Kants regulative Ideen und ihr Verhältnis zu einer zeitgenössischen erkenntnistheoretischen Debatte

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1 1 Kants regulative Ideen und ihr Verhältnis zu einer zeitgenössischen erkenntnistheoretischen Debatte Jochen Briesen Universität Konstanz (Oktober 2012) 1. Einleitung In der Kritik der reinen Vernunft, insbesondere in dem Abschnitt der transzendentalen Dialektik, beschneidet Kant den epistemischen Mehrwert der Vernunft radikal: Die Vernunft habe bei der Erkenntnis von Gegenständen, die uns in der Erfahrung gegeben sind, nichts beizutragen, und ihr Versuch, unser Wissen über die Grenzen der Erfahrung hinaus zu erweitern, schaffe nichts als Widersprüche und Verwirrung. Demgegenüber spricht Kant der Vernunft in Bezug auf praktische bzw. moralische Fragen, insbesondere im Kanon der reinen Vernunft, sehr wohl eine positive Rolle zu. [...] wenn es überall einen richtigen Gebrauch der reinen Vernunft gibt, [...], so wird dieser nicht den spekulativen, sondern den praktischen Vernunftgebrauch betreffen. (A 796f/B 825) Trotz der radikalen Kritik der Vernunft im Rahmen der Dialektik und der Bemerkungen im Kanon, die den positiven Nutzen der Vernunft auf praktische Fragen einschränken, unternimmt Kant im Anhang zur transzendentalen Dialektik den Versuch, der Vernunft auch in theoretischer Hinsicht einen positiven epistemischen Wert abzugewinnen. Aus Kantischer Sicht produziert die Vernunft natürlicherweise und unumgänglich die Begriffe Seele, Welt (verstanden als Welt-Ganzes ) und Gott, die Kant als transzendentale Ideen bzw. Vernunftideen bezeichnet. Zwar sei der unreflektierte

2 2 Gebrauch dieser Begriffe in bestimmter Hinsicht der Grund dafür, dass sich die Vernunft in Widersprüche verstricke. Allerdings haben diese Begriffe nach Kant auch einen positiven, nämlich einen rein regulativen Gebrauch. Dieser manifestiert sich darin, dass die fraglichen Begriffe die Durchführung epistemisch wertvoller Systematisierunsgprojekte hinsichtlich unserer empirischen Überzeugungen nicht nur ermöglichen, sondern ihnen auch die Richtung vorgeben. Demnach soll sich der positive epistemische Nutzen der Vernunft also aus dem epistemischen Wert der Vernunftideen verstanden als regulative Ideen ergeben, der sich seinerseits aus der Ermöglichung epistemisch wertvoller Systematisierungsprojekte ergibt. Wenn diese grobe Skizze des Vorhabens im Anhang zur transzendentalen Dialektik korrekt ist, so springt eine vermeintliche Analogie zu einer gegenwärtigen Debatte in der Erkenntnistheorie ins Auge, nämlich die Debatte um Crispin Wrights entitlements (s. Wright 2004). Wright vertritt die These, dass wir in epistemischer Hinsicht berechtigt sind, an ganz bestimmten Überzeugungen festzuhalten, auch wenn keine Gründe oder andere wahrheitszuträgliche Faktoren für diese Überzeugungen vorliegen. Diese Überzeugungen bezeichnet er als entitlements. Für eine Klasse dieser entitlements führt Wright folgende Bedingung an: Wenn wir unabhängig von wahrheitszuträglichen Faktoren epistemisch berechtigt sind, an der Überzeugung, dass p, festzuhalten, dann ist diese Überzeugung eine notwendige Bedingung für die Durchführung bestimmter kognitiver Projekte. Genau wie bei Kant der epistemische Wert der Vernunftideen, von ihrer Ermöglichung und Strukturierung vielseitiger Systematisierungsprojekte abhängen soll, so soll bei Wright der positive epistemische Status mancher Überzeugungen, ebenfalls an die Ermöglichung kognitiver Projekte gebunden sein. 1 Diese vermeintliche Analogie steht im Fokus des vorliegenden Aufsatzes. Ich werde dafür argumentieren, dass die angedeutete strukturelle Analogie tatsächlich besteht und dass sich aufgrund dieser Analogie, Probleme der einen Theorie unter Rekurs auf die andere lösen lassen. Der Rest des Aufsatzes ist folgendermaßen gegliedert: In Kapitel 2 und den entsprechenden Unterabschnitten wird zunächst eine Rekonstruktion von Kants Theorie der regulativen Ideen, wie sie sich im Anhang zur transzendentalen Dialektik darstellt, vorgeschlagen. Dabei wird zuerst die eigentliche Kernidee präzisiert. Anschließend wird anhand 1 Genau genommen drückt sich Wright etwas vorsichtiger aus. Es ist aus seiner Sicht eine wichtige und bisher unbeantwortete Frage, ob die propositionale Einstellung Überzeugung begrifflich an wahrheitszuträgliche Faktoren gebunden ist. Weil Wright sich in Bezug auf diese Frage nicht festlegen will, spricht er nur davon, dass man unabhängig von solchen Faktoren gerechtfertigt sein kann, auf p zu vertrauen bzw. p zu akzeptieren. Wobei die propositionalen Einstellungen Vertrauen und Akzeptieren nicht schon begrifflich an wahrheitszuträgliche Faktoren gebunden sein sollen (s. hierzu Wright 2004, ). Obwohl ich Wrights Skrupel nicht teile, werde ich im weiteren Verlauf des Textes seine vorsichtigere Redeweise übernehmen.

3 3 der Beantwortung verschiedener Fragenkomplexe Kants argumentative Durchführung dieser Kernidee analysiert (s. Abschnitte ). Insbesondere hinsichtlich des letzten Fragenkomplexes werden sich eine Reihe exegetischer Schwierigkeiten ergeben. Ich werde dafür argumentieren, dass die exegetischen Schwierigkeiten letztlich auf einem tief greifenden sachlichen Problem beruhen, das sich erstens im Rahmen des Kantischen Projektes zwangsläufig ergeben muss, und das zweitens zumindest unter den sonstigen Vorgaben der Kritik der reinen Vernuft nicht befriedigend gelöst werden kann. In Kapitel 3 wird dann Wrights Theorie der entitlements erläutert und diskutiert (s. Abschnitt ). Dies wird unter anderem die oben angedeutete strukturelle Analogie zu den Überlegungen Kants konkretisieren. In Kapitel 4 wird ein enger Zusammenhang zwischen Wrights Theorie und der Probleme, die sich in Bezug auf Kants Theorie regulativer Ideen ergeben haben, hergestellt. Es wird dafür argumentiert, dass sich unter Rekurs auf Wrights Theorie das Projekt, das Kant im Rahmen des Anhangs zur transzendentalen Dialektik verfolgt, trotz der angesprochenen Schwierigkeiten rehabilitieren und bestätigen lässt (s. Abschnitte ). In Kapitel 5 wird die Diskussion schließlich durch eine kurze Schlussbemerkung abgeschlossen. 2. Kants Theorie der regulativen Ideen Das negative Ergebnis von Kants Untersuchung unseres Vermunftvermögens im Rahmen der transzendentalen Dialektik lässt sich wie folgt zusammenfassen: Es liegt in der Natur der Vernunft bestimmte Begriffe, nämlich die so genannten transzendentalen Ideen ( Seele, Welt, Gott ), zu produzieren. Diese Begriffe leisten allerdings keinen positiven Beitrag zu unserer Erkenntnis der Wirklichkeit. Darüber hinaus verleiten uns diese Begriffe zu Untersuchungen, die uns über das Feld möglicher Erfahrung hinausführen und sind in diesem Zusammenhang trüglich und grundlos (A 642/B 670). Es sieht also zunächst danach aus, als sei im Rahmen der Kantischen Theorie kein Platz, der Vernunft mitsamt ihren Ideen einen positiven epistemischen Wert zuzusprechen. Weil Kant aber andererseits daran festhält, dass alles, was in der Natur unserer Kräfte gegründet ist, [...] zweckmäßig (ebd.) sei, so muss er den Vernunftideen auch einen in epistemischer Hinsicht wertvollen Gebrauch attestieren. Wie versucht Kant diesen epistemisch wertvollen Gebrauch der Ideen im Lichte der Ergebnisse der Dialektik einzuholen?

