Persönlichkeitsrechtsverletzungen und die Haftung des Host-Providers
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- Hartmut Brodbeck
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1 Persönlichkeitsrechtsverletzungen und die Haftung des Host-Providers Dipl. jur. Jan Heuer Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht, Lehrstuhl Prof. Dr. Thomas Hoeren 34. Rechtsseminar auf der 71. -Mitgliederversammlung Bonn 02. Dezember 2015 Forschungsstelle Recht im Deutschen
2 Überblick Vortragsgliederung 1. Persönlichkeitsrechtsverletzungen 2. Haftung des Host-Providers in Deutschland 3. Umfang der Prüfungspflichten des Host-Providers (OLG Köln) 2
3 1. Persönlichkeitsrechtsverletzungen Teil 1 Persönlichkeitsrechtsverletzungen a) Was ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR)? b) Welche Maßstäbe bestehen für den Schutz? 3
4 1. Persönlichkeitsrechtsverletzungen a.) Was genau ist das allg. Persönlichkeitsrecht? Herleitung aus Art. 2 I GG ivm Art. 1 I GG. Inhalt: Schutz der engeren persönlichen Lebenssphäre und Erhaltung ihrer Grundbedingungen. Recht auf Selbstbewahrung (Rückzug aus Öffentlichkeit) Recht auf Selbstdarstellung (Wirkung in der Öffentlichkeit; Recht am eig. Bild/Wort) Recht auf Selbstbestimmung (Identitätsbehauptung und -erhaltung) Letztlich wird ein Bündel einzelner Persönlichkeitsausprägungen geschützt. 4
5 1. Persönlichkeitsrechtsverletzungen b.) Welche Maßstäbe bestehen für den Schutz? Zur Konkretisierung der einzelnen Rechte und der Bewertung von Eingriffshandlungen dient das sog. Sphärenmodell Sozialsphäre: Betrifft die gesamte Teilnahme des Einzelnen am öffentlichen Leben, sein Ansehen in der Gesellschaft und seine soziale Identität in der öffentlichen (Selbst-)Darstellung. Privatsphäre: Umfasst den engeren persönlichen Lebensbereich (insb. Familie). Rückzugsmöglichkeit, die mit Personen des besonderen Vertrauens, ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Verhaltenserwartungen, genutzt werden kann. aber dennoch Sozialbezug 5
6 1. Persönlichkeitsrechtsverletzungen Intimsphäre: Absolut geschützter, unantastbarer Kernbereich persönlicher Lebensgestaltung. Beispiel: Höchstpersönliche Geheimnisse, Tagebucheinträge, sexuelle Selbstbestimmung. Rechtliche Auswirkungen des Modells Zuordnung eines Verhaltens zu einer Sphäre, um tangierte Rechtsposition festzustellen. Modell findet Anwendung, wenn Rechtspositionen gegeneinander abgewogen und ein gerechter Ausgleich gefunden werden muss. Einordnung in eine Sphäre erleichtert Abwägung (Bereiche sind unterschiedlich schutzbedürftig). 6
7 2. Haftung des Host-Providers Teil 2 Haftung des Host-Providers in Deutschland 7
8 2. Haftung des Host-Providers Haftung für Inhalte seiner Nutzer Unterlassungsanspruch Rolle des Host-Providers: Zurverfügungstellung der Plattform eingeschränkte Verantwortlichkeit Für eine Haftung ist ein Beitrag zur Verletzung der Rechtsposition des Betroffenen erforderlich. Es gelten die Grundsätze der Störerhaftung Anspruch gegen Host-Provider nur bei Verletzung von Verhaltenspflicht (= Beitrag) 8
9 2. Haftung des Host-Providers Grundsätze der Störerhaftung von Host-Providern: - Keine Verpflichtung, Einträge vor Veröffentlichung zu prüfen. - Ab Kenntnis kann Host-Provider als Störer verpflichtet sein, zukünftige Störungen zu verhindern. Besonderheiten bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen: - Tätigwerden nur veranlasst, wenn Hinweise so konkret gefasst sind, dass eine Verletzung unschwer bejaht werden kann. - Bei eindeutiger Situation Verbreitung unterlassen - Bei unklarer Situation Prüfung erforderlich: Verfasser Host-Provider Betroffener 9
10 3. Prüfungspflicht des Host-Providers Teil 3 Umfang der Prüfungspflichten des Host-Providers Urteil des OLG Köln vom U 141/14 10
