Aktuelle Kurzinformation Nr. 05/2015
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- Barbara Krause
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1 Herausgeber: Bundesvorstand VB I + II Bundesvorsitzender Abteilung Wirtschafts-, Bauund Arbeitsmarktpolitik Stellvertretender Bundesvorsitzender Bauwirtschaft, Umweltpolitik Olof-Palme-Straße Frankfurt Fei-Schä-Ew Aktuelle Kurzinformation Nr. 05/2015 Studie zum Wohnungsbedarf: Jährlich zusätzliche Wohnungen nötig In Deutschland müssen jährlich Wohnungen mehr gebaut werden als dies in den letzten Jahren geschehen ist, um dem Wohnungsmangel in Ballungsgebieten und Universitätsstädten entgegenzuwirken. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie, die vom Verbändebündnis Wohnungsbau, dem auch die IG Bauen-Agrar-Umwelt angehört, in Auftrag gegeben worden war. Robert Feiger hatte diese Studie zusammen mit anderen Bündnisvertretern vor kurzem mit hochrangigen Wohnungsbaupolitikern der Koalition in Berlin vorgestellt und diskutiert. Rund neue Wohnungen jährlich, vor allem im Segment des bezahlbaren Wohnens wie auch an Sozialwohnungen, sind mindestens erforderlich. Die Nettozuwanderung hat in den letzten Jahren mit rund alle Erwartungen und Prognosen übertroffen. Mehr Wohnraum als bislang geschehen muss geschaffen werden. Die notwendigen Neubauzahlen und den bisherigen Stand machen die Grafik und Tabelle auf Seite 10 deutlich. Vor allem im bezahlbaren Wohnraum (Zielrichtung 7,50 je m² Nettokaltmiete) sowie im sozialen Wohnungsbau muss deutlich zugelegt werden. Hier sind Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen gefordert. Die nach wie vor aktuellen Forderungen einschließlich Hintergrundmaterialien können der Aki 28/2014 Bezahlbarer Mietwohnungsbau durch Neubau zum Wohnungsbautag 2014 entnommen werden. 1
2 Mietwohnungsneubau in Deutschland - Unterversorgte Marktsegmente und Eingriffsmöglichkeiten - Untersuchung im Auftrag vom Verbändebündnis erstellt vom Hannover, Januar 2015
3 Verbändebündnis Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel e.v. Am Weidendamm 1 A Berlin BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.v. Kurfürstendamm Berlin Deutsche Gesellschaft für Mauerwerksund Wohnungsbau e.v. Kochstraße Berlin Deutscher Mieterbund e.v. Littenstraße Berlin GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.v. Mecklenburgische Str Berlin Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt Olof-Palme-Str Frankfurt am Main ZDB Zentralverband Deutsches Baugewerbe Kronenstraße Berlin Koordination Deutsche Gesellschaft für Mauerwerksund Wohnungsbau e. V. (DGfM) Dr. Ronald Rast DGfM-Geschäftsführer Kochstraße Berlin Tel.: 030 / Fax: 030 / mail@dgfm.de verantwortlich für den Inhalt: Matthias Günther Pestel Institut Königstraße 50 A, Hannover Telefon (0511) , Telefax (0511) Internet: info@pestel-institut.de ii
4 Mietwohnungsneubau in Deutschland Unterversorgte Marktsegmente und Eingriffsmöglichkeiten 1 Ausgangslage, Ziel und Vorgehen Das Pestel Institut hat in den vergangenen Jahren mehrfach die soziale Dimension des Wohnens in Deutschland betrachtet. Insbesondere in den Kurzstudien Bedarf an Sozialwohnungen 1 und Mietwohnungsbau Bezahlbarer Wohnraum durch Neubau 2 wurde auf die sozialen Aspekte eingegangen. Ziel dieser Kurzstudie ist die Quantifizierung des Bedarfes an Wohnungen insgesamt, des spezifischen Bedarfes an bezahlbarem Wohnraum sowie eine Abschätzung, welche Beiträge der Neubau von Sozialmietwohnungen und der Neubau von Mietwohnungen für das mittlere Preissegment hierbei leisten können. Vor der quantitativen Abschätzung des Bedarfs gilt es zunächst, die im politischen Raum vielfach verwendeten Begriffe des Bezahlbaren Wohnens und des Sozialen Wohnungsbaus mit Inhalt zu versehen. 