Praxishandbuch Einkauf. Dipl.-Ing. Wilfried Krokowski
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- Hedwig Fischer
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1 Praxishandbuch Einkauf Dipl.-Ing. Wilfried Krokowski
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3 Inhaltsverzeichnis 1 1 EINFÜHRUNG 1.1 Trends im Bereich Global Sourcing 2 GRUNDLAGEN DES GLOBAL SOURCING 2.1 Chancen und Risiken des Global Sourcing 2.2 Sourcing Strategien 2.3 Prozess Global Sourcing 2.4 Anforderungen an das Unternehmen 3 INTERNATIONALES BESCHAFFUNGSMANAGEMENT 3.1 Weltweite Beschaffungsmärkte 3.2 Lieferantenmanagement im internationalen Bereich 3.3 Internationale Beschaffungslogistik 3.4 E-Business und Global Sourcing 4 KONTROLLINSTRUMENTARIEN 4.1 Das Total Cost of Ownership Konzept 4.2 Mikroökonomische Entscheidungsebene 4.3 Makroökonomische Entscheidungsebene 4.4 Einkaufscontrolling und Informationsmanagement 5 PRAKTISCHE UMSETZUNGN 1 Vgl.: Globalisierung des Einkaufs, W.Krokowski, Seite 1 246; Springer Verlag Berlin 3
4 1 Einführung Global Sourcing Der weltweite Einkauf ist heute fundamentaler Bestandteil einer marktorientierten Beschaffungspolitik. Unter dem derzeitigen Kostendruck vieler Unternehmen ist das Auffinden von weltweit günstigen Beschaffungsquellen fast die einzige Chance, sich mit seinen Produkten am Markt zu behaupten. Global Sourcing ist jedoch mehr als nur die Suche nach den weltweit günstigeren Beschaffungsquellen. Der Zugriff auf weltweite Technologieund Prozesskenntnisse, Erfüllung von Local Contents, Erweiterung der weltweiten Lieferantenbasis, Unterstützung der globalen Vertriebs- und Produktionsstrategien und die Überprüfung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Umfeld sind nur einige Gründe, warum Global Sourcing bei den meisten Unternehmen ziemlich weit oben auf die Prioritätenliste gesetzt wird. Der immer härter werdende internationale Wettbewerb und die damit verbundene Globalisierung nahezu aller Bereiche der Wirtschaft zwingen den Einkäufer, sich auch außerhalb der Grenzen Deutschlands und damit in anderen Rechts-, Sprach- und Kulturbereichen nach günstigen Beschaffungsmöglichkeiten umzusehen. Abbildung: Gründe für den internationalen Einkauf 2 Global- Sourcing 34% Heute Global- Sourcing 47% Zukünftig Local- Sourcing 66% Local- Sourcing 53% 2 Quelle: Studie TU Berlin 1999, W.Krokowski. 4
5 Auch der Mittelstand muss in Zukunft in vermehrtem Maße weltweit beschaffen. Im Moment beträgt die Quote ausländischer Beschaffungen bei Unternehmen mit einem Einkaufsvolumen von 10 bis 100 Millionen rund 10%. Dieser Anteil ist deutlich zu gering, um international wettbewerbsfähig zu sein. Die Beschaffung, vor allem die globale, kann als Hebel zur Verbesserung der Kostensituation betrachtet werden. 3 Anders hingegen sieht die Gesamtstatistik der deutschen Handelsbilanz aus. Der Importanteil der deutschen Industriegüter liegt gegenwärtig bei rund 35 % (einschließlich der weltweit operierenden Großunternehmen) mit steigender Tendenz. Abbildung: Local Sourcing vs. Global Sourcing aufgeteilt nach Industribranchen 4 Automobilindustrie Maschinenbau- und Metallindustrie Energie- und Umwelttechnik Elektrotechnik, DV- Industrie Heute Zukünftig Heute Zukünftig Heute Zukünftig Heute Zukünftig Local-Sourcing Global-Sourcing 0% 20% 40% 60% 80% 100% Eine Analyse der Handelsbilanz Deutschlands zeigt, dass ¾ der Importe aus dem europäischen Binnenmarkt und 10 % des Importvolumens aus Südostasien (ohne Japan) stammen. Der Wert der Importe aus Asien hat in den letzten Jahren, im Vergleich zu anderen Beschaffungsregionen, am stärksten zugenommen. 3 Vgl. N. N.: Internationaler Einkauf, Titelgeschichte in MARKT UND MITTELSTAND 2/98, S Quelle: Studie TU Berlin 1999, W.Krokowski. 5
