Stellungnahme zur Anhörung der Verordnungen über die Unfallversicherung sowie über die Militärversicherung
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- Gert Abel
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1 Herrn Bundesrat Alain Berset Vorsteher EDI 3003 Bern Bundesamt für Gesundheit 3003 Bern Bern, 30. Juni 2016 Stellungnahme zur Anhörung der Verordnungen über die Unfallversicherung sowie über die Militärversicherung Sehr geehrter Herr Bundesrat Sehr geehrte Damen und Herren Die FMH dankt für den Einbezug in das Anhörungsverfahren. Der FMH-Zentralvorstand nimmt nach Anhörung der in der Ärztekammer vertretenen Organisationen wie folgt Stellung: 1. Zur Revision der UVV Zu Art. 36 Abs. 5, Integritätsentschädigung bei asbestbedingten Erkrankungen Art. 36 Abs. 5 sieht gemäss Entwurf vor: Bei Versicherten, die an einer asbestbedingten Berufskrankheit leiden, entsteht der Anspruch auf eine Integritätsentschädigung mit der gesicherten ärztlichen Diagnose. Die Problematik des späten Auftretens nach Exposition betrifft sowohl asbestbedingte wie auch andere berufsbedingte Tumorerkrankungen. Daneben gibt es durchaus auch nichtmaligne Manifestationen einer asbestbedingten Berufskrankheit, wo eine Begründung des Anspruchs auf Integritätsentschädigung alleine mit der gesicherten ärztlichen Diagnose im Quervergleich medizinisch nicht zu rechtfertigen ist. Im Sinne der Rechtsgleichheit soll für alle berufsbedingten Tumorerkrankungen gelten, dass der Anspruch auf eine Integritätsentschädigung mit der gesicherten ärztlichen Diagnose entsteht. Die FMH schlägt folgende Formulierung vor: Bei Versicherten, die an einer asbestbedingten oder einer anderen berufsbedingten Tumorerkrankung Berufskrankheit mit prognostisch ähnlich kurzer Überlebenszeit leiden, entsteht der Anspruch auf eine Integritätsentschädigung mit der gesicherten ärztlichen Diagnose. Zu Art. 67, Grundsätze der Versorgung Der neue Art. 67 sieht vor: Art Die Versicherer gewährleisten eine ausreichende, qualitativ hochstehende und zweckmässige Versorgung der Versicherten zu möglichst günstigen Kosten.
2 2 Heilbehandlungen und Hilfsmittel sind zweckmässig, wenn sie aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls geeignet und notwendig sind, um das gesetzliche Ziel in einem vernünftigen Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen zu erreichen Die Erläuterungen halten dazu fest: In Konkretisierung von Artikel 56 Absatz 1 UVG, der die vertragliche Zusammenarbeit zwischen den Versicherern mit den Medizinalpersonen sowie den Spitälern und Kuranstalten stipuliert, ist festzuhalten, dass die Zielsetzung der Zusammenarbeit in einer ausreichenden Versorgung der nach UVG unfallversicherten Patienten liegt. Damit soll einerseits einer Überversorgung vorgebeugt werden, andererseits soll damit auch das in Artikel 56 Absatz 2 UVG (indirekt) verankerte Prinzip bestätigt werden, dass Tarifverträge nur mit jenen Spitälern zu vereinbaren sind, welche für die Versorgungssicherheit erforderlich sind. Im stationären Bereich gibt es mithin keinen Kontrahierungszwang. Für die Leistungserbringer im ambulanten Bereich gilt hingegen, dass jedermann, der die Bedingungen erfüllt, dem Vertrag beitreten kann. Weiter soll präzisiert werden, dass die Heilbehandlung auch qualitativen Ansprüchen zu genügen hat, was in der UV bisher keine explizite Erwähnung gefunden hat. Vorschlag: Art. 67 streichen Zu Abs. 1: Solche Grundsätze zur Versorgung, wie sie Abs. 2 von Art. 67 UVV nennt, gehörten wenn schon ins Gesetz und nicht in eine Verordnung. Gemäss den Erläuterungen soll Art. 67 UVV eine Konkretisierung von Art. 56 Abs. 1 UVG sein. In Art. 56 Abs. 1 UVG nennt die Versorgung mit keinem Wort. Die Erläuterungen halten fest, dass Tarifverträge nur mit jenen Spitälern zu vereinbaren sind, welche für die Versorgungssicherheit erforderlich sind. Die FMH bezweifelt, dass dies umsetzbar