2 Bezahlbares Wohnen und Sozialer Wohnungsbau 2.1 Bezahlbares Wohnen Insgesamt gibt es in Deutschland gut 22 Mio. Wohnungen, die vermietet sind bzw. zur Miete angeboten werden. In der Untersuchung Mietwohnungsbau 2.0 wurde bezahlbares Wohnen durch Neubauten definiert als spezifische Nettokaltmiete, bei der Haushalte, deren Nettoeinkommen mindestens doppelt so hoch ist wie die SGB II Leistungen (inklusive der Kosten der Unterkunft), eine als sozialverträglich geltende Mietbelastung bis zu 30 % ihres Einkommens aufweisen, wenn sie eine im Vergleich zur Angemessenheit nach dem SGB II um 20 % größere Wohnung bewohnen. Im bundesweiten Durchschnitt errechnet sich eine anzustrebende Nettokaltmiete von rund 7,50. Nach dieser Definition umfasst der bezahlbare Mietwohnungsneubau eine Zielgruppe von rund 7,2 Mio. Mieterhaushalten in Deutschland. Dies sind rund 35 % aller Mieterhaushalte. Über die SGB II Leistungen wurde auch eine Regionalisierung des bezahlbaren Wohnens generiert. Denn neben der unmittelbaren und bundesweit einheitlichen Geldleistung umfasst das SGB II auch die regional differenzierten Kosten der Unter- 1 M. Günther; Bedarf an Sozialwohnungen in Deutschland; Auftraggeber: Wohnungsbau Initiative (Koordination: Deutsche Gesellschaft für Mauerwerksbau e.v.); Hannover, August M. Günther; Mietwohnungsbau Bezahlbarer Wohnraum durch Neubau; Auftraggeber: Verbändebündnis (Koordination: Deutsche Gesellschaft für Mauerwerksbau e.v.); Hannover, September
5 kunft. So addierten sich im März 2014 die Regelleistung und die anerkannten Kosten der Unterkunft für einen Single Haushalt im Kreis Waldeck-Frankenberg (Hessen) auf 674,31 je Monat. In Berlin errechnete sich im Durchschnitt eine Summe von 756,31 und in München mussten 864,49 aufgewendet werden. Zwar zahlen bereits heute über 1,8 Mio. Mieterhaushalte eine monatliche Bruttokaltmiete von 9,-- /m² und mehr 3, das verbleibende Potenzial von 5,4 Mio. Mieterhaushalten liegt aber trotzdem weit über dem Potenzial für den gegenwärtig stattfindenden frei finanzierten Mietwohnungsbau. Insgesamt zielt damit das Bezahlbare Wohnen im Mietwohnungsneubau auf Zielgruppen mit eher mittleren bis gehobenen Einkommen. Die untere Bruttoeinkommensschwelle liegt für einen Single-Haushalt in München bei Monatseinkommen. Für Berlin und den Kreis Waldeck-Frankenberg errechnen sich bzw. gut als unteres monatliches Bruttoeinkommen. Das Ziel der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum durch Neubauten liegt in der Bereitstellung von bedarfsgerechten Wohnungen in den Ballungsräumen und einer Verstetigung des Mietwohnungsneubaus. Als durchaus gewünschter Nebeneffekt wird vom bezahlbaren Mietwohnungsneubau eine preisdämpfende Wirkung im Bestand ausgehen. Gegenwärtig ist, auch wegen den aktuell bestehenden Rahmenbedingungen, eine Konzentration des Mietwohnungsneubaus im oberen und obersten Preisbereich festzustellen. Wenn aber frei finanzierte Neubauwohnungen zukünftig auch im mittleren Preissegment angeboten werden, reduzieren sich die Mieterhöhungsspielräume in der Wiedervermietung automatisch. Damit sind die direkten positiven Wirkungen einer Umsetzung des bezahlbaren Bauens in einer quantitativen Ausweitung des Mietwohnungsangebotes im mittleren Preissegment und damit der Absicherung des Grundbedürfnisses Wohnen für Haushalte mit mittleren bis gehobenen Einkommen auch in Ballungszentren zu sehen. Außerdem kommt die indirekte Eingrenzung von Mieterhöhungsspielräumen dann aber auch Haushalten mit niedrigen Einkommen zugute. 