Von Bienchen und Blümchen

Transkript

1 Von Bienchen und Blümchen Die Sonne scheint, die Tage werden länger und nicht nur uns steigen die Hormone etwas zu Kopf. Auch in unseren Teppichflitzern erwachen die natürlichen Triebe, sich zu paaren und zu vermehren. Doch bedenkt - das Züchten von Frettchen ist kein Hobby. Erfahrung und Wissen werden benötigt, um das Wohl von Mama- und Nachwuchsfrettchen zu gewährleisten. Geld spielt eine dramatische Rolle, denn es gilt nicht nur, etwa zehn weitere Mäuler zu stopfen und alle gesundheitlich zu versorgen und während der gesamten Zeit tierärztlich betreuen zu lassen, sondern auch die weitere Verpflegung einer Horde heranwachsender Kobolde zu gewährleisten. Die Versorgungsund Tierarztkosten kann man mit dem Verkauf der Welpen nicht decken und die Frettchenhilfen sind bereits voll mit unge04 wollten Hobby-Zucht-Abgabies. Ebenfalls zu bedenken gilt es, dass nicht jeder die Trennung von seinen Zöglingen emotional verkraftet, und die wenigsten werden den

2 gesamten Nachwuchs für sich behalten können. Auch den Tod von Frettchenmama und ihrem Nachwuchs müsst ihr leider in Betracht ziehen, denn bei der Geburt kann schnell einiges schief laufen und verschiedenste Komplikationen wie womöglich allein eure Anwesenheit können dazu führen, dass die gebärende Fähe ihre Neugeborenen auffrisst. Eure Abwesenheit und die fehlende Möglichkeit bei Komplikationen richtig einschreiten zu können, kann wiederum zum Tode eurer Fähe führen. Überlegt also gut, bevor ihr euer Kinder- oder Wohnzimmer zur Entbindungsstation erklärt und widmet euch lieber den Kobolden, die bereits ungewollt in Frettchenhilfen auf eure Liebe warten. Dieser Text soll niemanden auf dumme Gedanken bringen, ich halte es jedoch für wichtig über die Vermehrung und die Geburt zu berichten. Es ist nun mal ein zwingender Teil im Leben unserer Schätze, fürchterlich komplex, schwierig und gleichzeitig doch sehr interessant. Die Bienchen Rüden werden etwa im Alter von sechs Monaten geschlechtsreif und erreichen zirka drei Monate später die volle Geschlechtsreife. Durch die vermehrte Produktion des Sexualhormons Testosteron schwellen ihre Hoden deutlich an und die Wahrnehmung fürs weibliche Hormon wird stärker. Euer Rüde verwandelt sich in einen Stelzbock. Er vollführt Trockenübungen an zweckentfremdeten Objekten und schleift nicht nur Fähen, sondern auch Rüden am Nacken gepackt quer durch die Zimmer. Er wird aggressiver und riecht strenger. Die normale Paarungszeit der Rüden liegt zwischen Dezember und Juli. Die Blümchen Fähen werden für gewöhnlich im Alter von sechs Monaten geschlechtsreif. Der Beginn der sogenannten Ranz ist eng mit den länger werdenden Tagen verbunden, denn längere und wärmere Tage bieten in freier Natur mehr Wasser und Futter und somit eine höhere Chance für das Überleben der Welpen. Eine Fähe, die nicht lange dem Tageslicht ausgesetzt ist, wird womöglich erst mit zwölf Monaten geschlechtsreif. Auf der Südhalbkugel werden Frettchen beispielsweise erst zur anderen Jahreszeit geschlechtsreif. In der Ranz schwillt die Vulva deutlich an und sondert ein Sekret ab. Die Fähe wird nervöser, schläft weniger und verringert die Nahrungsaufnahme. Ihre Gebärmutterwand schwillt an und in den Eierstöcken entwickeln sich Follikel mit kleinen Eizellen. Die Fähe ergibt sich dem Rüden Achtung, jetzt wird s heiß! Etwa zwei Wochen, nachdem die Vulva der Fähe angeschwollen ist, ist ihre Empfängnisbereitschaft am höchsten, wobei Bereitschaft vielleicht nicht das richtige Wort ist für das was nun folgt. Setzt man sie nun nämlich zu einem Rüden, gibt es viel Geschrei und Tumult. Die Fähe wird sich gegen den Überfall des Rüden massiv wehren und sich erst nach einem erbitterten Kampf ergeben. Dabei sollte man stets anwesend bleiben, da diese Kämpfe, wenn die Chemie zwischen den Liebenden nicht stimmt, auch zu weit führen können. Man darf das Ritual jedoch auch nicht zu früh 05

