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- Gerd Norbert Brodbeck
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1 Newsletter Privates Baurecht (Energieanlagen) Juli 2012 Florian Wintermeier Rechtsanwalt Paluka Sobola Loibl & Partner Neupfarrplatz Regensburg Tel Fax
2 Lieferung einer PV-Anlage: Kauf- oder Werkvertrag? Wer in eine Solar- oder Photovoltaikanlage investieren möchte, beauftragt zumeist einen Unternehmer, der die entsprechenden Module zunächst liefert und anschließend auch deren Installation und Anschluss übernimmt. In rechtlicher Hinsicht ist oftmals schwierig festzustellen, ob es sich bei einem solchen einheitlichen Errichtungsvertrag um einen reinen Werkvertrag oder einen sog. Werkliefervertrag handelt, der im Wesentlichen nach dem Kaufrecht beurteilt wird. Die Einordnung in die eine oder andere Kategorie kann bedeutende Konsequenzen haben. Beispielhaft genannt sei hier etwa der Beginn der Verjährungsfrist. Sieht das Kaufrecht einen Fristbeginn mit Ablieferung der Sache vor, so stellt im Werkrecht in aller Regel die Abnahme den entscheidenden Zeitpunkt dar. Parallel dazu wird im Werkrecht die Unternehmervergütung erst mit der Abnahme fällig. Auch mit Blick auf vertragliche Nebenpflichten wie etwa die Beratung zur Eignung für die Voll- oder Teilversorgung mit Strom bzw. Wärme können sich Kauf- und Werkverträge im Bereich technischer Anlagen signifikant unterscheiden. Die Antwort auf die Frage, welches Regelungsregime anwendbar ist, richtet sich wie so häufig nach den besonderen Umständen des Einzelfalls. Im Wege einer Gesamtbetrachtung des Vertrags ist zu ermitteln, ob der Schwerpunkt der vom Unternehmer geschuldeten Leistung in der reinen Lieferung oder in der Montage der Anlagenkomponenten liegt. Kriterien hierfür sind primär die Art des zu liefernden Gegenstandes, das Wertverhältnis von Lieferung und Montage sowie die Besonderheiten des geschuldeten Ergebnisses. Der Bundesgerichtshof hat die Einordnung eines Vertrags über Lieferung und Montage einer Dachsolaranlage als Kaufvertrag in einem Fall insbesondere damit begründet, dass die Kosten für die komplette Montage (inkl. Inbetriebnahme und Nachkontrolle) nur etwa 23 % der Gesamtkosten betrugen (BGH, Urt. v VIII ZR 76/03). Zudem stellte er darauf ab, dass im konkreten Fall keine Anpassung typisierter Einzelteile an die individuellen Wünsche des Bestellers erforderlich gewesen wäre. Ein Sachverständigengutachten hatte ergeben, dass die Hauptbestandteile der Anlage ohne größeren Aufwand wieder zu demontieren und ggf. anderweitig zu verwenden gewesen wären. Empfehlung: Die Anwendung von Kauf- oder Werkrecht liegt nicht in der freien Entscheidung der Vertragsparteien. Sie ergibt sich vielmehr aus den vertraglichen und ggf. technischen Details des Einzelfalls. Verlassen Sie sich daher nicht blind auf die Angaben des Anlagenerrichters oder die Bezeichnung des Vertrags als Kauf- oder Werkvertrag. Eine frühzeitige rechtliche Beratung kann dabei unliebsame Überraschungen verhindern.
