Behindertenarbeit. Leitsätze und Agogisches Konzept.
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- Walther Breiner
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1 Behindertenarbeit Leitsätze und Agogisches Konzept
2 Geltungsbereich Das vorliegende Agogische 1 Konzept ist die Basis der Arbeit mit Menschen mit Behinderung im Diakoniewerk. Unabhängig von Alter, Geschlecht, Religion und ethnischer Herkunft der Menschen, die wir begleiten, stellt dieses Konzept eine Handlungs- und Reflexionsgrundlage für die agogische Arbeit im Diakoniewerk dar. Es gilt für alle Einrichtungen der Behindertenarbeit im Diakoniewerk. 1 Der Begriff Agogik ist ein Sammelbegriff für die Lehre über die Begleitung von Menschen jeden Alters und umfasst unter anderem die Bereiche Pädagogik (Kinder und Jugendliche), Andragogik (Erwachsene) und Gerontagogik (SeniorInnen).
3 Agogik im Diakoniewerk Einordnung Unter agogischem Handeln verstehen wir die Begleitung von Menschen mit Behinderung. Die Begleitung berücksichtigt verschiedene Ebenen: Personenebene der Mensch als Individuum Sozialebene der Mensch als soziales Wesen Gesellschaftsebene der Mensch als politisches und gesellschaftliches Wesen Auf diesen drei Ebenen begleiten wir den Menschen mit Behinderung in seiner individuellen Lebensweise und Entwicklung. In den Leitsätzen zeigen sich diese drei Ebenen. Fremdbestimmung Selbstbestimmung Die Begleitung bewegt sich zwischen Fremd- und Selbstbestimmung, in einem Kontinuum zwischen Anleitung, Betreuung, Unterstützung und Assistenz. Der Grad an Fremd- bzw. Selbstbestimmung variiert nach Person und Situation, sowie Ressourcen und Rahmenbedingungen. Unser Ziel ist immer die höchstmögliche Selbstbestimmung. Agogisches Handeln im Diakoniewerk ist professionelles Handeln. Das bedeutet für uns, dass wir unser Tun auf Basis von Fachwissen, Erfahrungen sowie Normen und Werten laufend reflektieren. Diese Reflexion erfolgt einzeln, im Team und mit Menschen mit Behinderung. Grundlagen für die agogische Arbeit schaffen die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, sowie Bundes- und Landesgesetze. Für die Arbeit im Diakoniewerk stellt das Leitbild die Basis dar. Die Aussagen des Leitbildes werden in den Leitsätzen Behindertenarbeit konkretisiert. Im Agogischen Konzept werden die Leitsätze um eine praktische Dimension erweitert und die agogische Grundhaltung beschrieben. Daraus leiten sich Qualitätsstandards ab. Darüber hinaus gibt es Einrichtungskonzepte, die inhaltliche Schwerpunkte und Rahmenbedingungen der jeweiligen Einrichtung festlegen 2. Die Agogik steht in enger Verbindung mit den Disziplinen Psychologie, Pflege, Therapie, Medizin und Seelsorge. Die MitarbeiterInnen dieser unterschiedlichen Fachrichtungen arbeiten eng zusammen. Die Intensität der Zusammenarbeit variiert je nach individueller Lebenssituation der begleiteten Menschen. 2 Die einzelnen Dokumente können im Intranet unter Behindertenarbeit Strukturbild abgerufen werden.
4 Leitsätze Behindertenarbeit 1. Wir orientieren uns an der Einzigartigkeit jeder Person. 2. Wir streben eine hohe individuelle Lebensqualität an. 3. Wir leben respektvolle Begegnungen und achtsamen Umgang miteinander. 4. Wir gestalten differenzierte Angebote für unterschiedliche Lebensbereiche. 5. Wir berücksichtigen das soziale Umfeld einer Person. 6. Wir schaffen einen Rahmen für aktive Selbstvertretung. 7. Wir setzen uns für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft ein.