2.2 Sozialer Wohnungsbau Die letztmalige Definition der Ziele des Sozialen Wohnungsbaus erfolgte im September Damals wurde vom Bundestag das Gesetz zur Reform des Wohnungsbaurechts beschlossen. Artikel 1 dieses Gesetzes ist das Gesetz über die soziale Wohnraumförderung (Wohnraumförderungsgesetz WoFG). Eine wesentliche Änderung gegenüber den bis dahin geltenden Regelungen betrifft die Einschränkung des Kreises der Nutzer des sozialen Wohnungsbaus. Während seit den 1950er Jahren als Adressaten der Förderung breite Schichten der Bevölkerung genannt wurden und die Einkommensgrenzen so gesetzt waren, dass rund 70 % der Bevölkerung in 3 Die Grenze von 9,-- je m² wurde gewählt, weil diese Bruttokaltmiete bei Betriebskosten in einer Größenordnung von 1,50 je m² (insbesondere in Großstädten ein üblicher Wert) einer Nettokaltmiete von etwa 7,50 je m² entspricht
6 den Kreis der zu fördernden Personen passten, wird nunmehr in 1 dieses Gesetzes definiert: Zielgruppe der sozialen Wohnraumförderung sind Haushalte, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können und auf Unterstützung angewiesen sind. Trotz dieser Beschränkung der Zielgruppe wurde die Förderung der Bildung selbst genutzten Wohneigentums insbesondere (durch) Familien und andere Haushalte mit Kindern sowie behinderte Menschen, die unter Berücksichtigung ihres Einkommens und der Eigenheimzulage die Belastungen des Baus oder Erwerbs von Wohnraum ohne soziale Wohnraumförderung nicht tragen können beibehalten. Der Soziale Wohnungsbau hat Haushalte mit niedrigen Einkommen unmittelbar als Zielgruppe. So liegt in Köln für einen Single-Haushalt die Einkommensgrenze zur Erlangung eines Wohnberechtigungsscheins bei gut im Jahr. Bei der vorgegebenen Einkommensberechnung entspricht dies bei einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten einem Bruttoeinkommen von im Jahr bzw im Monat und reicht damit fast an das Bruttoeinkommen der Zielgruppe für das bezahlbare Wohnen heran, das in Köln für einen Single-Haushalt bei monatlich liegt. Da eine Versorgung aller Haushalte mit niedrigen Einkommen angesichts eines Sozialwohnungsbestandes von nur noch rund 1,5 Mio. Wohnungen bundesweit nicht möglich ist, sind innerhalb der Gruppe weitere Differenzierungen erforderlich. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit haben erfahrungsgemäß zum Beispiel Alleinerziehende, Asylbewerber, Menschen mit psychischen/physischen Einschränkungen, Ausländer, Transferleistungsbezieher und kinderreiche Familien besondere Probleme, sich selbst am Wohnungsmarkt zu versorgen. Diesen Gruppen wird deshalb in der Regel eine höhere Priorität eingeräumt. 3 Wohnungsdefizit und Wohnungsbedarf Eine grobe quantitative Abschätzung des seit 2009 bundesweit aufgelaufenen Wohnungsdefizits erlaubt auch die BBSR Wohnungsmarktprognose In Tabelle 1 sind die angesetzten Bedarfswerte der oberen Variante (ausgehend von einer jährlichen Nettozuwanderung in Höhe von Personen) ausgewiesen, wobei vereinfachend davon ausgegangen wird, dass der ermittelte Bedarf auch für 2009 gilt, da Datenbasis der Untersuchung das Jahr 2008 war. Insgesamt erreichte die Bautätigkeit unter Berücksichtung der durch Maßnahmen im Bestand und in Nichtwohngebäuden geschaffenen Wohnungen bei weitem nicht den vom BBSR ermittelten Wohnungsbedarf. Das kumulierte Defizit beläuft sich auf gut Wohnungen. 4 BBSR-Berichte KOMPAKT - Wohnungsmärkte im Wandel - Zentrale Ergebnisse der Wohnungsmarktprognose 2025; Hrsg.: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR); 1/