4 4 Zu Beginn der Dialektik bestimmt Kant die Vernunft als ein Vermögen, unsere Erfahrungs- bzw. Verstandeserkenntnisse zu ordnen und in einen systematischen Zusammenhang zu bringen (A 298ff/ B 354ff). Diese Bestimmung der Vernunft verknüpft Kant im Anhang zur transzendentalen Dialektik insofern mit den Vernunftideen, als diese Ideen eben dem Ziel der Vernunft nach systematischer Einheit des Mannigfaltigen der empirischen Erkenntnis (A 672/B 700) dienlich sein sollen. Zwar hat sich im Rahmen der Dialektik ergeben, dass den Vernunftideen keine epistemisch zugänglichen Gegenstände entsprechen, so dass sich unter Rekurs auf diese Begriffe auch keine begründeten Aussagen über die erfahrbare Wirklichkeit treffen lassen. Nichtsdestoweniger lassen sich nach Kant anhand dieser Begriffe Prinzipien formulieren, die uns bei der Suche nach systematischer Ordnung im Hinblick auf unsere empirischen Erkenntnisse anleiten. Man würde daher die Vernunftideen oder besser gesagt die Prinzipien, die sich unter Rekurs auf diese Ideen formulieren lassen, missverstehen, wenn man sie so verstünde, als sagten sie etwas über die Wirklichkeit. Vernunftideen sind vielmehr lediglich von rein regulativem Gebrauch unter Rekurs auf sie lassen sich Prinzipien formulieren, aus denen sich Anweisungen ableiten lassen, wie wir systematische Ordnung in unsere empirischen Erkenntnisse bringen können. Ich behaupte demnach: die transzendentalen Ideen sind niemals von konstitutivem Gebrauche, so, dass dadurch Begriffe gewisser Gegenstände gegeben würden, [...]. Dagegen aber haben sie einen vortrefflichen und unentbehrlich notwendigen regulativen Gebrauch, nämlich den Verstand zu einem gewissen Ziele zu richten, in welches die Richtungslinien aller seiner Regeln in einem Punkt zusammenlaufen, der, ob er zwar nur eine Idee (focus imaginarius), d.i. ein Punkt ist, aus welchem die Verstandesbegriffe wirklich nicht ausgehen, indem er ganz außerhalb der Grenzen möglicher Erfahrung liegt, dennoch dazu dient, ihnen [den Verstandesbegriffen sowie empirischen Erkenntnissen allgemein, J.B.] die größte Einheit neben der größten Ausbreitung zu verschaffen. (A 644/ B672) Angenommen wir akzeptieren, dass Vernunftideen bestimmten Systematisierungsprojekten zuträglich sind, so stellt sich immer noch die Fragen, inwiefern dies den Ideen epistemischen Mehrwert verleiht? Auf diese Frage könnte man zunächst die Antwort vermuten, dass Systematizität selbst eines unserer epistemischen Ziele ist, woher sich dann der epistemische Wert aller Mittel, die diesem Ziel zuträglich sind, ableitet. Kant scheint aber, zumindest im Anhang zur Dialektik, eine andere Antwort im Sinn zu haben. Denn dort bezeichnet er die systematische Einheit der Verstandeserkenntnisse auch als Probierstein der Wahrheit (A 647/B 675). Nach Kantischer Sicht dient also der systematische Zusammenhang unserer Erkenntnisse als Kriterium, die Wahrheit der Erkenntnisse zu prüfen und sie so von falschen Überzeugungen abzugrenzen. Damit lässt sich der epistemische Mehrwert der Vernunftideen auch im Hinblick auf unser zentrales epistemisches Ziel nämlich die Vermehrung von wahren Überzeugungen bei gleichzeitiger Vermeidung von

5 5 falschen verdeutlichen: Nach Kant sind Vernunftideen in ihrem regulativen Gebrauch daran beteiligt, systematischen Zusammenhang in unsere vereinzelten empirischen Erkenntnisse zu bringen, damit stellen sie indirekt Kriterien bereit, nach denen wir ihre Wahrheit überprüfen können. Obwohl sich also Kant zufolge anhand der Vernunftideen keine begründeten Aussagen über die Wirklichkeit treffen lassen, dienen sie dennoch indirekt unserem zentralen epistemischen Ziel, wahre Überzeugungen zu vermehren und falsche zu vermeiden, woraus sich schließlich der epistemische Mehrwert der Vernunftideen ergeben soll. Auch wenn die Grundzüge der Kantischen Überlegungen im Anhang zur Dialektik auf diese Weise relativ leicht angegeben werden können, so bereitet Kants argumentative Durchführung des skizzierten Ansatzes im Detail erhebliche exegetische sowie sachliche Schwierigkeiten. Will man nachvollziehen, wie Kant den skizzierten Ansatz im Anhang zur transzendentalen Dialektik im Detail ausbuchstabiert und welche Schwierigkeiten sich dabei ergeben, muss man folgende Fragen unter Rekurs auf die entsprechenden Kantischen Textstellen beantworten: (1) Vernunftideen sollen für bestimmte Systematisierungsprojekte zuträglich sein. Um dies besser zu verstehen, müssen diese Systematisierungsprojekte genauer spezifiziert werden: Was genau wird aus Kantischer Perspektive in diesen Projekten eigentlich systematisiert und worin genau soll die Systematisierung bestehen? (2) Nachdem die fraglichen Systematisierungsprojekte näher charakterisiert sind, muss im Detail rekonstruiert werden, welche Vernunftideen und Prinzipien auf welche Art und Weise diesen Projekten aus Kantischer Sicht zuträglich sein sollen. (3) Schließlich muss auf den epistemischen Status dieser Vernunftideen und Prinzipien eingegangen werden. Denn im Rahmen der Kantischen Ausführungen wird sich letztlich folgende Frage stellen: Inwiefern kann es für ein epistemisches Subjekt rational sein, ein bestimmtes Systematisierungsprojekt durchzuführen, obwohl das fragliche Projekt letztlich von Ideen und Prinzipien abhängt, die sich scheinbar in keiner Weise begründen lassen? Im Rahmen des vorliegenden Textes ist Themenbereich (3) insofern besonders wichtig, weil sich dort Probleme ergeben werden, die sich eventuell unter Rekurs auf Wrights Theorie der epistemischen Berechtigung lösen lassen. Dennoch werden in den folgenden Unterkapiteln alle angesprochenen Problembereiche in der angeführten Reihenfolge thematisiert. Denn nur wenn hinsichtlich der Fragen in (1) und (2) zumindest Teilantworten gegeben sind (s. Abschnitte 2.1