5 1 Wir orientieren uns an der Einzigartigkeit jeder Person. 2 Wir streben eine hohe individuelle Lebensqualität an. Wir orientieren uns an der Persönlichkeit, den Interessen, Wünschen, Bedürfnissen und Zielen, den Fähigkeiten und Ressourcen, dem Alter und der Lebensgeschichte, dem Geschlecht und der sexuellen Orientierung, der Religion und der ethnischen Herkunft der Person. In unserem Alltag zeigt sich diese Orientierung in der Wahl der Leistungsangebote (z. B. Wohnform, Arbeitsplatz, Freizeit, Bildung), in der Gestaltung der Leistungsangebote (z. B. Tagesablauf, Kommunikationsformen), in der individuellen Zielformulierung und Planung der Begleitung, in der Intensität der Unterstützung durch die MitarbeiterInnen, in der Intensität der Unterstützung durch Psychologie, Pflege, Therapie, Medizin, Seelsorge. Wir streben die Gestaltung eines Umfeldes an, indem auf unterschiedliche Lebensqualitätskonzepte Rücksicht genommen wird, indem Sicherheit und Wohlbefinden erlebt werden, indem Weiterentwicklung, Eigenaktivität und Selbstbestimmung angeregt werden, indem Lebensqualität auch in herausfordernden Situationen gewährleistet wird. In unserem Alltag zeigt sich diese Zielsetzung im Ernstnehmen der persönlichen Ziele, Wünsche und Visionen, indem möglichst vielfältige Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten für die Gestaltung aller Lebensbereiche angeboten werden. Damit Lebensqualität gelingt stehen der Wille, die Ziele und Wünsche der Menschen, die wir begleiten, vor unseren eigenen Vorstellungen. Einzigartigkeit Lebensqualität
6 3 Wir leben respektvolle Begegnungen und achtsamen Umgang miteinander. Wir achten unser Gegenüber, indem wir einander auf Augenhöhe begegnen, im Dialog kommunizieren, einander ernst nehmen, unser Gegenüber in seinem Sein akzeptieren, die Bedürfnisse der anderen sensibel wahrnehmen, körperliche, psychische und soziale Grenzen erkennen und respektieren. In unserem Alltag zeigt sich dieser Grundsatz im Erkennen unterschiedlicher Kommunikationsformen, im Einsatz individueller Kommunikationsmittel, in der Beachtung des sozialen Miteinanders. Damit dies gelingen kann, braucht es Wertschätzung, Aufmerksamkeit und Sensibilität, Wissen über individuelle Kommunikationsformen und ihren Einsatz im Arbeitsalltag. Respektvolle Begegnungen
7 4 Wir gestalten differenzierte Angebote für unterschiedliche Lebensbereiche. Wir gestalten Angebote für Menschen mit Behinderung aller Altersgruppen, innerhalb eines breiten Leistungsspektrums (z. B. Arbeit, Wohnen, Mobile Betreuung, Freizeit, Therapie, Bildung, Kunst/Kultur, Kindergarten, Hort), mit Schwerpunkten (z. B. Menschen mit Mehrfachbehinderungen, herausfordernden Verhaltensweisen, im Alter). Damit dies gewährleistet werden kann, reagieren wir auf sich verändernde Bedürfnislagen, beziehen wir neue wissenschaftliche Erkenntnisse und gesellschaftliche Veränderungen in die Weiterentwicklung unserer Angebote ein, entwickeln wir unsere Angebote kontinuierlich weiter. 5 Wir berücksichtigen das soziale Umfeld einer Person. Wir beziehen das soziale Umfeld einer Person ein, indem wir die sozialen Beziehungen beachten und ermöglichen, den biografischen Hintergrund berücksichtigen, eine offene Kommunikation mit allen SystempartnerInnen schaffen. In unserem Alltag zeigt sich dies durch die Ermöglichung und Begleitung der gewünschten Kontakte, die Erstellung und Weiterführung von Biografien, den regelmäßigen Austausch mit SystempartnerInnen. Damit dies gelingen kann, braucht es Raum und Zeit für soziale Kontakte, individuelle Kommunikationsstrukturen, regelmäßige Möglichkeiten der Rückmeldung. Differenzierte Angebote Soziales Umfeld