3 Verjährungsprobleme bei PV-Anlagen Ist die Anlage erst installiert, sind Materialdefekte oder Leistungsdefizite im Laufe des Betriebs leider keine Seltenheit. In diesen Fällen stellt sich neben möglichen Garantieansprüchen direkt gegen den Modulhersteller auch die Frage nach Gewährleistungsansprüchen gegen den Anlagenerrichter. Unklar ist hierbei häufig, wie lange dieser für auftretende Mängel der Anlage einstehen muss. Bezüglich des Beginns der Verjährungsfrist für Mangelansprüche wirkt sich zunächst die oben angesprochene Unterscheidung zwischen Werk- und Kaufvertragsrecht aus. Aber auch die Länge der Gewährleistungsfrist ist in der Praxis ein häufiger Streitfall. Dabei ergibt sich sowohl aus dem Kauf- als auch aus dem Werkrecht eine übliche Verjährungsfrist von zwei Jahren. Für Bauwerke gilt hingegen eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren. Wann genau ein Bauwerk im Sinne des BGB vorliegt, ist im Gesetz selbst nicht definiert, vielmehr hängt auch dies wieder von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Rechtsprechung verlangt hierfür ein durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestelltes Gebilde. Die Verbindung mit dem Erdboden kann dabei auch durch hinreichend feste Verbindung mit einem Gebäude entstehen, so dass grundsätzlich auch PV-Module auf Dachflächen dem Bauwerksbegriff unterfallen können. Entscheidend sind die technischen Gegebenheiten der jeweiligen Anlage, etwa die Frage, ob es sich um dachintegrierte Module handelt, die die Dachziegel ersetzen. Klarstellende Rechtsprechung zu den genauen Kriterien fehlt allerdings bislang. Wichtig: Auf Grund dieser Unsicherheit sollten nach Möglichkeit innerhalb der kürzeren Frist verjährungshemmende Maßnahmen getroffen werden. Eine entsprechende Hemmung kann auch durch Verhandlungen über die möglichen Gewährleistungsansprüche entstehen, allerdings muss darauf geachtet werden, diese umfassend zu dokumentieren. Eine frühzeitige Beratung durch einen versierten Rechtsanwalt kann drohenden Rechtsverlust durch Zeitablauf verhindern. Zu erzielende Einspeisevergütung als vereinbarte Beschaffenheit einer PV- Anlage? Das OLG Saarbrücken hatte jüngst über die Klage eines PV-Anlagen-Käufers zu entscheiden (OLG Saarbrücken, Urt. v U 31/10). Ein erster Abschnitt wurde im Dezember 2007, der restliche Teil der Anlage im Juni 2008 in Betrieb genommen. Der Verkäufer hatte fälschlicher Weise erklärt, auch für den zweiten Bauabschnitt der Anlage gelte ein Einspeisevergütungssatz von 49,21 ct/kwh
4 aus dem Jahr 2007, sofern er im ersten Halbjahr 2008 in Betrieb genommen werde. Tatsächlich wird der durch diesen Anlagenteil produzierte Strom lediglich mit 46,75 ct/kwh vergütet. Der Käufer verlangte nun Schadensersatz für den entgangenen Gewinn. Das OLG lehnte die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des LG Saarbrücken ab, das die Klage bereits abgewiesen hatte. Dem Kläger stehe kein Schadensersatzanspruch wegen Mangelhaftigkeit der PV-Anlage zu, da die mit ihr zu erzielende Einspeisevergütung keine vertragliche Vereinbarung über die Beschaffenheit der Kaufsache sei. Die Höhe der Einspeisevergütung hänge nämlich nicht nur von der unmittelbaren Beschaffenheit der zu errichtenden PV-Anlage ab, sondern auch von externen Umständen wie dem Zeitpunkt ihrer Errichtung oder der Anmeldung beim Netzbetreiber. Auch eine entsprechende Garantie des Verkäufers konnte nicht angenommen werden. Zwar liege wegen der falschen Interpretation der relevanten Vorschriften des EEG ein Beratungsfehler des Verkäufers vor. Diesbezügliche Schadensersatzansprüche umfassten allerdings lediglich das sog. Negative Interesse des Käufers, d.h. er könne nur die Rückgängigmachung des Vertrags verlangen, der wegen des pflichtwidrigen Verhaltens des Verkäufers zustande gekommen