6.3 Erfüllbarkeit von Wünschen
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- Otto Stein
- vor 7 Jahren
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Transkript
1 Einmal geschah dem Weihnachtsmann etwas Seltsames. Von Kathrinchen bekam er einen Wunschzettel, der anders war, als alle Wunschzettel, die er bisher bekommen hatte. Sein Problem war: Er verstand Kathrinchens Wünsche nicht! Der Weihnachtsmann wandte sich in seiner Not an Professor N. I. Claus, einen himmlischen Experten für Weihnachtliche Informatik. Der konnte ihm weiterhelfen. Quelle: adaptiert von A.Clausing 18
2 Hier ist Kathrinchens Wunschzettel: Lieber Weihnachtsmann! Wenn ich zum Fest von Dir einen Tennisschläger bekomme, dann möchte ich kein Fernrohr haben. Und wenn Du mir ein paar tolle Jeans bringst, dann möchte ich keinen Taschenrechner bekommen. Doch bringst Du mir einen Puppenherd, dann, lieber Weihnachtsmann, wünsche ich mir dazu einen Tennisschläger und einen Dackel. Wenn Du mich nicht mit einem Taschenrechner beschenkst, dann möchte ich entweder einen Puppenherd oder einen Baukasten bekommen. Wenn Du mir aber keinen Baukasten auf den Gabentisch legst, dann bitte ich Dich, sofern ich eine Babypuppe bekommen sollte, ein Paar tolle Jeans dazuzulegen. 19
3 Bringst Du mir eine Babypuppe, dann möchte ich bitte keinen Baukasten bekommen. Wenn Du mir entweder einen Tennisschläger oder einen Taschenrechner schenkst, (also genau eines von beiden), dann möchte ich, falls ich kein Fernrohr kriege, auch keinen Dackel geschenkt bekommen. Wenn Du mir meinen Wunsch, einen Tennisschläger zum Fest zu erhalten, erfüllst, dann möchte ich, sofern ich nicht ein paar tolle Jeans, wohl aber einen Dackel bekomme, keinen Baukasten zu Weihnachten haben. Und wenn Du mir keinen Puppenherd schenken magst, dann lege mir, bitte, bitte eine Babypuppe unter den Weihnachtsbaum. Mehr Wünsche habe ich nicht! Dein Kathrinchen 20
4 Professor Claus erkannte sofort, dass es sich im Fall von Kathrinchens Wunschzettel um eine Instanz des Erfüllbarkeitsproblems handelte. Er erschreckte den Weihnachtsmann mit folgender Definition: Eine aussagenlogische Formel α(x 1... x n ) in n Variablen heißt erfüllbar, wenn es ein (x 1... x n ) Boolean n mit α(x 1... x n ) = true gibt. Das Erfüllbarkeitsproblem (SAT; engl. satisfiability) besteht darin, einen (möglichst guten) Algorithmus zu finden, der für jedes α = α(x 1... x n ) entscheidet, ob α erfüllbar ist. und erklärte: Verstehen Sie, verehrter Weihnachtsmann, gefragt ist also ein Algorithmus: n 0 A n Boolean (A n : Menge aller Erfüllbarkeitsprobleme mit n Variablen), der für jedes α A n dessen Erfüllbarkeit feststellt. 21
5 Der Weihnachtsmann verstand nicht. Er nickte aber sicherheitshalber mit gütiger Miene und fragte: Und was wünscht sich Kathrinchen nun? Um das zu ermitteln, verwandeln wir Kathrinchens Wunschzettel in eine aussagenlogische Formel. Der Professor notiert α(x0, x1, x2, x3, x4, x5, x6, x7) = (x0 x1) (x2 x3) (x4 (x0 x5)) ( x3 (x4 x6)) ( x6 (x7 x2)) (x7 x6) ((x0 xor x3) ( x1 x5)) (x0 ( x2 x5 ) x6)) ( x4 x7) x0 = Tennisschläger, x1 = Fernrohr, x2 = tolle Jeans, x3 = Taschenrechner, x4 = Puppenherd, x5 = Dackel, x6 = Baukasten, x7 = Babypuppe. Also, ganz einfach, jetzt müssen wir nur noch die 2 8 möglichen Kombinationen für die Werte der acht Variablen xi durchprobieren. 22
6 Der weihnachtliche Professor schreibt die Formel in ein Java- Programm um und blickt stolz um sich. Der Weihnachtsmann ist sehr verwirrt. Was soll das bedeuten? fragt er. Rentiertransporte für Weihnachtspakete mache ich doch dauernd. Ich weiß immer noch nicht, was ich Kathrinchen bringen soll! Das haben wir gleich!, freut sich der Professor. Wir müssen nur das Programm kompilieren und starten. 23
7 Der Weihnachtsmann ist beinahe ein bisschen ungehalten. Aber da lässt der Professor für Weihnachtliche Informatik endlich sein Programm laufen, und jetzt versteht der Weihnachtsmann die Welt wieder: Wie schön, meint er, dass wir Kathrinchens Wünsche nun kennen und dass ich sie erfüllen kann! 24
8 Alle Wünsche kann man nicht erfüllen Der Professor für Weihnachtliche Informatik weiß: Er hat Glück gehabt (und natürlich Kathrinchen und der Weihnachtsmann auch). SAT, von dem er eben eine Instanz gelöst hat, ist nämlich ein extrem schwieriges Problem. Sollte einmal ein Wunschzettel eintreffen, der nicht von 8, sondern vielleicht von 150 Wünschen handelt (vielleicht von einer Schulklasse?), dann sieht es mit dem Lösen zappenduster aus! Dann müsste der Computer mit der eben benutzten Methode sage und schreibe 2150 = mögliche Zusammenstellungen von Geschenken auf ihre Wunschzettelkonformität hin durchprobieren. Das geht nur auf sehr speziellen Rechnern 25
9 SAT gehört zu den sog. NP-vollständigen Problemen. Ein Algorithmus polynomialer Komplexität ist eher unwahrscheinlich. Näheres dazu in der Vorlesung Informatik II und vor allem Theoretische Informatik. Vielleicht kennt ja das Christkind einen polynomiellen Algorithmus für das Erfüllbarkeitsproblem 26
10 Der Weihnachtsmann und das Team der Vorlesung wünschen Ihnen allen Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr! 27
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