Hartmut Schick Vorsitzender des Geschäftsfelds Daimler Buses
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- Linda Pohl
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1 Rede Hartmut Schick Vorsitzender des Geschäftsfelds Daimler Buses Der Bus der Zukunft: Intelligente Mobilität für eine urbane Welt VDA Presseworkshop 23. Juni 2016, Frankfurt am Main Sperrfrist: 23. Juni 2016, 14:30 Uhr - Es gilt das gesprochene Wort -
2 Guten Tag, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir haben heute schon einiges über den Lkw gehört. Ich freue mich, Ihnen in den kommenden 15 Minuten ein paar Dinge berichten zu können, die die Bus-Industrie bewegen insbesondere die Stadtbus-Industrie. Denn, ohne meinem Vortrag vorwegzugreifen, in dieser Branche wird der Wandel in den nächsten Jahren am größten sein. Und natürlich möchte ich Ihnen auch einen Fingerzeig geben, was Sie im September auf der IAA erwarten können. Momentan sind Mannschafts- und Fan-Busse ja fast täglich in den Nachrichten. Weniger Schlagzeilen macht, weil er fest zu unserem Alltag gehört, der Stadtbus. Er gehört zu jeder modernen Großstadt; er ist eines der wichtigsten öffentliches Verkehrsmittel überhaupt. Allein in Deutschland wurde im Jahr 2015 über 5 Milliarden Mal Bus gefahren Tendenz steigend: Immer mehr Menschen leben in Städten waren es etwa 3,7 Milliarden; im Jahr 2025 werden es nach Prognosen rund 4,7 Milliarden Menschen sein. Diese Menschen wollen von A nach B kommen schnell, pünktlich, unkompliziert, komfortabel. Und ich muss Ihnen keine Bilder vom Berufsverkehr in Großstädten zeigen, um meinen Punkt zu machen: Die Straßen sind heute schon voll. Mit noch mehr Menschen, die in Großstädten leben und arbeiten wollen, wird das nicht besser. Der Stadtbus ist hier eine pragmatische Lösung: Er kann viele Fahrgäste in kurzer Zeit sicher und zuverlässig zu ihrem Ziel befördern. Und die Kosten für die städtischen Betreiber sind am geringsten. Das ist zunächst einmal sehr gut für unsere Branche. Das heißt aber nicht, dass der Stadtbus ein Selbstläufer ist. Vielmehr steht er im Wettbewerb mit anderen Verkehrsmitteln: Stadtund U-Bahnen, carsharing, aber auch Taxi, Pkw oder Fahrrad. Eine aktuelle Studie 1 zeigt: Menschen in Großstädten könnten fast die Hälfte ihrer Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen. Tatsächlich genutzt wird der ÖPNV jedoch nur für rund 15 Prozent aller Strecken. Das heißt: Der ÖPNV allgemein und auch der Bus müssen für die Fahrgäste noch attraktiver werden in Sachen Pünktlichkeit, Komfort und Sicherheit. Durch Dialog-Marketing können wir sicherlich auch ein nachhaltiges Umdenken im Nutzungsverhalten erreichen. Wenn uns dies gelingt, hat der Bus schöne Aussichten. 2 Darüber hinaus unterliegt der Stadtbus immer strengeren Auflagen: in Sachen Umwelt- und Lärmschutz, sowie in der weiteren CO 2 -Gesetzgebung. Und er muss für unsere direkten Kunden, die städtischen Betriebe, wirtschaftlich sein. Das heißt: wenig Ausfälle, hohe Sicherheit, geringe Gesamtbetriebskosten. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns. Und deshalb ist unsere klare Marschrichtung: Der Stadtbus der Zukunft muss höchst attraktiv sein: für seine Passagiere, seine Fahrer, für Busunternehmen und für die Gesellschaft. Dazu müssen wir Busse entwickeln, die noch umweltschonender und noch leistungsfähiger sind. Genau daran arbeitet die Branche. Schauen wir uns den ersten Punkt an: Wie können wir den Stadtbus der Zukunft noch umweltschonender machen? 1 Vgl. Werner Brög, Zeitschrift Nahverkehr 2 Vgl. o.g. Studie