7 Tabelle 1: BBSR Bedarfsprognose und reale Bautätigkeit bis 2013 Wohnungsbau im Region/ Wohnungsbedarf Durchschnitt kum. Defizit Gebäudeart EZFH alte Länder MFH alte Länder sonstige alte Länder k.a Summe alte Länder EZFH neue Länder MFH neue Länder sonstige neue Länder k.a Summe neue Länder Summe gesamt Quelle: BBSR, Wohnungsmarktprognose 2025 (obere Variante); eigene Berechnungen nach Daten des Statistischen Bundesamtes und der Statistischen Landesämter Weiterhin wurde selbst die in der oberen Variante angesetzte Zuwanderung von der Realität noch übertroffen. Ausgegangen wurde bei der Bedarfsberechnung von einem Außenwanderungssaldo von Personen pro Jahr. Tatsächlich betrug der Außenwanderungssaldo im Durchschnitt der Jahre 2009 bis 2013 gut Personen pro Jahr. Statt der angenommenen 1,0 Mio. Personen erreichte die Zuwanderung in den vergangenen fünf Jahren gut 1,2 Mio. Personen. Rechnet man für die Differenz mit einer Haushaltsgröße von 2 Personen, so fehlen zusätzlich zu den in Tabelle 1 ausgewiesenen rund Wohnungen weitere rund Wohnungen. Da der Wanderungsgewinn im Jahr 2014 offensichtlich weiter auf hohem Niveau um Personen liegen wird, ist aktuell von rund fehlenden Wohnungen auszugehen. Um die Entwicklung der kommenden Jahre abzubilden, wird als Basis wiederum auf die Wohnungsbedarfsprognose des BBSR aus dem Jahre 2010 zurückgegriffen. Dort wird von einem durchschnittlichen Wohnungsbedarf in einer Größenordnung von gut Wohnungen ausgegangen (siehe Tabelle 2). Dieser Wohnungsbedarf beruht u.a. wieder auf der Annahme einer Nettozuwanderung in Höhe von Personen pro Jahr. Auch wenn die aktuelle Zuwanderung weit über diesem Ansatz liegt, ist die Annahme für einen langjährigen Durchschnitt vertretbar. Zusätzlich wird unterstellt, dass das inzwischen aufgelaufene Wohnungsdefizit bis Ende 2025 (Ende der übernächsten Legislaturperiode) abgebaut werden soll. Dadurch erhöht sich der jährliche Wohnungsbedarf um durchschnittlich Wohnungen, wobei für die ersten Jahre von einem stärkeren Defizitabbau ausgegangen wird als gegen Ende des Betrachtungszeitraums. In der Summe errechnen sich Bedarfswerte von gut Wohnungen jährlich, wie Tabelle 2 zeigt
8 Tabelle 2: BBSR Bedarfsprognose 2025 in der oberen Variante ergänzt um den notwendigen Defizitabbau Wohnungs- Defizitabbau Wohnungsbedarf nach bis Ende bedarf Jahr BBSR insgesamt Summe Wohnungsbau der kommenden Jahre 4.1 Wohnungsbau ohne Verbesserung der Rahmenbedingungen Die Zahl der Wohnungsfertigstellungen ist in den vergangenen Jahren ebenso wie die Zahl der Baugenehmigungen deutlich angestiegen. Der Aufbau des Wohnungsdefizits in einer Größenordnung von Wohnungen konnte durch diesen Anstieg allerdings nicht verhindert werden. Bei den Baugenehmigungen zeigen sich inzwischen erste Stagnationstendenzen. Insbesondere bei privaten Haushalten als Bauherren ist die Zahl der Baugenehmigungen in der den ersten 10 Monaten des Jahren 2014 gegenüber dem Vorjahreszeitraum nur noch um 0,4 % angestiegen. Vor dem Hintergrund extrem niedriger Zinsen und damit auch mangelnder alternativer Anlagemöglichkeiten muss diese Entwicklung angesichts des