FLUCHT UND ASYL EINE HERAUSFORDERUNG NICHT NUR FÜR DIE KINDER- UND JUGENDHILFE
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- Kerstin Tiedeman
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1 FLUCHT UND ASYL EINE HERAUSFORDERUNG NICHT NUR FÜR DIE Bundesweite Kinderschutzkonferenz Dortmund 2014 Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz e.v. (ism) Flachsmarktstr Mainz Heinz Müller
2 2 1. Die Ausgangslage: Dilemmata die Neuordnung staatlicher Aufgaben die Kinder-und Jugendhilfe auf Erfolgskurs 2. Migration: Mythen und Fakten 3. Flucht und Asyl und die Kinder-und Jugendhilfe: die fachlichen Herausforderungen 4. Entwicklungsperspektiven
3 3 1. Die Ausgangslage: Dilemmata die Neuordnung staatlicher Aufgaben programmatische Veränderungen der Kinder- und Jugendhilfe Der Zeitpunkt: Kommunen unter Finanzdruck Schuldenbremse wer finanziert die soziale Infrastruktur Die Kinder- und Jugendhilfe unter Ausbaudruck: Kita Hilfen zur Erziehung Schulsozialarbeit Frühe Hilfen Kinderschutz. Die Kommunen wie die Kinder- und Jugendhilfe unter Handlungsdruck: die höchsten Flüchtlingszahlen seit 20 Jahren und kein Ende in Sicht
4 4 1. Die Ausgangslage: Dilemmata die Neuordnung staatlicher Aufgaben programmatische Veränderungen der Kinder- und Jugendhilfe Dieser Gesamtzusammenhang ist wichtig, um bei einem komplexen Thema: die pragmatisch notwendigen, die politisch definierbaren und fachlich erforderlichen Schlussfolgerungen aus der Analyse ziehen zu können
5 5 2. Migration: Mythen und Fakten Bei den Themen Migration, Flucht und Asyl handelt es sich um politisch stark besetzte wie normativ hoch aufgeladene Themen. Skandalisierung und Bedrohung (von Fluten und gebrochenen Dämmen, Schleppern und Schleusern, Flüchtlingsunterkünfte, die keiner vor der Tür haben will,. normativ: die Unterscheidung zwischen guten und schlechten Flüchtlingen, echte und nicht echte, Instrumentalisierbar: Ängste, Gerechtigkeitsfragen, Erfahrung von Fremdheit,
6 6 Globale Trends Derzeit sind etwa 50 Millionen Menschen auf der Flucht. So viele wie seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr (UNHCR 2014).
7 7 Globale Trends Etwa 80% aller Flüchtlinge weltweit leben in Entwicklungsländern (UNHCR 2014).
8 8 Quelle: UNHCR: Global Trends 2013
9 9 FLUCHT UND ASYL EINE HERAUSFORDERUNG NICHT NUR FÜR DIE
10 10 Globale Trends Etwa 50% aller Flüchtlinge weltweit sind Kinder und Jugendliche (UNHCR 2014).
11 11 Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2014
12 12 FLUCHT UND ASYL EINE HERAUSFORDERUNG NICHT NUR FÜR DIE
13 13 Die Fluchtgründe: Push und Pull-Faktoren Krieg, Bürgerkrieg, kriegerische Konflikte (politisch, ethnisch, religiös.) (Natur-)Katastrophen und ihre Folgen: Hunger, Krankheit, Spezifische Gründe: sexuelle Gewalt, Zwangsverheiratung, Zwangsarbeit/Versklavung, Individuelle Gründe: Verfolgung, staatliche Repressionen gegen Minderheiten,. Armut ist in der Regel kein Fluchtgrund, sondern ist die Folge von Krieg, Verfolgung, Repression, Ausbeutung,
14 14 Europa: trotz offener Grenzen und trotz einem erheblichen Wohlstandsgefälle innerhalb Europas gibt es nur wenig Binnenwanderung Migration zeigt in der Regel positive wirtschaftliche Netto Effekte (Ian Goldin 2013) höher wie die Sozialttansfers Ausdifferenzierung des Wirtschaftssystems, Aufstieg der einheimischen Bevölkerung, Unterschichtung durch Migration Abfederung der Folgen des demographischen Wandels.
15 15 Aber: Die positiven Effekte stellen sich erst über eine mittlere Zeitspanne ein und sind von gesamtgesellschaftlichem Nutzen Die Herausforderungen durch Migration müssen im sozialen Nahraum, über die soziale Infrastruktur und das Bildungssystem unmittelbar bearbeitet werden.