6 Abbildung: Global Sourcing aufgeteilt in Beschaffungsregionen 5 Heute Zukünftig Global Sourcing - Beschaffungsregionen Europa USA Asien Global Sourcing 0% 20% 40% 60% 80% 100% Ursachen des zunehmenden Handels und der immer größeren Arbeitsteilung zwischen den Teilen der Weltwirtschaft sind die zunehmende Spezialisierung und die abnehmende Wertschöpfungssowie Fertigungstiefe. 6 Die Unternehmen konzentrieren sich zusehends auf ihre Kernkompetenzen, um die Komplexität innerhalb der Organisation zu reduzieren. Das Pendant zum Global Sourcing, das Local Buying (die Beschaffung in nationalen und regionalen Märkten), wird durch den verstärkten weltweiten Einkauf ebenfalls beeinflusst. 7 Die lokalen Hersteller in der Nähe können langfristig nur überleben, wenn sie sich an den Weltmarktpreisen und -leistungen orientieren bzw. durch neue und innovative Dienstleistungen Kundenbeziehungen aufbauen und festigen können. Andernfalls werden sie, wenn sie sich nicht differenzieren, wohl früher oder später von Importprodukten vom Markt verdrängt. Langfristig dürfte wohl kein Weg am Global Sourcing vorbeiführen. Falls man es selbst nicht ausnutzt, wird es der Konkurrent tun mit der Folge eines größeren Preisdrucks und infolgedessen Absatzrückgang oder verminderter Gewinn bzw. Verlust bis hin zum Konkurs des eigenen Unternehmens. Agieren ist besser als reagieren. Global Sourcing sollte nicht angewendet werden, wenn der Wert der zu beschaffenden Güter und Dienstleistungen in keinem Verhältnis zu den zusätzlichen Aufwendungen für Personal, Kommunikation, Transport, Logistik usw. steht Quelle: Studie TU Berlin 1999, W.Krokowski. 6 Vgl. N. N.: Beschaffungsmanagement, Dr. Wieselhuber & Partner, S Vgl. N. N.: Beschaffungsmanagement, Dr. Wieselhuber & Partner, S
7 Auch die erforderliche operative Versorgungssicherheit ist zu prüfen. Falls bei Ausfall des Beschaffungsgutes sofort die ganze Produktion stillsteht und keine Ersatzbeschaffungsmöglichkeit in der Nähe besteht, ist Global Sourcing nicht angebracht, es sei denn die Vorteile sind so groß, dass man sich ein umfangreiches Zwischenlager leisten kann. Erfolgreiches Global Sourcing kann nur betrieben werden, wenn man die Chancen und Risiken erkennt sowie transparente und gesamtheitliche Entscheidungsabläufe schafft. Bei aller sorgfältiger Abwägung wird ein Restrisiko übrig bleiben. Der Grundsatz ohne Risiko kein Geschäft gilt besonders im Bereich Global Sourcing. Eine alte chinesische Weisheit sagt: Besser als die Unwissenden sind die, die Bücher lesen; Besser als diese sind die, die das Gelesene behalten; Noch besser sind die, die es begreifen, am besten sind die, die an die Arbeit gehen. 1.1 Trends im Bereich Global Sourcing Der Begriff Global Sourcing, oder weltweiter Einkauf, ist keine Erfindung der Neuzeit. Schon Marco Polo ( ) und Kaufmannsleute wie die Fugger (Jakob II, ) betrieben zu Zeiten, als der amerikanische Kontinent noch nicht entdeckt war, ihren weltweiten Handel. Ebenfalls die asiatischen/indischen und ostafrikanischen/arabischen Völkerstämme führten zu Vorzeiten multinationalen Handel. Global Sourcing ist somit keine amerikanische oder neuzeitliche Erfindung, sondern ist tief in den Wurzeln unserer Kultur verankert. Der Begriff Global Sourcing im heutigen Sinne bedeutet nichts anderes als die Ausnutzung sämtlicher Beschaffungsquellen weltweit. Während in der Vergangenheit die Rohstoffe Ausgangsbasis für einen weltweiten Handel waren, hat in den letzten Jahrzehnten der Faktor Arbeit zunehmend an Bedeutung gewonnen und ist häufig letztendlicher Entscheidungsgrund, in welchem Land am kostengünstigsten produziert werden kann. 7