3 Eine Fähe eine Woche vor der Geburt 06

4 abbrechen, denn so eigenartig es für uns Menschen auch klingen mag, die Fähe braucht dieses Ritual. Denn gerade das Beißen und Zerren im Nacken und der anhaltende Verkehr setzen bei ihr Hormone frei, die wiederum den Eisprung anregen. Der Akt an sich dauert etwa eine Stunde, doch auch da gibt es natürlich Ausnahmen. Einige Liebespaare schaffen es bereits in zehn Minuten, andere brauchen mehrere Stunden. Jeder also wie ihm beliebt. Der Penis des Rüden hat an seiner Spitze einen kleinen knöchernen Haken, der dabei hilft, dass der Penis auch in der Vulva bleibt und die Fähe ihm nicht entkommen kann bis er fertig ist. Versucht also nicht die Beiden während des Aktes zu trennen, auch wenn die Fähe meist doch recht starke Nackenverletzungen erleidet, die nicht selten auch bluten. Bluten die Wunden jedoch übermäßig stark und werden die Schmerzen so groß, dass die Fähe sich schüttelt, muss man eingreifen, aber vorsichtig, denn es besteht Verletzungsgefahr für Beide. Einige Züchter empfehlen, das Paar nach dem Akt noch zwei bis drei weitere Tage zusammen zu lassen. Wenn die Fähe dann stark genervt vom Rüden ist, hat die Be- + + Neugeborene Winzlinge Ultraschall vom 22 Tag der Trächtigkeit fruchtung meist geklappt. Wird die Fähe an zwei Tagen hintereinander befruchtet, bringt sie einen größeren Wurf zur Welt. Hat sie nur fünf bis sechs Welpen, setzt bei ihr zwei bis drei Wochen nach der Geburt erneut die Ranz ein. Diese wird dann Laktationsranz genannt. Wird eine Fähe während der Ranz gar nicht gedeckt droht die Dauerranz, die für die Fähe eine große Gefahr darstellt und häufig auch zum Tode führen kann. Deswegen müssen Fähen die nicht gedeckt werden zwingend kastriert werden. Die Befruchtung der Eizellen findet bei Frettchen nicht sofort statt. Erst etwa 30 bis 40 Stunden nach dem eigentlichen Akt lässt die Fähe ihre Eizellen los in die Gebärmutter, wo sie von den Spermien bereits erwartet wird. Diese können 36 bis 48 Stunden in der Gebärmutter überleben und befruchten in der Regel bis zu 18 Eizellen. Der Schwangerschaftstest für Frettchen ist recht simpel. Wird die Vulva nach einer Woche wieder trocken und schwillt auf Normalgröße ab, ist die Fähe trächtig. Hat die Vulva nach drei bis vier Wochen noch nicht die 07

5 Normalgröße erreicht, hat es nicht funktioniert. Ein Welpe kommt zur Welt Die Fähe befreit den Welpen aus der Fruchtblase Die Fähe kümmert sich nach der Geburt um ihren Wurf Kleine pelzige Walnüsse Schon in der zweiten Trächtigkeitswoche lassen sich normalerweise kleine walnussgroße Frettchenföten ertasten, doch manchmal kann es auch bis zur vierten Woche dauern, bis die Fähe die ersten deutlichen Anzeichen zeigt. Nach zirka 42 Tagen kommen die kleinen Walnüsse dann zur Welt und haben dabei etwa die Größe eines kleinen Fingers und wiegen zwischen sechs und zwölf Gramm. Sie sind völlig hilflos, haben Augen und Ohren noch verschlossen und lediglich eine hauchdünne Fellschicht schützt sie vor dem Erfrieren. Bei der Geburt haben sie noch keine Zähnchen, diese entwikkeln sich erst bis zum zehnten Tag. Wenn feststeht, dass die Fähe trächtig ist, braucht sie noch mehr Liebe und Aufmerksamkeit und man muss besonders vorsichtig mit ihr umgehen. Die Person, die sie bei der Geburt unterstützen wird, sollte sich ihr nun intensiv annehmen, denn eine fremde Hand die in ihr Nest greift, kann die Fähe so sehr in Panik versetzen, dass sie ihre Babys auffrisst. Saure Gurken mit Sahne Auch eine trächtige Frettchendame hat ihre speziellen Vorlieben und Bedürfnisse. Experten raten, dass die Nahrung 30 bis 40 Prozent Eiweiß und zehn bis 20 Prozent Fett enthalten sollte, um die Fähe ausreichend zu stärken. Beim spielen sollte man für sie immer etwas Multivitamin-Paste parat halten, dies intensiviert nochmals das Vertrauen in die menschliche Hand. Einige Züchter raten die Standardnahrung mit gekochtem Fleisch, Eigelb und dickerer Hühnerbrühe zu unterstützen.