16 16 Zwischenfazit Es gibt nicht den Migranten, den guten oder den schlechten Flüchtling, legitime bzw. illegitime Gründe für Flucht oder Zuwanderung, Nicht die Migranten sind das Problem, sondern die ungelösten Gestaltungsaufgaben, die sich aus der Zuwanderung sehr unterschiedlicher Menschen ergeben, Die politische Debatte konzentriert sich fast ausschließlich auf die Frage der besseren Abschottung und Abschreckung
17 17 Zwischenfazit Viele Probleme sind wider besserem Wissen hausgemacht: Unterbringung in Lagern, Bildung von Gettos, menschenunwürdige Wohnungen, sehr lange Verfahren, Arbeitsverbote,. Die Ausgestaltung der Migrationsgesellschaft ist eine gesamtstaatliche Daueraufgabe
18 18 3. Flucht und Asyl: Was hat das mit der Kinder-und Jugendhilfe zu tun? Derzeit leben ca Kinder-und Jugendliche in Deutschland, die als Flüchtlinge eingereist sind. Ca leben in Lagern (Schätzungen) Der rechtliche Rahmen ist zunächst eindeutig: Un-Kinderrechtskovention Artikel 3 [Wohl des Kindes] (1) Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.
19 19 3. Flucht und Asyl: Was hat das mit der Kinder-und Jugendhilfe zu tun?
20 20 Zur Analyse der Ausgangslage: die Kinderund Jugendhilfe und soziale Gerechtigkeit Kinder- und Jugendhilfe ist In der Mitte der Gesellschaft angekommen, dritte Sozialisationsinstanz neben Familie und Schule, eine verlässliche personenbezogene soziale Dienstleistung (Betreuung, Erziehung, Bildung, Hilfe, Schutz) zunehmend ein Dienstleister für andere gesellschaftliche Teilsysteme und die Organisation des Sozialen (Bildung, Arbeit, Justiz, Integration, Inklusion) Der Zugang zu bedarfsgerechten Angeboten entscheidet mit über gesellschaftliche Teilhabechancen
21 21 Normalisierung der Kinder- und Jugendhilfe und Funktionswandel
22 22 Der normative Bezugsahmen der Kinder- und Jugendhilfe: Determinanten von Ungleichheit Soziale Herkunft (Schicht, Bildung, Migrationshintergrund ) Familiale Herkunft (beide Eltern, allein Erziehend, soziale Netze ) Bedingungen des Aufwachsens Räumliche Herkunft (Stadt, Land, Migration ) Reproduktion über Schule, Kinder- und Jugendhilfe, Gesundheitssystem, soziale Milieus,.
23 Der normative Bezugsahmen der Kinderund Jugendhilfe: Verwirklichungschancen und Befähigungsgerechtigkeit Realisierungsbedingungen von Menschenwürde (z.b. Central capabilities ) Individuelle Realfreiheiten und Handlungsoptionen (Realisierung individueller Lebensentwurf ) Analyse Beteiligung
24 Central Capabilities von M. Nussbaum 1999, 2000,2006 Professionelle Kompetenzen Pädagogische Konzepte (1) Leben z.b. Fähig zu sein, ein Leben von normaler Länge zu leben,. (2) Körperliche Gesundheit z.b. Fähig zu sein, über eine gute Gesundheit zu verfügen,. (3) Körperliche Integrität z.b. Fähig zu sein, zur ungehinderten Ortsveränderung, zur Sicherheit vor Gewalt,. (4) Sinne, Vorstellungen, Gedanken z.b. Fähig zu sein, die Sinne zu gebrauchen und zu denken, (5) Gefühle z.b. Fähig zu sein, emotionale Bindungen einzugehen,. Räume Organisatorische Rahmenbedingungen
25 Professionelle Kompetenzen Pädagogische Konzepte (6) Praktische Vernunft z.b. Fähig zu sein, eine Vorstellung vom Guten zu bilden, kritische Reflexionsfähigkeit. (7) Zugehörigkeit z.b. Fähig zu sein, für und mit anderen Menschen zu leben, Selbstrespekt, (8) Andere Lebewesen z.b. Fähig zu sein, zu einer Beziehung zur Welt der Natur. (9) Spiel z.b. Fähig zu sein, zu spielen, lachen, (10) Politische Kontrolle z.b. Fähig zu sein, an politischen Entscheidungen teilzuhaben, über Eigentum zu verfügen, Räume Organisatorische Rahmenbedingungen