3 Euro VI ist bereits eine sehr umweltschonende Technologie und unsere Motoren sind sehr kraftstoff-effizient. Doch wir werden weitere Potenziale aus dem herkömmlichen Antrieb holen. Aktuell gehen wir davon aus, dass im Jahr 2030 noch rund 30 Prozent der verkauften Stadtbusse mit Dieselmotoren ausgestattet sein werden. Ein Grund ist, dass vor allem bei kleineren Betrieben auf die günstigere Dieseltechnologie gesetzt wird. Der Antrieb ist aber nicht der einzige Ansatzpunkt für mehr Effizienz: Je nach Wetterlage und Einsatz kann beim eigentlichen Fahren maximal die Hälfte der CO 2 - Emissionen durch das eigentliche Fahren entstehen. Ein Großteil geht für Heizen, Klimatisierung des Fahrgastraums oder für Nebenaggregate drauf. Das heißt: Wir optimieren auch die Kühl- bzw. Klimasysteme der Busse. Neben der Optimierung des Gesamtfahrzeugs schenken wir alternativen Antrieben größte Aufmerksamkeit insbesondere dem rein elektrischen Fahren. Wir werden bei Daimler Buses im Jahr 2018 einen serientauglichen Elektrobus auf den Markt bringen. Was macht mich so zuversichtlich? Ganz einfach: Die Batterie-Technologie macht aktuell sehr große Fortschritte. Die Kosten sinken deutlich, gleichzeitig steigt die Leistungsfähigkeit massiv an. Und diese ist entscheidend für den Einsatz bei unseren Kunden. Der Anspruch muss sein: Elektro-Busse müssen nicht nur technisch machbar, sondern auch wirtschaftlich sein. Sie müssen sich für unsere Kunden rechnen. Mehr noch: Die Busse müssen so leistungsfähig sein wie herkömmliche Dieselbusse. Auch die Investitionen in Ladeinfrastruktur wollen wir für unsere Kunden möglichst gering halten. Hier entsteht ein weiterer großer Kostenblock für Städte und Kommunen bei der Umstellung auf eine Elektroflotte. Bei zukünftigen, noch leistungsfähigeren Batterien wird diese Infrastruktur in diesem Ausmaß eventuell nicht mehr nötig sein. Deshalb ist ein ganzheitlicher Beratungsansatz gefragt: Wir analysieren gemeinsam die Strecke, auf der die Busse eingesetzt werden. Dabei betrachten wir die Kosten für die Infrastruktur, Passagier-Zahlen, Standzeiten, die Verfügbarkeit von Ladestationen und vieles mehr. Wir können so zum Beispiel errechnen, welche Batteriekapazität nötig ist und wo Stationen zum Nachladen möglichst günstig platziert werden sollten. Der Betreiber kann somit seine Gesamtkosten ableiten und die Wirtschaftlichkeit des Fahrzeugeinsatzes prüfen. Das alles tun wir auf Herstellerseite, um Elektrobusse in die Städte zu bringen. Für ein serienfertiges Angebot brauchen wir aber auch weitere politische Unterstützung. Dabei geht es uns nicht nur um die Förderung von Fahrzeugkonzepten, sondern ganz konkret auch um die Förderung von Mobilitätskonzepten für Elektromobilität. Denken Sie zum Beispiel an Lösungen für Telematikdienste, Betreiberkonzepte und Finanzierungsmodelle. Trotz dieser noch offenen Handlungsfelder gilt: Der Stadtverkehr der Zukunft wird elektrisch. Und wir wollen mit unseren Kunden den Weg dorthin gemeinsam gehen. Damit komme ich zu meinem zweiten Punkt: Die Busbranche will den Kunden helfen, alles aus ihren Bussen herauszuholen. Wir machen den Stadtbus der Zukunft noch leistungsfähiger in Sachen Sicherheit, bei der Auslastung und auch beim Komfort. Nur so kann er im Wettbewerb mit anderen Nahverkehrs-Angeboten bestehen. Ich muss es Ihnen nicht sagen: Sicherheit ist eine Grundanforderung für unsere Branche. Wir arbeiten immer weiter daran, sie zu verbessern. Unsere Assistenzsysteme werden von Jahr zu Jahr leistungsfähiger. Damit verhindern wir Unfälle, statt nur die Folgen abzumildern.
