Modedrogen neue Drogen?! Kräutermischungen und andere Legal Highs. - Beurteilungen aus beraterischer Sicht -

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1 Tom Jellinghaus enterprise3.0 mudra e.v. mudra-online.de Modedrogen neue Drogen?! Kräutermischungen und andere Legal Highs - Beurteilungen aus beraterischer Sicht - Fachtagung Bezirksjugendring Mittelfranken Obermichelbach,

2 Inhalt enterprise3.0 ein Projekt der mudra-drogenhilfe e.v. Beratung & Begleitung für junge TrenddrogenkonsumentInnen und Angehörige Neue Drogen: Legal Highs / Research Chemicals Definition - Klassifikation Konsumformen Wirkungsweisen - Risiken - rechtliche Aspekte Gibt es spezielle Konsumentengruppen? Konsummotive besondere Zielgruppen - Verbreitung Legal Highs = Internet-Drogen Internet als digitaler Verstärker neuer Konsumtrends Ausblick & Austausch

3 enterprise3.0 - Arbeitsbereiche enterprise-buero Beratungsstelle für konsumierende Jugendliche / junge Erwachsene und Angehörige enterprise-update substanzbezogene Informationseinheiten für Jugendliche und Multiplikatoren enterprise-direkt lebensweltorientierte Informations- und Kontaktarbeit im partysetting

4 enterprise3.0 - Entwicklungen vom Partydrogenprojekt zur Jugend-Drogenberatungsstelle Altersspanne: 14 bis 23 Jahre & Angehörige zentrale Substanzen: Cannabis, (Meth-)Amphetamin und Research Chemicals ( Legal Highs ) heterogene Zielgruppe: Gelegenheitskonsumenten, riskant Konsumierende, Abhängige deutliche Zunahme der Elternberatung ( Elterncoaching )

5 Neue Drogen: Legal Highs / Research Chemicals => => keine Präsentation wissenschaftlicher Forschungsergebnisse, sondern praxisnahe Erfahrungswerte aus: den Beratungskontakten im enterprise-buero (User-Berichte) den substanzbezogenen Infoveranstaltungen in Schulen, Ausbildungsbetrieben und Einrichtungen der Jugendarbeit dem Austausch mit Kooperationspartnern (Bewährungshilfe, suchttherapeutischen Einrichtungen, Jugendarbeit u. hilfe...) eigenen Recherchen (Internet)

6 Legal Highs / Research Chemicals Definition & Charakteristika synthetische Substanzen mit psychoaktiven Eigenschaften, die größtenteils (noch) nicht im BtmG aufgeführt sind Vermarktung als legaler Ersatz für bekannte illegale Drogen Herkunft: medizinisch-pharmakologischen Forschung Vertrieb über Internet- oder Head Shops unter Angabe falscher Verwendungszwecke: Räucherware, Pflanzendünger, Badesalze... mangelhafte Inhaltsangaben: tatsächliche Inhaltsstoffe werden meist verschwiegen unbekanntes Risikopotential: bisher kaum wissenschaftliche Erkenntnisse zu gesundheitlichen Gefahren, Suchtpotential, Langzeitfolgen...

7 Klassifikation Markt- und Konsumformen angeboten als Kräutermischung, Räucherware, Raumluftverbesserer Badesalz, Reinigungsmittel Pflanzendünger, Herbals Aussehen getrocknete Kräuter weißes Pulver Kapseln, Tabletten Konsumform Rauchen (Trinken) Schnupfen Schlucken Wirkung assoziiert mit Cannabis assoziiert mit Kokain, Speed assoziiert mit Ecstasy Wirkstoffe synthetische Cannabinoide (Tramadol-Derivat) synthetische Cathinon- oder Kokainderivate Piperazine, synth. Meskalinderivate Produktnamen Maya ; Bonzai ; R&B, Jamaican Gold Extreme ; Lava Red ; ( Krypton ) Charge+ ; jungle dust ; freedom ; Explosion Space-E ; Mitseez ; Groove-E