6 Hebamme für Frettchen Spätestens zwei Wochen vor der Geburt sollte die Fähe von anderen Frettchen endgültig getrennt werden. Sie braucht nun eine Entbindungsstation mit einem Nistkasten, in dem sie ein Nest bauen kann. Als Nistmaterial braucht sie ausreichend weiche Materialien, aber Vorsicht mit zum Beispiel Frottee, da die Gefahr besteht sich zu verfangen. Das Nest sollte natürlich absolut sauber und frei von jeglichen sonstigen Gefahren sein. Da die kleinen Welpen sehr schnell auskühlen und sterben können, ist eine Nistbox, die den Wurf zusammenhält, dringend notwenig. Die Fähe legt das Nest häufig auch mit wuscheligen Haarbüscheln aus ihrem eigenen Fell aus, doch man kann die Wärme auch zusätzlich mit einer Heizmatte unterstützen. Diese darf jedoch nie den ganzen Bereich des Nestes wärmen, sondern nur einen Teil. So können die Kleinen selbst entscheiden, ob ihnen kalt oder warm ist. Am besten legt man die Matte unter den Käfig, so dass die Tiere auch nicht dran kommen. Kurz vor der Geburt und natürlich auch während und danach sollte man jegliche Störung vermeiden und der Fähe absolute Ruhe lassen, da Frettchen, wie bereits erwähnt, zu Kannibalismus neigen und schon die geringste Störung ausreichen könnte, die Fähe zu beunruhigen. Die Fähe lässt sich kaum anmerken wann die Geburt los geht, daher muss man sie gut und regelmäßig im Auge behalten. Eine normale Geburt dauert gewöhnlich zwischen zwei und drei Stunden, kann jedoch auch sehr schnell gehen. Die Welpen befinden sich bei der Geburt in einer Fruchtblase, die die Mutter aufbeißt. Sie befreit die Welpen hilft ihnen bei den Atmung. Wenn Erstversorgung durch die frisch gebackene Mama 09

7 die Geburt jedoch sehr schnell verläuft und die Mutter sich nicht ausgiebig um alle Welpen kümmern kann, müsst ihr eingreifen und den Kleinen aus der Fruchtblase helfen, sonst ersticken sie. Zusätzlich müsst ihr darauf achten, dass sich keines der Tierchen in den vielen Nabelschnüren verheddert und sich so Verletzungen zuzieht. Ebenso wie ihr nach den Welpen schaut, müsst ihr auch die werdende Mutter im Auge behalten. Ein Welpe kann aus verschiedensten Gründen im Geburtskanal stecken bleiben. Welpen über den 44. Tag hinaus sterben zum Beispiel häufig schon im Mutterleib, Welpen aus kleineren Würfen können gefährlich groß werden und deformierte Welpen sterben häufig im Geburtskanal und blockieren somit den Weg ins Freie. 10 Die Fähe beginnt zu schreien, wird ruhelos und vernachlässigt ihre anderen Welpen. Die Gefahr für die Neugeborenen, die Ungeborenen und die Mutter ist akut - ihr müsst sofort zum Arzt. Ein Kaiserschnitt ist bei Frettchen nicht ungewöhnlich und wenn die Mutter gut versorgt wurde, ist sie durchaus auch in der Lage, sich anschließend um ihre Welpen zu kümmern. Achtet darauf, dass die Welpen währenddessen warm bleiben, denn ein kühler Welpe wird von der Mutter schnell verstoßen. Nach der Geburt ist es besonders wichtig, dass die Fähe ihre Nachgeburt auffrisst. Diese enthält nämlich wichtige Nährstoffe, die die Fähe nach der Geburt dringend braucht, aber auch Hormone, die dafür sorgen, dass die Gebärmutter wieder

8 kleiner wird. Außerdem ist sie reich an Eisen, was die Milchproduktion unterstützt. Nach der Geburt kann man die ganzen Gewebe-Abfälle ruhig noch etwas im Käfig lassen. Das hilft den Welpen, über den Geruch eine stärkere Bindung zur Mutter zu entwickeln. Spätestens 24 Stunden nach der Geburt solltet ihr jedoch alles entfernen. Kontrolliert auch, ob die Geburt wirklich abgeschlossen ist oder sich nicht noch ein weiterer Welpe (tot oder lebendig) im Mutterleib befindet. Bietet der ausgelaugten Mutter etwas Warmes zu essen an, denn häufig ist sie so ausgepowert, dass ihr die nötige Energie fehlt - vor allem nach einer langen Geburt. Die ersten zehn Tage sind für die neugeborenen Winzlinge die kritischsten. Wenn sie diese jedoch tapfer überstanden haben, kann man hoffen, dass sie nun erfolgreich zu munteren kleinen Rackern heranwachsen werden. Wie ihr gesehen habt, gilt es also eine Menge zu beachten und man kann noch mehr falsch machen. Überlegt also gründlich, ob ihr dieser Aufgabe gewachsen seid, und vor allem, überlegt aus welchem Grund ihr züchten wollt. Geld, Neugier, die Freude an den süßen Welpen oder das Mangel an Geld für die Kastration sind die falschen Gründe. Edith Sobawa 11