hohen Wohnungsdefizits und der insbesondere in vielen Ballungsräumen stark gestiegenen Mieten als enttäuschend bezeichnet werden. Möglicherweise werden im Jahr 2015 Fertigstellungen in einer Größenordnung von Wohnungen erreicht. Ein Abbau des Defizits wäre aber selbst bei einem Rückgang der Zuwanderung auf Personen nicht in Sicht. Dies bedeutet, dass mit gegebenen Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau mit einer weiteren Verschärfung der Wohnungsmarktsituation zu rechnen ist. Die Aufteilung des im Rahmen der BBSR Prognose erwarteten Wohnungsbaus auf Ein- und Zweifamilienhäuser und Mehrfamilienhäuser sowie auf das frühere Bundesgebiet und die neuen Bundesländer zeigt Abbildung
9 Abbildung 1: Bedarfsprognose und Ist-Status nach BBSR nach Gebäudeart und Region (ohne Defizitabbau) Wohnungen EZFH alte Länder MFH alte Länder EZFH neue Länder MFH neue Länder Prognose EZFH alte Länder Prognose MFH alte Länder Prognose EZFH neue Länder Prognose MFH neue Länder Quellen: BBSR Wohnungsmarktprognose 2025 (obere Variante); Statistisches Bundesamt Der Abgleich der bisherigen Bautätigkeit mit der Bauprognose des BBSR zeigt deutlich, in welchen Bereichen die größten Abweichungen der Fertigstellungen von den Prognosewerten festzustellen sind. Zum einen werden die Prognosewerte in den neuen Bundesländern in der Realität weit unterschritten. Am stärksten ist die Abweichung jedoch bei Ein- und Zweifamilienhäusern im früheren Bundesgebiet. Hier liegt die Differenz zwischen Prognose (obere Variante) und Realität in den Jahren 2010 bis 2013 bei jährlich rund Wohnungen. Dagegen wurden die Prognosewerte für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in den alten Ländern in den Jahren 2012 und 2013 nahezu getroffen. 4.2 Notwendiger zusätzlicher Wohnungsbau Mit der Betrachtung des realen Wohnungsbaus ist auch die Dimension der zusätzlich zu schaffenden Wohnungen abgesteckt. Ausgehend von der BBSR Wohnungsmarktprognose 2025 mit einer angenommenen Nettozuwanderung in Höhe von Personen pro Jahr ist eine Ausweitung des Wohnungsbaus um Wohnungen pro Jahr erforderlich, um den demografischen Bedarf abzudecken und den Defizitabbau zu gewährleisten. Gegenüber der BBSR Prognose (obere Variante) hat sich in den Jahren 2010 bis 2013 der größte Teil des Defizits bei den Ein- und Zweifamilienhäusern in den alten - 6 -
10 Bundesländern aufgebaut, also bei der klassischen Gebäudeart des selbstgenutzten Wohneigentums. Die realen Wohnungsdefizite liegen jedoch in den Groß- und Hochschulstädten, die wiederum traditionell eher geringe Wohneigentumsquoten aufweisen. Eine drastische Ausweitung des Neubaus von Ein- und Zweifamilienhäusern erscheint für die heutigen Defizitregionen nahezu ausgeschlossen. Da es sich um notwendige zusätzliche Wohnungen handelt, sind auch Maßnahmen im Bestand wie etwa der Ankauf von Belegrechten im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus nicht zielführend. Die Ausweitung und anschließende Verstetigung des Wohnungsbaus in einer Größenordnung von Wohnungen pro Jahr kann nur über den Bau zusätzlicher Wohnungen in Mehrfamilienhäusern gelingen. Da der Mietwohnungsneubau in den vergangenen Jahren nicht zuletzt aufgrund der aktuell gegebenen Rahmenbedingungen eher das hochpreisige Segment abgedeckt hat, muss der zusätzliche Geschosswohnungsbau in den Defizitregionen die Segmente mit den höchsten Defiziten, d.h. das Wohnungsangebot im mittleren und unteren Preissegment stärken. Dies kann zum einen über eine