,sehrlange,bisichdannmitmeinenelterndieses Jahr mal wirklich sehr stark ins Gericht gegangen bin, war, dass meine Eltern bis heute noch manchmalsieund[weiblichername]sagen,diehabendaswirklichpermanentdurchgesagt,als dieerstenbarthaarekamen,diestimmewurdetiefer,diebrachdann,meinefreundin[nannte mich]immerr.[ ]ichhabemichdannauchimöffentlichenrahmenmeinermutterbewegt, aber wenn du dir vorstellst, du stehst dann in der Metro und meine Mutter sagt dann: [weiblichername]guckstdumal UndeinaltesMütterchengucktdannanmirrunter,unrasiert komplett ne, Brust abgebunden, guckt dann ganz schnell weiter, so nach dem Motto ein AuslöserfürdenRiesenaEklatwardannaberdasGeburtstagsgeschenkmeinerMutter,wassie sichausgesuchthat.ichstehimladen,ichbezahldas,undmeinemuttersagt: MeineTochter arbeitetbei[firmenname]. UndichschiebedieECaKarteüberdenTisch,unddieFraugucktmich an,ichhabeeinenbart,aufderecakartestehtr.undich(flüsterton): Mama. Unddannhabe ich denen einen Brief geschrieben und gesagt, ich weiß jetzt nicht, was euer Problem ist. Ich verstehezwar,dassesschwerist,vontochteraufsohnumzuschwenkennach34oder33jahre, aberihrhabtfastzweijahrezeitgehabt,ihrmüssteuchjetztmal,ähm,rantrauen,weilihrmacht eseuchnurschwer.ihrmachteuchauffällig,indemihrsoeigentlichrückständigseid.dadurch, dass ihr immer meinen alten Namen sagt, fällt es auf, fällt der Unterschied eigentlich auf. [ ] entwederihrkriegtdashin,oderichmöchtedasnichtmehr.ne,alsoalledrumherumsagenr., egal wie eng die mit mir sind oder wie fern die mit mir verbunden sind, auch egal wie die Einstellungist Auch bei den häufigen Fragen nach dem körperlichen Zustand und bevorstehenden oder bereits durchgeführtengeschlechtsangleichendenoperationenhabenfamilienangehörigeundinsbesonders 135

140 aktuellepartner_innen,aberauchengefreund_inneneinverständlichesinteressezufragen,wenn siediesaussorgeumdaswohlbefindendertranssexuellenpersontun: TM:MeineElternhabensichnatürlichgroßeSorgengemachtindemSinne,gesundheitliche Sorgen.WaspassiertdajetztmitdeinemKörper? I:InBezugauf? TM:WennDuHormonenimmst,wenndieOPskommen,abereigentlichmehrinRichtung Nebenwirkungen.ObdasmitdenOPsgutist,obichgesundwiederaufwache,obirgendetwas schiefgehtoderso.darüberhabensiesichsehrvielesorgengemacht. TM:[ ]alsonö,ansichläuftdasauchjetztmitderjetzigenschwiegermamainspeallessuper, dieschwestervonmeinerfreundinistkrankenschwester,dienatürlicheigentlichamanmerktes, siehateigentlich sehr Interesseandem Thema,unddiewarauchmitbeiderletztenOP,hat michbesuchtundabgeholtausdemkrankenhausund,äh,unddawirddannauchimmeraufdie Narbengeschieltundgesagt: So,dumusstmehreincremen,dumusstmehrdies,dumusstmehr das.alsojedesmalsoeinbisschenzurechtgewiesen,aberansichhatteicheinsicheresumfeld. HabenTranssexuelleihrComingaOutinnerhalbeinerbestehendenPartnerschaft,erlebensie,wieim familiärenkontext,eineganzebandbreiteanreaktionen. Viele Transfrauen berichten allerdings zunächst, dass die Beziehung sie in der zugewiesenen GeschlechtsidentitätundGeschlechterrollegehaltenhat,dasComingaOutalsoteilweiseüberJahre hinwegverzögerthat: TF:Es[dieTS]warimmerallesprivat.Unddann,jawiegesagt,ichhabmeineExfraudamals kennengelernt.wirhabendannauchrechtfixgeheiratet,undichdachte,daswirdsichgeben. DieGeburtvonKindernspielthiereinewesentlicheRolle,mitjedemKindwirddieZeitspannelänger: TF:Eswarimmerso,ichzeigewas[vonmir],dannistmeineFrauwiederschwanger,nagut,dann wiederzurück. AuchindieserZeitversuchenvieleTransfrauenbereits,mitAndeutungenvonihrerTranssexualität zu erzählen, werden aber von ihren Partner_innen meist nicht verstanden, bis sie sich explizit äußern: I:WielangegingdiesePhase? TF:Diegingeigentlichimmer...,diesesDurchschimmerngingeigentlichbiszumSchluss,bis praktisch zum Wechsel, das ganze Leben durch,... mehr oder weniger stark [ ] ich habe dann meinejetzigefraukennengelerntundhabedanneinegelegenheitzumcrossadressinggesucht, dieidee:karneval I:InwelchemStadiumderBeziehung? 136

141 TF:Etwasspäter,ichwolltedieBeziehungerstmalstabilerhaben,undichbindarechtplanmäßig ran gegangen. Es ist auch nicht im ersten Anlauf geglückt, aber so drei Jahre waren wir zusammen,dannsindwirmalmitvertauschtenrollenaufeinekarnevalspartygegangen. I:Wiebistdudavorgegangen? TF:Ichhabeeseinfach vorgeschlagen, war nicht viel... ich kann mich gar nicht genau daran erinnern. Ich habe vorher einfach auch immer angeregt, undirgendwannistsiedarauf eingegangen. Dann haben wir Klamotten gesucht, sie hatte ein Kleid mit einer universellen Passform,undweilsiefastsogroßistwieichauch,konntenwirehKlamottentauschen,waralso sehrbequem,unddannhatsienochversucht,dieperückevonihrermutterzufinden,hatsie aber nicht getan,undichmusstemitkurzenhaaren,fandicheinbisschen schade, wäre viel cooler gewesen, aber das haben wir in der Kürze der Zeit nicht mehr hin bekommen. Jo,und ansonstenwarichkomplettgeschminktundalles. I:FürsiewardaserstmalnureinSpiel? TF:Weißichnicht,wirhabendanichtweiterdrübergeredet.AufdemRückweggabeseineArt Outing,indemSinn,dassichdasgernehäufigermachenwürde,dahatsieerstmalüberhaupt nichtreagiert.[ ]DawarichAnfang20,ichhabedasnochmalwiederholt,unddahatsiewieder nichtreagiert.unddahabeichmirgedacht,ok,jetztmusstdudichentscheiden,undichhabe michfürdiebeziehungentschieden. Die Transition und das ComingaOut werden in der klassischen ErnähreraEhe daheraufgrundder VerantwortungalsErnährer,alsVaterundEhemannnichtbegonnenbzw.erstbegonnen,wennder Zustandalsnichtmehrhaltbarerlebtwird. TF:Dannwenigspäter,einJahrspäter,dawarmeinältesterSohnschonaufderWelt,unddann gabesirgendwelcheberichteübertranssexuelleinderzeitung,datauchtimmermalwiederwas auf,unddashabeich,dasistmirnieentgangen unddahabeichgedacht,jaja,jetztbistefrisch verheiratet, hast ein kleines Kind, hast Verantwortung, es hängt alles an deinem Einkommen, wenndujetzteinpaarjahrejüngergewesenwärst,soindemklimawährendderpromotionim Institut, da wäre sicher eine gute Zeit dafür gewesen, aber jetzt ist es vorbei, jetzt muss es vorwärtsgehen. TF:Irgendwannmit43,44fingesaberanunerträglichzuwerden.JedeMinute,dieichnichtin derfirmawar,wollteichdannalsfrauausleben,habemichindenletztenjahrenimmermehr vonmeinerfamiliedistanziert.dasheißt,ichwarzwaranwesend,abernurkörperlichanwesend undhabenichtmehrsovielmitdenenunternommen,dannhatmeinefraumitdenkindernwas allein unternommen, damit war ich dann allein zu Hause und konnte mich ausleben. Das ging dannsoweit,dassichnichtmalmehrmeinenjobmachenkonnte.ichhatteeigentlichnurnoch imkopf,sonichtmehrzuleben,sondernalsfrauzuleben.dasführtedannsoweit,dassich...,ja, dassesinderfirmaniemandemaufgefallenist,istmireigentlichschleierhaft,ichmussschongut imvertuschensein,dennichwargedanklicheigentlichüberall,abernichtda.irgendwannwar dassoweit,dassichmeinerfrausagte,wennichjetztnichtwasunternehme,dannspringeich vonderbrücke. 137