ist. Wie sollte die Versorgung sichergestellt werden, wenn ein Spital zwar gestützt auf die Kantonale Spitalplanung Krankenkassenpatienten behandeln kann, aber keine Unfallversicherungspatienten? In welches Spital soll der verunfallte Patient gefahren werden? Der Patient, sein Arbeitgeber, seine Angehörige und auch die Ambulanzfahrer können in aller Regel nicht wissen, ob die Unfallversicherung oder die Krankenkasse zuständig sein wird. Abs. 2 von Art. 67 UVV: Dieser Absatz, welcher sich auf die Verhältnismässigkeit von Behandlungen und Hilfsmittel bezieht, ist, entgegen den Erläuterungen, nicht eine Konkretisierung von Art. 56 Abs. 1 UVG, sondern von Art. 10 Abs. 1 UVG. In Art. 56 Abs. 1 UVG sehen wir keine gesetzliche Grundlage für diese Konkretisierung. Dass in der KLV abgelehnte Leistungen Richtschnur für die Unfallversicherung werden sollen (so die Erläuterungen) ist auch nicht sachgerecht. Die Unfallversicherung hat im Unterschied zur Krankenkasse von Gesetzes wegen die Kompetenz zur Fallführung. Sie soll im Einzelfall entscheiden können, was sinnvoll ist. Zu Art. 70, Tarife Art. 70 sieht vor: 1 Für die Ausgestaltung der Tarife sind sinngemäss anwendbar: a. Artikel 43 Absätze 2, 3 und 4 zweiter Satz des Bundesgesetzes vom 18. März über die Krankenversicherung (KVG); b. Artikel 49 Absätze 1, 3, 4, 5 und 6 KVG. 2 Die Tarife sind nach betriebswirtschaftlichen Kriterien zu bemessen, und es ist eine sachgerechte Struktur der Tarife zu beachten. Der Tarif darf höchstens die transparent ausgewiesenen Kosten der Leistung und die für eine effiziente Leistungserbringung erforderlichen Kosten decken. Die Erläuterungen halten dazu auf S. 12 fest: Im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2014 (C-529/2012) ist im Rahmen eines Tariffestsetzungsverfahrens bemängelt worden, dass das UVG, das MVG und das IVG keine inhaltlichen Vorgaben zur Bemessung der Tarife enthalten. Es fehle an generell-abstrakten Grundsätzen zur Tarifordnung und zur Kostenermittlung für die Leistungsabgeltung. Es erscheine zwar durchaus sachgerecht, die Medizinaltarife im Bereich der UV/MV/IV nicht nach einem anderen Modell zu berechnen als im Tarifrecht der Krankenversicherung. Die öffentliche Hand sei bei der Tarifierung jedoch nicht frei. 2/5
3 Auch in diesem Bereich gelten für sie die allgemeinen Grundprinzipien des staatlichen Handelns. So muss sich die Tarifordnung auf eine gesetzliche Grundlage stützen können. Wenn die Tarifordnung des KVG zur Anwendung kommen soll, so müsse dies zumindest auf Verordnungsebene festgelegt werden. Gestützt auf die generell-abstrakten Grundsätze könne die Vorinstanz alsdann mittels Verfügung einen konkreten Tarif im engeren Sinn, das heisst die Höhe des Taxpunktwertes oder des Basisfallwertes im konkreten Einzelfall festlegen. Vorschlag: Streichen. Die FMH lehnt die Lösung ab, wonach die Tarifordnung des KVG im Bereich der Unfall- und Militärversicherung zur Anwendung gelangen soll. Der UV/IV/MV-Bereich ist nicht mit dem KVG-Bereich vergleichbar. Es geht um ganz unterschiedliche Kostenblöcke und um unterschiedliche Leistungen und Ansprüche. Eine Patt-Situation in der Krankenversicherung würde damit auch die Weiterentwicklung der Tarife in der Unfallversicherung blockieren. Das ist nicht wünschenswert. Schon 2003 wurde der TARMED in der Unfallversicherung früher als in der Krankenversicherung (2004) eingeführt. Dass eine Tarifrevision zuerst im UV-Bereich umgesetzt wird, muss auch in Zukunft möglich sein. Gerade im Unfallbereich sind hohe Vorhalteleistungen nötig, um Notfälle zeitgerecht behandeln zu können. Die in Abs. 2 vorgesehene Regelung Der Tarif darf höchstens die transparent ausgewiesenen Kosten der Leistung und die für eine effiziente Leistungserbringung erforderlichen Kosten decken würde die Gefahr schaffen, dass diese Vorhalteleistungen nicht mehr in den UVG-Tarifen abgebildet werden könnten. Das wäre falsch, denn