Ausweitung des sozialen Mietwohnungsneubaus erfolgen. Die letzten vorliegenden Zahlen (2011) zeigen einen Mietwohnungsneubau im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus in Höhe von gut Wohnungen. Da jährlich Sozialwohnungen in einer Größenordnung von bis Wohnungen aus der Bindung fallen, wäre eine drastische Ausweitung des sozialen Mietwohnungsneubaus erforderlich, um allein den aktuellen Stand an Mietsozialwohnungen zu halten. Eine Ausweitung des sozialen Mietwohnungsneubaus auf gut Wohnungen im Jahr hätte die Bereitstellung zusätzlicher Mittel in Höhe von rund 2,1 Mrd. zur Voraussetzung, sofern sich das notwendige Fördervolumen je Wohnung seit 2011 nicht weiter erhöht hat (der durchschnittliche Barwert der Fördermittel in der Neubauförderung von Mietwohnungen betrug im Jahr 2011 gut je Wohnung; Mietwohnungen würden 2,53 Mrd. erfordern, abzüglich der 2011 eingesetzten 0,44 Mrd. verbleiben rund 2,1 Mrd. zusätzlicher Mitteleinsatz). Weiterhin kann zusätzlicher Mietwohnungsbau als bezahlbarer Mietwohnungsbau im Sinne der bereits mehrfach genannten Untersuchung Mietwohnungsbau 2.0 durch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen des Mietwohnungsbaus generiert werden. Zu nennen sind als Voraussetzungen für die Schaffung bezahlbarer Mietwohnungen insbesondere die Anpassung der Abschreibungssätze an den realen Wertverlust, ein zumindest temporärer steuerlicher Anreiz für bezahlbaren Mietwohnungsbau sowie die Bereitstellung von Grundstücken durch die Kommunen. Eine mögliche Aufteilung des Wohnungsbaus der kommenden Jahre zeigen Abbildung 2 und Tabelle 3. Dabei wurde bereits berücksichtigt, dass eine Ausweitung des sozialen Mietwohnungsneubaus auf Wohnungen pro Jahr eher unwahrscheinlich ist
11 Abbildung 2: Wohnungsbau der Jahre 2011 bis 2013 sowie möglicher Wohnungsbau der Jahre 2015 bis 2025 zur Abdeckung des aktuellen Bedarfes und zum Abbau des Wohnungsdefizits Wohnungen Wohnungen in Einund Zweif amilienhäusern Sozialmietwohnungen sonstige W ohnungen in Mehrf amilienhäusern (konv entionell) bezahlbarer Mietwohnungsneubau Tabelle 3: Mögliche Aufteilung des künftigen Wohnungsbaus Ein- und Geschoss- Sozial- bezahlbarer sonstiger Zweifamilien- wohnungen mietwoh- Mietwoh Wohnungs- Jahr häuser (konventionell) nungen nungsbau bau Summe Anlagen 1 und 2-8 -
12 Anlage 1 Ergänzende Aussagen zur erforderlichen Flüchtlingsunterbringung Gegenwärtig werden die durch hohe Nachfrage ausgelösten Wohnungsknappheiten in vielen Städten durch die Zuweisung von Flüchtlingen und Asylbewerbern zusätzlich belastet. Etliche Kommunen können ihrer Unterbringungspflicht kaum noch nachkommen. In Abbildung 1 ist die Entwicklung der Erstanträge auf Asyl sowie die Anzahl der Bezieher von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz von 1990 bis 2014 ausgewiesen. Die Zahl der Anträge für das Jahr 2014 wurde auf der Basis des Zeitraums Januar bis November geschätzt. Abbildung 1: Erstanträge auf Asyl sowie die Anzahl der Personen mit Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bis in Erstanträge auf Asyl 500 Personen mit Leistungsbezug nach dem Asylbewerberleistungsgesetz *) *) Zahlen für 2014 geschätzt Zu den Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes zählen auch die Kosten der Unterkunft. Ab Mitte der 1990er Jahre war der Bestand an Leistungsbeziehern von knapp bis auf einen niedrigsten Stand von gut Personen im Jahr 2009 abgesunken. Mit dem erneuten Anziehen der Bewerberzahlen ist nun auch die Zahl