142 Transfrauen verbleiben auch nach dem ComingaOut häufiger als Transmänner aus Pflichtgefühl, Schuldbewusstsein,Sorge,niemandenmehrzufindenoderauchausgleichbleibenderLiebezum/r Partner_in in Beziehungen, in denen sie nicht oder nur begrenzt in ihrer gefühlten Geschlechtsidentitätunterstütztundakzeptiertwerden: TF:Dasssichdasimmerweiterauseinanderentwickelt hat und sich auch leider immer noch auseinander entwickelt, ja, das ist sehr schwierig. Weil man merkt das jetzt ja auch heute bei dem Interview, meine Kinder waren den ganzen Tag nicht da, weil sie mitbekommen hatten, worumesgeht.normalerweisewärensieda,unddahabensichmeinesöhneebenwasanderes organisiert.fürdiekinderbinichnachwievorderpapa,obwohlicheigentlichversuche,alsfrau dievaterrolleauszufüllen[ ].AberdaistesschoneinriesenFortschritt,dassdasInterviewhier indemhausmöglichist,beiderfamilie.daswärevoreinemhalbenjahroderjahrnichtmöglich gewesen.esgibtschoneinenganzlangsamen,vorsichtigengewöhnungsprozess,aberderwird so stark überschattet von der Erinnerung an die massive Ausgrenzung. Das hat meine Tochter vorhinauchganzklargesagt,[ichsollsie,dietochter,]nichtmitfacebookkontakten.ichbinjetzt heilfroh,dasssichdasganzegeredeendlichgelegthat,undichmöchtenicht,dassdasnochmal anfängt. EinvergleichbaresMusterfindetsichbeiTransmännernnicht.Siebefindensichweitausseltenerals Transfrauen in einer Beziehung mit klassischer Rollenverteilung, auch wenn sie innerhalb einer Partnerschaft ein Kind zur Welt bringen. Ihr ComingaOut wird daher weniger stark durch Zwänge innerhalbderpartnerschaftverhindert.siehabenihrcomingaouttypischerweiseinjüngerenjahren. SowohlbeiTransmännernalsauchbeiTransfrauenakzeptierenineinigenFällendiePartner_innen die Geschlechtsidentität der transsexuellen Person. Die Beziehung besteht fort, aber der/die Partner_findet den transsexuellen Menschen nicht mehr als Sexualpartner_in attraktiv. Aus der sexuellenbeziehungwirdeineeherfreundschaftliche: TM:Ichbinverheiratet,ja.MiteinemMann und das immer noch, es bleibt auch erst mal so. WobeieskeineBeziehungindemSinneist,sonderneineguteFreundschaft,wirwohnenauch nochzusammen.ichhabesehrvielverständniserfahren. I:WiegehtDeinManndamitum? TM:Zuerstsehr,sehrschlecht, er hatte Probleme,wobeiessichabgezeichnethat,dassdie klassischeehealsbeziehungnichtmehrexistentist,nichtmehrexistentseinkann,weilerfür sichhaltbeschlossenhat,nichthomosexuellzusein.wirhabeneinmodellentwickelt,wiewir zusammen leben können,unddeswegenlebenwirauchnochzusammen,nichtmehrineiner Beziehung, sondern in einer Freundschaft. Weil wir auch ein Kind haben, war das für uns die bestelösung. BleibtdieBeziehungalsFreundschaftoder aber in vollem Umfang bestehen, wird sie oft zu einer wesentlichenstützeimweiterenwegdertransition: 138