das UVG verlangt anders als das KVG keine kantonalen Spitalsubventionen. Zu Art. 70a Kostenermittlung und Leistungserfassung Art. 70a sieht vor: Die Verordnung vom 3. Juli über die Kostenermittlung und die Leistungserfassung durch Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime in der Krankenversicherung ist für die in Artikel 56 Absatz 1 des Gesetzes genannten Spitäler und Kuranstalten sinngemäss anwendbar. Die fachlich zuständigen Stellen des Bundes, der Verein Medizinaltarif-Kommission UVG und die Tarifpartner sind berechtigt, die Unterlagen einzusehen. Es gilt das bei Art. 70 Ausgeführte. Zu Art. 70b Vergütung der ambulanten Behandlung Art. 70b sieht vor: 1 Für die Vergütung der ambulanten Behandlung schliessen die Versicherer mit den Medizinalpersonen, den medizinischen Hilfspersonen, den Spitälern und den Kuranstalten sowie den Transport- und Rettungsunternehmen Zusammenarbeits- und Tarifverträge auf gesamtschweizerischer Ebene ab. Die Einzelleistungstarife beruhen auf den für die obligatorische Krankenpflegeversicherung nach Artikel 43 Absatz 5 KVG massgebenden gesamtschweizerisch einheitlichen Strukturen. 2 Die Frist zur Kündigung von Zusammenarbeits- und Tarifverträgen beträgt mindestens sechs Monate. Es gilt das bei Art. 70 Ausgeführte: Dass eine Tarifrevision zuerst im UV-Bereich umgesetzt wird, muss auch in Zukunft möglich sein. Zu Art. 70c Vergütung der stationären Behandlung Art. 70c Abs. 1 sieht vor: Für die Vergütung der stationären Behandlung, Verpflegung und Unterkunft in der allgemeinen Abteilung eines Spitals, schliessen die Versicherer mit den Spitälern Zusammenarbeits- und Tarifverträge ab und vereinbaren Pauschalen. Die Pauschalen sind leistungsbezogen und beruhen auf den für die obligatorische Krankenpflegeversicherung nach Artikel 49 Absatz 1 KVG7 massgebenden, gesamtschweizerisch einheitlichen Strukturen. Die Spitaltarife orientieren sich an der Entschädigung derjenigen Spitäler, welche die Leistungen in der notwendigen Qualität effizient und günstig erbringen. 3/5
4 Es gilt das bei Art. 70 Ausgeführte: Dass eine Tarifrevision zuerst im UV-Bereich umgesetzt wird, muss auch in Zukunft möglich sein. Zudem sind im Unfallbereich hohe Vorhalteleistungen nötig, um Notfälle zeitgerecht behandeln zu können. Die Passage Die Spitaltarife orientieren sich an der Entschädigung derjenigen Spitäler, welche die Leistungen in der notwendigen Qualität effizient und günstig erbringen. Könnte diese Vorhalteleistungen in Frage stellen. 2. Zu den Berufskrankheiten Gemäss UVG 9 sind Erkrankungen durch bestimmte schädigende Stoffe oder bestimmte schädigende Arbeiten dann Berufskrankheiten wenn sie mindestens vorwiegend (> 50% Kausalitätsanteil) durch diese Bedingung ausgelöst wurden. Der Bundesrat erstellt eine Liste dieser Stoffe und Arbeiten. Erkrankungen hingegen, die nicht durch Stoffe oder Arbeiten dieser Liste ausgelöst wurden, müssen zu mindestens 75% Kausalitätsanteil durch berufliche Einwirkungen verursacht worden sein. Dieser Unterschied ist Ausdruck der Tatsache, dass einige Stoffe bekanntlich beruflich bedingte Erkrankungen auslösen und damit die Anforderung an die Kausalität nicht so hoch gestellt werden wie bei anderen, weniger klaren Sachverhalten. Die Liste ist somit Ausdruck des etablierten arbeitsmedizinischen Wissens über die schädigende Wirkung bestimmter Arbeitsstoffe oder Arbeiten. Hersteller von Stoffen, Produkten und Zubereitungen für die Arbeitswelt orientieren sich auch an dieser Liste unter der Annahme, dass die darin genannten Stoffe möglichst minimiert werden sollten. Die Liste selbst findet sich dann im Anhang 1 der UVV, die jetzt zur Revision ansteht. Unsere Arbeitsmediziner stellen fest, dass diese Liste einerseits eine ganze Reihe kaum noch auftretender schädigender Expositionen enthält andererseits aber Stoffe oder Stoffklassen nicht genannt sind, die gemäss arbeitsmedizinischen