Ein kritischer (journalistischer) Blick auf Merkwürdigkeiten und Ungereimtheiten des elektronischen Rechnungsaustauschs
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- Mareke Scholz
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Transkript
1 Ein kritischer (journalistischer) Blick auf Merkwürdigkeiten und Ungereimtheiten des elektronischen Rechnungsaustauschs Argumente zur Beurteilung von Chancen und Risiken Gerhard Schmidt COMPARIO Media-Edition-Consult
2 Hintergrund 2
3 Ziel Diskursbereiche aufzeigen Worüber müssen wir reden? Hinterfragen In welche Richtungen wollen uns bestimmte Interessengruppen drängen? Was ist wirklich nötig und sinnvoll? Einordnung von Fragen und Problemen Hilfe bei Entscheidung Risikoabschätzung Wirtschaftlichkeitsüberlegungen 3
4 Idealer Rechnungsaustausch Merkmale Medienbruchfrei von IT zu IT Daten statt (elektronisches) Papier Systemisch: jeder kann mit jedem Realität Papier: nicht medienbruchfrei, keine Daten, doch systemisch PDF: medienbruchfrei, systemisch, aber keine Daten EDI: medienbruchfrei, Daten, aber nicht systemisch 4
5 Interessengruppen Fachmedien und Kongressveranstalter stellen die Welt gerne komplizierter und erklärungsbedürftiger dar, als sie ist Verkäufer von Signaturen verunsichern die Unternehmen bezüglich aller Verfahren ohne Signatur Berater (Steuer-, IT-, Unternehmens-, Wirtschaftsprüfer) stellen neben echten Problemen gerne auch Randprobleme in den Mittelpunkt (z.b. Verfahrensdokumentation) Rechnungsdienstleister wollen, dass der elektronische Rechnungsaustausch nicht zu einfach wird Große Unternehmen wollen, dass sich an ihren etablierten Verfahren nichts ändert und der Rest der Welt sich nach ihnen richtet KMU haben keine Lobby, doch die größten Nutzenpotenziale Fazit Der ideale Rechnungsaustausch ist für manche Gruppen nicht in deren Interesse. In der Diskussion um die Bedeutung der Änderungen der MwStSysRL wurden viele Nebelkerzen geworfen. 5
6 Neuregelung Vorgaben Papierrechnungen und elektronische Rechnungen werden gleich behandelt Die Anforderungen an Papierrechnungen dürfen nicht steigen Es darf keine neuen Dokumentationsanforderungen geben Implikation Die Papierrechnung ist der Maßstab für elektronische Rechnungen Es ist falsch, von einem dritten Weg neben Signatur und EDI zu sprechen Die Feststellungslast für den Anspruch auf Vorsteuerabzug trug für jede Art von Rechnungen schon immer das Unternehmen auch für die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts 6
7 (Rechnungs)dokumenttypen Papier-Dokument Physisch Bild Unstrukturiert PDF-Dokument Elektronisch Bild Unstrukturiert, Daten nicht automatisiert weiterverarbeitbar Daten-Dokument (neuer Dokumentbegriff) Elektronisch Ggf. Visualisierung nötig Strukturiert, Daten automatisiert weiterverarbeitbar 7
8 Rechtlicher (Rechnungs)dokumentkontext Steuerrecht Umsatzsteuerrecht (bisher abweichend von) Ertragsteuerrecht Handelsrecht Zivilrecht Erforderlich Rechtsgebietsübergreifende Betrachtung 8
9 Dokumentsicherheit und Beweiswert Problem: Alle Dokumente Papier wie elektronisch kommen heute potenziell aus der Cloud Bei einem modernen Papierdokument ist im Allgemeinen anhand seiner physischen Eigenschaften nicht rekonstruierbar, wer es wo mit welchen technischen Mitteln erzeugt hat Bei einem elektronischen Dokument sowieso Frage: Woran lässt sich Dokumentsicherheit und Beweiswert festmachen? Bei Papier aus der Cloud? Neue Problem rechtlich noch nicht richtig erkannt Elektronisch?... 9
10 Dokumentsicherheit und Beweiswert Argumentationsansatz Wenn eine Rechnung inhaltlich korrekt ist (d.h. eine reale Lieferung/Leistung beschreibt und alle Pflichtangaben enthält), dann kann daraus geschlossen werden, dass sie sicher übertragen und aufbewahrt wurde. Tragfähigkeit Steuerrecht? Handelsrecht? Zivilrecht? 10