6 6 2.2), lassen sich die Fragen im Hintergrund von (3) möglichst präzise in den Blick nehmen (s Abschnitt 2.3) Was wird systematisiert und worin besteht die Systematisierung? Um die Systematisierungsprojekte, in Bezug auf die Vernunftideen nützlich sein sollen, genauer zu spezifizieren, muss zunächst geklärt werden, was aus Kantischer Sicht eigentlich systematisiert werden soll. In der oben angeführten Skizze der Kantischen Kernüberlegung, wurde von unterschiedlichsten Dingen behauptet, dass sie sich unter Rekurs auf Vernunftideen systematisieren lassen: empirische Überzeugungen, Fälle empirischen Wissens, gehaltvolle mentale Zustände, etc. Dies entsprach insofern der Kantischen Auffassung, als Kant selbst im Anhang meist nur davon spricht, dass es Erkenntnisse sind, die systematisiert werden sollen, wobei Kant selbst ja bekanntlich unter Erkenntnis verschiedenste Dinge fasst. Im Folgenden möchte ich mich aber darauf festlegen, dass es aus Kantischer Sicht in erster Linie empirische Begriffe und Überzeugungen sind, die durch die Vernunft systematisiert werden. So spricht Kant bei dem Versuch, den von der Vernunft angestrebten systematischen Zusammenhang zu veranschaulichen, zunächst eindeutig von Begriffen. Man kann sich die systematische Einheit [...] auf folgende Art sinnlich machen. Man kann einen jeden Begriff als einen Punkt ansehen, der, als der Standpunkt eines Zuschauers, seinen Horizont hat, d.i. eine Menge von Dingen, die aus demselben können vorgestellet [...] werden. Innerhalb diesem Horizonte muss eine Menge von Punkten ins Unendliche angegeben werden können, deren jeder wiederum seinen engeren Gesichtskreis hat; d.i. jede Art enthält Unterarten [...]. Aber zu verschiedenen Horizonten, d.i. Gattungen, die aus eben so viel Begriffen bestimmt werden, lässt sich ein gemeinschaftlicher Horizont [...] gezogen denken, welcher die höhere Gattung ist, bis endlich die höchste Gattung der allgemeine [...] Horizont ist, der aus dem Standpunkte des höchsten Begriffs bestimmt wird, und alle [...] Gattungen, Arten und Unterarten, unter sich befasst. (A 658/B 686) Diese Textstelle macht dreierlei deutlich. Erstens sind es nach Kant empirische Begriffe, die von der Vernunft in einen systematischen Zusammenhang gesetzt werden sollen. Zweitens 2 Meine Überlegungen werden sich ganz auf Kants Anhang zur transzendentalen Dialektik und anderer Textstellen der Kritik der reinen Vernunft beschränken. Obwohl Kant die Rolle von Vernunftideen und prinzipien in der Kritik der Urteilskraft erneut aufnimmt, werden die dort angestellten Überlegungen im Rahmen des vorliegenden Textes nicht berücksichtigt. Diese Einschränkung wird deswegen vorgenommen, weil sich insgesamt das Verhältnis der Kritik der reinen Vernunft und der Kritik der Urteilskraft schwierig bestimmen lässt. Es ist bekanntermaßen unklar, ob die im späteren Werk angestellten Überlegungen als eine Weiterführung und Präzision der entsprechenden Thesen der Kritik der reinen Vernunft oder vielmehr als eine komplette Neuorientierung aufgefasst werden müssen. Im Rahmen der Ziele des vorliegenden Textes kann und muss diesem Thema nicht nachgegangen werden. Für eine erhellende Analyse dieses Zusammenhangs, insbesondere in Bezug auf die systematische Rolle der Vernunftideen bzw. prinzipien, siehe: Guyer (1990); Horstmann (1997, Kap. V-VII).

7 7 besteht der herzustellende systematische Zusammenhang der Begriffe aus Kantischer Sicht in einer hierarchischen Gliederung der Begriffe in Ober- und Unterbegriffe. Wobei eine solche Gliederung im Idealfall zwar einen obersten Begriff aufweist, der alle weiteren unter sich fasst, aber keine untere Grenze an Begriffen beinhaltet, die ihrerseits keine weiteren Begriffe unter sich begreifen würden. Drittens geht Kant davon aus, dass wir anhand der Gliederung unserer Begriffe auch die Dinge, die jeweils unter sie fallen, hierarchisch in Arten und Unterarten ordnen. Wollen wir also in diesem Sinne Systematisierungsleistungen vollbringen, sind wir aufgefordert zu einem vorliegenden Begriff, der eine bestimmte Art bestimmt, den jeweils höheren zu finden, um so die jeweils höhere Gattung zu bestimmen bis wir die höchste Gattung durch den höchsten Begriff bestimmt haben. Umgekehrt sind wir aber in die andere Richtung ebenso aufgefordert, zu gegebenen Arten, die jeweiligen Unterarten ausfindig zu machen und auf Begriffe zu bringen. Allerdings macht Kant auch klar, dass unsere Systematisierungsversuche nicht nur Dinge und Begriffe, sondern weit mehr noch die [...] Eigenschaften und Kräfte der Dinge (A 662/ B686) und damit letztlich unsere empirischen Überzeugungen betreffen. 3 Dieser Hinweis passt gut zu Kants Charakterisierung der Vernunft zu Beginn der Dialektik. Dort verweist er darauf, dass die Vernunft bereits in ihrem eigentlichen Geschäft, dem logischen Schließen, auf systematische Einheit ausgerichtet sei. So schreibt er, dass die Vernunft im Schließen die größte Mannigfaltigkeit der Erkenntnis des Verstandes auf [...] die höchste Einheit derselben zu bewirken suche (A 305/ B 361). Wobei sie beim logischen Schließen an die Vorschrift gebunden sei, sich im Aufsteigen zu immer höheren Bedingungen, der Vollständigkeit derselben zu nähern und dadurch die höchste [...] Vernunfteinheit in unsere Erkenntnis zu bringen ( A 309 /B 365). Am besten versteht man die systematische Einheit, welche die Vernunft durch argumentatives Schließen herstellen soll, als möglichst dichten inferentiellen Zusammenhang unserer Überzeugungen. Wollen wir in diesem Sinne Systematisierungsleistungen vollbringen, sind wir aufgefordert unsere empirischen Überzeugungen als Prämissen zu möglichen Argumenten zu interpretieren, aus denen sich Schlüsse ziehen lassen, die wiederum als Prämissen weiterer Argumente dienen können. Ebenso sind wir in die andere Richtung aufgefordert, zu einer vorliegenden empirischen Überzeugungen Ü 1 eine Menge anderer Überzeugungen Ü 2 -Ü n ausfindig zu machen, die als Prämissen eines Arguments dienen können, anhand dessen sich auf Ü 1 schließen lässt. Im Idealfall erreichen wir so systematische Einheit, verstanden als 3 Unter einer Überzeugung verstehe ich im Kantischen Rahmen wahrheitswertfähige und vom jeweiligen Subjekt für wahr befundene gehaltvolle mentale Zustände, die sich in Urteilen bzw. assertorischen Sätzen ausdrücken lassen.

8 8 möglichst dichtes Netz inferentieller Verknüpfungen in Bezug auf unsere empirischen Überzeugungen und damit auch eine enge Verknüpfung der Sachverhalte, auf die sich die jeweiligen Überzeugungen beziehen. Auch die systematische Einheit hinsichtlich unserer Überzeugungen lässt sich nach dieser Auffassung hierarchisch auffassen, so dass sozusagen an der Spitze dieser Gliederung möglichst wenige fundamentale Überzeugungen oder Gesetze stehen, aus denen letztlich alle weiteren empirischen Überzeugungen folgen. Die Systematisierungsprojekte, die Kant im Auge hat, lassen sich demnach verstehen, als Projekte in denen unsere empirischen Begriffe und Überzeugungen in eine vollständigen hierarchischen Zusammenhang gebracht werden sollen. 2.2 Welche Idee ist für welches Systematisierungsprojekt nützlich und inwiefern? Die angegebene Charakterisierung der Systematisierungsprojekte ist insofern sehr allgemein, als sich nach ihr nur zwei generelle Systematisierungsprojekte unterscheiden lassen ein Projekt hinsichtlich unserer Begriffe und eines hinsichtlich unserer Überzeugungen. Ausgangspunkt unserer Überlegung war allerdings Kants Hinweis, dass die transzendentalen Ideen ( Seele, Welt, Gott ) im Rahmen von Systematisierungsprojekten nützlich sein sollen. Wie ist diese Auffassung im Lichte der bisherigen Rekonstruktion von Kants Überlegung zu verstehen? Sind alle drei Ideen für die generellen Systematisierungsprojekte auf einmal nützlich oder ist eine der Ideen besonders ausgezeichnet? Oder sollte man die bisher allgemein charakterisierten Projekte spezifizieren, um letztlich Unterprojekte ausfindig zu machen, für die dann jeweils eine der Ideen nützlich ist? Diese Fragen sind anhand des Kantischen Textes nicht leicht zu beantworten. Der Anhang zur transzendentalen Dialektik ist in zwei Teile gegliedert, wobei die bisher nachvollzogene generelle Charakterisierung der Systematisierungsprojekte dem ersten Teil entspricht. In diesem ersten Teil mit dem Titel Von dem regulativen Gebrauch der reinen Vernunft spricht Kant nur sehr allgemein von Ideen bzw. Vernunftbegriffen als Prinzipien der systematischen Vernunfteinheit, die dann hinsichtlich genereller Systematisierungsprojekte nützlich sein sollen (A 644ff./ B 672ff.). Erst im zweiten Teil mit dem Titel Von der Endabsicht der natürlichen Dialektik der menschlichen Vernunft spricht Kant dann explizit von den eigentlichen Vernunftideen Seele, Welt und Gott (A 669ff./B 697ff.). In welchem Verhältnis das allgemeine Prinzip der Vernunfteinheit zu den Vernunftideen Seele, Welt und Gott steht, wird von Kant leider nicht systematisch