der Leistungsbezieher wieder stark gestiegen. Im Jahr 2014 lag die Zahl der Erstanträge in dem Zeitraum Januar bis November bei gut , so dass für das Gesamtjahr etwa Erstanträge erwartet werden können. Die Zahl der Leistungsbezieher dürfte um rund angestiegen sein. Die Zahl der Abgänge aus dem Leistungsbezug (durch eigene Erwerbstätigkeit, Unterstützung durch die Familie, Fortzug ins Ausland,...) schwankte über die Jahre zwischen 18 % (2006) und 37 % (2000) des Vorjahresbestandes. Der Mittelwert lag bei 27 %. Die Abgangszahlen aus dem Leistungsbezug erhöhen sich damit gegenüber den Zahlen der Erstanträge auf Asyl erst zeitverzögert
13 Mit Blick auf die Wohnungsmärkte mussten im Jahr 2014 gegenüber 2009 über Personen zusätzlich in Unterkünften und Wohnungen untergebracht werden. Selbst wenn von einer hohen Belegungsdichte ausgegangen wird (15 m² je Bewohner), so werden zusätzlich 3 Mio. m² Fläche benötigt. Wenn diese Wohnfläche überwiegend in Wohnungen bereit gestellt werden soll, so wären Wohnungen mit durchschnittlich 80 m² erforderlich. Die Schaffung der zusätzlichen Fläche zur Unterbringung der Leistungsbezieher nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erscheint in Form langfristig nutzbarer und durch die Kommunen belegbarer Wohnungen sinnvoll. Hier müssten auch nicht zwingend leer stehende Wohnungen vorgehalten werden. In Zeiten stark steigender Zugangszahlen wäre zum Beispiel denkbar, die Belegungsdichte zu erhöhen (was in den vorhandenen Unterkünften gegenwärtig ja geschieht). Da nicht nur Flüchtlinge von den Kommunen untergebracht werden müssen, wäre der Aufbau eines langfristig verfügbaren und von den Kommunen bzw. beauftragten Unternehmen bewirtschafteten Wohnungsbestandes sinnvoll
14 Anlage 2 Modellrechnungen zum bezahlbaren Wohnraum (ausgehend vom Mehrfamilientypenhaus aus der Untersuchung Mietwohnungsbau 2.0), zum Sozialen Wohnungsbau sowie zum Wohnraumbau zur Flüchtlingsunterbringung Generell ist davon auszugehen, dass die Abschreibung im Mietwohnungsbau aus sachlichen Gründen auf 3 % anzuheben ist. Insofern können Maßnahmen zur zusätzlichen Förderung etwa der Schaffung von bezahlbarem Mietwohnraum durch Neubauten, der Schaffung von neuen Sozialmietwohnungen der Schaffung neuer Wohnungen für Flüchtlinge eigentlich nur auf dieser Basis aufsetzen. Da allerdings nach wie vor der Regelabschreibungssatz im Mietwohnungsbau 2 % beträgt, stellt dies auch den Referenzfall da. Im Referenzfall errechnet sich für das Typenhaus eine notwendige Kaltmiete in Höhe von 10,05 je m² und Monat. Variante I (Schaffung von bezahlbarem Mietwohnraum durch Neubauten) Die Einführung der linearen Abschreibung in Höhe von 3 % vermindert die notwendige Kaltmiete auf 8,43 je m² und Monat. Dies wäre gemäß der Definition des bezahlbaren Wohnraums noch nicht ausreichend. Erst die Erhöhung der Abschreibung um einen weiteren Prozentpunkt auf 4 % linear führt mit 7,42 je m² und Monat zu einer als bezahlbar definierten Kaltmiete. Den Vergleich zum Referenzfall zeigt Abbildung 2. Die Erhöhung der Abschreibung auf 4 % kann dabei mit Auflagen zur Miethöhe verbunden werden. Abbildung 2: Notwendige Kaltmiete im Referenzfall sowie bei einer linearen Abschreibung in Höhe von 3 % bzw. 4 % 11 Euro je m² Ref erenzf all Af A 3 % linear Af A 4 % linear