11 Recht zum Vorsteuerabzug Geknüpft an Rechnungsobjekt? Rechnung bringt Eigenschaft schon mit Geknüpft an Verfahren der Rechnungsprüfung? Eigenschaft entsteht erst beim Empfänger Problematisch, wenn das Verfahren regulatorisch nicht so festgelegt ist, dass es als formales Kriterium taugt 11
12 USt-Betrug und Rechnungssignatur Betrugsszenario Realer oder fingierter Umsatz? Prävention Ohne Wirkung solange Papierrechnungen erlaubt sind Auch fingierte Rechnungen können signiert sein! Forensik Inhaber der Signaturkarte identifizierbar Vor allem Gefahr einer formalen Falle des Fiskus! 12
13 Vorsicht vor schmutzigen Signaturen Problem: Signatur gibt keinen Aufschluss über die Echtheit der Herkunft Name des Rechnungsausstellers nicht in Signatur enthalten, weder in einem Attribut noch als Pseudonym Häufiger Fall ein Dienstleister signiert mit einer Signaturkarte für verschiedene Unternehmen Signaturprüfung 1. Ist die Signatur gültig nach Signaturgesetz? 2. Stimmt der Name des Rechnungsausstellers auf der Rechnung mit dem in der Signatur überein? Hoffnung aus der Praxis Der Finanzverwaltung war die Rechnungssignatur 10 Jahre ziemlich egal Daran wir sich angesichts der neuen Rechtslage rückwirkend wohl nichts ändern Märchen von der Pflicht, ein Prüfprotokoll als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug aufzubewahren Gefordert ist die Dokumentation der Signaturprüfung als Aufbewahrungsanforderung 13
14 Raubrittertum des Fiskus USt wird doppelt kassiert als USt durch Versagen des Vorsteuerabzugs aus formalen Gründen Skandalöse Gesetzgebung flankiert von höchstrichterlicher Rechtsprechung Resultat Angst in den Unternehmen, mit der sich vortrefflich Geschäfte machen lassen 14
15 Datenhunger des Fiskus 2000: GDPdU 2010: E-Bilanz 2020: Rechnungsdaten zeitnah ans Finanzamt z.b.: Rechnungen werden direkt über das Finanzamt verschickt oder: Clearingstelle für alle Eingangs- und Ausgangsrechnungen aller Unternehmen Voraussetzung: elektronischer Austausch im Standardformat 15
16 Austausch standard Vorbild: XBRL Taxonomie: Was ist eine Rechnung? Technik: In welchem Format werden Rechnungen ausgetauscht? Problem Zu viele Anforderungen Zu viele Interessen 16
17 Vereinbarungssbedarf Format der Rechnung EDI-Datensatz, text, -Anlage als PDF, Word, Excel, XML,... Protokoll des Austauschverfahrens EDI, , epostbrief, D , Postversand eines USB- Speichersticks,... Signatur mit oder ohne Zusatz Als Zusatz zum PDF (der Beleg) wird noch ein (XML-)Datensatz mitgeliefert. Als Zusatz zum (XML-)Datensatz (der Beleg) wird noch eine Visualisierung der Daten mitgeliefert (z.b. als PDF). Verfahren bei Änderungen 17
18 Verfahrensdokumentation Aus aktuellem Anlass werden die GoBS von 1995 immer wieder einmal in Erinnerung gerufen 2001: GDPdU 2011: Steuervereinfachungsgesetz Bedeutung für die Praxis? Fehlt eine Verfahrensdokumentation, ist das ein formaler Buchführungsmangel. Was inhaltlich darin zu stehen hat, traut sich die Finanzverwaltung nicht gerichtsfest zu formulieren. 18
19 Dimensionen / Diskursbereiche von Rechnungen Prozesskette... Angebot Auftrag Lieferschein Rechnung Aufbewahrung... Komplexität der Struktur Art, Anzahl und Detaillierung von Rechnungsbestandteilen Rechtsgebiete Handels-, Steuer-, Zivilrecht Ort der Verarbeitung Inhouse oder Outsourcing Technik Einbindung von Faktura- bzw. Buchführungssystem in gesamte Systemlandschaft Format Standard oder bilateral Austauschmedien Papier und/oder elektronisch Elektronische Verarbeitbarkeit Bild oder Daten Kunden-/Lieferantenstruktur Viele Privatkunden bis zu wenige Großkunden, Autorität der Lieferanten Kommunikation mit Geschäftspartnern Vereinbarungen zum elektronischen Rechnungsaustausch Internationale Ausdehnung national EU über EU hinaus 19
20 Verorten Sie sich richtig! Elektronische Verarbeitbarkeit Prozesskette Internationale Ausdehnung Kunden-/Lieferantenstruktur Austauschmedium Komplexität der Struktur Rechtsgebiete??? Format Technik Ort der Verarbeitung Kommunikation mit Geschäftspartnern 20
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