Erkenntnissen regelmässig Berufskrankheiten auslösen. Als Beispiel seien die Isothiazolinone genannt, die als Biozide in wässrigen Zubereitungen (Kühlschmierstoffe, Dispersionsfarben und anderen Arbeitsstoffen) dienen. Diese Isothiazolinone sind potente Sensibilisierer und führen zu einer Vielzahl von berufsbedingten kontaktallergischen Hauterkrankungen. Da mit der UVV auch die Anhänge einer Revision unterzogen werden sollten, diese aber in den jetzt vorgelegten Dokumenten gar nicht auftauchen hat die FMH folgende Anliegen: Die Liste der schädigenden Stoffe und Arbeiten (Anhang 1 der UVV) sollte aktualisiert werden; Es sollte ein Verfahren zur regelmässigen Revision dieser Liste in der Verordnung definiert werden (Einsetzung einer Kommission unter Einbezug der FMH, die diese Liste regelmässig überprüft) 3. Zur Revision der MVV Zu Art. 9 Grundsätze der Versorgung Art. 9a des Entwurfs lautet so: 1 Die Militärversicherung gewährleistet eine ausreichende, qualitativ hochstehende und zweckmässige Versorgung der Versicherten zu möglichst günstigen Kosten. 2 Heilbehandlungen und Hilfsmittel sind zweckmässig, wenn sie aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls geeignet und notwendig sind, um das gesetzliche Ziel in einem vernünftigen Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen zu erreichen. Vorschlag: Art. 9a streichen. Begründung Es gilt das zu Art. 67 Abs. 1 UVV Ausgeführte. Zu Art. 13, Tarife Art. 13 des Entwurfs lautet so: 1 Für die Ausgestaltung der Tarife sind sinngemäss anwendbar: a. Artikel 43 Absätze 2, 3 und 4 zweiter Satz des Bundesgesetzes vom 18. März über die Krankenversicherung (KVG); b. Artikel 49 Absätze 1, 3, 4, 5 und 6 KVG. 4/5
5 2 Die Tarife sind nach betriebswirtschaftlichen Kriterien zu bemessen, und es ist eine sachgerechte Struktur der Tarife zu beachten. Der Tarif darf höchstens die transparent ausgewiesenen Kosten der Leistung und die für eine effiziente Leistungserbringung erforderlichen Kosten decken. Es gilt das zu Art. 70 UVV Ausgeführte. Vorschlag: streichen. Zu Art. 13b Vergütung der ambulanten Behandlung Art. 13b des Entwurfs lautet so: 1 Für die Vergütung der ambulanten Behandlung schliesst die Militärversicherung mit den Medizinalpersonen, den medizinischen Hilfspersonen, den Spitälern und den Kuranstalten sowie den Transport- und Rettungsunternehmen Zusammenarbeitsund Tarifverträge auf gesamtschweizerischer Ebene ab. Die Einzelleistungstarife beruhen auf den für die obligatorische Krankenpflegeversicherung nach Artikel 43 Absatz 5 KVG21 massgebenden, gesamtschweizerisch einheitlichen Strukturen. 2 Die Frist zur Kündigung von Zusammenarbeits- und Tarifverträgen beträgt mindestens sechs Monate. Vorschlag: Streichen von Abs. 1. Es gilt das zu Art. 70b UVV dargelegte. Art. 13c Vergütung der stationären Behandlung Art. 13c des Entwurfs lautet so: 1 Für die Vergütung der stationären Behandlung, Unterkunft und Verpflegung in der allgemeinen Abteilung eines Spitals schliesst die Militärversicherung mit den Spitälern Zusammenarbeits- und Tarifverträge ab und vereinbart Pauschalen. Die Pauschalen sind leistungsbezogen und beruhen auf den für die obligatorische Krankenpflegeversicherung nach Artikel 49 Absatz 1 KVG22 massgebenden, gesamtschweizerisch einheitlichen Strukturen. Die Spitaltarife orientieren sich an der Entschädigung derjenigen Spitäler, welche die Leistungen in der notwendigen Qualität effizient und günstig erbringen. 3 Die Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 werden von der Militärversicherung zu 100 Prozent vergütet. 4 Die Frist zur Kündigung von Zusammenarbeits- und Tarifverträgen beträgt mindestens sechs Monate. Es gilt das zu Art. 70c UVV Dargelegte. Die FMH dankt für die Berücksichtigung ihrer Anliegen. Freundliche Grüsse Dr. med. Jürg Schlup Präsident Anne-Geneviève Bütikofer Generalsekretärin 5/5
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