4 Fahrgäste erwarten aber nicht nur sichere Busse sie erwarten vor allem pünktliche Busse. Und in dieser Hinsicht können wir die Leistungsfähigkeit des modernen Stadtbusses nochmal erheblich steigern. Die Lösung heißt BRT Bus Rapid Transit. Was steckt dahinter? Kurz gesagt: spezielle Fahrbahnen für Busse in Großstädten. Die Linienbusse sind dann vom normalen Verkehr oder in Teilstrecken getrennt unterwegs: mit entsprechend wenigen Behinderungen. Das Ergebnis freut alle: Der Fahrgast spart Zeit und er kommt pünktlich an. Die öffentliche Hand spart Geld: Verglichen mit U- oder Stadtbahnen kann BRT viel rascher und vor allem kostengünstiger eingerichtet werden. Und die Stadtbewohner profitieren von geringerem Verkehrsaufkommen und weniger Umweltbelastung. In Großstädten außerhalb Europas ist BRT längst Alltag; hierzulande fahren Amsterdam, Nantes oder Straßburg bereits sehr erfolgreich mit diesem Konzept. Wir bei Daimler liefern nicht nur Busse für BRT-Buslinien, sondern beraten die Städte auch bei der Konzeption solcher Transportsysteme. Einen Quantensprung in Sachen Leistungsfähigkeit erwarten wir durch Konnektivität. Ich kann für den Stadtbus nur unterstreichen, was meine Kollegen heute bereits in Bezug auf Lkw gesagt haben: Die Vernetzung bietet für unsere Branche einen Nutzen, dessen volles Ausmaß wir noch gar nicht absehen können. Alle profitieren. Nur ein paar Beispiele, um Ihre Vorstellungskraft anzuregen: Betriebshöfe könnten ihre Flotten effizienter verwalten: Dank Echtzeit-Daten wissen sie genau, wo ihre Bus-Flotte gerade unterwegs ist. Dadurch können sie Einsätze besser planen, die Kosten sinken. Die Betreiber können auch auf Echtzeit-Daten aus dem Bus zugreifen: Reifendruck, Tankfüllung, Verschleiß von Bauteilen sind jederzeit einsehbar. Damit können Pannen verhindert und Wartungsarbeiten optimal geplant werden: der Service-Techniker erhält schon vor seinem Eintreffen am Fahrzeug alle Infos zum akuten Problem und Lösungsvorschläge. Positiver Nebeneffekt: Die Reparaturqualität und - geschwindigkeit werden erhöht. Das alles spart Standzeiten und damit bares Geld. Auch die Busfahrer werden entlastet: Wenn der Bus sich, in Echtzeit, mit seiner Infrastruktur vernetzt, ist dem Fahrer in mehr als nur einer Hinsicht geholfen: Er kann Staus umfahren, Haltestellen optimal ansteuern und sicher durch Baustellen navigieren. Die Fahrgäste schließlich können noch komfortabler reisen: E-Ticketing-Systeme, also die online- Buchung der Fahrkarte, machen unabhängig von Kleingeldsuche oder Schlange stehen am Automaten. Wartezeiten durch Zahlen beim Fahrer können so verhindert werden. Oder stellen Sie sich Busfahren on demand vor: Fahrgäste übermitteln ihr Ziel per Smartphone, feste Haltestellen und Fahrpläne fallen weg. Die Busse werden je nach Bedarf eingesetzt. Das ist auch gut für die Betreiber: Die Fahrzeuge können an den Bedarf, z.b. die Zahl der Fahrgäste, angepasst werden. Aber all diese Beispiele sind erst der Anfang. Wir wollen, dass der Stadtbus der Zukunft viel mehr ist als nur ein Transportmittel. Er soll ein Lebensraum sein, in dem Menschen arbeiten, einkaufen, Informationen sammeln und sich entspannen können. Deshalb müssen wir Stadtbusse anbieten, in denen sich die Passagiere so wohl fühlen wie in ihren eigenen Wohnzimmern - und die mit konkurrierenden Mobilitäts-Angeboten mithalten können. Das bedeutet nicht nur ein entsprechendes Innenraum-Design. Das bedeutet vor allem auch, Passagieren moderne Infotainment-Systeme anzubieten, einen WLAN-Zugang oder auch Informationen über Angebote, die das Einkaufszentrum am Zielort anbietet. Sie sehen, da ist vieles
5 möglich und noch mehr vorstellbar. Deshalb haben wir bei Daimler Buses unlängst einen Geschäftsbereich 'Mobility Solutions' geschaffen: In diesem Bereich beschäftigen sich15 Kolleginnen und Kollegen ausschließlich mit diesem Thema. Hier werden bestehende Geschäftsmodelle weiterentwickelt; und völlig neue Konzepte für unser Busgeschäft erdacht. Unterm Strich geht es bei all unseren Bemühungen um eines: Wir wollen unsere Fahrzeuge für unsere Kunden und für die Fahrgäste so attraktiv wie möglich machen. Denn wir wissen: Die Verstädterung, neue Antriebskonzepte, die Vernetzung all das ist unterm Strich eine riesige Chance für unsere Industrie. Ich weiß, wir strapazieren das Wort erfinden oft dennoch denke ich, es ist hier zu recht gewählt: Mit all den Möglichkeiten, die uns heute offen stehen, können wir den Bus neu erfinden. Nichts anderes werden wir tun. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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