9 9 aufgearbeitet. 4 Einzig die Idee Gott setzt er konkret mit dem allgemeinen Prinzip der Vernunfteinheit in Verbindung. Was besagt das Kantische Prinzip der Vernunfteinheit und in welchem Verhältnis steht es zur Idee Gott? Das Prinzip der Vernunfteinheit besagt zunächst nur, dass die Wirklichkeit eben so verfasst ist, dass sich oben spezifizierte Systematisierungsprojekte prinzipiell vollständig durchführen lassen. Die Wirklichkeit selbst ist nach diesem Prinzip daher in dem oben spezifizierten Sinne systematisch verfasst bzw. hierarchisch geordnet (A 645f./B 673f.). Sobald wir dieses Prinzip der Systematizität akzeptieren, sind wir angehalten, die Wirklichkeit so zu betrachten, dass wir, wenn wir Systematisierungsprojekte durchführen, uns der Wahrheit in Bezug auf die von uns erfahrbare Wirklichkeit zumindest annähern. Wenn aber dieses Prinzip der Vernunfteinheit nichts weiter sagen wolle, als dass die Vernunft gebiete, [...] die Welt nach Prinzipien einer systematischen Einheit zu betrachten, so besagt dieses Prinzip aus Kantischer Sicht nichts anderes, als die Wirklichkeit so zu betrachten, als ob sie insgesamt aus einem einzigen allbefassenden Wesen, als oberster und allgenugsamer Ursache, entsprungen wäre (A 686/ B714). Weil natürlich dieses oberste Wesen Gott ist, so heißt, die Welt nach dem Prinzip der systematischen Vernunfteinheit betrachten, aus Kantischer Sicht nichts anderes als sie so zu betrachten, als habe Gott sie erschaffen und vernünftig eingerichtet. Das Prinzip, die Welt sei systematisch verfasst, ist demnach aus Kantischer Sicht mehr oder weniger äquivalent mit der Auffassung, es existiere ein Gott, der die Welt erschaffen und vernünftig eingerichtet habe. Für die vorliegende Rekonstruktion des Kantischen Gedankengangs bedeutet das: Sobald man detailliert nachvollzieht, inwiefern das Prinzip der Vernunfteinheit bei der Durchführung der oben näher bestimmten Systematisierungsprojekte aus Kantischer Perspektive hilfreich ist, hat man automatisch auch nachvollzogen, inwiefern nach Kant die Vernunftidee Gott (bzw. die unter Rekurs auf diesen Begriff formulierbare Annahme Gott existiert ) bei der Durchführung dieser Projekte dienlich ist. 5 Inwiefern also dient das Prinzip der Vernunfteinheit bzw. das Prinzip der Systematizität aus Kantischer Sicht der Durchführung der generell charakterisierten Systematisierungsprojekte? Gleich nachdem Kant den eigentlichen Gehalt des Prinzips der systematischen Vernunfteinheit zumindest umrissen hat, charakterisiert er das Prinzip als logisches Prinzip (A 648/ B 676). Damit ist in diesem Zusammenhang gemeint, dass das Prinzip weniger als Behauptung, sondern vielmehr als Handlungsanweisung aufgefasst werden soll. Demnach 4 Für Versuche, die unterschiedlichen Vernunftideen, welche in den beiden Abschnitten des Anhangs angesprochen werden, zueinander in Beziehung zu setzen, siehe Grier (2001, 297f.); Rauscher (2010, ). 5 Insofern soll die Idee Gott für die allgemein charakterisierten Systematisierungsprojekte hilfreich sein. Die anderen Ideen Seele und Welt sind demgegenüber aus Kantischer Sicht vermutlich eher für spezifischere Systematisierungsprojekte dienlich, die der Form nach den allgemein charakterisierten Projekten entsprechen sollen (vgl. hierzu A 672ff. / B700ff.).

10 10 dient das Prinzip Kant zufolge nicht in erster Linie dazu, die Behauptung aufzustellen, unsere Wirklichkeit sei systematisch bzw. hierarchisch gegliedert. Vielmehr diene das Prinzip als Anweisung, systematische Einheit bzw. hierarchische Gliederung in der uns umgebenden Wirklichkeit zu suchen. Wobei das Prinzip der Vernunfteinheit in dieser handlungsanweisenden Funktion drei weitere Prinzipien unter sich begreift: Erstens das Prinzip der Homogenität, das uns anweist, zu jeweils gegebenen Arten, die höhere Gattung zu finden; zweitens das Prinzip der Spezifikation, das uns anweist, zu jeder Art wiederum Unterarten zu suchen; und drittens das Prinzip der Affinität, das uns anweist, zu den Arten und Unterarten weitere Zwischenarten zu suchen (A 658/ B686). Vergegenwärtigt man sich das oben näher spezifizierte Systematisierungsprojekt hinsichtlich unserer empirischen Begriffe, so fällt auf, dass uns das Prinzip der Systematizität mit seinen Unterprinzipien aus Kantischer Sicht dazu anleitet, genau die Handlungen auszuführen, die wir ausführen müssen, um das fragliche Systematisierungsprojekt hinsichtlich unserer Begriffe voran zu bringen. Eine analoge Auffassung scheint Kant auch in Bezug auf das Systematisierungsprojekt hinsichtlich unserer empirischen Überzeugungen zu vertreten (A 662f./B 690f.). Das Prinzip der Vernunfteinheit (und damit die Vernunftidee Gott bzw. die Annahme Gott existiert ) ist daher in ihrem regulativen Gebrauch, d.h. in der Interpretation als Handlungsanweisung, für bestimmte Systematisierungsprojekte insofern nützlich, als es der Durchführung dieser Projekte eine konkrete Richtung weist. Das Prinzip mit seinen Unterprinzipien schreibt vor, genau die Handlungen durchzuführen, die durchgeführt werden müssen, um im Rahmen des jeweiligen Projekts voranzukommen. Wichtig ist nun, dass die Prinzipien und Handlungsanweisungen aus Kantischer Sicht auch eine eindeutig explorative und korrektive Funktion erfüllen. Sie sind insofern explorativ, als sie unentbehrlich sind, [...] wenn wir außer den Gegenständen, die uns direkt vor Augen sind, auch diejenigen zugleich sehen wollen, die weit davon in unserem Rücken liegen, d.i. wenn wir, [...], den Verstand über jede gegebene Erfahrung (dem Teile der gesamten möglichen Erfahrung) hinaus, mithin zur größtmöglichen [...] Erweiterung abrichten [...] wollen (A 645/B 673). Die Prinzipien und daraus entspringenden Handlungsanweisungen sollen uns demnach helfen, den Bereich der uns momentan zugänglichen Erfahrungsgegenstände auszuweiten. Für diese explorative Funktion lassen sich auch Beispiele finden: So ließe sich mit Kant behaupten, dass das Prinzip der Spezifikation beispielsweise Physiker/innen behilflich war, subatomare Teilchen zuerst begrifflich zu fassen, um daraufhin schließlich Verfahren zu entwickeln, diese Teilchen auch empirisch nachzuweisen. Ebenso ließe sich mit Kant sagen, dass das Prinzip der