143 TM:Ichglaube,ichhättedasohne[NameEhefrau]garnichthingekriegt.Ichwargarnichtinder Lage,inirgendeinerFormfürmichselberzusorgen.[Name Ehefrau]hatdavielRecherche getrieben, viel Schreibarbeit gemacht und streckenweise auch für mich telefoniert, wenn ich nichtkonnte.nungut,operationenmussmannunschonameigenenleibemachenlassen,da kannmannunkeinenanderenhinschicken.ichglaubeschon,dassichdasohne[nameehefrau] nichthingekriegthätte. TF: Wirstandenda,dawarderZug[CSDaUmzug], ich hatte unter den pseudolangweiligen Männersachendieseanderen[weiblichen]Sachen.IchstanddaundinderTaschedanebendie Pumps,undichtrautemichnicht,hm.Eswärbeinahenichtsgeworden.EswarsovielAngst,ich zitterte, das war so emotional, und [Name Freundin] hat mir letztendlich einen Arschtritt gegeben: Machesjetzt,sonstmachstduesnie ImFalleeinerTrennungsinddieRessentimentsderPartner_innenhäufiggroßundbleibend,dader vermeintlichegeschlechtswechselundinsbesonderederspätezeitpunktdescomingaoutsdes/der transsexuellenpartner_insinderpartnerschaftalsvertrauensbruchundwillentlichezerstörungder gemeinsamenbeziehungerlebtwird: TF:[ ]unddannstürmtesierein: DuperverseSau,dubistja,dubistjaüberhauptkeinMann alsoallesmöglichehatsiemirdannvorgeworfen.ja,unddannhießesfürmich,raus.ichmusste aus,ausderbeziehungraus.[ ]BeieinemspäterenGesprächnachderTrennunghatsiegesagt: Duhastmichjanurbetrogen. Unddann,imOktober2005,warenwirnochmalessen,aneinem Samstagabend, wieder ein anderes Lokal, wollten uns einen schönen Abend machen [ ] da wurdesierichtigwild.unddannschriesieteilweisedaimlokalrum,nich.unddannhabichnur zurückgerufen,ichsag: NocheinweiteresWortundichbezahlundichgehe.Dannwirstdumich auchniewiedersehen. Sie: Ja,aberdubistjaverlogen,dubetrügstmichjanur unddiesund jenes.ne, dubistjaneperversesau undso.unddasimlokal. KindermittranssexuellenElternteilen,diedasComingaOutdesElternteilsinnerhalbderbestehenden Familiensituation erleben, müssen nicht nur die Veränderung innerhalb der Familie bewältigen, sondernsichauchmitdenteilweisenegativenreaktionenihrerpeeragroupauseinandersetzen.je jüngerdiekinderdabeisindundjeunterstützenderder/diepartner_indestranssexuellenelternteils sichverhält,destounproblematischeristdieserprozessfürdiekinder: TM:Fürihn[10jährigerSohn]wardasnatürlicherstdoof,abererhatsichdochrechtschnell darangewöhnt.fürihnistesjetzteinfachso,erhatzweipapas.erselberhatsehrvielangst gehabt,dassseinefreundeihndeswegendiskriminieren.dasistabernichtpassiert,bisaufeinen unddemhatergesagt[ ]: MeinVateristtranssexuell,undgutwares.Eristniemalsdeswegen geärgert worden oder diskriminiert worden. Nun gut ist er 10 Jahre alt, Kinder in dem Alter habennochkeingroßesgeschlechterverhältnis.ichweißnicht,obesnochmaleinthemawird wenn,erälterwird,aberimmomentisteskeinproblemgewesen. I:HatesinseinerSchuleirgendwelcheProblemegegeben. 139

144 TM:Ne,[ ]erhattedasletztejahrdie4.klassevondergrundschule.dahabeichmich zurückgenommen, weil ich jetzt vermeiden wollte, dass er Ärger bekommt oder die anderen Eltern vielleicht komische Sachen erzählen und verbreiten. Jetzt ist er halt in einer anderen Schule,undjetztwerdenwirganzoffendamitumgehen,dassunserSohnzweiPapashat.Eswird dortnichtübertrans*gesprochen,trans*istdanndortkeinthemamehr.unseremsohnistes lieber, dass es die Leute nicht alle wissen. Das akzeptieren mein Mann und ich so, oder wir müssenesauchsoakzeptieren. Je mehr sich die Kinder der eigenen Pubertät nähern und sich selbst als geschlechtlicheswesen erkennen,destoeherkommteszuablehnendenreaktionengegenüberdemelternteil,diesichaber mitdemälterawerdenauchwiederlegenkönnen: TF:DieÄltesteistjetztGottseiDankanders,offener,sieist16½,undjetztkommeichganzgut mitihrklar.siehatsichdarangewöhnt.ichdarfsieauchjetztirgendwohinfahren,früherwar das tabu, dass sie mit mir irgendwo gesehen wird, obwohl ihre engsten Freundinnen das von AnfanganwusstenundauchkeinProblemdamithaben,denndieElternderbestenFreundinnen warenauchfreundevonuns,unddaherhabendiesichallesehrkorrektverhalten. VerschärftwerdendieablehnendenReaktionenallerdings,wennKinderundJugendlicheaufgrund dertranssexualitätdeselternteilsvonihrerumgebunggemobbtwerdenoderdiesbefürchten: TF:AlsodieAusgrenzung ist sehr real gewesen,undderspott,dendiekinderdaerleiden mussten, das war richtig heftig. Wenn über den Schulhof dann geschrien wird: Dein Vater ist einetranse unddasjedentagunddiepausenaufsichtbekommtangeblichnichtsmit... I:Habtihrwasdagegenunternommen? TF:Ichhättegernewasgemacht,inRuhemalmitdenLehrerngeredet,aberdieÄngstemeiner FrauundmeinerKinder,natürlichdannauchdieÄngstederKinder,warensogroß,dassdanichts zumachenwar,ichbinkomplettausgebremstworden. InderRegelfindetjedochauchdannübereinenlängerenZeitraumeinAdaptionsprozessdesKindes andastranssexuelleelternteilstatt: TF:[ ]sie[dietochter]warschonsoeinjahrlangsehrkonfrontiertundgingaufabstand.bis dahin,dasssieschimpfwortebenutzte: MamadasArschlochsollrausgehen [ ]Wennichins Badezimmerzuihrkam: Dustinkst,gehraus. DaswareineZeitlangsehrschmerzlich,wirklich schmerzlich.auchimübergang,alsichauszog,daswarschon,dastatschonweh.dasistjetzt normalisiert.[ ]meinefrauistjetztmitdenbeidenkinderninmutterakindakur,letztewoche bevor sie fuhren, war ich drei Abende da, da kann ich ihr z.b. auch eine Stunde vorlesen, inzwischenwieder,undsiesitztdieganzezeitaufmeinemschoßundichdarfihrvorlesenund ihr die Haare kraulen dabei. Es hat sich ein Stück wieder normalisiert, sie ist immer noch ein bisschenaufabstand,aberlässtauchzu,dassichsiezumleichtathletiktrainingbringeoderso. 140