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9 6 Wir schaffen einen Rahmen für aktive Selbstvertretung. 7 Wir setzen uns für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft ein. Aktive Selbstvertretung findet auf der Ebene der Person, der Gruppe und der Organisation statt. Im Alltag versuchen wir Selbstvertretung sicherzustellen, indem wir Möglichkeiten zur Äußerung von Zielen, Wünschen und Bedürfnissen schaffen, zur Selbstvertretung ermutigen und die notwendige Begleitung sicherstellen, Interessenvertretungen strukturell verankern. Damit dies gelingen kann, braucht es unterschiedliche Kommunikationsmöglichkeiten und -plattformen, gezielte Informationsweitergaben, die Vermittlung von Rechten und Pflichten. Wir leisten einen Beitrag zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung, indem wir Menschen mit Behinderung ermutigen, an der Gesellschaft teilzuhaben und sich einzubringen, in der Gesellschaft aktiv zur Bewusstseinsbildung beitragen, Barrieren in ihrer Vielschichtigkeit erkennen, aufzeigen und aktiv an der Beseitigung mitwirken. Im Alltag zeigt sich dies, indem wir Menschen mit Behinderung bestärken, ihre Wünsche und Bedürfnisse zu äußern, die Meinung der Menschen mit Behinderung einholen und ernst nehmen, Menschen mit Behinderung in Veränderungen und Entscheidungsprozesse einbeziehen. Dafür braucht es Möglichkeiten zum Mit-Erleben, Mit-Tun, Mit-Wissen, Mit-Entscheiden. Selbstvertretung Teilhabe
10 Fachwissen Qualitätssicherung Für die professionelle Umsetzung des Agogischen Konzeptes im Diakoniewerk braucht es weiterführendes Fachwissen. Das Fachwissen gliedert sich in die Bereiche Grundlagen, Schwerpunkte und Situationsbezogene Konzepte. Grundlagen Eine wichtige Grundlage des agogischen Arbeitens im Diakoniewerk stellt der Personzentrierte Ansatz dar. Diese Grundhaltung spiegelt sich in den Leitsätzen und dem Agogischen Konzept wider. Zur Sicherung der Qualität der agogischen Arbeit im Diakoniewerk dienen die Dokumentation, die Einhaltung und Evaluierung der Qualitätsstandards und die Selbstbewertung nach E-Qalin. Die Dokumentation orientiert sich an gesetzlichen Vorgaben, internen Standards und der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit (ICF). Schwerpunkte Im Diakoniewerk gibt es Einrichtungen mit speziellen Schwerpunktsetzungen. Diese sind in den jeweiligen Einrichtungskonzepten festgelegt. Derzeit liegen die Schwerpunkte in folgenden Bereichen Herausfordernde Verhaltensweisen, Modell zur Begleitung von Menschen mit Behinderung nach Willem Kleine Schaars, Menschen mit Behinderung im Alter, Kinder und Jugendliche mit Behinderung, Menschen mit autistischen Verhaltensweisen. Situationsbezogene Konzepte Situationsbezogen kann auf weiteres Fachwissen in Form von Konzepten und Methoden zurückgegriffen werden. Alle Konzepte und Methoden finden sich im Intranet unter Behindertenarbeit Strukturbild.
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12 Kontakt Behindertenarbeit Diakoniewerk Martin-Boos-Straße Gallneukirchen Telefon Rechtsträger: Evangelisches Diakoniewerk Gallneukirchen Fotografie: Thomas Smetana
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