ist, nicht aber Ersatz des Gewinns, den er sich aus dessen Durchführung erhofft hatte. Fazit: Die Höhe der mit einer PV-Anlage zu erzielenden Einspeisevergütung ist von zentraler Bedeutung für die Finanzierungs- und Renditekalkulation. Sie ergibt sich aus teils sehr komplizierten Regelungen des EEG. Ein Fachjurist kann Ihnen vor der Investitionsentscheidung seriös aufzeigen, welche Einspeisevergütung Sie erzielen können und worauf dabei geachtet werden muss, insbesondere welche Fristen und Inbetriebnahmetermine einzuhalten sind. Tipp: Statt einer Angabe der vermeintlich zu erzielenden Höhe der Einspeisevergütung sollte im Errichtungsvertrag aus Sicht des Auftraggebers ein konkretes Datum vereinbart werden, zu dem die Anlage vollständig montiert und angeschlossen sein muss. Wird dieser nicht eingehalten und erhält der Auftraggeber dadurch eine niedrigere Vergütung, kann er die Differenz (hochgerechnet auf 20 Jahre) als Verzugsschaden vom Auftragnehmer ersetzt verlangen. Unberechtigte Annahmeverweigerung: Verjährungsfalle für Errichter von EEG- Anlagen (hier: Biogasanlage) Eine unliebsame Überraschung erlebte vor dem OLG Koblenz ein Unternehmer, der mit der Errichtung einer Biogasanlage beauftragt worden war (OLG Koblenz, Beschl. v U 704/09). Die Anlage war nach ihrer Errichtung bereits in Betrieb genommen und gewinnbringend betrieben worden, der Auftraggeber hatte allerdings wegen vermeintlicher Mängel die Abnahme verweigert. Der Unternehmer war von der Mangelfreiheit seines Werkes überzeugt und stellte seine Schluss-
5 rechnung, als diese nicht bezahlt wurde, beantragte er einen Mahnbescheid. Im Anschluss verfolgte er die Angelegenheit allerding zunächst nicht weiter. Erst Jahre später forderte er den Auftraggeber erneut zur Zahlung auf und erhob im Anschluss Klage auf seinen restlichen Werklohn, wogegen der Auftraggeber vorbrachte, der Vergütungsanspruch sei verjährt. Im Prozess stellte sich zunächst heraus, dass die vom Auftraggeber behaupteten Mängel nicht existierten und dieser die Abnahme somit nicht hätte verweigern dürfen. Das OLG zog daraus den Schluss, dass durch die unberechtigte Abnahmeverweigerung nicht nur der Werklohnanspruch des Unternehmers fällig geworden sei, sondern auch die diesbezügliche Verjährungsfrist zu laufen begonnen habe. Konsequent weist es daher die Klage wegen Verjährung des an sich bestehenden Anspruchs ab. Das Ergebnis erscheint auf den ersten Blick kurios. Dem Auftraggeber kommt letztlich zu Gute, dass seine ursprüngliche Abnahmeverweigerung unberechtigt war. Der Auftragnehmer geht demgegenüber nur auf Grund seiner jahrelangen Untätigkeit leer aus. Hätte er seine Werklohnklage vor Ablauf der Verjährungsfrist erhoben, hätte sich der Auftraggeber nicht mit dem Einwand verteidigen können, dass die Vergütung mangels Abnahme noch nicht fällig sei. Fazit: Auch hier zeigt sich die enorme Bedeutung der Verjährungsregeln. Wegen der werkrechtlichen Anknüpfung an die Abnahme bestehen in der Praxis häufig Unsicherheiten bezüglich der Frage der Fälligkeit des Werklohns und dem Beginn der Verjährungsfrist. Eine frühzeitige Beratung durch einen versierten Rechtsanwalt kann drohenden Rechtsverlust durch Zeitablauf verhindern. Praxistipp: Im Falle unberechtigter Abnahmeverweigerung hat es der Auftragnehmer selbst in der Hand, die Wirkungen der Abnahme herbeizuführen. Gemäß 640 Abs. 1 S. 3 BGB ist hierfür erforderlich, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine angemessene Frist zur Abnahme des Werks setzt. Nach deren Ablauf ist der Werklohnanspruch fällig und kann gegebenenfalls eingeklagt werden. In jedem Fall ist allerdings zu beachten, dass ab diesem Zeitpunkt auch die Verjährungsfrist läuft. Regensburg, im Juli 2012 Florian Wintermeier Rechtsanwalt
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