145 ImKontaktmitFreund_innenerlebentranssexuelleMenschennachihremComingaOutmeisteine gleichsam natürliche Selektion: Entweder bestätigt sich die Haltbarkeit und emotionale Tiefe der bestehendenfreundschaftenoderabersieüberlebendascomingaoutnichtbzw.werdenweniger eng: TF:FreundesindeinschwierigesThema.Dadurch,dassichjaimmersehrklarStellungbezogen habe, wo es lang geht, sagen wir mal ist gut ein Drittel der Freunde wirklich weg gebrochen, komplett,wobeifreundeichsehrengfasse,wirklich,ichhabe5freunde.davonsindzweiweg. Diekriegeneseinfachnichthin. TF:MeinbesterFreund[ ]daswarderallererstenachmeinerfrau,nachderfamilie,demich daserzählthabe.alsodakannichnursagen,daswarauchsehr,sehrhart[ ]derkonntedasgar nicht begreifen. Der hat dann selber fast Hilfe gebraucht von einem Psychologen, der hat das nichtmehraufdiereihebekommen.ichweißnochgenau,daswarimjanuar,wirsindspazieren gegangen,ichhabegesagt,wirmüssenreden[ ]wirsinddabestimmt10malimkreisgelaufen, derwollteimmermehrwissenundkonnteesnichtverstehen,wasichihmdaerzählte.[ ]Wir habenjahrelangskatgespielt,urlaubezusammen,tournachlasvegasundwerweißwasalles undderhatesnichtbegriffen.undderkonntedanachauchmitmirnichtzusammensein.der hatsicherstmalkomplettvonmirdistanziert.[ ]DerhatesaufderArbeitallenerzähltundhat daversuchteineerklärungzusuchen,beiseinerverwandtschaft,denhatdassosehrbeschäftigt, weil er wollte die Freundschaft nicht verlieren, auf der anderen Seite konnte er aber so nicht weiter machen. Er war so innerlich zerrissen, seine Frau sagte, dass er fast selber noch zum Psychologengegangenwäre.SeineFamilie,seineBekanntenhabenihnfertiggemacht,dasser michhängenlassenwürde,besterfreundundjetztkommteinenotsituationunderkommtnicht mehr,lässtmichhängen.[ ]UnddanngingdashinundherüberWochen,esgingharther,wir habeng t,obersichschämtmitmir,oberglaubt,dieleutewürdensagen,erseischwul, wennersichmichmirabgibt,sichinderöffentlichkeitmitmirsehenlässtunddahabenwiruns richtigharte...sonachdemmotto: Ichwünschedirnur,dassdeinSohnnichtnachhergenauso ist. IchhabeihmdannschließlicheineSMSgeschickt.Dastanddrin weilichwusste,derleidet wieeinhund,derwaramheulenzuhause entwederdubistin10minutenbeimirundwir reden, wenn du kotzen musst, wenn du mich siehst, dann habe icheineneimer,wennnicht, dannhabeicheineflaschebier.erhatmirzurückg t,erwärein10minutenda.seinefrau hat ihn zu mir gefahren. Wir haben eine halbe Stunde rum geheult, er ein erwachsener, gestandener Mann hat geheult wie ein kleines Kind und von da an hat er mich alle 14 Tage besucht.erwolltesichdarangewöhnen.zuderzeit,woichalsfraulebte,soaussah,soweitwie möglich,hatersichgezwungenmichregelmäßigzusehen,umsichdaranzugewöhnenundden Kontaktzuhalten.Jetztistesso,dasseseigentlichganzokist,amWochenendekommtermit seiner Frau zum Kaffee zu mir, wohnt, wir haben fast Blickkontakt, wir sehen uns öfter. Es ist wieder, nicht so wie es vorher war, aber es ist so dass man miteinander umgeht. [ ] So wie früherwirddasnatürlichnichtmehr,dasgehtgarnichtmehr. Freund_innen bestätigen häufig sogar die Transsexualität der betroffenen Person als bereits vermutetoderquasibekanntundfreuensichüberdiemitteilung: 141

146 TM:Daswarja,wiegesagt,meinegrößteAngstgewesen,meinOuting.BeimeinenFreundenwar dasüberhauptkeinproblem.dahatteichauchnichtsodieangst.diehabendasalleganzlocker weggestecktundsagten,wirhabenunsdasjaschonimmerschongedacht,istjanett,dassdu endlichmalrausrückstmitderspracheundmalselberzudererkenntnisgekommenbist. AufderSuchenachHilfe(84%derTransmännerund71%derTransfrauen,dienegativeErfahrungen gemacht haben, suchen sich Hilfe), um die immer wieder auftretenden, konfliktbeladenen Situationen zu bewältigen, wenden sich die Betroffenen daher neben den begleitenden Psychotherapeut_innen in erster Linie an Freund_innen. 62 Insbesondere in der praktischen BewältigungvonAlltagsproblemensinddieseeinewichtigeStütze: TM:EswarhaltmitderUmkleide,daswarhaltnocheinDing,damalshabichnochnenBinder getragen.ichhabmichrelativfrühgetraut,meinmitbewohnerhatmichauchdaserstemalmit aufdiemännertoilettegeschleift: So,dubistjetzteinMann,dugehstjetztdarüber. Ich: Ich trau mich nicht. Er: Komm, ich geh mit.ja,daswardannso,jagut,wennichdortschon hingehe. Auch Selbsthilfegruppen können Orte sein, an denen sich neue Freundschaften entwickeln. Sie stehen daher bei der Suche nach Unterstützung auch an dritter Stelle (37 %derhilfesuchenden Transmänner und 21 %derhilfesuchendentransfrauen).dietranssexuellenfreund_innendienen einerseits gewissermaßen als Spiegel, andererseits verstehen sie besser als andere Menschen das eigeneerlebenunddiespezifischenmitdertranssexualitäteinhergehendenprobleme. Freund_innen fangen in Krisensituationen auf und verhindern im Extremfall, dass sich die transsexuellepersonetwasantut: TF:IchwareinpsychischesWrack,undkörperlichauch.UnddieseMenschensozusammen,die habensichdannsoalsbestefreunde[ ]herauskristallisiert,womanwirklichfestdraufbauen kann.esistteilweisepassiert,dassichnachtsmitdenengeschriebenhabe,telefonierthabeoder sonstwas,undkurzdavorwarmichselberzukastrieren.daswareinimmerstärkerwerdender Drang,dassichkurzdavorwar.Dahabendiemichteilweiseangerufen,gradeM.undJ.,dasist dieses Ehepaar, die sagten: Du machst jetzt gar nichts. Wir schwingen uns jetzt ins Auto, teilweiseabendsvon[stadtinnorddeutschland]runterja. FüreineReihevonTranssexuellensinddieFreundschaften,diesienachihremComingaOutinnerhalb vonselbsthilfegruppenundanderentrans*relevantenkontexten(z.b.transtagungen)schließen,die ersten Freundschaften überhaupt. Vorher waren die inneren Unstimmigkeiten zu groß und die mangelndeauthentizitätverhindertesowohlaufseitendertranssexuellenpersonalsauchaufseiten derumgebungdasfürfreundschaftennotwendigeentsteheneinerechtennähe: 62 ZurAuswahlmitderMöglichkeitvonMehrfachantwortenstanden:Eltern,Partner_in(nen),Freund_innen,Familie, Anwälte_in,Nichtregierungsorganisationen(NGOs),Selbsthilfegruppen(SHGs),Medien/Öffentlichkeit,Psychotherapeut_in, andere,niemand. 142

147 TM:IchbinheutedurchausinderLage,jemandenanmichranzulassen.Freundezugewinnen, michjemandenmitzuteilen,dashätteichvorhergarnichtgekonntundgarnichtgewollt.dasist wunderschön,ichhabewirklicheinlebenbekommen. Jene Transsexuelle, die bereits vor ihrem ComingaOutstabileundengeFreundschaftenpflegen, suchen sich in der Regel bewusst Menschen aus, von denensie oftzurecht Toleranzund Loyalitäterwarten: TM:UnddasistjaauchdieBestätigung,dieichinmeinemUmfeldbislangbekommenhabe,ob Freunde,Mitarbeiter,Bekannte,meinBruder,Freundin,Kollegen...,dassichdaschonmirsoein Umfeld zusammen geschustert, zusammen gesucht habe, für die das keine wesentlich Rolle spielt,obichmannoderfraubin.woeswirklichaufanderesachenankommt.unddasistjaim Prinzip auch das, wonach ich Leute beurteile. Ich beurteile ja nicht Leute, weil sie besonders klischeehaftmännlichoderweiblichsindoder,weißichnicht,beruflichenerfolgodersonstwas haben.ichbeurteilesienachcharakterundsympathieundnachwerten.undmitsolchenleuten willichmichauchnurumgeben SowohldieInterviews,alsauchdieFragebögenzeigen,dassgeradeFreundschaftenexistentiellfür diebewältigungdertransitionunddaspsychischewohlbefindenderbetroffenensind.siewerden amhäufigstenumhilfegebeten. 143