8 Kräutermischungen ( Raumluftverbesserer ) unüberschaubare Menge an Spice -Nachfolgeprodukten werden mit Tabak vermischt geraucht (Bong oder Joint) Vermarktung als Cannabisersatz Inhaltsstoffe: getrocknete Kräuter & synthetische Substanzen für die psychoaktive Wirkung verantwortlich sind nicht die Kräuter sondern die chemischen Zusätze ( synthetische Cannabinoide ) künstlich hergestellte Stoffe, die strukturell dem Hauptwirkstoff der Hanfpflanze (THC) ähneln und daher Affinität zu den körpereigenen CB-Rezeptoren aufweisen (Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten)

9 Kräutermischungen ( Raumluftverbesserer ) WIRKUNGEN & RISIKEN cannabisähnliche Wirkungen: entspannend, leicht sedierend und schmerzstillend, euphorisierend, halluzinogen Unterschied zu Cannabis: wesentlich potenter, längere (z.t. kürzere) Wirkdauer, stärkere Nebenwirkungen, verspult mehr unkalkulierbare Gesundheitsgefahren, da bisher kaum wissenschaftliche Erkenntnisse zu Toxizität, Langzeitfolgen... Analysen von Kräutermischungen ergeben stark variierende Wirkstoffkonzentrationen => Gefahr von Überdosierungen Intoxikationen mit massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen: Herz- Kreislaufprobleme (Ohnmacht, Herzrasen/-rhythmusstörungen), Lähmungen, psychotische Zustände, Panikattacken (teilweise Todesangst) Entzugssymptomatik: Magenkrämpfe, Sehstörungen, Frösteln

10 Kräutermischung Krypton deklariert als Pflanzenextrakt (Kratom asiatische Baumart) Kräutermixtur wird als Teeaufguss getrunken enthält synthetisches Schmerzmittel (O-Desmethyltramadol) wirkt 2-4-fach stärker als Tramadol opiatähnliche Wirkungen: schmerzstillend, sedierend, Wohlgefühl, Zustand des Glücklichseins, der Unbeschwertheit Überdosierung und Mischkonsum (Alkohol, Benzodiazepine, Opiate) kann zu Atemdepression führen körperliche Abhängigkeit Einstieg in den Opiatkonsum?

11 Badesalze (Reinigungsmittel) pulvrige Substanz, die meist geschnupft wird (selten gespritzt) assoziiert mit Speed und Kokain: Aussehen, Konsumform, Wirkung Vermarktung als legale Partydroge Inhaltsstoffe: synthetische Cathinone (z.b.: Mephedron, Methylon, MDPV, Fluormethcathinon...) oder synthetische Kokainderivate (z.b. Dimethocaine, Procain, pfbt )

12 Badesalze (Reinigungsmittel) WIRKUNGEN & RISIKEN abhängig von den jeweiligen Inhaltsstoffen stimulierend/euphorisierend (ähnlich speed/crystal, Kokain) und/oder entaktogen (ähnlich MDMA) unkalkulierbare Risiken, da bislang kaum erforscht (Konsumenten als Versuchskaninchen ) User berichten z.t. von unangenehmen Neben- und Nachwirkungen: Herz-Kreislaufstörungen, psychotische Zustände, kognitive Störungen, Kopfschmerzen, Lähmungen... Gefahr von Überdosierungen infolge schwankender Wirkstoffkonzentrationen User berichten von starkem Craving

13 Pflanzendünger nger ( Herbal Herbal-Caps Caps ) Pillen werden als legaler ecstasy-erstaz auf Pflanzenbasis vermarktet Inhaltsstoffe: Piperazine (TFMPP, BZP, mcpp ) oder synthetische Meskalinderivate (2C-B, 2C-I ) Wirkung: je nach Inhaltsstoffen entaktogen bis halluzinogen unklare, schwankende Zusammensetzungen und Dosierungen unkalkulierbare Risiken, da bislang kaum erforscht