11 11 Homogenität Physiker/innen letztlich behilflich war, die Einheit elektrischer und magnetischer Kräfte hypothetisch anzunehmen, um diese Annahme dann später auch empirisch zu bestätigen (s. Rauscher 2010, 296). In diesem Sinne halfen die beiden Prinzipien aus Kantischer Perspektive, den Bereich der Wirklichkeit zu erweitern, der uns durch Erfahrung zugänglich ist. Ohne dies hier im Detail rekonstruieren zu können, ist es darüber hinaus wichtig festzuhalten, dass Kant an verschiedenen Textstellen auch darauf verweist, dass die angeführten Prinzipien neben der explorativen auch eine korrektive Funktion erfüllen (s. z.b. A 662f./ B 690f.). Diese Funktion soll im Wesentlichen darin bestehen, uns in die Lage zu versetzen, ungenaue Erfahrungsdaten zu korrigieren bzw. zu präzisieren (s. hierzu Thöle 2000, 128f.). Zusammenfassend lässt sich damit die Frage, welche Vernunftidee aus Kantischer Perspektive inwiefern für die allgemeinen Systematisierungsprojekte hilfreich ist, folgendermaßen beantworten: Die Vernunftidee Gott bzw. die Annahme Gott existiert ist nach Kant in gewisser Hinsicht äquivalent mit dem Prinzip der systematischen Vernunfteinheit bzw. dem Prinzip der Systematizität. Dieses Prinzip besagt, dass die Wirklichkeit selbst insofern systematisch verfasst ist, dass wir uns anhand der Durchführung der oben spezifizierten Systematisierungsprojekte der Wahrheit annähern. In ihrem regulativen Gebrauch ist dieses Prinzip aber weniger als Behauptung, sondern vielmehr als Handlungsanweisung zu verstehen, die sich anhand der Maximen der Homogenität, Spezifität und Affinität weiter differenzieren lässt. Aus Kantischer Perspektive geben uns diese Handlungsanweisungen einerseits bei der Durchführung der Systematisierungsprojekte eine konkrete Richtung vor sie erfüllen insofern also eine direktive Funktion. Andererseits sollen sie gleichzeitig dazu dienen, explorativ den Kreis der erfahrbaren Gegenstände zu erweitern und korrektiv bestimmte Erfahrungsdaten zu korrigieren bzw. zu spezifizieren. 2.3 Welchen epistemischen Status haben die Vernunft-Prinzipien? Die Frage nach dem epistemischen Status des Prinzips der Systematizität spielt für Kant eine ganz wesentliche Rolle. Seine Behandlung dieser Frage ist allerdings mit erheblichen exegetischen und sachlichen Schwierigkeiten verbunden. Im Folgenden werde ich zunächst die exegetische Problemlage darstellen. Anschließend werde ich darauf hinweisen, dass hinter diesen exegetischen handfeste sachliche bzw. systematische Probleme stehen, die sich anhand unserer bisherigen Rekonstruktion gut lokalisieren lassen.

12 12 Wie im vorangegangenen Unterkapitel angeführt, macht Kant auf den ersten Seiten des Anhangs zur transzendentalen Dialektik unmissverständlich klar, dass das Prinzip der Vernunfteinheit und die entsprechenden Unterprinzipien nur regulativ verstanden werden sollen, d.h. sie sollen so interpretiert werden, dass sie nichts über die Wirklichkeit behaupten, sondern lediglich als Anweisung dienen, systematische Einheit nach oben spezifiziertem Sinne aufzusuchen. Diese Vernunfteinheit ist bloß hypothetisch. Man behauptet nicht, dass eine solche in der Tat angetroffen werden müsse, sondern, dass man sie zu Gunsten der Vernunft [...] suchen, und, wo es sich tun lässt, auf solche Weise systematische Einheit in Erkenntnis bringen müsse. ( A 649f./ B 677f.) In diesem Sinne äußert sich Kant auch bereits zu Beginn der transzendentalen Dialektik: Aber ein solcher Grundsatz [das Prinzip der Systematizität, J.B.] schreibt den Objekten kein Gesetz vor, und enthält nicht den Grund der Möglichkeit, sie als solche überhaupt zu erkennen und zu bestimmen [Hervorhebung, J.B.], sondern ist bloß ein [...] Gesetz der Haushaltung mit dem Vorrate des Verstandes, durch Vergleichung seiner Begriffe, den allgemeinen Gebrauch derselben auf die kleinstmögliche Zahl derselben zu bringen, ohne daß man deswegen von den Gegenständen selbst eine solche Einhelligkeit [...] zu fordern, und jener Maxime zugleich objektive Gültigkeit zu geben [Hervorhebung, J.B.], berechtigt wäre (A 306/ B 362f.) Die beiden kursiv gesetzten Textstellen in diesem Zitat machen unmissverständlich klar, dass nach Kant das Prinzip der Vernunfteinheit weder eine im Kantischen Sinne transzendentale Bedingung für die Möglichkeit von Erfahrungsgegenständen formuliert, noch überhaupt irgendetwas über die Wirklichkeit aussagt, sondern lediglich als Handlungsanweisung verstanden werden soll. In krassem Gegensatz dazu finden sich einige Seiten später Textstellen, in denen Kant behauptet, dass die Interpretation des Prinzips als Handlungsanweisung gerade voraussetzt, dass das Prinzip transzendentalen Status habe und insofern auch etwas über wirkliche Gegenstände aussage. In der Tat ist auch nicht abzusehen, wie ein logisches Prinzip der Vernunfteinheit [das Prinzip in seiner regulativen, handlungsanweisenden Interpretation, J.B.] [...] stattfinden könne, wenn nicht ein transzendentales vorausgesetzt würde, durch welches eine solche systematische Einheit, als den Objekten selbst anhängend, a priori als notwendig angenommen wird [Hervorhebung, J.B.]. (A 650f./ B 678f.) In den kursiv gesetzten Stellen des Zitats spricht Kant den Vernunftprinzipien nicht mehr nur logischen, d.h. in unserem Zusammenhang regulativen Status zu, sondern gleichzeitig einen objektiven und transzendentalen. In unserer Suche nach systematischer Einheit, müssen wir

13 13 ihm zufolge voraussetzen, diese Vernunfteinheit sei der Natur selbst angemessen (A 653/ B 681) wir müssen dem Prinzip also objektiven Status zugestehen. Darüber hinaus scheint er anzunehmen, dass wir diesen objektiven Status deswegen zugestehen dürfen, weil ohne die Voraussetzung der Systematizität gar keine empirischen Begriffe, mithin keine Erfahrung möglich wäre (A 654/ B 682) daraus ergibt sich schließlich der transzendentale Status des Vernunftprinzips. Einerseits behauptet Kant also das Vernunftprinzip sei weder objektiv noch transzendental, um dann andererseits genau das Gegenteil zu behaupten. Aufgrund dieser Spannung im Kantischen Text bewerten viele Kommentatoren/innen Kants Ausführungen im Anhang zur transzendentalen Dialektik als dunkel und verworren bzw. als offensichtlich selbstwidersprüchlich (s. z.b. Smith 1918, 547ff.; Bennett 1974, 258ff.). Auch Kant selbst gesteht zu, dass seine Charakterisierung der Vernunftprinzipien zumindest merkwürdig ist. Was bei diesen Prinzipien merkwürdig ist, [...], ist dieses: dass sie transzendental zu sein scheinen, und, ob sie gleich bloße Ideen des empirischen Gebrauchs der Vernunft enthalten, [...], sie gleichwohl als synthetische Sätze a priori, objektive, aber unbestimmte Gültigkeit haben und zur Regel möglicher Erfahrung dienen, [...], ohne dass man doch eine transzendentale Deduktion derselben zu Stande bringen kann, welches wie oben bewiesen worden, in Ansehung der Ideen jederzeit unmöglich ist. (A 663f./B 691f.) Zusammenfassend können wir die Merkwürdigkeit, die Kant selbst anspricht, in drei miteinander unverträglichen Behauptungen lokalisieren. Erstens: Kant behauptet scheinbar einerseits, das Vernunftprinzip sei nichts weiter als eine regulative Handlungsanweisung. Andererseits behauptet er, das Prinzip sei mehr als eine regulative Handlungsanweisung, weil es auch als eine objektive Aussage aufgefasst werden müsse (A 650f./ B 678f.). Zweitens: Kant behauptet einerseits, das Vernunftprinzip sei insofern nicht transzendental, als es den Objekten kein Gesetz vorschreibe und daher nicht den Grund der Möglichkeit, sie als solche überhaupt zu erkennen (A 306/ B 362) enthalte. Andererseits behauptet er, dass das Vernunftprinzip insofern transzendental sei, als ohne es gar keine empirischen Begriffe, mithin keine Erfahrung möglich wäre (A 654/ B 682). Drittens: Kant behauptet einerseits, das Vernunftprinzip habe transzendentalen Status und sei insofern ein synthetischer Satz a priori (A 663/B 691). Andererseits behauptet er aber, dass sich dieser transzendentale Status des Prinzips nicht durch eine transzendentale Deduktion desselben (s. A 663f./B 691f.) erweisen lasse. Doch im Rahmen des Kantischen Großprojektes ist dies inkonsistent. Kant verwendet viele Seiten der Kritik der reinen Vernunft darauf, nachzuweisen, dass synthetische Sätze a priori (zumindest wenn es sich nicht um mathematische Sätze handelt) nur insofern möglich sind, als sie Bedingungen möglicher

14 14 Erfahrungen und damit zugleich auch Bedingungen der Möglichkeit der Gegenstände der Erfahrung formulieren. Doch genau dies, nämlich ob ein Satz eine Bedingung möglicher Erfahrungen und damit eine Bedingung möglicher Erfahrungsgegenstände formuliert, muss sich aus Kantischer Sicht anhand einer transzendentalen Deduktion nachweisen lassen soweit das Ergebnis der transzendentalen Analytik. Und weil sich eine solche Deduktion hinsichtlich der Vernunftideen und damit zusammenhängender Vernunftprinzipien nicht geben lässt, lassen sich mit diesen auch keine synthetischen Sätze a priori formulieren soweit das Ergebnis der transzendentalen Dialektik. Doch nun spricht Kant im Anhang zur transzendentalen Dialektik davon, dass das Prinzip der Vernunfteinheit ein synthetischer Satz a priori sei, von denen sich gerade keine transzendentale Deduktion geben lasse. Im Rahmen des Projektes der Kritik der reinen Vernunft ist das sicherlich mehr als nur merkwürdig es ist inkonsistent. Nachdem nun die zentralen exegetischen Schwierigkeiten hinsichtlich des eigentlichen Status des Vernunftprinzips dargelegt sind, möchte ich im Folgenden die sachlichen bzw. systematischen Schwierigkeiten ansprechen, in die sich Kant im Rahmen seiner Überlegungen unwillkürlich verstricken muss und die ihn letztlich dazu verleiten, die angeführten widersprüchlichen Aussagen zu treffen. Nach der oben angeführten Rekonstruktion (s. Abschnitte 2.1 und 2.2) erfüllt das Vernunftprinzip der Systematizität (anhand seiner Subprinzipien der Homogenität, Spezifikation und Affinität) nach Kant dreierlei regulative Funktionen: (a) Direktive Funktion: Im Rahmen der oben charakterisierten Systematisierungsprojekte lässt sich das Systematizitätsprinzip (anhand seiner Unterprinzipien) als konkrete Handlungsanweisung interpretieren. Das Prinzip gibt damit den fraglichen Systematisierungsprojekten konkrete Untersuchungsrichtungen vor. (b) Explorative Funktion: Das Systematizitätsprinzip hilft uns im Rahmen der Systematisierungsprojekte, explorativ den Bereich erfahrbarer Gegenstände zu erweitern. (c) Korrektive Funktion: Das Systematizitätsprinzip erfüllt korrektiv die Aufgabe, bestimmte Erfahrungsdaten zu korrigieren bzw. zu präzisieren. Wenn das Systematizitätsprinzip (anhand seiner Unterprinzipien) diese drei Funktionen erfüllen soll, so muss das Prinzip nicht nur als Aussage über die Wirklichkeit aufgefasst werden, sondern es muss darüber hinaus als Aussage aufgefasst werden, der ein positiver epistemischer Status zukommt. Denn nur wenn dem Prinzip ein positiver epistemischer Status zukommt, d.h. wenn das Prinzip als Aussage über die Wirklichkeit in irgendeiner Weise

15 15 gerechtfertigt ist, ist es in epistemischer Hinsicht rational das Systematisierungsprojekt zu verfolgen und in diesem Sinne nach systematischer Einheit zu suchen. Warum? Nehmen wir an, das Prinzip sei falsch und die Wirklichkeit selbst sei nicht systematisch verfasst ist. So verschwende ich im Rahmen eines Systematisierungsprojektes, das auf diesem Prinzip beruht, nicht nur meine Zeit wie einige Kommentatoren annehmen (s. Guyer 1997, 49f.). Vielmehr werde ich im Falle der Falschheit des Prinzips insbesondere aufgrund seiner explorativen und korrektiven Funktionen, im Rahmen meines Systematisierungsprojektes systematisch in die Irre geführt (vgl. hierzu auch A 660/B 688; Thöle 2000, 122). Das Systematisierungsprojekt ist also nur dann meinem epistemischen Ziel der Vermehrung wahrer Überzeugungen bei gleichzeitiger Vermeidung von falschen zuträglich, wenn das zugrunde liegende Prinzip wahr ist. Ansonsten werde ich systematisch in die Irre geleitet und das Systematisierungsprojekt ist dem zentralen epistemischen Ziel sogar abträglich. Weil nun aus epistemischer Sicht nur die Verfahren rational sind, bei denen zumindest eine reelle Chance besteht, unserem epistemischen Ziel näher zu kommen, können wir schließen: Es ist nur dann in epistemischer Hinsicht rational, das Systematisierungsprojekt zu verfolgen, wenn wir das zugrunde liegende Systematizitätsprinzip als Prinzip hinsichtlich der Wirklichkeit auffassen und ihm darüber hinaus einen positiven epistemischen Status zusprechen können. Auch Kant scheint dieser Zusammenhang durchaus klar zu sein (vgl. z.b. (A 660/B 688 & A 650f./ B 678f). Allerdings gibt es im Kantischen Rahmen nur zwei Möglichkeiten, einem Prinzip bzw. einem Satz einen positiven epistemischen Status anzuerkennen. Entweder man führt apriorische oder aber empirische Gründe an, welche die Wahrheit des fraglichen Prinzips entweder beweisen oder zumindest wahrscheinlich machen. Unglücklicherweise stehen Kant in Bezug auf das Prinzip systematischer Einheit keinerlei Ressourcen, es anhand empirischer oder apriorischer Gründe zu rechtfertigen. Warum kann Kant das Prinzip der Systematizität, entgegen der Auffassung einiger Kommentatoren (s. z.b. Horstmann 1997, 128f.), nicht anhand empirischer Gründe stützen? Er kann das Prinzip nicht anhand empirischer Gründe rechtfertigen, weil in seinen Augen das Prinzip der Systematizität in gewisser Hinsicht äquivalent ist mit der Annahme, dass Gott existiert (s. Abschnitt 2.2). Und das Ergebnis seiner Untersuchung des so genannten physikotheologischen Gottesbeweises im Rahmen der transzendentalen Dialektik lautet, dass die Existenz Gottes nicht unter Rekurs auf konkrete Erfahrungen, d.h. nicht unter Rekurs auf empirische Gründe gerechtfertigt werden kann. Aber auch unabhängig von der angesprochenen Äquivalenz lässt sich zeigen, dass Kant keine Ressourcen bereitstehen, das Prinzip der Systematizität anhand empirischer Gründe epistemisch auszuzeichnen. Das Prinzip der Systematizität besagt, dass die erfahrbare

16 16 Wirklichkeit systematisch verfasst ist. Will man dieses Prinzip anhand empirischer Gründe rechtfertigen, so hat man nur folgende Möglichkeit: (i) Man verweist auf seine empirischen Erfahrungen, Begriffe und Überzeugungen; man zeigt, (ii) dass diese in einem systematischen Zusammenhang stehen, und schließt (iii) darauf, dass auch die Wirklichkeit auf die sich diese Erfahrungen, Begriffe und Überzeugungen beziehen systematisch verfasst ist. Diese Überlegung ist aber aus Kantischer Sicht insofern epistemisch zirkulär, als die Rechtfertigung von Prämisse (ii) die Rechtfertigung der Konklusion (iii) bereits voraussetzt. Warum? Um zu zeigen, dass meine empirischen Erfahrungen, Begriffe und Überzeugungen in einem systematischen Zusammenhang stehen, muss ich nach Kant oben spezifizierte Systematisierungsprojekte verfolgen. Die Ergebnisse dieser Projekte sind aber nur dann gerechtfertigt, wenn es bereits gerechtfertigt ist, dass die Wirklichkeit selbst systematisch verfasst ist denn angenommen, die Wirklichkeit sei nicht systematisch verfasst, so führen uns die Projekte systematisch in die Irre und produzieren viele falsche Ergebnisse (s. oben). Die Ergebnisse dieser Projekte, d.h. die Annahme, dass meine empirischen Erfahrungen, Begriffe und Überzeugungen in einem systematischen Zusammenhang stehen, sind aus Kantischer Sicht daher nur in dem Maße gerechtfertigt, in dem auch das zugrunde liegende Prinzip der Systematizität gerechtfertigt ist. Daher kann anhand des vermeintlichen systematischen Zusammenhangs unserer empirischen Begriffe und Überzeugungen, das Prinzip der Systematizität nicht gerechtfertigt werden ein solcher Versuch müsste bereits voraussetzen, was eigentlich gezeigt werden soll. Jeder, der versucht, das Prinzip der Systematizität anhand empirischer Gründe zu rechtfertigen, befindet sich demnach in einer analogen Situation wie der Kaffeesatzleser, der aus den Resten seiner Kaffeetasse liest, dass Kaffeesatzlesen ein verlässliches Überzeugungsbildungsverfahren ist. Der Versuch, das Prinzip der Systematizität anhand empirischer Gründe zu rechtfertigen, muss also im Rahmen der Kantischen Überlegung an seiner epistemischen Zirkularität scheitern. 6 Damit bleibt Kant nur die Möglichkeit, das Prinzip der Systematizität a priori zu stützen. Doch auch dies ist im Rahmen seiner Überlegungen in der Kritik der reinen Vernunft nicht möglich. Warum? Wiederum liegt dies erstens daran, dass Kant zufolge das Prinzip der Systematizität und die Annahme, dass Gott existiert, in gewisser Hinsicht äquivalent sind. Und natürlich ist es sozusagen das Hauptergebnis des Abschnitts zu dem Ideal der reinen Vernunft, dass Gottes Existenz nicht a priori nachgewiesen werden kann. Wieder lässt sich aber auch unabhängig von der angesprochenen Äquivalenz deutlich machen, inwiefern nach Kant das Prinzip der Systematizität nicht a priori begründet sein kann. 6 Auch dieser Zusammenhang ist Kant selbst aufgefallen. Im Zusammenhang einer Überlegung, warum die systematische Einheit als Natureinheit [...] a priori [...] vorausgesetzt werden müsse, verweist er darauf, dass ansonsten ein fehlerhafter Zirkel im Beweisen, da man das voraussetzt, was eigentlich hat bewiesen werden sollen (A 693/ B721) entspringe.

17 17 Das Prinzip der Systematizität ist ein synthetischer und kein analytischer Satz. Sieht man von mathematischen Sätzen ab, so lassen sich synthetische Sätze aus Kantischer Perspektive nur dann a priori begründen, wenn sie eine Bedingung möglicher Erfahrung und damit zugleich eine Bedingung möglicher Gegenstände der Erfahrung aussprechen soweit das Hauptergebnis der transzendentalen Analytik. Im Zuge dieser Analytik verwendet Kant viel Energie darauf, diese Bedingungen möglicher Erfahrung anhand der so genannten Kategorien zu spezifizieren, die er ebenfalls im Zuge der Analytik, zumindest aus seiner Sicht, vollständig anführt (A 80/B A 81/B 107). 7 Nun findet sich aber in dieser Liste der Kategorien (der so genannten Kategorientafel) und damit auch in den Urteilen und Grundsätzen, die anhand dieser Kategorien formuliert werden können, nichts, das dem Systematizitätsprinzip entspräche. Zumindest unter den Vorgaben der Kritik der reinen Vernunft hat Kant demnach keine Ressourcen das Prinzip der Systematizität a priori zu rechtfertigen. Zusammenfassend lassen sich die hier angeführten systematischen Schwierigkeiten, in die sich Kant unwillkürlich verstricken muss, folgendermaßen charakterisieren: Das Prinzip der systematischen Vernunfteinheit bzw. das Prinzip der Systematizität besagt, dass die von uns erfahrbare Wirklichkeit systematisch verfasst ist. Aus Kantischer Sicht hat dieses Prinzip im Rahmen diverser Systematisierungsprojekte einen rein regulativen Gebrauch, der letztlich für den positiven epistemischen Wert des Vernunftprinzips verantwortlich sein soll. Dieser regulative Gebrauch des Prinzips, der sich in dessen Interpretation als konkrete Handlungsanweisung manifestiert, umfasst eine direktive, explorative und korrektive Funktion. Diese Funktionen kann der Gebrauch des Vernunftprinzips allerdings nur dann angemessen erfüllen, wenn das Prinzip eben nicht nur als Handlungsanweisung, sondern eben auch als gerechtfertigte Aussage über die Wirklichkeit interpretiert wird. Wenn das Prinzip nicht gerechtfertigt ist, dann ist der regulative Gebrauch des Prinzips mit all seinen Funktionen aus epistemischer Sicht irrational. Nun kennt Kant aber lediglich zwei Möglichkeiten, ein Prinzip zu rechtfertigen entweder durch empirische oder durch apriorische Gründe. Im Lichte seiner sonstigen und für das Projekt der Kritik der reinen Vernunft zentralen Annahmen, stehen Kant jedoch weder Ressourcen bereit, das Vernunftprinzip anhand empirischer, noch anhand apriorischer Gründe epistemisch auszuzeichnen. Damit ist es Kant zumindest im Rahmen der Kritik der reinen Vernunft unmöglich, den anvisierten epistemischen Wert der Vernunftprinzipien, der sich aus ihrer jeweiligen regulativen Funktion ergeben soll, theoretisch befriedigend einzuholen. Vermutlich war ihm selbst während der Arbeit an der Kritik der reinen Vernunft die Tragweite des angeführten Problems nicht völlig bewusst, so dass er sich zu den oben 7 Für eine aktuelle und ausführliche Auseinandersetzung sowie Verteidigung der vermeintlichen Vollständigkeit der Kantischen Kategorien- und Urteilstafel, siehe Hoeppner (2011).