8 Sportartikel aus Korea oder Taiwan, Textilien aus Hong Kong oder China, Computer und Monitore aus Singapur oder Malaysia, Software aus Indien und Amerika, mechanische Baugruppen aus Osteuropa, Rohstoffe aus Südafrika und Australien, Textilien aus Afrika, sowie Unterhaltungselektronik aus Japan sind nur allzu deutliche Beispiele dieser heutigen weltweiten Beschaffungsart. 8 Für den modernen Einkäufer, unterstützt durch die vielfältigen Kommunikationstechnologien und -formen, ist dieses weltweite Denken und Handeln längst Realität und gehört zu seinem alltäglichen Geschäft. Industriezweige, die einen hohen Anteil an Importen aufzuweisen haben, wie zum Beispiel die Konsumer-, Elektronik-, und Textilindustrie, stellen fest, dass auch der weltweite Beschaffungsmarkt dynamischen Prozessen unterliegt, dies kann am Beispiel Asien sehr anschaulich dargelegt werden. Während in der Vergangenheit Japan, Korea, Singapur und Hong Kong zu den Billiglohnländern zählten, hat sich in den letzten Jahren ein geographischer Wandel vollzogen. Über Hong Kong, Singapur, Taiwan, Korea haben sich neue Länder wie China, Malaysia, Indonesien und Thailand hervorgetan. Japan und die Tigerstaaten werden heute mit den gleichen Problemen konfrontiert wie die westlichen Länder. Der Zwang zur Automatisierung und die Reduzierung der Fertigungstiefe, verbunden mit "Outsourcing", sind heute schon Schwerpunkte der Unternehmenspolitik vieler fernöstlicher Konzerne. Wer sich in das Umfeld des Global Sourcing begibt, benötigt ausgezeichnete Werkzeuge und Instrumente, um die Risiken - und davon gibt es mehr als genug - einer globalen Beschaffungspolitik möglichst transparent und überschaubar zu halten. Jedes Unternehmen muss für sich selbst entscheiden, ob es sich auf wenige Stammlieferanten verlässt oder ob es eine möglichst breit gestreute Lieferantenstruktur zulässt. Höchste Lieferbereitschaft, ein Optimum an Zuverlässigkeit und Kostenminimierung werden auch in Zukunft die Hauptanforderungen an den Lieferanten sein. Daraus abgeleitet ergibt sich die Forderung nach einer Lieferantenauswahl unter dem Gesichtspunkt von Prozesskosten und einer permanenten Lieferantenbewertung hinsichtlich Kosten, Liefertreue, Flexibilität, Qualität, Technologie, Länderrisiko und Marktbedingungen. 8 Vgl. KROKOWSKI: TOTAL COST OF OWNERSHIP (TOCO), Ein unterstützendes Instrument zur Lieferantenauswahl im Bereich der Beschaffungslogistik, S. 5, in: RKW-HANDBUCH LOGISTIK, Lfg. I/93, Artikel
9 Die Total-Cost-of-Ownership (TOCO)-Philosophie setzt eine permanente Berechnung und Überprüfung folgender Kriterien voraus: - Lieferantenstrategie - Lieferantenauswahl - Lieferantenbewertung - Kostenkontrolle Besonders hervorzuheben ist hierbei die gesamtheitliche Betrachtungsweise. Der Beschaffungsbereich muss hierbei neben den direkten Kostenfaktoren auch indirekte Kostenfaktoren wie Länderrisiko, Qualitätskosten, Kosten durch Lieferabweichungen, Lagerkosten etc. unbedingt in den Beurteilungs- und Entscheidungsprozess mit einbeziehen. Mit der Weiterentwicklung von neuen Beschaffungsstrategien wird sich im Unternehmen das gesamte logistische Umfeld ändern. Der gesamte Materialfluss, inner- und außerbetrieblich, muss überdacht werden. JIT- Anliefermethoden und Sicherheitsläger sind zu überprüfen. Neue Qualitätskonzepte müssen entwickelt werden, die gemeinsam zwischen Lieferant und der eigenen Qualitätssicherung zu erarbeiten und zu vereinbaren sind. Kostenkontrollinstrumente verlangen eine stärkere Einbindung der betrieblichen Finanz- oder Controlling-Abteilung. Kommunikationstechniken wie INTERNET, und DFÜ-Anbindung bedürfen einer raschen Einführung und zügigen Weiterentwicklung im eigenem Unternehmen. Nur so kann mittel- und langfristig sichergestellt werden, dass der Einkauf und die Logistik einen aktiven und entscheidenden Anteil am Unternehmenserfolg leisten und der Produktionsbetrieb internationalem Konkurrenzdruck standhält. Jüngste Studien belegen, dass die Gründe für das Global Sourcing vielschichtig sind. Obwohl heute noch rund 80 % der Unternehmen die Reduzierung von Material- und Beschaffungskosten als Hauptargument für den internationalen Einkauf angeben, ändert sich dieses Bild sehr rasch. 9
10 HEUTE KOSTENGÜNSTIGERE BEZUGSQUELLEN 80 % Unterstützung Vertrieb / Joint Venture Wettbewerb/ Benchmarking 12 % 8 % Quelle: Global Procurement Consulting, eigene Befragungen 1/3 UNTERSTÜTZUNG VERTRIEB / JOINT VENTURE Abbildung: Gründe für den internationalen Einkauf 9 Global Sourcing KOSTENGÜNSTIGERE BEZUGSQUELLEN WETTBEWERB/ BENCHMARKING 1/3 1/3 ZUKUNFT Für viele Firmen war die weltweite Beschaffung von Materialien und Dienstleistungen der erste Schritt auf dem Weg zur Produktion und zum Aufbau eines eigenen Vertriebs im Ausland. Der international erfahrene Einkaufsstratege wird zum wertvollen Informationsvermittler für das eigene Unternehmen. Er kann den ausländischen Markt analysieren und bewerten, ferner kann er zielgerichtet neue internationale Firmenkontakte gewinnbringend für den Vertrieb und der Produktion einbringen. Im Vergleich dazu eine Studie des Center for Advanced Purchasing Studies (CAPS - Tempe, Arizona) von amerikanischen Unternehmen zum Thema Global Sourcing. Die nachstehende Abbildung zeigt die Gründe für eine weltweite Beschaffungspolitik aus amerikanischer Sicht. 99 Quelle: Global Procurement Consulting. 10
11 Abbildung: Global Sourcing aus der Sichtweise von amerikanischen Firmen Gründe des Global Sourcing Bedeutung Kostenreduzierung 5,00 Zugriff auf weltweite Technologien 4,89 Zugriffe auf weltweite Prozesstechnologie 4,70 Bekanntgabe von weltweitem Wettbewerb bei bestehenden Lieferanten 4,38 Qualitätsverbesserungen 3,87 Erweiterung der möglichen weltweiten Lieferantenbasis 3,68 Festigung der Präsenz in fremden Märkten 3,52 Erfüllung von Gegengeschäften 3,09 Liefer- und Zuverlässigkeitsverbesserungen 3,06 Bewertung: 1 = gering, 4 = mittel, 7 = sehr bedeutend Während Kostenreduzierung und der Zugriff auf weltweite Technologie bei den Amerikanern einen besonders hohen Stellenwert haben, sind strategische Ziele wie Festigung der Präsenz in fremden Märkten und Erweiterung der weltweiten Lieferantenbasis von untergeordneter Bedeutung. 11
12 Global Sourcing bedarf einer klaren Abwägung der Vor- und Nachteile unter dem Aspekt der gesamtunternehmerischen Betrachtungsweise. Nachfolgend sind einige Faktoren dieses Entscheidungsprozesses beschrieben. Abbildung: Chancen und Risiken im Global Sourcing 10 CHANCEN Erschließung neuer Beschaffungsmärkte Kostenvorteile Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit Vertriebsunterstützung RISIKEN Kostenrisiko Qualitätsprobleme Flexibilitätsverlust Logistikprobleme Kommunikationsprobleme 1010 Quelle: Global Procurement Consulting. 12
13 2. Grundlagen des Global Sourcing 2.1 Chancen des Global Sourcing Preisvorteile. Sowohl Input- als auch Transformationskosten können in anderen Ländern günstiger sein und/oder sich in Zukunft dahingehend entwickeln. Da in Deutschland kaum eigene Rohstoffe billig förderbar sind und hohe Lohn- und Lohnnebenkosten zu bezahlen sind, bietet sich die Möglichkeit durch den internationalen Bezug von günstigen Vorprodukten und Dienstleistungen seine eigenen Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen verkaufen zu können. Die Nachteile des Produktionsstandortes Deutschland, verursacht durch kostspielige gesetzliche Auflagen - deren Nutzen leider allzu häufig in Frage gestellt werden muss - und langwierige Genehmigungsverfahren können somit überwunden werden. Die konsequente Umsetzung von Global Sourcing kann den Weltmarktanteil der deutschen Endprodukte erhöhen bzw. zu gesteigerten Renditen in den Unternehmen führen und letztendlich Arbeitsplätze in Deutschland sichern. Die Konzentration auf das Kerngeschäft im Inland und die Bedienung durch internationale Partner in Randbereichen kann als große Chance betrachtet werden. Da auch die Entwicklungskosten überwiegend aus Lohn- und Gemeinkosten bestehen, gilt auch