11 3. Prüfungspflicht des Host-Providers Sachverhalt Kläger = Arzt Schlechte Bewertung Aufforderung zur Entfernung Zunächst Entfernung, dann erneuter Upload Erhebung der Klage auf Unterlassung der Verbreitung und Herausgabe der Daten Weiterleitung in anonymisierter Form Aufforderung zur Auskunft 11
12 3. Prüfungspflicht des Host-Providers Rechtliche Ausgangslage: Die gegenständliche Bewertung ist grds. eine Meinung. Aber ihr liegt auch ein gewisses Tatsachenelement zugrunde, denn der Bewertende behauptet damit zugleich, Patient gewesen zu sein. Eine so schlechte Bewertung, ohne Patient gewesen zu sein, würde grds. Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen. Aber: Ist der Nutzer tatsächlich Patient gewesen, so wird grds. eine schlechte Bewertung hinzunehmen sein. Die Situation in Bezug auf Persönlichkeitsrechtsverletzung ist damit unklar und die Beklagte muss Prüfung vornehmen 12
13 3. Prüfungspflicht des Host-Providers Bei unklarer Situation besteht Prüfungspflicht des Host-Providers Beklagte war damit nach der Beanstandung verpflichtet, zu prüfen, ob es sich beim Nutzer auch um einen Patienten des Klägers handelte. Beinhaltet die Prüfungspflicht auch die Weitergabe der Stellungnahme in nicht anonymisierter Form? Wenn ja, dann auch prozessuale Auswirkungen (Offenlegung im Prozess) Muss die Beklagte die Daten oder die vollständige Korrespondenz herausgeben? 13
14 3. Prüfungspflicht des Host-Providers Spannungsfeld mit datenschutzrechtlichen Vorschriften 12 Nutzerdaten Abs. 2 TMG: = Bestandsdaten ( 14 TMG) Der Diensteanbieter darf [ ] erhobene personenbezogene Daten 12 [ ] Abs. nur 2 verwenden, TMG soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift, die sich ausdrücklich auf Telemedien bezieht, es erlaubt [ ]. Urteil des BGH zu Auskunftsansprüchen bei Persönlichkeitsrechtsverletzung (vom ): Ohne gesetzliche Ermächtigungsgrundlage isd 12 Abs. 2 TMG keine Befugnis ohne Einwilligung des Nutzers dessen personenbezogene Daten herauszugeben 14
15 3. Prüfungspflicht des Host-Providers Situation für den Host-Provider Legt er die Daten bzw. die volle Korrespondenz offen, ermöglicht er damit dem Kläger eine vollumfängliche Stellungnahme Legt er die Daten nicht offen, könnte er gegen seine sekundäre Darlegungsverpflichtung verstoßen Verstoß gegen 12 Abs. 2 TMG mit der Folge von Bußgeld, bzw. Freiheitsstrafe 43, 44 BDSG Unterlassungsanspruch des Klägers hätte Erfolg 15
16 3. Prüfungspflicht des Host-Providers Schlussfolgerungen des OLG Köln: (1) Müsste der Beklagte zum Nachweis der Erfüllung seiner Prüfungspflicht Daten oder vollständige Korrespondenz herausgeben, so würden die Bestimmungen des TMG umgangen (Umgehungsgefahr). (2) Host-Provider müsste sich rechtswidrig verhalten (er unterliegt der Regelung des 12 Abs. 2 TMG). (3) Abwägung der Nachteile: Möglicherweise unzulässige Kritik (Arzt) hinnehmen gegenüber der präventiven Löschung und Gefährdung des gesamten Geschäftskonzepts (Host-Provider). 16
17 3. Prüfungspflicht des Host-Providers Fazit und Relevanz OLG Köln: zur Erfüllung der sekundären Darlegungsverpflichtung bzw. Prüfungspflicht ist die Herausgabe der Daten bzw. der gesamten Korrespondenz nicht erforderlich. Für Hochschulen heißt dies, dass auch sie, beim Betrieb von Host-Provider Diensten, keine Nutzerdaten herausgeben müsste. Revision ist beim BGH anhängig (Verhandlungstermin am ) Änderungen durch neue gesetzliche Regelung des TMG möglich 17
18 Zusammenfassung Zusammenfassung der Ergebnisse: APR Sphärentheorie/ -modell Trennung nach Sozial-, Privat- und Intimsphäre um Verletzung des APR festzustellen und abzuwägen Haftung des Host-Providers in Deutschland Störerhaftung (Verstoß gg. Verhaltenspflichten) Nachweis der Prüfungspflicht des Host-Providers bzgl. der Störerhaftung erfordert nicht die Herausgabe der Nutzerdaten 18
19 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Forschungsstelle Recht im Deutschen
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