Modul 55104: Staats- und Verfassungsrecht
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- Ralph Bruhn
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1 Modul 55104: Staats- und Verfassungsrecht Besprechung der Klausur aus dem SS 2014
2 Fragestellung: Prüfung von Grundrechtsverletzungen Fallfrage genau lesen! Keine Verfassungsbeschwerde, also nicht Zulässigkeit prüfen! Obersatz: B könnte in seinem Grundrecht auf gemäß Art. GG verletzt sein. Dies ist der Fall, wenn der Schutzbereich des Art. GG eröffnet ist, ein Eingriff in den Schutzbereich vorliegt und dieser Eingriff nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.
3 Prüfungsaufbau I. Schutzbereich 1. Personeller Schutzbereich 2. Sachlicher Schutzbereich II. Eingriff III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung 1. Einschränkbarkeit des Grundrechts 2. Gesetzliche Grundlage 3. Verfassungsmäßigkeit des grundrechtseinschränkenden Gesetzes a) Formelle Verfassungsmäßigkeit b) Materielle Verfassungsmäßigkeit, insbes. Verhältnismäßigkeit i. w. S. (a) Legitimer Zweck (b) Geeignetheit (c) Erforderlichkeit (d) Angemessenheit / Verhältnismäßigkeit i. e. S. Folie 3
4 Versammlungsfreiheit, Art. 8 Abs. 1 GG: Personeller Schutzbereich Deutschen-Grundrecht Problem 1: Grundrechtsberechtigung juristischer Personen Art. 19 Abs. 3 GG: Erforderlich ist eine grundrechtstypische Gefährdungslage bzw. ein personales Substrat (BVerfGE 21, 362/369) Problem 2: Grundrechtsberechtigung juristischer Personen des öffentlichen Rechts Grds. keine Grundrechtsträger, weil die Grundrechte den Staat nicht gleichzeitig verpflichten und berechtigen können (Konfusionsargument) Ausnahmsweise Grundrechtsberechtigung aber, wenn die Tätigkeit der juristischen Person des öffentlichen Rechts sonst nicht möglich ist. Folie 4
5 Versammlungsfreiheit, Art. 8 Abs. 1 GG: Sachlicher Schutzbereich Problem: Versammlungsbegriff - Zusammenkommen mehrerer Personen (mind. 2) - Innere Verbindung durch Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks - Beitrag bzw. Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung Folie 5
6 Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Art. 4 Abs. 1 GG Schutzbereich Personeller Schutzbereich: Jedermannsrecht Probleme: wie oben Sachlicher Schutzbereich: Keine negative Religionsfreiheit, sondern positive Freiheit der atheistischen Weltanschauung Forum internum : Recht, einen Glauben oder eine Weltanschauung zu bilden oder zu haben Forum externum : Recht, nach der Maßgabe des Glaubens oder der Weltanschauung zu handeln (geistiger Gehalt und äußeres Erscheinungsbild) Folie 6
7 Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Art. 4 Abs. 1 GG: Eingriff Moderner Eingriffsbegriff: Alle Maßnahmen, die ein in den Schutzbereich eines Grundrechts fallendes Verhalten unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise unmöglich machen. Für Art. 4 Abs. 1 GG gilt: Die Weltanschauungsfreiheit wird beeinträchtigt, wenn ein in den Schutzbereich fallendes Verhalten durch staatliche Tätigkeit geregelt oder in sonstiger Weise mehr als nur unerheblich behindert wird. Als Eingriffe kommen vor allem staatliche Ge- und Verbote in Betracht, die sich auf vom Schutzbereich erfasste Verhaltensweisen negativ auswirken, ferner die Anknüpfung negativer Rechtsfolgen (etwa Sanktionen) an glaubens- oder weltanschauungsgeleitete Tätigkeiten. Folie 7
8 Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Art. 4 Abs. 1 GG: Verfassungsrechtliche Rechtfertigung I Kein Gesetzesvorbehalt Aber verfassungsimmanente Schranken = kollidierendes Verfassungsrecht - Entgegenstehende Grundrechte Dritter - Andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtswerte Hier: Religionsfreiheit christlich geprägter Bürgerinnen und Bürger Folie 8
9 Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Art. 4 Abs. 1 GG: Verfassungsrechtliche Rechtfertigung II Gesetzliche Grundlage: 6 Abs. 3 Nr. 1 LFTG Laut Sachverhalt formell verfassungsmäßig Materielle Verfassungsmäßigkeit: Mangels anderer Anhaltspunkte im Sachverhalt ist nur die Verhältnismäßigkeit i. w. S. zu prüfen Folie 9
10 Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Art. 4 Abs. 1 GG: Verfassungsrechtliche Rechtfertigung III Verhältnismäßigkeit Legitimer Zweck: Schutz des Feiertags Karfreitag Geeignetheit (definieren!) Der Eingriff ist geeignet, wenn er die Erreichung des legitimen Zwecks zumindest fördert. Erforderlichkeit (definieren!) Der Eingriff ist erforderlich, wenn kein ebenso geeignetes, aber den Einzelnen weniger belastendes Mittel zur Erreichung des legitimen Zwecks ersichtlich ist. Angemessenheit (definieren!) Zweck-Mittel-Relation: Der Eingriff ist angemessen, wenn die Auswirkungen des Eingriffs und der legitime Zweck in recht gewichtetem und wohl abgewogenem Verhältnis zueinander stehen (Pieroth/Schlink) Folie 10
11 Verhältnismäßigkeit i. w. S.: Insbes. Erforderlichkeit Mildere Mittel denkbar? - Genehmigungsvorbehalt für Versammlungen im LFTG? 10 Abs. 1 LFTG sieht bereits Ausnahmen vom Tanzverbot vor. - Zeitliche Verkürzung des Tanzverbots? Nicht ebenso geeignet, weil der Charakter des Karfreitags als stiller Feiertag gefährdet wäre. Folie 11
12 Verhältnismäßigkeit i. w. S.: Insbes. Angemessenheit Abwägung: Religionsausübungsfreiheit christlich geprägter Bürgerinnen und Bürger vs. Weltanschauungsfreiheit atheistisch eingestellter Bürgerinnen und Bürger Grds. keine Pflicht des Staates, alle weltanschaulich-religiösen Bezüge im gesellschaftlichen Leben auszuschalten. - Vorteile für Atheisten und Nachteile für Christen bei Durchführung der Veranstaltung - Vorteile für Christen und Nachteile für Atheisten bei Verbot der Veranstaltung Folie 12
13 Verhältnismäßigkeit i. w. S.: Insbes. Angemessenheit Erwägungen: - Nicht- bzw. Andersgläubige sind nicht gezwungen, an christlichen Feiern teilzunehmen; im privaten Bereich können sie sich völlig frei entfalten. - Christen können sich dagegen der reißerisch-provokanten Werbung einer atheistischen Veranstaltung nicht entziehen, auch wenn die Veranstaltung selbst in geschlossenen Räumlichkeiten stattfindet. - Art. 140 GG i.v.m. Art. 139 WRV: verfassungsrechtlicher Auftrag zum Schutze der Sonn- und Feiertage, jedoch keine Garantie für das Fortbestehen bestimmter Feiertage. Folie 13
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