hier der Ansatz der Vorteile des Global Sourcing. Als Beispiel sei hier Indien für die Entwicklung von Software und Asien im Bereich der Elektronik genannt. Eine Verlagerung von Entwicklungsleistungen wird zudem durch die zunehmende Verbreitung und Nutzung der Datenfernübertragung, des Internet und die Verbilligung der Telekommunikationskosten begünstigt. Die Subventionierung oder Förderung eines bestimmten Produkts beziehungsweise einer Branche sowie Steuervorteile durch den ausländischen Staat können ebenfalls einen Beschaffungsvorteil gegenüber dem nationalen Einkauf bringen. 11 Dies kann jedoch nur von 11 Vgl. N. N.: Beschaffungsmanagement, Dr. Wieselhuber & Partner, S
14 kurzer Dauer sein und nicht Bestandteil einer langfristigen Global Sourcing Strategie sein, denn kein Land auf der Erde kann auf Dauer die Subvention von einzelnen Industriebereichen gewährleisten und volkswirtschaftlich rechtfertigen. Antizyklischer Einkauf. Falls die Wirtschaft in einem Teil der Welt (Standort des Beschaffers) boomt und in einem anderen Teil gerade Flaute herrscht, können sich dort günstige Beschaffungsmöglichkeiten ergeben. Im boomenden Land sind Überstundenzuschläge zu bezahlen und die Güter werden knapper, wohingegen im Land mit einer Flaute die Kapazität nicht ausgelastet ist, was in einer größeren freien Produktionskapazität, größeren Lagerbeständen und vergleichsweise höherem Angebot auf den Märkten führen dürfte durch und bei gleichzeitiger geringerer Nachfrage. Die Asienkrise 1997/1998 zeigte sehr deutlich die Entwicklung vom Verkäufer- zum Käufermarkt. Die lokalen Währungen wurden abgewertet, der Inlandsbedarf ist gesunken, größere Produktionskapazitäten stehen zur Verfügung, die Lohnkosten sind gering und Immobilien werden preiswert angeboten. Eine gute Ausgangsbasis für den internationaler Einkäufer. Produktkenntnisse. Bestimmte Beschaffungsregionen verfügen über sehr gute Produktkenntnisse, dies ist der Fall, wenn sich ein Land bzw. eine Region auf die Herstellung einer bestimmten Ware oder auf eine Dienstleistung spezialisiert hat. Am Beispiel Asien für Elektronik- und Computerprodukte kann dies nachvollzogen werden. Lieferanten aus dieser Region besitzen ein ausgezeichnetes Know-how an den Produkten und den entsprechenden Technologien. Kunden in Deutschland können von diesen Spezialkenntnissen profitieren. Es soll die Chance nicht unerwähnt bleiben, dass man auf dem Weltmarkt neue oder bessere Produkte und Technologien als auf dem beschränkten nationalen Markt finden kann. Durch den weltweiten Einkauf kann man frühzeitig an potentiellen Wachstumsmärkten partizipieren und Qualitäts- sowie Innovationssprünge aus anderen Wirtschaftsregionen schnell in das eigene Endprodukt integrieren. 12 Es bestehen Leistungschancen. Sie resultieren aus dem Innovationsverhalten und dem daraus folgenden Leistungsvorsprung im Ausland tätiger Unternehmen Vgl. BAUMGARTEN: Trends und Strategien in der Logistik Beschaffung nach Regionen. im Internet: 13 Vgl. KOPPELMANN: Beschaffungsmarketing für die Praxis, 1997, S
15 Vertriebsunterstützung. Auch die Verkaufsförderung durch die Beschaffung soll nicht unerwähnt bleiben. Der Einkäufer kann Bedarfe in Ländern entdecken, in denen bisher das Endprodukt noch nicht vertrieben wurde. Seine Marktkenntnis sowie die vorhandenen Informationskanäle und -verbindungen können beim Aufbau und Betrieb der Verkaufsorganisation genutzt werden. Für die Marketingabteilung kann der Einkäufer Marktstrukturen, Marketingbedingungen, Wertvorstellungen und Geschäftsusancen ermitteln bzw. bereitstellen. 