148 TabelleVI.7.a:ErlebteSituationeninFamilie,PartnerschaftundFreundschaft {weiters.nächsteseite} {FortsetzungTransmänner} 144

149 145

150 {weiters.nächsteseite} 146

151 {FortsetzungTransfrauen} {weiters.nächsteseite} 147

152 {FortsetzungTransfrauen} 148

153 Fazit: AufgrunddesstarkenemotionalenBezugsundnichtzuletztderwirtschaftlichenVerflechtungkann die Familie sowohl die größte Quelle der Unterstützung als auch die größte Quelle der Ablehnung sein.dieunterstützungdurchfreund_innen,partner_innenunddurchihrefamiliekannstabilisieren, diestudiemachtaberebenfallsdeutlich,dassgeradedieengstenangehörigennichtimmerinder Lagesind,mitderSituationumzugehen.DieFamiliedurchläuftofteinePhasedesNichtanerkennens, VerleugnensodernichtErnstnehmensderGeschlechtsidentitätdestranssexuellenFamilienmitglieds. DiesgehtteilweisebiszumKontaktabbruch. NacheinerPhasederakutenKonfliktealsReaktionaufdastranssexuelleComingTOutbeginntdann jedoch in manchen Fällen die Veränderung und Entwicklung der Beziehungen, so dass nach einem längeren Zeitraum eine gewisse Stabilisierung einsetzt. In anderen Fällen bleiben die Beziehungen dagegendauerhaftgestört. 149

154 VI.8ErfahrungentranssexuellerMenschenmitHilfsstrukturen(SHGsetc.) WennsichtranssexuelleMenschendarüberklargewordensind,dassihreGeschlechtsidentitätvon demihnenbeidergeburtzugewiesenengeschlechtabweicht,dannmachensiesichimallgemeinen aufdiesuchenachinformationenundunterstützung. Die Geschichte der Selbsthilfe im Trans*Bereich ist noch nicht erforscht, die Quellenlage eher schwierig. FaceLtoLFaceLSelbsthilfegruppenhabensichinDeutschlandseitEndeder1970erJahre entwickelt.ursachedafürwaren u.a.diezunehmendeunzufriedenheitmitderentmündigungdurch Experten und deren paternalistische Einmischung in persönliche Lebensbereiche. 63 Zumindest für BerlinlässtsichfürAnfangder1980erJahreeineersteSelbsthilfegruppenachweisen. 64 Vondiesen frühen Selbsthilfegruppen existiert, soweit wir in Erfahrung bringen konnten, heute keine mehr. Schon länger existierende Selbsthilfegruppen in der Bundesrepublik sind z.b. Viva TS in München (gegründet1989) 65,TXKöln(gegründet ),Transmanne.V.(gegründet ). SelbsthilfeimInternetfindetseitEndeder1990erJahre,verstärktdannabMitteder2000erJahre statt.esgibtzumeinenonlineaauftrittevonselbsthilfegruppen,diefaceatoafaceorganisiertsind,die aufihrerwebsiteaberhilfreicheinformationenauchfürnichtagruppenmitgliederbereitstellen(z.b. transfamily.de,die2001onlinegegangensind, 68 odertransmann.dedestransmanne.v.,dieanfang der2000erjahreonlinegingen).danebengibteseinereihevonausschließlichvirtuellenselbsthilfea Angeboten,dieüberregionalgenutztwerden.Sogingenz.B.dasftmaportal.netimJahr2005online unddastransgenderanet.deimjahr1998. In den letzten Jahren sind durch den Boom des Internets und die größere Aufmerksamkeit der Medien gegenüber dem Thema Transsexualität mehr und vielfältigere Informationen zugänglich gewordenalsjezuvor:internetseitenwerdenvon96%dertransmännerund87%dertransfrauen genutzt,umaninformationenzugelangen,gefolgtvoninternetforen(64%dertransmännerund66 %dertransfrauen).filmeunddokumentationenspielenfür76%dertransmännerund63%der Transfrauen als Informationsquellen eine Rolle. Auch Bücher sind für Transmänner (36 %) und insbesondere für Transfrauen (58 %) ein wichtiges Hilfsmittel. Informationsbroschüren nutzen dagegenvergleichsweisewenigetransmänner(28%)undtransfrauen(34%). DieInterviewtenschilderndasInternetmitForenundOnlineaPräsenzenvonSelbsthilfegruppenals wichtigeinformationsquelle,dieteilweiselangevordenerstenpersönlichenkontaktenmitanderen TranspersonenoderHilfeangebotengenutztwird: 63 Preiß,Holger(2010):GesundheitsbezogenevirtuelleSelbsthilfe SozialeSelbsthilfeüberdasInternet,S Vgl.dieimJanuar1981erschieneneBroschüreEZKU.VierteljahresschriftvonTranssexuellenfüralleTerraner.Nr Vgl. 66 Vgl. 67 Vgl. 68 Vgl. 150

155 TM: IchhabnurimInternetgelesen[ab2005]undhabdannauchimmerschnellwieder beiseitegeschoben,weilichgedachthab achnein (ängstlichertonfall).alsodieseveränderung istdochnunmehralssockenwechseln.dashabeichauchdemgutachtererzählt,dermirgesagt hat,warumhatdasbeiihnensolangegedauert.jaich,hallo,esgehtummeinleben,alsoum alles.und2009habeichdannendlichangefangen,michdaoffenmitzubeschäftigen,habeauch Transmenschengetroffen,warauchaufeinerTagungdanninMünchen,derTranstagung. Für die Zeit vor dem Internet bzw. vor einer größeren Verbreitung des Internets schildern die InterviewtendenZugangzuInformationenalsschwierigbisunmöglich: TM:DahattemanjaauchkeinInternet,wiesolltemanda[aneineSelbsthilfegruppe]auchdran kommen? TM:Mit14JahrenhatteichineinemLexikondenBegriffTranssexualitätgefunden,weilichnach einemwortgesuchthabe,obesdafürwasgibt,sowieichmichfühle.damalsgabesjanochkein Internetundnix.Dastand,jemand,dersichimfalschenKörperfühlt.Abermehrstanddanicht, wasmanmachenkann,wiemanmirhelfenkann,oderobesüberhauptirgendeinemöglichkeit gibt. Und so habe ich immer irgendwie gedacht, vielleicht bin ich einer von wenigen, der so eigenartigist,undhabeimmergesagt,ichkannnichtsdaranändern,mussirgendwiedamitklar kommen, alsomussichdasbestedarausmachen.undsohabeichhaltimmerirgendwie versucht,danndochdasbestedarauszumachen. MancheentwickelteninjungenJahreneindetektivischesGespürfürjedennochsokleinenHinweis: TF:Unddannbinich,dieeinzigeQuellewardamalsdieStadtbücherei,dabinichmit11[1968]in diekinderbüchereiundhabedagegucktundhabenatürlichnichtsgefunden.undeinbisschen gewartet,danndurfteichirgendwannindiejugendbücherei,unddannhabeichdaüberalldie Katalogedurchgeschaut,nichtsgefunden.Mit14oder15durftenwirdannindiegroßeBücherei, undichhabetatsächlichmitsehrvielmüheeinenhinweisgefunden,indemaberauchnurstand, dassdasginge.aberdaswarfürmichschonmalwichtig,ichwusste,dassdasgeht.mehrleider nicht. DiewachsendeBedeutungdesInternetsalsInformationsquelleundOrtdervirtuellenGemeinschaft mitpeersgehteinhermiteinersteigendenzahlvononlineanutzernindeutschland.nutzten1998 erstetwasüber10%derdeutschengelegentlichdasinternet,warenes2000schonetwasüber28%, 2005schonknapp58%und2011schongut73%: 69 TM:AlswirdannsodenerstenComputerhattenunddieerstenpaarMale so ins Internet konnten, das war so das aller erste,wasichgemachthabe.sofortsuchen,wasgibtesfür Möglichkeiten.SorichtiglosgelegthabeichAnfang2000,alswirhiereingezogensind.Dawardie Internetverbindung besser, da war das alles nicht mehr so teuer. Da habe ich dann auch 69 Eimeren,Birgitvan;Frees,Beate(2011):ErgebnissederARD/ZDFaOnlinestudie2011,S

156 angefangenmailszuschreiben,umzugucken,waskannichmachen,womussichhin,waskann ichalsnächstestun. DievirtuelleSelbsthilfeistniedrigschwelligeralseineFaceatoaFaceSelbsthilfe,dadieUserimNetz anonym bleiben können. Preiß konstatiertdarüberhinauseinenbesserenzugangzurhilfefür MenschenmitgeringererformalerBildung. 70 Hilfekommtalsodaan,wosonstderZugangzuHilfe schlechter ist. InternetaNeulinge empfinden dabei mehr stellvertretende und emotionale soziale Unterstützung, erfahrene InternetaNutzer hingegen erleben eher eine persönliche soziale Unterstützung. 71 Im persönlichen Kontakt stehenfreund_innensowohlbeitransmännern(88%) als auch bei Transfrauen (68%)alsAnlaufmöglichkeitenanersterStelle.Diesekönnen,wiedieAnalyseder Selbsthilfestrukturenzeigt(s.SHGsweiterunten),durchauszueinemgrößerenodergroßenTeilaus Trans*Menschenbestehen;derÜbergangzwischenFreund_innen,MitgliederneinerSHG(andiesich 60%derTransmännerund55%derTransfrauenwenden)unddersogenanntenCommunitybzw. Szene(40%derTransmännerund53%derTransfrauen)kannentsprechendfließendsein. TM:Undseitdem,alsobisheute,binicheigentlichimmernochindiesemfestenTreffen[der SHG ], man hat da nicht nur Kontakt über Transsexualität und ah ja,wirredennurdarüber, sonderneinfachdiesesherzlichewillkommenasein,mantrifftsichallevierwochen,mantrinkt was, isst was zusammen, man redet über Gott und die Welt, also wo wirklich Transsexualität wirklichnichtimmittelpunktsteht[ ],aneinergroßentafel,undjedertrinkteinbierchen,gutes EssenundguteLocation,undesistherzlichundesisthalt,wieeineFamiliewieeinegroße. TM: IchhabSelbsthilfegruppenindemSinnenichtkennengelernt.Ichhabeaufdieser Transtagung mehrere Transmänner kennengelernt, mit denen ich Kontakt habe, mein bester KumpelwohntinDüsseldorf,unddasindauchnochzweiandereTransmänner,mitdenenich Kontakthabe.Wirtreffenuns,quatschen,telefonieren normalefreundschaft,alsoichwürde jetztnichtzueinerselbsthilfegruppegehen,ichversuchedannmeinesorgen,wennichwelche habe,mitdenenzubesprechen.aberichmerke,wennichdanichtweiterkommenwürde,würde ichauchzunerselbsthilfegruppegehen,natürlich. Die letzte wichtige Gruppe, die Transsexuelle mit ihren Sorgen und ihrem Informationsbedarf aufsuchen, sind Ärzt_innen (44 % der Transmänner und 53 % der Transfrauen) und Psychotherapeut_innen (76%derTransmännerund74 %dertransfrauen).insbesonderebeider hohenprozentzahlderpsychotherapeut_innenistzubeachten,dassfastalletranssexuellewegen dervonderkrankenkassefürdiekostenübernahmegefordertenbegleittherapieinkontaktzujenen Psychotherapeut_innenstehen,mitdenensiesichüberdasThemaTranssexualitätaustauschen. 70 Preiß,Holger(2010):GesundheitsbezogenevirtuelleSelbsthilfe SozialeSelbsthilfeüberdasInternet,S Preiß(2010),S

157 Die in Anspruch genommenen Informationsquellen und Unterstützungsangebote werden von Transmännern und Transfrauen durchaus in Qualität und Nutzen unterschiedlichbewertet.die ZufriedenheitmitdererfahrenenHilfeistallerdingsinallenFällenäquivalentzuderProzentzahlder Transsexuellen,diedieseInformationsaundUnterstützungsquelleninAnspruchnehmen. SoschätzenzumBeispiel40%derTransmännerInternetseitenalssehrhilfreichein,44%findensie hilfreich.beidentransfrauensindes34%,dieinternetseitenalssehrhilfreicherlebthaben,44% habensiealshilfreicherlebt.nur12%dertransmännerempfandeninternetseitenals eher nicht hilfreichund10%dertransfrauen.nur8%dertransfrauenfandensiegarnichthilfreich. Bei den anderen angeführten Informationsquellen und Unterstützungsangeboten verhält es sich ähnlich.dieslässtsichdadurcherklären,dassdiemeisteninformationsquellenundaucheinteilder UnterstützungsangeboteperMundazuaMundaPropagandamiteinandergeteiltwerden.DieErfahrung anderertrans*menschenfiltertsomitvor: TM: ImBereichTrans*vertraueichaufdieTherapeutenundÄrzte,dieichvonanderen Transmännern oder auch [Name SHG], die ich im Zusammenhang mit dieser speziellen Therapieformauchgenanntbekommenhabe,eswurdendakeineEmpfehlungenausgesprochen, aberesgibtdaschonbestimmtetherapeuten,dieimmerwiederaufgetauchtsind.undwenn mansichan[nameshg]wendet,kannmanebenauch25000adressenbekommen,diesichmit diesemfachbereichauskennen. 153

158 Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Weitergabe von Informationen findet im Rahmen von Selbsthilfegruppen(SHG)statt.SiesindeinesderwichtigstenunddauerhaftestenHilfsangeboteund werdenvondenmeistentranssexuellenregelmäßiggenutzt: SHGs dienen dabei als Möglichkeit,andereTranssexuellekennenzulernen,sichnormalundnicht alleinzufühlen,erfahrungenundinformationenauszutauschenundaufleutezutreffen,die endlich wissen,wovonmanredet : 154