14 Rechtliche Situation das BtmG findet nur bei Stoffen Anwendung, die in den Anlagen zum BtmG gelistet sind bisher wurden nur wenige Wirksubstanzen der Legal-Highs ins BtmG aufgenommen kleine Änderungen an der chemischen Struktur, ergeben neue Stoffe, die (noch) nicht durch das BtmG erfasst werden Katz und Maus Spiel : gezielte (Weiter)Entwicklung und Herstellung neuer Substanzen, um bestehende Gesetze zu umgehen Problem: Was ist im Tütchen? Die tatsächlichen Inhaltsstoffe sind nur durch labortechnische Analysen zu ermitteln

15 Rechtliche Situation Behörden versuchen aktuell den Handel mit RCs mit Hilfe des Arzneimittelgesetzes (AMG) zu unterbinden. Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die (...) physiologische Funktionen durch eine pharmakologische (...) Wirkung (...) beeinflussen. AMG 2 (1) Nr.2 Herstellung und in Verkehr bringen von Arzneimitteln ohne Genehmigung sind verboten; allerdings nicht Besitz und Konsum falscher Verwendungszweck und Warnhinweise ( Nicht zum menschlichen Konsum bestimmt ) sollen die Einordnung als Arzneimittel verhindern

16 Gibt es spezielle Konsumentengruppen? In der Beratungspraxis lassen sich zwei Konsumentengruppen unterscheiden: Ausweicher Ausweicher erfahrene Drogenkonsumenten, die wegen der fehlenden Nachweisbarkeit auf Legal Highs-Produkte ausweichen Experimentierer Experimentierer meist Jugendliche, die aus Neugierde legale Rauschmittel ausprobieren

17 Ausweicher Ausweicher RC-Konsum ist (bisher) in gängigen Drogenscreenings nicht nachweisbar und bietet sich daher als Ersatzdroge für abstinenzunwillige Konsumenten an, die unter Abstinenzkontrolle stehen: Probanden der Bewährungshilfe Patienten in stationären Einrichtungen (z.b. Suchthilfe, Jugendhilfe) Teilnehmer an einem Drogenkontrollprogramm vor MPU Substituierte Mittlerweile lässt sich für jede, illegale Droge ein ähnlich wirkender Ersatz aus der Gruppe der RCs finden. Problem: Das Substitut birgt wahrscheinlich mehr gesundheitliche Risiken, als die Originalsubstanz

18 Experimentierer Experimentierer Junge Menschen, deren Probierbereitschaft durch das Image einer legalen (Bio-)Droge erhöht wird falsche aber sehr verbreitete Annahme: legal = harmlos leichte Verfügbarkeit (Internet, Head Shops), auch ohne Kontakt zu illegalen Szenen Im Hinblick auf illegale Substanzen unerfahrene Jugendliche aktuelle Beobachtungen in der Beratungsarbeit: Anzahl der Experimentierer nimmt ab (erschwerter Zugang; negative Medienberichte) Ausweicher bleiben konstant

19 Legal Highs = Internet-Drogen Internet als Kommunikationsplattform für Konsumenten: Erfahrungsberichte, detaillierte Wirkungsbeschreibungen, Tipps zu Dosierungen, Konsumformen, Mischkonsum... Internet beschleunigt die Verbreitung neuer Substanzen Durch das Internet erreichen Drogentrends andere Zielgruppen: Rauschmittel einer kleinen Subkultur ( Psychonauten ) werden zum Mainstream-Phänomen Internet ist die Informations- und Handelsplattform: sowohl für User als auch für Hersteller/Verkäufer Professionalität der Internetshops nimmt zu: Zielgruppenspezifisches Marketing

20 Ausblick vorübergehende Modeerscheinung oder nachhaltiger Wandel des Drogenmarktes (Drogen2.0)? Den Trendsettern folgt der Kommerz: mit der gestiegenen Zahl der Konsumenten wächst parallel dazu die Anzahl der Personen, die damit Geld verdienen möchten Explosionsartige Ausbreitung von Internethändlern: zusätzliches Tätigkeitsfeld der organisierten Drogenkriminalität? Modifikation des BtmG? (Unterstellung ganzer Stoffgruppen) Ausbau internetbasierter Interventionsmaßnahmen Förderung von Medienkompetenz = Harm-Reduction-Maßnahme?

21 Vielen Dank für die Aufmerksamkeit Quellen und weiterführende Informationen: