Prekäre Beschäftigung in Deutschland und Bremen
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- Ruth Lang
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1 Prekäre Beschäftigung in Deutschland und Bremen Vortrag auf dem Deutsch-Dänischen Vertrauensleuteseminar am 17. Juni 2008 Koch Referentin für Arbeitsmarktpolitik
2 Gliederung 1. Begriffsklärungen und Entwicklungstrends Wann ist Beschäftigung prekär? 2. Prekäre Beschäftigung in Deutschland und Bremen Zahlen und Entwicklung 3. Schlussfolgerungen: Spezifika und Trends prekärer Beschäftigung 4. Thesen zu einer Politik der Entprekarisierung
3 Normalarbeitsverhältnis u. atypische Beschäftigung Normalarbeitsverhältnis -Vollzeit -Existenzsicherndes Einkommen -Integration soziale Sicherungssysteme -Unbefristet -Identität von Arbeits- u. Beschäftigungsverhältnis -Weisungsgebundenheit AN (Quelle: Mückenberger 1985) Atypische Beschäftigung Erfüllt mindestens ein Kriterium des Normalarbeitsverhältnisses nicht
4 Formen atypischer Beschäftigung Niedriglohn Leiharbeit Teilzeit Befristete Beschäftigung Minijobs Neue Selbstständigkeit
5 Wachstum atypischer Beschäftigung gesamt 31,3% 34,5% Männer 15,7% 15,4% Frauen 49,0% 53,9% Quelle: Aust 2007
6 Prekarität und prekäre Beschäftigung Prekär= unsicher, ungeschützt, widerruflich Merkmale fehlende Arbeitsplatzsicherheit, geringer Einfluss auf die Arbeitssituation mangelhafte Existenzsicherung Zustand der Nichtplanbarkeit Fehlende Perspektive -> Beschäftigungsformen, die keine dauerhafte autonome ökonomische Existenz sichern
7 Wann ist Beschäftigung prekär? Subsistenz sicherndes Einkommen Integration in soziale Sicherungssysteme Beschäftigungsfähigkeit Beschäftigungsstabilität Quelle: Keller/Seifert (2006)
8 Gliederung 1. Begriffsklärungen und Entwicklungstrends Wann ist Beschäftigung prekär? 2. Prekäre Beschäftigung in Deutschland und Bremen Zahlen und Entwicklung 3. Schlussfolgerungen: Spezifika und Trends prekärer Beschäftigung 4. Thesen zu einer Politik der Entprekarisierung
9 Anteil befristeter Beschäftigung: Befristungsquote 9 8 Befristungsquote Quelle: Keller/Seifert 2006; eigene Darstellung
10 Befristungen betriebswirtschaftliche Funktion als Verlängerung der Probezeit (etwa 40% der Neueinstellungen waren 2006 zunächst befristet) als Flexibilitätspuffer in Branchen mit schwankender Auftragslage. z.b. in der außerschulischen beruflichen (Weiter)Bildung und im öffentlichen Dienst (Bildungs- und Sozialwesen) Befristungen in mittleren und großen Betrieben deutlich höher als in kleinen Unternehmen (Kündigungsschutz) Quelle: Giesecke/Groß 2007
11 Befristungen und Prekarität Einkommen Integration in soziale Sicherungssysteme Beschäftigungsstabilität Beschäftigungsfähigkeit Quelle: nach Keller/Seifert 2006; eigene Darstellung
12 Entwicklung der Teilzeitarbeit in Deutschland Veränderung seit 1995 Vollzeit ,5% Teilzeit ,0% Quelle: Bundesagentur für Arbeit; eigene Berechnungen
13 Entwicklung der Teilzeitarbeit in Bremen Veränderung seit 1995 Vollzeit Teilzeit Quelle: Bundesagentur für Arbeit; Stat. Landesamt; Arbeitnehmerkammer 2007
14 Teilzeitarbeit - Frauenarbeit Teilzeitarbeit ist Frauenarbeit: 85% der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen und jede zweite sozialversicherungspflichtig beschäftigte Frau arbeitet Teilzeit. Teilzeitarbeit ist überwiegend ausführende Arbeit im niedrig entlohnten Dienstleistungsbereich: Handel, Gastgewerbe, sonstige Dienstleistungen In den oberen Hierarchieebenen und auf hochqualifizierten Arbeitsplätzen ist Teilzeitarbeit selten.
15 Teilzeit und Prekarität Einkommen Integration in soziale Sicherungssysteme Beschäftigungsstabilität Beschäftigungsfähigkeit Quelle: nach Keller/Seifert 2006; eigene Darstellung
16 Mini-Jobs in Deutschland gesamt ausschließlich Nebenjob ,0% +14,1% +75,9% Quelle: Bundesagentur für Arbeit; Koch/Rosenthal 2008
17 Mini-Jobs in Bremen gesamt ausschließlich Nebenjob ,0% +9,1% +68,0% Quelle: Bundesagentur für Arbeit; Koch/Rosenthal 2008
18 Minijobs und Geschlecht: Frauenanteil 68,00% 66,00% 64,00% 62,00% 60,00% 58,00% 56,00% 54,00% 52,00% 50,00% 66,00% 64,30% 63,40% 61,30% 56,50% 56,40% gesamt ausschließlich Nebenjob Bund Land Bremen Quelle: Bundesagentur für Arbeit; Koch/Rosenthal 2008
19 Entlohnung von Mini-Jobs Niedriglohnanteil in Minijobs Niedriglohnanteil % Quelle: Kalina/Weinkopf 2008; eigene Darstellung
20 Mini-Jobs und Prekarität Einkommen Integration in soziale Sicherungssysteme Beschäftigungsstabilität Beschäftigungsfähigkeit Quelle: Kalina/Weinkopf 2008; eigene Darstellung
21 Niedriglohn - Bemessung Niedriglohngrenze von 9,61 Euro (West) bzw. 6,81 Euro (Ost): -Niedriglohnanteil 2006 in ganz Deutschland: 22,2% Quelle: Kalina/Weinkopf 2008
22 Höhe des Niedriglohns Durchschnittlicher Niedriglohn Euro ,93 6,75 4,63 4,95 7,25 7,16 6,89 5,48 5,38 4, Jahr Niedriglohn West Niedriglohn Ost Quelle: Kalina/Weinkopf 2008; eigene Darstellung
23 Niedriglohn und Geschlecht Niedriglohnanteil nach Geschlecht ,6 30,5 % ,2 Männer Frauen ,4 9, Jahr Quelle: Kalina/Weinkopf 2008; eigene Darstellung
24 Niedriglohn und Prekarität Einkommen Integration in soziale Sicherungssysteme Beschäftigungsstabilität Beschäftigungsfähigkeit Quelle: eigene Darstellung
25 Leiharbeit in Deutschland Frauen Männer insgesam t + 110,2% Frauen + 121,1% Männer + 110,2 % Quelle: Strüßmann (Arbeitnehmerkammer) i.e.
26 Tätigkeiten von LeiharbeitnehmerInnen Tätigkeiten von LeiharbeitnehmerInnen in Deutschland % 9% 34% 17% 31% Hilfsarbeiter Fertigungsberufe Organisation/Verwaltung Dienstleistungen sonstige Berufe Quelle:Hans-Böckler-Stiftung 2008
27 Leiharbeit in Bremen Entwicklung von Leiharbeit Land Bremen, Stadt HB und Stadt BHV Jahr Land HB BHV Quelle: Strüßmann (Arbeitnehmerkammer) i.e.; eigene Darstellung
28 Anteil LeiharbeitnehmerInnen Quelle: AA Bremen, eigene Berechnungen Quelle: Strüßmann (Arbeitnehmerkammer) i.e.
29 Frauenanteil an den LeiharbeitnehmerInnen Frauenanteil an LeiharbeitnehmerInnen 2007 Stadt BHV 25,7 Stadt HB 28,8 Land HB Bund 28,3 28, % Quelle: AA Bremen, Arbeitnehmerkammer Bremen
30 Qualifikation von LeiharbeitnehmerInnen Bremen 2007 Land Bremen ,90% 30,50% 64,60% ohne Ausbildung mit Ausbildung FH/Hochschulabschluss Quelle: Strüßmann (Arbeitnehmerkammer) i.e.
31 Leiharbeit keine Brücke in reguläre Beschäftigung -30% finden eine feste Stelle -Fraglich ist, ob die ausgeübte Tätigkeit dafür entscheidend war -> Keine belastbaren empirischen Belege zur Brückenfunktion von Leiharbeit Quelle: Promberger 2008
32 Leiharbeit verdrängt reguläre Beschäftigung Betriebsräte sagen, Leiharbeiter ersetzen regulär Beschäftigte: 26% 74% ja nein Quelle: WSI-Betriebsrätebefragung 2007
33 Leiharbeit und Prekarität Einkommen Integration in soziale Sicherungssysteme Beschäftigungsstabilität Beschäftigungsfähigkeit Quelle: nach Keller/Seifert 2006; eigene Darstellung
34 Gliederung 1. Begriffsklärungen und Entwicklungstrends Wann ist Beschäftigung prekär? 2. Prekäre Beschäftigung in Deutschland und Bremen Zahlen und Entwicklung 3. Schlussfolgerungen: Spezifika und Trends prekärer Beschäftigung 4. Thesen zu einer Politik der Entprekarisierung
35 Zwischenergebnis 1 Prekarität trifft besonders häufig Frauen: Steigende Erwerbsquote von Frauen, aber nicht in sozial abgesicherten Beschäftigungsverhältnissen. Frauen arbeiten überwiegend in von Prekarisierung geprägten Branchen. Frauen stellen die Mehrheit in prekären Beschäftigungsformen (Ausnahme: Leiharbeit).
36 Situation von Frauen am Arbeitsmarkt Veränderung der sozialv. Beschäftigten nach Qualifikationsniveau u. Geschlecht (1998 bis 2007) Stadt BHV A us bildung unbekannt Hoc hs c hul-, Univ ers itäts abs c hlus s FH-A bs c hlus s A bitur mit BA A bitur ohne BA Haupts c hule, Reals c hule mit BA Haupts c hule, Reals c hule ohne BA Ins ges amt Männer Bremerhav en Frauen Bremerhav en Quelle: Stat. Landesamt Bremen; eigene Darstellung
37 Situation von Frauen am Arbeitsmarkt Beschäftigtenentwicklung zwischen 1998 und 2007 in Wirtschaftsbereichen mit einem Frauenanteil von über 50 Prozent (Stadt BHV) Gesundheits-, V eterinär-und Sozialw esen Erz iehung und Unterric ht Öffentliche V erw altung unternehmens nahe Diens tleis tungen Forschung und Entw icklung Kreditgew erbe Gas tgew erbe Einz elhandel V erlags- und Druckgew erbe Beschäftigtenentw icklung zw ischen 1998 und 2007 Quelle: Stat. Landesamt Bremen; eigene Darstellung
38 Prekäre Arbeitsverhältnisse sind kein rechtsfreier Raum. Zwischenergebnis 2 Die politische Förderung atypischer/prekärer Beschäftigung ist der Hebel zur Ausweitung des Niedriglohnsektors.
39 Gliederung 1. Begriffsklärungen und Entwicklungstrends Wann ist Beschäftigung prekär? 2. Prekäre Beschäftigung in Deutschland und Bremen Zahlen und Entwicklung 3. Schlussfolgerungen: Spezifika und Trends prekärer Beschäftigung 4. Thesen zu einer Politik der Entprekarisierung
40 Thesen zu einer Politik der Entprekarisierung (1) Einführung eines einheitlichen gesetzlichen Mindestlohns Bei einem Mindestlohn von 7,50 Euro/Stunde wären begünstigt: -> 4,5 Millionen Beschäftigte -> 20% der beschäftigten Frauen -> 8% der Vollzeit-, 10% der Teilzeitund 64% der geringfügig Beschäftigten Quelle: Kalina/Weinkopf 2006
41 Thesen zu einer Politik der Entprekarisierung (2) Veränderung der gesetzlichen Grundlagen für Minijobs und Leiharbeit
42 Thesen zu einer Politik der Entprekarisierung (3) De-Kommodifizierungsgrad wieder erhöhen Mit Hartz wurde der Druck zur Verwertung der Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt erhöht (statt Lebensstandard- Grundsicherung: Verschärfung Zumutbarkeit, Anrechung privaten Vermögens)
43 Thesen zu einer Politik der Entprekarisierung (4) Öffentlich geförderte Beschäftigung stärken Öffentlich geförderte Beschäftigung sozialv. u. mit auskömmlichen Arbeitsentgelten ausbauen Funktionen: -gesellschaftliche Integration -Erledigung gemeinwohlorientierter Aufgaben
44 Thesen zu einer Politik der Entprekarisierung (5) Gewerkschaften als Anwälte der Prekarier Prekarisierung muss ins Zentrum von Gewerkschaftspolitik rücken, da durch die atypischen Beschäftigungsverhältnisse die Lohnkonkurrenz wieder in die Betriebe geholt wird
45 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Mehr zum Thema Prekarisierung unter > Politik > Arbeit > Arbeitsmarkt/ Beschäftigung Referat für Arbeitsmarktpolitik /Peer Rosenthal Tel: 0421 / (Rosenthal) Tel: 0421 / (Koch) Koch@Arbeitnehmerkammer.de Rosenthal@Arbeitnehmerkammer.de
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