159 TF: Man kann sich aber schon viel informieren,undhierin[stadt]hatmirdie[name SHG] eigentlich alle Türen geöffnet. War schon sehr gut, die haben sich Zeit genommen, haben mir gesagt,ichbinnichtdieeinzigeaufdieserwelt,manglaubtjaimmer,manseikrankoderpervers odersonstwas.aberesgibtjasoviele,denenessogeht.dasistschonsehrhilfreich. TM:DannhatermirauchsoSachengezeigt,wiemandasBeulenproblem[Brust]lösenkannund solchedinge[ ]ja abbinden,dassmanweiß,wiemandas[diebrust]wegkriegt. DieindividuellenAntwortenauf Ja,weil und Nein,weil deckensichweitestgehendmitden BerichtenderInterviewten. 72 InsbesonderefürTranssexuelleinderSelbstfindungsphaseoderinderAnfangsphasederTransition sindshgswichtig,uminformationenüberdieeinzelnenrechtlichenundmedizinischenschrittezu erhaltenundleutezutreffen,diedensteinigenwegbereitserfolgreichgegangensind.shgssindin derregelauchdieorte,andenen impersönlichenkontakt dieverlässlichstenundaktuellsten Informationen über Therapeut_innen, Antragsstrategien, Krankenkassen, MDKs und OPaErgebnisse weitergegebenwerden: TF:Ohne[NameSHG]wärederWegnichtsoeinfachgewesen,weil,auchdieErfahrungder anderenistdannsehrhilfreich.ichmussgestehen,ichgehenurnochselten,aberamanfangist 72 Transmännernnanntenunter Ja,weil diemöglichkeitkontaktezugleichgesinntenknüpfenzukönnen,miteinzelnen dort eng befreundet zu sein und dass sie die SHG als ihre zweite Familie empfinden. Transfrauen nannten ihre eigenen LeitungsfunktioninnerhalbderSHG,dieMöglichkeitdort,überalleszuredenundinderDiskussionzureflektierenunddie Akquise von Kundinnen. Unter Nein, weil nannten Transmänner Zeitmangel und dass sie dort nicht so viele Gleichgesinntetreffenbzw.sichehermiteinzelnenTrans*Menschentreffen.TransfrauennanntenebenfallsZeitmangelals Grund,hattensichmitderLeiterinüberworfenoderempfandenihreTransitionalsabgeschlossenundsichinihrerPerson als normalefrau sicher. 155

160 dasschonsehr,sehrhilfreich...alleinejetztgutachteraussuchen,wermachtdas...,therapeuten, weristgut...esgibtjasoviele,dieglauben,siekönntendas,aber,mitmäßigemerfolgviele..., allesdinge,diemandaerfahrenkann...oderlogopäden...wasdieopsangeht...mankannsich dasehrvielinformationenholen. Aus der geteilten Lebenserfahrung und der gegenseitigen Sorge umeinander entstehen oft Freundschaften und Freizeitgestaltungen über die SHG hinaus. So hüten etwa Freundinnen oder FreundeausderSHGHaustierewährenddergeschlechtsangleichendenOperationenundbesuchen dieoperiertenimkrankenhaus: TF:Ja,ichhabdie[Katze]damalsbeider[Name]untergebracht.[Name]istauchneTransfrau, diewohntin[stadt],istdieleiterinvonderselbsthilfegruppe,zuderichdaging.undsiehatte, ein Jahr vorher hatte sie die Operation in [Stadt] auch machen lassen, undsiesagte, kein Problem,die[Katze]kannstduhierbeimirunterbringen,undichfahrdichauchnach[Stadt],und ichholdichandemmontagmorgenab,unddannfahrenwirzusammennach[stadt],damitdu direktweißt,woduüberallhinmusst,undeswarwunderbar DadieSHGvondenmeistenTeilnehmendeninderHoffnungaufgesuchtwird,dortUnterstützungzu findenundeinenteilderbelastungwenigstensfüreinigestundennichtmehrsostarkzuspüren, sindshgs,indenenehereintonderverzweiflungvorherrscht,seltenundwerdenvondenmeisten auchnichtgernebesucht: TF:TaStammtisch.Womandannbegrüßtwurdemitlassdassein,dieletzte,diehierbeiunswar, hatsichumgebracht.woauchaufderinternetseitevorneeinetraueranzeigevonihrwar,was ichrelativschockierendfand.[ ]weiloftmalsinsolchenshgstransfrauenhängenbleiben,die keinsozialesumfeldhaben[ ]. Die meisten Transsexuellen, die neu in eine SHG kommen, sind auf der Suche nach positiven Vorbildern. Diese finden sich in geschlechtlich gemischten SHGs ebenso wie in geschlechtergetrennten SHGs. SHGs speziell für Transmänner oder Transfrauen haben jedoch für viele Transsexuelle den Reiz des UnteraSichaSeins, der umso schwerer wiegt, als es eine GrunderfahrungtranssexuellerMenschenist,mitihremEmpfindenundihremErlebenalleinzusein. In einer gleichgeschlechtlichen Gruppe können die spezifisch unterschiedlichen Erfahrungen von Transmännern und Transfrauen einfacher zur Sprache kommen; außerdem besteht in gleichgeschlechtlichen Gruppen nicht die Gefahr, mit der Sehnsucht der gegengeschlechtlichen Transsexuellen nach eben jenem Leben konfrontiert zu sein, an das man selbst so schlechte Erinnerungenhat: TM:DakamendasoTransfrauenan,soRüschenbluseundRock:Schrei,ohGott,dasistgenau das,wasichnichtwill.dannbinichwiederabgehauen. 156