18 18 angeführten widersprüchlichen Aussagen verleiten ließ. Er verweist zwar zunächst auf den rein regulativen Gebrauch des Prinzips, realisiert allerdings schnell, dass dieser Gebrauch mit all seinen Funktionen nur dann in epistemischer Hinsicht rational ist, wenn das Prinzip selbst gerechtfertigt ist. Weil ihm außerdem klar ist, dass das Prinzip nicht empirisch gerechtfertigt werden kann, bleibt ihm nur die apriorische Rechtfertigung, wobei dies im Rahmen seiner sonstigen Überzeugungen, die er in der Kritik der reinen Vernunft vertritt, ebenfalls unmöglich ist. Daher scheint er im Anhang zur transzendentalen Dialektik ständig zwischen zwei Auffassungen zu schwanken: dem Prinzip einerseits transzendentalen Status zuzuerkennen und ihm diesen Status andererseits wieder abzusprechen. Erst im Nachhinein scheint ihm die Tragweite der angeführten Schwierigkeit klar geworden zu sein. So schreibt er in 60 der Prolegomena, dass er sich in den beiden Scholien [gemeint sind die beiden Abschnitte des Anhangs zur transzendentalen Dialektik, J.B.], welche sich durch ihre Trockenheit Liebhabern wohl schwerlich empfehlen dürften nur auf noch anzustehende Aufgaben verwiesen habe, die er in der Schrift selbst [gemeint ist die Kritik der reinen Vernunft, J.B.] zwar als wichtig vorgestellt, aber ihre Auflösung gar nicht versucht habe. Dies lässt sich auch als Eingeständnis lesen, dass die Schwierigkeit Vernunftprinzipien und damit Vernunftideen auch in theoretischer Hinsicht einen positiven epistemischen Nutzen abzugewinnen, zumindest unter den Vorgaben der Kritik der reinen Vernunft schlicht unmöglich ist. Es ist daher auch nur folgerichtig, dass Kant dieses Thema zusammen mit dem Thema Systematizität in der Kritik der Urteilskraft wieder aufnimmt, wobei seine dortige Behandlung des Themas insofern unter neuen Vorzeichen steht, als dort ein neues Vermögen, nämlich das Vermögen der reflektierenden Urteilskraft, eingeführt wird. 8 Nach meiner Lesart des Anhangs zur transzendentalen Dialektik sind die dortigen widersprüchlichen Aussagen Kants einem tief liegenden systematischen Problem geschuldet, das sich im Rahmen der Kritik der reinen Vernunft nicht lösen lässt. Die exegetische Frage, wie mit den widersprüchlichen Aussagen Kants in diesem Abschnitt umzugehen ist, kann aus meiner Sicht nur eine Antwort haben: Wir müssen sie in ihrer Widersprüchlichkeit ernst nehmen und als Ausdruck der erläuterten tief greifenden systematischen Schwierigkeit auffassen. 9 8 Zum Verhältnis der Kantischen Untersuchungen zur Systematizität in der Kritik der reinen Vernunft und der Kritik der Urteilskraft, siehe Guyer (1990), Horstmann (1997, Kap. V-VII). 9 Natürlich sind auch Lesarten des Anhangs vorgeschlagen worden, die sich darum bemühen, dortige Widersprüche aufzulösen. Weil diese Vorschläge hier nicht ausführlich diskutiert werden können, muss ich mich mit kurzen Anmerkungen begnügen. Es gibt prinzipiell zwei Möglichkeiten, die Widersprüche in Bezug auf Kants Rede vom transzendentalen Status der Vernunftprinzipien aufzulösen: Man vertritt entweder (A) eine schwache oder (B) eine starke Lesart. Nach (A) möchte Kant mit der Redeweise vom transzendentalen Status gar nicht behaupten, dass es sich bei den Prinzipien um transzendentale Bedingungen der Möglichkeit von Erfahrung handelt (s. z.b. McFarland 1970, 14ff.;

19 19 Im folgenden Kapitel 3 werde ich zu einer zeitgenössischen Theorie übergehen, die in zentralen Punkten mit der Kantischen Position im Anhang zur Dialektik vergleichbar ist. Es handelt sich um Wrights Theorie epistemischer Berechtigung. Erst wenn diese Theorie besprochen und von einem zentralen Problem befreit wurde, lässt sich in Kapitel 4 zeigen, dass unter Rekurs auf diese Theorie die Kantische Position im Anhang rehabilitiert werden kann. 3. Wrights Theorie der Berechtigung Crispin Wright verteidigt in seinem Text Warrant for Nothing (and Foundations for Free)? eine Art epistemischer Rechtfertigung, die sich dadurch auszeichnet, dass sie erstens nichtevidentiell und zweitens internalistisch ist. Sie ist insofern nicht-evidentiell, als sie unabhängig sowohl von empirischen als auch von a priori Gründen ist (s. Wright 2004, ). Dies alleine wäre allerdings kein Merkmal einer neuen und besonders interessanten Konzeption von Rechtfertigung, schließlich gibt es bereits eine ganze Reihe externalistischer Theorien, nach denen Rechtfertigung ebenfalls in diesem Sinne nicht-evidentiell ist. 10 Im Gegensatz dazu jedoch, ist die Variante nicht-evidentieller epistemischer Rechtfertigung ( entitlement ), um die es Wright geht, explizit internalistisch. [...] its spirit [...] has been very much internalist: entitlements, it appears, in contrast with any broadly externalist conception of warrant, are essentially recognisable by means of traditionally internalist resources a priori reflection and self-knowledge and are generally independent of the character of our actual cognitive situation in the wider world indeed are designed to be so. (ebd., ) Dieses Zitat verdeutlicht nicht nur, inwiefern Wrights Theorie internalistisch ist, sondern macht außerdem auf terminologische Eigenheiten Wrights aufmerksam. Den Ausdruck warrant benutzt Wright als allgemeinen Begriff epistemischer Rechtfertigung, Walsh 1975, 41; Wartenberg 1979). Diese Versuche haben zwei zentrale Schwierigkeiten: Erstens müssen sie eine überzeugende Alternative anbieten, was Kant mit dieser Redeweise dann genau meint. Zweitens sind sie gezwungen bestimmte gegenteilige Textstellen des Anhangs einfach zu ignorieren (s. vor allem A654 /B 682). Nach (B) möchte Kant mit der Redeweise vom transzendentalen Status, sehr wohl darauf hinaus, dass das Vernunftprinzip eine wie auch immer geartete erfahrungskonstitutive Funktion erfüllt. Auch wenn dies der Sache nach eine interessante Position ist, so lässt sie sich, wenn überhaupt, nur unter Rekurs auf die Thesen der Kritik der Urteilskraft verteidigen. Im Rahmen der Kritik der reinen Vernunft ist eine solche Lesart schlicht unplausibel, weil sie eine Revision vieler zentraler Thesen dieses Werkes nach sich ziehen müsste (vgl. zu dieser Einschätzung Horstmann 1997, VII). 10 So behaupten z.b. Reliabilisten, dass die Rechtfertigung einer Überzeugung lediglich von der Verlässlichkeit des jeweiligen Überzeugungsbildungsprozesses abhängt, wobei Gründe egal ob empirische oder apriorische in diesen Überzeugungsbildungsprozessen keinerlei positive Rolle spielen müssen (s. z.b. Goldman 1979).

20 20 der sowohl evidentielle wie nicht-evidentielle Varianten umfasst. Wohingegen er die Ausdrücke entitlement für nicht-evidentiell-internalistische und justification für evidentiell-internalistische Formen der Rechtfertigung reserviert. 11 Diese terminologischen Festlegungen werde ich im weiteren Verlauf des Aufsatzes folgendermaßen aufnehmen: Wrights Ausdruck warrant werde ich mit Rechtfertigung, den Term justification mit Begründung und entitlement mit Berechtigung übersetzen. Wright diskutiert in seinem Text insgesamt vier Spezifikationen von Berechtigung, wobei im Zusammenhang des vorliegenden Aufsatzes nur die so genannte Berechtigung im Rahmen kognitiver Projekte interessant ist (s. ebd., ). Denn nur hinsichtlich dieser Spezifikation von Berechtigung lassen sich interessante Bezüge zu den Kantischen Überlegungen des vorangegangenen Abschnitts herstellen. Daher wird sich die folgende Untersuchung auf diese Variante der Berechtigung beschränken. In Abschnitt 3.1 wird zunächst Wrights Theorie erläutert. Anschließend wird in Abschnitt 3.2 ein zentrales Problem der Theorie angesprochen und eine Lösung vorgeschlagen. Erst in Kapitel 4 wird dann der Zusammenhang der Theorie zu den diskutierten Kantischen Überlegungen im Detail ausgearbeitet. 3.1 Berechtigung im Rahmen kognitiver Projekte Wrights Theorie der Berechtigung im Rahmen kognitiver Projekte lässt sich folgendermaßen charakterisieren (vgl. ebd, ): Ein epistemisches Subjekt S ist im Rahmen eines kognitiven Projektes K berechtigt auf p zu vertrauen, gdw.: (i) p eine Voraussetzung des kognitiven Projektes K ist; (ii) S keine Gründe vorliegen zu glauben, p sei falsch; (iii) alle Versuche p anhand von Gründen zu rechtfertigen (d.h. zu begründen), weitere Voraussetzungen mit sich bringen würde, die mindestens ebenso unsicher sind wie p selbst,... usw. ad infinitum. Diese Charakterisierung ist in vielerlei Hinsicht erläuterungsbedürftig. Bevor die einzelnen Bedingungen expliziert werden, muss zunächst beantwortet werden, was wir eigentlich unter einem kognitiven Projekt zu verstehen haben. Unglücklicherweise gibt Wright selbst auf diese 11 Für die externalistische Variante der Rechtfertigung prägt Wright keinen eigenen Term, sondern bezeichnet sie einfach als extenalist conception of warrant.

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