Diplomarbeit. Zur Geschichte der Buchgemeinschaften in Österreich. Eine historische Untersuchung. Roger Charles Pfister. Matrikel-Nr.
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- Karoline Brahms
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1 0 Diplomarbeit Zur Geschichte der Buchgemeinschaften in Österreich Eine historische Untersuchung Eingereicht von Roger Charles Pfister Matrikel-Nr am an der Institut für Germanistik Universität Wien Betreuer: Univ.-Doz. Dr. Murray G. Hall Wien, April 2000
2 22 Dafür versprach das Sortiment dem Verlag, sich verstärkt für den Absatz der Tagblatt-Bibliothek einzusetzen, entweder dadurch, dass die Bücher der Tagblatt-Bibliothek ins Schaufenster gestellt würden oder dadurch, dass ein vom Verlag geliefertes Plakat ausgehängt würde. Mit dem Verband der Tabak-Trafiken wurde eine Vereinbarung über ein Übergangsstadium getroffen, das diesen noch die Möglichkeit geben sollte, ihre Restbestände abzusetzen. Der Steyrermühl-Verlag verpflichtete sich auf seiner Seite, zwar die Trafiken nicht mehr zu beliefern, jedoch noch alte Bändchen gegen neue gangbare Nummern umzutauschen. Somit war dieser Ausflug eines Verlags, auf neuen Vertriebswegen eine neue Käuferschicht zu gewinnen, wieder auf die alten Schienen des Vertriebs über das Sortiment gelenkt worden. Aus dieser Entwicklung der Tagblatt- Bibliothek lässt sich jedoch eine wichtige Erkenntnis gewinnen, die auch bei der Entwicklung der Buchgemeinschaften von Bedeutung ist. Während auf der einen Seite die Sortimenter immer wieder über die schwierige Lage ihrer Geschäfte klagten, zeigt sich am Absatz der Tagblatt-Bibliothek, dass sich durch günstige Angebote und den Verkauf außerhalb des Sortiments ein neues Kundenpotenzial auftut, das vom Sortiment nicht erfasst wird. Die Nachfrage nach Büchern und besonders nach billigen Büchern zeigt sich gerade Schaufenster der Tagblatt-Bibliothek Abgedruckt in: Anzeiger S an der Tagblatt-Bibliothek sehr deutlich. Dies musste - früher oder später - auch das Sortiment erkennen: Wir haben uns allzusehr daran gewöhnt, als Buchhandel nur etwa das zu betrachten, was im Börsenblatt anzeigt oder darnach bestellt. Wir müssen unbedingt unseren Blick erweitern und alle Bücherverbreiter einbeziehen. 28 Der Markt bot, wie wir im folgenden sehen werden, geradezu den idealen Nährboden für die neu aufkommenden Buchgemeinschaften : Büchergilde Gutenberg und Deutsche Buch-Gemeinschaft 28 Anzeiger. Nr S.1
3 23 Das Jahr 1924 brachte in Österreich die Gründung von zwei neuen Buchgemeinschaften mit sich, die in ihrer Firmenstruktur und ideologischen Ausrichtung grundsätzlich verschieden waren: Die Büchergilde Gutenberg und die Deutsche Buch-Gemeinschaft. Beide waren sie Ableger von deutschen Muttergesellschaften. Während die Büchergilde aus der graphischen Gewerkschaft heraus entstanden war und sich als Non-Profit-Unternehmen in erster Linie dem Volksbildungsgedanken verpflichtet fühlte, war die Deutsche Buch-Gemeinschaft ein rein kommerziell ausgerichtetes Unternehmen. Der Name der Deutschen Buch-Gemeinschaft wurde schließlich für die neu entstehenden Buchhandelsunternehmen - eben die Buchgemeinschaften - begriffsprägend. Die Büchergilde Gutenberg nimmt in Österreich noch heute eine Sonderstellung ein, da es die einzige, heute noch existierende, österreichische Buchgemeinschaft ist, die voll und ganz in österreichischem Besitz ist. 29 Mit der Gründung dieser beiden Buchgemeinschaften flammte im Buchhandel erstmals die Diskussion um diese neue Form des Buchvertriebs auf - vorerst jedoch hauptsächlich in Deutschland. Der österreichische Buchhandel war zu dieser Zeit mit anderen Problemen beschäftigt (z.b. mit der Beibehaltung der Konzessionspflicht). Im deutschen Sortiment wehrte man sich hingegen heftig gegen das Aufkommen von Buchgemeinschaften, da man befürchtete, diese könnten zu einer starken Konkurrenz für den Sortimentsbuchhandel werden. Die Sortimenter übten daher starken Druck auf die Verleger und Autoren aus, um diese daran zu hindern, Lizenzrechte an Buchgemeinschaften abzugeben. So prozessierte auch der Börsenverein der Buchhändler und Verleger in den Jahren 1926 und 1928 gegen die beiden größten Buchgemeinschaften in Deutschland, den Volksverband der Bücherfreunde und die Deutsche Buch-Gemeinschaft. Beide Male kam der Börsenverein vor Gericht nicht durch. Von Seiten der Verleger versuchte man, man auf die Autoren Druck zu machen, und drohte damit, einem Autor, der mit Buchgemeinschaften Verträge abschließen würde, keine neuen Verlagsverträge mehr anzubieten. Den Druck des Sortiments und der Verlage bekamen die Buchgemeinschaften deutlich zu spüren. So wurde es für die neuen Unternehmen unheimlich schwer, an gute Lizenzverträge mit Verlagen heranzukommen. Aus dieser Situation heraus begann man sich bei der Büchergilde Gutenberg, aber auch bei der Deutschen Buch-Gemeinschaft auf die 29 Anm.: Die Büchergilde ist bis heute Eigentum des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB).