161 TM:Ich[ ]binjamitderjüngsteoperierteaufdiesemtreffenundwennjetztjemandneues dahinkommt,natürlich,werdendiejüngerenschonsoeinbisschenanmichverwiesen[ ]da [kommen]auchsolchefragen,sovonjüngeren: WiesprichtmandenneinMädchenan? [ ]Wo esdanngarnichtmehrumdieses ichbinjetztimzwiespaltinmeinemkörper geht,sondern einfach,wiesprecheicheinmädchenan,wirklichwiesoeinkleinerjunge,derdanndastehtund Mmh, was mache ich denn jetzt,wennichdietollfinde?,undsowasfindeicheinfachtotal klasse. DiemeistenTranssexuellenbesuchen,wennvorhandenunderreichbar,verschiedeneSHGs,bissie diejenigefinden,dieihrenbedürfnissenambestenentspricht.inderregelwerdendieshgsdabei über das Internet gesucht,oderdiesuchendepersonwirdvonanderentranssexuellenaufdie ExistenzderSHGhingewiesen. AllerdingserfordertderersteSchritthinzueinerSHGvondenmeistenTranssexuelleneinePortion Mut. Für viele sind die Mitglieder einer SHG die ersten Trans*menschen, die sie persönlich kennenlernen.zugleichisthierhäufigderort,andemzumerstenmalwünschewahrwerden,an demderoderdietranssexuellebeispielsweiseerstmals,ohnesichrechtfertigenzumüssen,mitdem Wunschnamenangeredetwird: TM:Dakamichdahin,unddafragtendiemichdirekt,wieichgenanntwerdenwollte,dahatte ichmirnochgarkeinegedankengemacht,alskind,wennichgespielthabe,warichimmerder [männlichername],unddannbinichauchdabeigeblieben. DersozialeKontaktzuMenschen,diediegleichenErfahrungenteilenunddiemanmag,sowieder Impuls,daseigeneWissenweiterzugeben,gehörenzudendiewichtigstenGründenfürTransmänner und Transfrauen, die SHGs auch dann noch weiter zu besuchen, wenn sie mit ihrer eigenen Transitionbereitsabgeschlossenhaben: TM: Unddahabenwirunssounterhalten, unddahabichgesagt,dassichdannauch Erfahrungswerteweitergebenwill,weilichdannfrohbin,dassdieNeuendasdannauchwissen, wasaufsiezukommt.ichwilljaauchweiterhindieleuteunterstützen. I:DubistdergroßeBruderinzwischen? TM:Ja,soeinbisschenschon[ ],binauchschonlangejetztdabei.undesmachtaucheinfach SpaßdieLeutekennenzulernen,diedann[ ]soeinbisschen[sind]sowieichfrüherwar,also diesesvorsichtige: Ah,waspassiertjetzt? [ ]aberesistjaeinfachnichtso,dukommstdarein, dukannstdichzujemandemsetzenoderdusitztalleine,essprichtimmerjemandmitdir,undda isteinfesteransprechpartner,woduweißt,diehabendieunddieophintersich,diehabenden unddenschrittgemacht,[ ]diefamiliegehtsoundsomitdemthemaum,undichbinauch nichtdereinzige,dersagt,meinefamilieistscheißezudemthema,alsoestrifftviele[ ].Solche Sachen,dasisteinfachdiesesganzeMiteinander.Dasisteinfachtotalklasse. 157

162 DieSHGssicherndurchihrekoordinierendeArbeit,durchdenInformationsaustauschunddurchdie gegenseitige Unterstützung den Zugang zum juristischen Verfahren und den Zugang zu guter medizinischer Versorgung. Die ehrenamtliche Struktur birgt jedoch immer das Problem der Überarbeitung:DieSHGswerdenmeistvonwenigenEhrenamtler_innengetragen,diedieSHGsüber Jahre hinweg organisieren und leiten und deren dauerhafter Ausfall potentiell das Ende der SHG bedeuten kann; die ehrenamtlich Tätigen leisten oft therapeutische Arbeit über den eigentlichen SHGaCharakter hinaus, haben aber keinen Zugang zu Supervision, die ihnen helfen könnte, den VerantwortungsdruckunddieansieherangetragenenLebensgeschichtenzuverarbeiten: TF:Wennichrichtigdrübernachdenke,sie[dieSHGs]solltengefördertwerdenundstärkerindie professionellennetzwerkeintegriertwerden.wirwurschtelndaallevorunshin,suchenleute, Ansprechpartner, können natürlich Mittel einwerben, auch wenn das immer schwieriger wird. AberesmüssteeinAustauscherfolgenzwischenMedizinernundSHG,ausdem,wasicheben geschilderthabe.ichbinalselektrologistinselbstberuflichinvolviertundführegesprächeund leisteeinenrelativdeutlichenteildergespräche,dieeigentlichzumtherapeutengehören.da mussesaustauschmöglichkeitenodereinbackupgeben.habeichallesnicht.manmussmehr miteinanderreden,eswirdaberimmerüberunsgeredet,wirwerdenfremdbestimmteinganz, ganzgroßesproblemhierimdeutschenmedizinwesen.manmachtstandardsüberuns,ohnemit uns zu reden. Beurteilt uns, verurteilt uns, stuft uns irgendwo ein, ohne mit uns über unsere Bedürfnissezureden. Eine weitere wesentliche Bedingung für die Entstehung und das Funktionieren von SHGs sind geeignete Räumlichkeiten. Kneipen, Cafés und andere öffentliche Orte werden einerseits von den meisten Transsexuellen nicht als ausreichend geschützt für private Gespräche empfunden und schließenandererseitsdenbeträchtlichenteiljenertranssexuellenaus,dienichtüberausreichende finanzielle Mittel verfügen. Die Räumlichkeiten müssen überdies erreichbar sein; da SHGs in der Regelabendsstattfinden,sinddiemeistenTranssexuellen,diekeinAutozurVerfügunghaben,auf öffentlicheverkehrsverbindungenangewiesen: TM:Daherbinichauchfroh,dassichdenStammtischbesuchenkann,auchwennervonmirfast 100kmwegist,eigentlichschlimmgenug,dassichinNRW100kmfahrenmuss,umeinefähige TherapeutinundeinefähigeSelbsthilfegruppezufinden 158

163 Der persönliche Kontakt zu Gleichgesinnten, der von vielen als authentischer und verlässlicher empfunden wird als die rein virtuelle Kommunikation über das Internet, erschließt eine wichtige Informationsquelle,derenFehlenvondenmeistenalsproblematischempfundenwird.Einegrößere Vielfalt an professionalisierten Beratungsangeboten auch außerhalb von SHGs (durchaus auch von Trans*MenschenfürTrans*Menschen)kanndiesemProblementgegenwirken. Es gibt bereits eine Vielzahl institutionalisierter sozialer und psychologischer Einrichtungen, die AnlaufstellenfürTranssexuellesindoderseinkönnten:soz.B.verschiedeneBeratungseinrichtungen wiedieantidiskriminierungsstelledesbundes(ads),frauenberatung,lesbenberatung,frauenaund Lesbenberatung, Schwulena und Lesbenberatung, Trans*Beratung, Trans*Beratung durch Trans*Menschen, Jugendberatungsstelle, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Pro Familia und anderepsychosozialeberatungsstellen. Die Transmänner, diedenfragebogenausfülltenunddiefrauena unddielesbenberatungin Anspruchnahmen,warenmitderBeratungdortüberhauptnichtzufrieden,mitderBeratungdurch Trans*MenschenundmitdenSHGsgrößtenteilssehrzufrieden,injedemFallaberzufrieden. Die Transfrauen machten schlechte bzw. eher schlechte Erfahrungen mit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS), dafür aber gute bis sehr gute Erfahrungen mit der Lesbenberatungbzw.derSchwulenaundLesbenberatung.AuchmitderTrans*Beratung(alsoeiner explizitfürtrans*menschen,abernichtvontrans*menschenangebotenenberatung)undmitder Trans*BeratungdurchTrans*MenschenwarendieBetroffenenzufriedenbissehrzufrieden,nurin einemfallüberhauptnichtzufrieden.dieberatungenbeingosundprofamiliasindpositivmarkiert. 159

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