26 26 Flucht und Asyl Kinderrechte und Kinderschutz: zwei Seiten einer Medaille 1. Kinderrechte als Ermöglichung von guten Bedingungen des Aufwachsens 2. Kinderschutz: Intervention des Staates zur Abwendung von Gefährdungen, fehlender Mitwirkungsbereitschaft der Eltern, Abs. 1 BGB
27 27 Die (sozial)pädagogischen Herausforderungen Kulturelle Orientierungen Sprache Die unbestimmte Zukunft Der junge Mensch Die Erfahrungen vor, während und nach der Flucht (Kritisches Lebensereignis) Benachteiligungen, Diskriminierung, Das komplizierte Rechtssystem
28 28 Fünf Thesen Die Herausforderungen und was wir daraus für die Kinder- und Jugendhilfe lernen können
29 29 1. Die mächtigen Bilder der Flüchtling, dass unbekannte Wesen Bilder von Krieg, Vertreibung, Gewalt aber auch von Überflutung sogenannten Wirtschafts- /Sozialflüchtlingen Kaum Informationen über den jungen Menschen, keine Akten, keine Diagnosen, keine Vorgeschichte Junge Flüchtlinge sind in erster Linie Kinder/Jugendliche Der verstellte und unverstellte Blick auf den erzieherischen Bedarf
30 30 Der erzieherische Bedarf
31 31 2. Der Flüchtling als Inbegriff des Fremden die Migrationsgesellschaft als Normalität die Gefahr der Kulturalisierung von Deutungsmustern, der Spezialisierung, Das Fremde als konstitutiver Bestandteil von professioneller Arbeit (viele Hilfen brechen nicht deshalb ab, weil zu wenig getan wird, sondern weil der junge Mensch/ Familie nicht verstanden wurde)
32 32 3. Sprache, Lebensbildung, Kompetenzerwerb und Schule: was ist Aufgabe der Kinder-und Jugendhilfe und was macht Schule? Komplementarität der beiden System Abgesicherte Kooperationen Kinder, Jugendliche und Familien in der Migrationsgesellschaft als gemeinsamer Bezugspunkt
33 33 4. Was können Einzelfallhilfen alles leisten oder braucht es neue Konzepte für strukturelle Gefährdungslagen? Anerkennung struktureller Gefährdungslagen Rechtliche Absicherung von Prävention
34 34 5. Wie politisch ist die Kinder- und Jugendhilfe? Durchsetzung von Menschenrechten (z.b. Kirchenasyl), Der Hinweis auf die Ursachen von sozialen Problemen, Fluchtgründe, Öffentliche und freie Träger, zivilgesellschaftliche Organisation neue Formen der politischen Einmischung?
35 35 Entwicklungsaufgaben und Perspektiven 1.Pädagogik kann Politik nicht ersetzen Gesellschaftliche Aushandlung über die Bedeutung des Aufwachsens in öffentlicher Verantwortung und die Zukunft des Sozialen 2.Die Finanzausstattung der Kommunen neu regeln den Aufgaben anpassen und dabei der Kinder- und Jugendhilfe einen eigenen Stellenwert beimessen 3.Kooperationen an den Schnittstellen der Kinderund Jugendhilfe rechtlich verankern z.b. Schule, Gesundheitssystem, Arbeitsverwaltung
36 36 4. Die Analyse der Kinder-und Jugendhilfe im Umgang mit Flucht und Asyl verdichtet wie in einem Brennglas strukturelle Fragen: z.b. Einmischungsmöglichkeiten, Stadtentwicklung, Kooperationen, 5. Professionelle Reflexionen im Umgang mit dem Fremden, Verstehen und Beteiligen im Kontext von Lebensbildung und unbekannten Lebenswelten
37 37 6.Menschenrechte als politischer Bezugspunkt der Kinder-und Jugendhilfe stärken Was bedeutet gute Erziehung, Bildung, gesundes und gerechtes Aufwachsen? 7.Die Jugendämter als strategische Zentren in den Kommunen weiter entwickeln und fachliche Standards stärken Zur Jugendhilfeplanung, Hilfeplanung, Netzwerkarbeit. 8.Die Ausgestaltung der Migrationsgesellschaft ist eine gesamtstaatliche Aufgabe abgestimmte Handlungsstrategien Bund Länder - Kommen
38 VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT! Bei weiteren Fragen können Sie uns gerne kontaktieren: Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz e.v. (ism) Flachsmarktstr Mainz Tel: Fax:
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