14 In zunehmendem Maße spielt auch die allgemeine Präsenz bzw. der Einkauf von Gütern eines fremden Landes eine verkaufspolitische Rolle für das Endprodukt der Firma, das dann leichter abgesetzt werden kann. Unter Umständen können Importbeschränkungen vermieden werden. Dies bezieht sich auf drohende Handelssanktionen bei großen Handelsbilanzdefiziten mit einem bestimmten Land. Als Beispiel seien hier die vor kurzem angedrohten rigorosen Zölle für ankommende japanische Schiffe in den USA genannt. SELL - global, PRODUCE - global, BUY - global. In manchen Ländern ist es erforderlich, einen sogenannten Local Content-Anteil zu erfüllen. Ohne die Abwicklung von Gegengeschäften, d. h. Einkauf im vollen oder teilweisen Gegenwert der verkauften Ware, kommt der Verkauf nicht zustande. Als Beispiel sei hier der lokale Anteil beim U-Bahn-Bau in China genannt. Flexibilität. Außerdem kann die Mengenflexibilität eines Unternehmens durch Global Sourcing erhöht werden. Mit neuen Lieferanten aus dem Ausland kann die Beschaffungsmenge bei Lieferschwierigkeiten der nationalen Vorlieferanten bzw. die maximale Leistung in der Produktion bei Kapazitätsengpässen gesteigert werden. Bei bestimmten lokal schwer zu erfüllenden Bedarfen kann die Wahrscheinlichkeit, dieses unter Umständen sehr ausgefallene Produkt bzw. diese Dienstleistung international zu finden, erhöht werden. Letztlich kommt durch Global Sourcing die Internationalität und Weltoffenheit der Unternehmensphilosophie und -kultur zum Ausdruck Vgl. GRUSCHWITZ: Global Sourcing, 1993, S. 96. und KROKOWSKI: Vorlesungsinhalte TU Berlin / FH München, INTERNATIONALE BESCHAFFUNGSLOGISTIK und GLOBAL SOURCING. 15 Vgl. ZEUCH: PRO und CONTRA Global Sourcing, 1992, S. 20 In BUDDE: Der Einkaufs- und Lagerwirtschaftsberater / Grundlagen gewinnorientierter Materialwirtschaft
16 2.2 Risiken des Global Sourcing Global Sourcing Kommunikationsprobleme. Ein unbestreitbarer Nachteil des Global Sourcing sind die größeren Kommunikationsprobleme, insbesondere mit Entwicklungs- oder Schwellenländern. Hier sind zuerst Sprachprobleme zu nennen. Meist sind zwar gewisse Englischkenntnisse vorhanden, jedoch nicht in allen Bereichen des Unternehmens und auch nicht bei allen potentiellen Unterlieferanten. Während man mit guten Englischkenntnissen in vielen Beschaffungsregionen der Welt zurecht kommt, gibt es Regionen, in denen ohne entsprechende Sprachkenntnisse der lokalen Muttersprache nichts geht. Auch die unterschiedlichen Mentalitäten und Strategien bei Verhandlungen mit internationalen Unterlieferanten müssen berücksichtigt werden. Ferner ist das Ausbildungssystem unterschiedlich. In anderen Ländern kann nicht vorausgesetzt werden, dass es das Berufsbild z. B. eines Werkzeugmachers mit all den obligatorischen Kenntnissen und Fertigkeiten, die in Deutschland erwartet werden, gibt. Ein drittes Kommunikationsrisiko ist die unterschiedliche Mentalität der Menschen in jedem Land. Dies bezieht sich beispielsweise auf die Effektivität, die Pünktlichkeit und die Genauigkeit der Arbeit. Außerdem sind die Zeichnungsnormen in anderen Ländern unterschiedlich. In der Regel müssen alle Zeichnungen entsprechend internationalen Standards angepasst werden. Mit der DIN alleine ist kein internationaler Start mehr zu machen, auch die Zeiten, an denen sich ausländische Lieferanten an unsere Normen anzupassen hatten, sind längst vorbei. Rechtsnormen. Die Rechtsnormen und administrativen Vorschriften sind unterschiedlich. Es können Exportverbote oder -lizenzen 16 bestehen, die beachtet werden müssen. Bei der rechtlichen Betrachtung des Global Sourcing ergibt sich das Problem der Einklagbarkeit von Schuldverhältnissen. In manchen Regionen wird der Kaufvertrag nur als unverbindliche Absichtserklärung verstanden, die man bei Bedarf einfach nachverhandeln kann. Entsprechend schwierig und auch teuer gestaltet sich die gerichtliche Durchsetzung des genauen Wortlauts des Kaufvertrages. Wenn nach einiger Zeit auch noch Garantieforderungen auftreten oder eine Nachkaufsicherheit verlangt wird, ist klar, dass dies kaum rechtlich durchzusetzen ist. Sicherheit. Die Versorgungssicherheit nimmt bei einem Engagement im Ausland ab. Zum einen entsteht durch den längeren Transportweg ein größeres Risiko des Verlustes oder der Beschädigung der Ware. Durch eine evtl. höhere Streikgefahr oder politische Risiken und Instabilität (wie 16 Vgl. GRUSCHWITZ: Global Sourcing, 1993, S
17 Aufruhr, Krieg, soziale Konflikte bzw. Beschlagnahmung auszuführender Waren oder andere Beschränkungen durch die Regierung des Aufruhrlandes 17 ) können Lieferungen ausfallen. Um dieses Risiko zumindest teilweise abzudecken, wird man Konsignationslager nahe des Beschaffers - oder in Deutschland beim Logistikpartner - einrichten und Multiple statt Single Sourcing bei wichtigen Gütern betreiben müssen. Außerdem erhöht sich das Qualitätsrisiko. Die Qualität wird im Zeitverlauf einer längeren Geschäftsbeziehung nicht konstant sein. Die Ursachen für Ausschuß können vielfältig sein. Es kann an der Kommunikation, der Ausbildung, den Fähigkeiten der beschäftigten Menschen, dem unzureichenden Maschinenpark, fehlender Prozeßbeschreibungen und Vorgaben oder anderem liegen. Falls die Qualität der Ware nicht in Ordnung ist, aber nachgebessert werden kann, ist die dafür benötigte Zeit sehr viel länger als bei Local Sourcing. Ebenfalls nicht unerheblich ist der Aufwand und das Risiko beim Lieferantentraining und der - überwachung. Des weiteren können Klimarisiken und Naturkatastrophen wie plötzlicher harter Wintereinbruch, Überschwemmungen, Erdbeben, Wirbelstürme und anderes den normalen Lieferrythmus stören. Das allgemeine Geschäftsrisiko besteht wie im nationalen Bereich auch. Flexibilität. Die Abwicklungszeit von der Auftragserteilung bis zur Lieferung nimmt zu. Die reine Auftragsübermittlungszeit dürfte bei vorhandener sicherer Anbindung an das Telefonnetz Dank moderner Kommunikationstechniken wie Fax, , Internet und der Datenfernübertragung im allgemeinen nicht ausschlaggebend sein. Jedoch sind die deutschen Anforderungen in die Landessprache zu übersetzen. Gleichgültig, wer das übernimmt, der Beschaffer oder der Lieferant, es kostet Zeit. Danach ist der Auftrag in ein Produkt umzusetzen. Hierbei kann es zu häufigeren Nachfragen kommen, besonders hinsichtlich Materialspezifikationen und Toleranzen. Schließlich ist das Produkt über einen längeren Transportweg vom Ursprungsland nach Deutschland zu transportieren, wobei Grenz- und Zollformalitäten zu erledigen sind, und die Vor- und Nachlaufzeiten (vom Lieferant zum Hafen und vom Hafen zum Besteller) sowie die Lagerzeit gilt es zu berücksichtigen. Diese lange Abwicklungszeit birgt ein Flexibilitätsrisiko. Es ist entsprechend längerfristig zu planen. Bei Modelländerungen, Innovationen und Produktionsrückgang 18 können durch den längeren Informations- und Organisationsweg größere obsolete Bestände entstehen, d. h. die bereits hergestellte und auf Transport oder 17 Vgl. GRUSCHWITZ: Global Sourcing, 1993, S Vgl. KOPPELMANN: Beschaffungsmarketing für die Praxis, 1997, S
18 Zwischenlager befindliche Ware muss eventuell zu geringeren Preisen verkauft werden. Schnelle Produktionssteigerungen sind nur unter hohem persönlichen Einsatz auf Besteller- und Lieferantenseite möglich, ferner müssen größere Lagerbestände in Kauf genommen werden. Service. Ein weiteres Zeitproblem betrifft den eventuell erforderlichen Kundendienst oder die Reparatur des beschafften Produkts. Eine Nachbesserung zu vereinbaren, mit einem Lieferanten der am anderen Ende der Welt beheimatet ist, ist nicht einfach und gestaltet sich in der Regel wesentlich aufwendiger als mit Lieferanten vor Ort. Entsorgung. Nach Ende der Lebensdauer des Endprodukts stellt sich die Frage des Recycling oder der Entsorgung. Bei nationaler Beschaffung kann das Zukaufteil wesentlich leichter an den Vorlieferanten zurückgegeben werden als bei internationalem Bezug. Währungsrisiko. Auch das Währungsrisiko und die Zahlungsbedingungen sind zu nennen. Denken wir nur an die Entwicklung des US-Dollars im Verhältnis zum in den letzten Jahren. Falls der Wechselkurs des Beschaffungslandes steigt und der Kaufvertrag in dieser Währung abgeschlossen ist, muss mit einer entsprechenden Kostenerhöhung gerechnet werden. Lieferantenaufbau. Das Aussuchen bzw. der Aufbau eines ausländischen Lieferanten ist sehr viel schwieriger und risikoreicher als im Inland. Es entstehen höhere Prozeßkosten und auch erhöhte Aufwendungen durch Dienstreisen und Kommunikationskosten. Falls der Aufbau dieses Lieferanten dann scheitert, ist das Kostenrisiko entsprechend höher als beim Einkauf vor Ort. Des weiteren ist die zukünftige Entwicklung der Preise am Ort des Lieferanten abzuschätzen. Was nützt es, wenn derzeit Löhne, Energiekosten oder Gemeinkosten sehr niedrig sind, aber der Auftragnehmer später erhebliche Preiserhöhungen aufgrund seiner gestiegenen Kosten verlangt? Insbesondere in Osteuropa konnte dies in den letzten Jahren beobachtet werden. Das Leistungsniveau, die - konstanz und -zuverlässigkeit 19 der Lieferfirma ist für die Zukunft ebenfalls abzuschätzen. Dies ist sowohl technisch wie auch wirtschaftlich durchzuführen und dürfte erheblich schwieriger als in Deutschland sein. Falls der Lieferant nach 2 Jahren in Konkurs geht, nützt das am günstigsten eingekaufte Produkt nichts. Die Bilanzierungsrichtlinien sind nicht in jedem Land so streng wie hierzulande. 19 Vgl. KOPPELMANN: Beschaffungsmarketing für die Praxis, 1997, S
19 Technologieverlust. Ein Risiko stellt auch der mögliche Technologieverlust dar. Dies betrifft einerseits Patente, Zeichnungen und anderes formales Know-how und andererseits den personellen Verlust der Fähigkeiten der Menschen, wobei wiederum zwischen praktischem Wissen und handwerklichem Können unterschieden werden kann. Als dritter Bereich kann noch das Methodenwissen genannt werden, worunter z. B. die Methoden der Qualitätssicherung oder des Produktions- und Entwicklungs-Know-how fallen. Soziales Umfeld. Durch eine Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland steigen im Inland die sozialen Risiken, ferner stehen liebgewonnene Sicherheiten (Arbeitsplatzgarantie, Urlaubszeiten, soziales Netz etc.) auf dem Prüfstand. Hier ist in erster Linie die Politik und die Gesellschaft im allgemeinen gefordert. Falls nichts geschieht, könnten die Chancen der Globalisierung leicht durch ein Umschlagen in erneut aufkommenden Protektionismus wieder vertan werden. Weniger qualifizierte Arbeitskräfte in Deutschland zum Beispiel, die ihre Arbeit an Arbeitnehmer in Billiglohnländer verlieren, können insbesondere bei hoher Arbeitslosigkeit sozialen Sprengstoff bergen. Die Zurücknahme des sozialen Sicherungssystems wie beispielsweise bei Leistungen der Krankenkassen oder der Reduzierung der Pensionszahlungen in Europa aufgrund der Anforderungen des Maastricht-Vertrages 20 sind nur 2 Beispiele. Diese sind einerseits notwendig, um mit den Arbeitskosten anderer Länder konkurrieren zu können, andererseits rufen sie bei den betroffenen Personen Unmut und Unverständnis hervor. 20 Vgl. N. N.: Forces of Globalization Must Be Embraced. in IMF Survey Vol. 26, N. 10, , S
20 2.3 Sourcing Strategien Global Sourcing Im Beschaffungsmarketing unterscheidet man zwischen den verschiedenen Sourcing-Strategien, diese lassen sich klassifizieren in Regionen-, Lieferanten-, Teile- und Prozess-bezogene Strategien. In der Praxis wird der richtige Mix zwischen den verschieden Sourcing-Strategien für den Erfolg des Unternehmens ausschlaggebend sein. Sourcing Strategies Abbildung: Sourcing-Strategien Operative Advanced / Strategic Teilebezogen Lieferantenbezogen Single Dual / Multiple Regionenbezogen Unit Modular / System Prozessbezogen Local Global 20
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