15 Variante II (Schaffung von sozialem Mietwohnraum) Das klassische Instrument zur Schaffung von preisgebundenen Mietwohnungen ist die Vergabe zinsverbilligter Darlehn, die dann eine Mietpreisbindung über die Rückzahlungsdauer zzgl. einer ggfs. vereinbarten Nachbindungsfrist zur Folge hatte. Daneben wurde im Laufe der Jahre diverse Abwandlungen in der Förderpraxis zumindest temporär eingeführt. Hierzu zählte auch die von 1989 bis 1995 geltende Sonderabschreibung nach 7k EStG. Danach konnten im Jahr der Herstellung und den vier Folgejahren jeweils 10 % der Herstellkosten abgeschrieben werden, in den darauf folgenden 5 Jahren jeweils 7 % der Herstellkosten und anschließend bis zur vollständigen Abschreibung waren 3 1 / 3 Prozent des Restwerts absetzbar. Die vollständige Abschreibung erfolgte somit über 40 Jahre, wobei 85 % der Herstellkosten nach 10 Jahren abgeschrieben waren. Im Vergleich zum Referenzfall im Mietwohnungsbau errechnet sich eine erhebliche Reduzierung der notwendigen Kaltmiete auf 6,15 je m² und Monat. Den Vergleich zum Referenzfall zeigt Abbildung 3. Die Wiedereinführung des 7k EStG kann hinsichtlich der erforderlichen Kaltmiete zur Schaffung von sozialem Mietwohnraum genutzt werden. Der 7k EStG kann auch regional differenziert eingesetzt werden. Abbildung 3: Notwendige Kaltmiete im Referenzfall sowie bei einer Abschreibung nach 7k EStG 11 Euro je m² Ref erenzf all Af A nach 7k EStG
16 Variante III (Schaffung von Wohnraum für Flüchtlinge) Die Schaffung temporärer Unterkünfte für Flüchtlinge scheint mit erheblichen Kosten verbunden zu sein. Nach einer Planung in Hannover soll die kommunale Wohnungsbaugesellschaft im Auftrag der Stadt entsprechende Unterkünfte erstellen. Die Stadt soll für die nach zehn Jahren wieder abzubrechenden Unterkünfte eine Kaltmiete in Höhe von 18,50 je m² und Monat zahlen. Diese Miete liegt mehrere über den aktuellen Spitzenmieten für Wohnungen in herausragender Lage. Unabhängig davon, dass derartige Planungen dem Bürger kaum zu vermitteln sind, stellt sich die Frage, ob der Unterbringungspflicht für Flüchtlinge nicht mit einem längerfristigen, flexiblen Konzept begegnet werden kann. Wichtig wäre dabei, den Verbleib von Flüchtlingen in so genannten Massenunterkünften möglichst kurz zu halten. Benötigt werden demnach Wohnungen, die als Reserve verfügbar gehalten werden oder deren Belegungsdichte über unmittelbare staatliche Bewirtschaftung variabel gehalten werden kann. Neben der Möglichkeit, die Wohnungen direkt von den Kommunen bzw. von kommunalen Wohnungsgesellschaften erstellen zu lassen, wäre auch eine privatwirtschaftliche Investition mit entsprechendem zeitlich begrenzten Zugriffsrecht durch die Kommune denkbar bis hin zur zeitlich begrenzten Mietgarantie für den Investor. Den Vergleich zum Referenzfall zeigt Abbildung 4. Die Anwendung des 7k EStG zuzüglich einer Mietgarantie und eines um 25 % reduzierten Baulandpreises führt zu einer erforderlichen Kaltmiete zur in Höhe von 5,48 je m² und Monat. Allerdings liegt diesem Ergebnis ein Berechnungszeitraum von 30 Jahren zugrunde. Wird wegen der intensiveren Nutzung der Berechnungszeitraum auf 20 Jahre verkürzt und der Veräußerungsabschlag auf 40 % verdoppelt, so steigt die notwendige Kaltmiete auf 9,87 je m² und Monat. Abbildung 4: Notwendige Kaltmiete im Referenzfall sowie bei Ansatz von 7k EStG, Baulandverbilligung und Mietgarantie bei Berechnungszeiträumen von 30 und 20 Jahren 11 Euro je m² Ref erenzf all 7k EStG Baulandpreisreduzierung Mietgarantie über 10 Jahre 7k EStG Baulandpreisreduzierung Mietgarantie über 10 Jahre auf 20 Jahre v erkürzter Zeitraum
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