4 24 internationale Literatur und auf die eigene Verlagsproduktion zu konzentrieren. Die Entwicklungen der beiden ersten großen Buchgemeinschaften in Österreich nahmen in gewisser Weise einen ähnlichen Lauf. Beide waren sie Zweigstellen deutscher Buchgemeinschaften, und beide nahmen sie in den 50er Jahren eine eigenständige österreichische Entwicklung. Die Büchergilde schrieb sogar bereits eine eigene Geschichte, als sie sich zusammen mit den Gilden in Zürich und Prag von der deutschen Gilde, die in die Deutsche Arbeiterfront (DAF) zwangseingegliedert worden war, abnabelte. Mit dem Einmarsch Hitlers in Österreich wurde auch die Wiener Büchergilde in die DAF zwangseingegliedert. Im Gegensatz zur Büchergilde gelang es der Deutschen Buch-Gemeinschaft, auch noch während der Nazidiktatur ihre Arbeit fortzusetzen. Die Deutsche Buch-Gemeinschaft passte sich den veränderten Umständen an und brachte unter anderem auch Hitlers Bild auf der Titelseite eines Monatshefts. Allerdings wurde auch die Deutsche Buch-Gemeinschaft durch die buchgemeinschaftsfeindliche Politik der Nazis stark behindert. Nach dem Krieg musste man sowohl bei der Büchergilde als auch bei der Deutschen Buch-Gemeinschaft wieder ganz von vorne beginnen. Und hier setzt nun ihre spezifisch österreichische Entwicklung ein. Beide Buchgemeinschaften begannen in Österreich selbstständig wieder ihre Arbeit aufzunehmen. Nun jedoch nicht mehr als Zweigstellen, sondern als österreichische Buchgemeinschaften mit selbst zusammengestellten Buchprogrammen. Während jedoch die Büchergilde ihre Arbeit selbstständig aufnehmen durfte, wurde die Deutsche Buch-Gemeinschaft in Österreich unter öffentliche Verwaltung gestellt. So arbeitete sie nun in Österreich als eigenständiges Unternehmen unter dem Namen Deutsche Buch-Gemeinschaft Wien vier Jahre nach dem österreichischen Staatsvertrag - musste jedoch das Unternehmen aus staatsrechtlichen Gründen wieder an das deutsche Mutterhaus zurückgegeben werden und wurde somit wieder zur Zweigstelle der deutschen Firma. Auch bei der Büchergilde begann ab Mitte der 50er Jahre wieder eine engere Zusammenarbeit mit der Schweizer und auch mit der deutschen Büchergilde. Mehr und mehr wurde das Buchprogramm von der deutschen Büchergilde übernommen und die eigene österreichische Produktion zurückgedrängt. Ab Mitte der 70er Jahre lag die eigene Produktion der Büchergilde in Wien jeweils noch bei etwa 5% des Gesamtprogramms Gespräch mit Werner Leiter (Verlag des ÖGB) vom
5 25 Mittlerweile ist die österreichische Büchergilde zwar noch in österreichischem Besitz, sie ist jedoch im Grunde nichts anderes als eine Auslieferung der deutschen Büchergilde Gutenberg. 2.5 Die Buchgemeinschaft Die Kultur Die Buchgemeinschaft Kultur, die 1925 bis 1928 existierte, war ein Kind des Kultur-Verlags (Wien-Leipzig). Leider sind uns über diese kleine Buchgemeinschaft nur geringe Quellen erhalten geblieben. Der Kultur-Verlag war vermutlich im Mai 1923 gegründet worden. Sein Sitz in Wien war im 3. Bezirk in der Dampfschiffstraße 14. Der kleine Verlag brachte seit 1923 eine Halbmonatsschrift heraus: Die Kultur. Halbmonatsschrift für Bücherfreunde, eine literarische Zeitschrift, süffig und unterhaltsam aufgemacht. Der Inhalt der Hefte war jeweils einem Autor oder einem wissenschaftlichen Gebiet gewidmet. Die Autoren und die literarische Ausrichtung des Halbmonatsblattes zeigen unverkennbar eine deutschnationale Ausrichtung. 31 Im Herbst 1925 rief der Kultur-Verlag eine eigene Buchgemeinschaft ins Leben. Die Mitglieder dieser Buchgemeinschaft erhielten gegen ihre monatlichen Mitgliederbeiträge die Zeitschrift Die Kultur zugestellt und bekamen darüber hinaus alle drei Monate ein Buch, das sie aus einer Auswahlliste von über 100 Büchern frei aussuchen konnten. Daneben bestand weiterhin die Möglichkeit, gegen eine geringere Monatsrate nur die Zeitschrift zu beziehen, ohne Mitglied der Buchgemeinschaft zu werden. Da mit der Zeit das Buchangebot in den Preiskategorien variierte, wurde die Mitgliedschaft in drei Klassen aufgeteilt. Die Bedingungen waren die selben. Die drei Mitgliedschaften unterschieden sich lediglich in der Höhe des monatlichen Beitrags. Die höheren Beiträge berechtigten zum Bezug von teureren Büchern. Das Programm setzte sich aus Büchern verschiedener Verlage zusammen. Es ist anzunehmen, dass es sich dabei um Restposten handelte, die der Kultur-Verlag erworben hatte. Mitte 1928 wurde sowohl die Zeitschrift als auch die Buchgemeinschaft eingestellt. Wie erfolgreich dieses Unterfangen war, das mit Sicherheit nicht das Wohlgefallen der Buchhändler fand, ist nicht bekannt Siehe dazu: Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte Wien/Köln/Graz: Bd.2. S.225 (Kulturverlag) 32 Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte Wien/Köln/Graz: Bd.2. S.228
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