Leon: Ich kündige meinen Job! Audiopädagogik

Transkript

1 Audiopädagogik Prof. Dr. Ir. Frans Coninx Audiologe und Audiopädagoge Institut für Audiopädagogik, Solingen An-Institut der Universität zu Köln Leon: Ich kündige meinen Job! 1

2 Ursache(n)? Leon hat eine Hörstörung (sensorineural, zentral) Leon s Lehrerin hat eine expressive Sprachstörung das Klassenzimmer ist akustisch zu unruhig Schutzfaktoren spezifisch - unspezifisch Vulnerabilität Disposition, Anfälligkeit outcome - Symptomatik Risikofaktoren spezifisch - unspezifisch Beispiele: zu dicke Kinder Jugendkriminalität NATURE NURTURE 2

3 Schutzfaktoren Kommunikationsstil im Elternhaus, Singen und Vorlesen, usw und... präventive Förderung Vulnerabilität SLI, Hörstörung, LKG, Intelligenz,... Symptomatik: Sprachentwicklungs Probleme Risikofaktoren Rauchen, MO-Probleme, Krankheiten, Armut, Mehrsprachigkeit, akustisches Klima, Sprechund Kommunikationsstil der Erzieher, usw Deutsch-bezogener Sprachdeprivation Schutzfaktoren Kommunikationsstil im Elternhaus, Singen und Vorlesen, usw und... präventive Förderung 3 Vulnerabilität SLI, Hörstörung, LKG, Intelligenz, Symptomatik: Sprachentwicklungs Probleme Risikofaktoren Rauchen, MO-Probleme, Krankheiten, Armut, Mehrsprachigkeit, akustisches Klima, Sprechund Kommunikationsstil der Erzieher, usw 3

4 1 MHV (Minimale Hörverluste) Beispiel: 30 db HV beidseits, stabil, sensorineural. Kind wird in NHS nicht auffällig sein. Und wenn doch... Indikation für Hörgeräteversorgung? Auswirkung... global/einfach dargestellt: Entfernungszunahme von 1 auf 32 Meter Auswirkung auch: deutlich mehr Probleme bei Entfernung zum Sprecher; mehr Probleme in Störschall; nicht Hören von leisen Sprachlauten (Zischlaute, stimmlose Plosive: Flugzeug wird luzeu ) Konsequenz: vielleicht noch unauffällig im Elternhaus; Probleme in KiGa/Schule; Interferenz mit Erwerb/Ausbau der Deutschen Sprache für Kinder aus Migrantenfamilien,... 1 MHV & Screening Neugeborenenhörscreening (NHS): golden standard Aber... MHV wird nicht erfasst ein pass beim NHS ist kein Hörpass fürs Leben. Weiteres Screening ist notwendig Mit 12 Monaten: littlears Hörfragebögen für Eltern (Projekt mit Pädiater in NRW, Polen, NL, China; insgesamt > Kinder) Ab 3-4 Jahr: mit AAST Ab 3-4 Jahr: mit SEPI 4

5 1 Screening mit littlears 1 Screening mit littlears littlears auditory development SCORE (total YES) Trennwert = 16 8*60 longitudinal n=218 Normgruppe n=100 test-retest data n=218 n=250 Studie age in months (quartile based) 5

6 1 Screening mit littlears per in NRW LE N = 1108 (100%) completed questionnaires positive N = 39 (3.5%)? pass stop fail 3 PQ s: LE, speech & communication N=39 sets of 3 questionnaires completed at home positive N = 20 (1.8%)? pass fail pediatric audiologist N = 5 (0,5%) Diagnostical procedure 1 Screening mit AAST AAST: Adaptiver Auditiver Sprach Test 6

7 1 Screening mit AAST AAST: Adaptiver Auditiver Sprach Test Konstruktion PC-Spiel in multiple-choice Form mit n=6 Alternativen abbildbare Begriffe, die früh im kindlichem Wortschatz existieren Wortmaterial mit Redundanz wie im täglichen Sprachgebrauch (zweisilbige Komposita; engl.: spondee words ) adaptives Verfahren: schnell und effizient kein Nachsprechen automatisches Verfahren; einfache Bedienung (relevant bzgl. Screening) 1 Screening mit AAST Einsetzbar ab 3-4 J Kinder empfinden AAST als Spiel und sind dementsprechend motiviert und konzentriert ca. 2 Minuten pro Messung 6 db Genauigkeit Sprache-in-Störgeräusch genau so gut durchführbar 2 db Genauigkeit 7

8 1 Screening mit AAST Program of hearing screening for seven-year-old children in country and small-town schools of Eastern Poland Institute of Physiology and Pathology of Hearing. Warsaw, Poland 1 Screening mit AAST The scope of the program 7 provinces 620 schools children Pocket PC-based audiometer for hearing screening tests 8

9 1 Screening mit SEPI SEPI = Solinger Evaluation der Phonologischen Informationsverarbeitung 1 Screening mit SEPI W Ph Wo hörst du /o/ in Oma? Ph W Welches Wort ist das: /r/+/o/+/t/? Testmodell (Stumpf/ Coninx 2005) Was hörst du am Anfang von /baum/? W S Spreche und klatsche: /tele.fon/! Welches Wort ist /r/ + /ais/? S W Welches Wort ist /to./+/ma/+/te./ S W Zeige /ma/! W W W W Welches Wort ist das längste? Welche Wörter hören sich fast gleich an? ANALYSE SYNTHESE REIMEN KoVo PHONOLOGISCHES ARBEITSGEDÄCHTNIS 9

10 1 Screening mit SEPI 2 das akustische Klima 10

11 2 das akustische Klima (Crandell 1993) 70 db / 50 db db / 65 db % Sprachverstehen HV = 0 db HV = db S/N in db 2 das akustische Klima Realistische Situation: S/N= -5dB. Auswirkung: deutlich mehr Probleme bei Entfernung zum Sprecher; nicht Hören von leisen Sprachlauten (Zischlaute, stimmlose Plosive: Flugzeug wird luzeu ) Konsequenzen: Lücken in der bottom-up Information Anstrengung und Verunsicherung wegen kompensierende top-down Prozesse; Ermüdung, Konzentrationsverlust. Weniger beiläufiges Lernen (vor allem im Sprachbereich) Beeinträchtigungen in der Entwicklung Phonologischer Bewusstheit Was ist zu tun...? 11

12 2 das akustische Klima Was ist zu tun...? Bei dem Methodenwechsel in der Pädagogik (KiGa sowie Schule) gibt es eine akustischen Rückseite der Medaille Konsequenzen reflektieren und Maßnahmen überlegen Maßnahmen: Bessere Raumakustik, zb Nachhallzeit < 0,5 Sek Kosten? Schätzung: Kosten für einen Raum äquivalent mit Förderkosten für 6 Kinder (2 Jahre). Nachteil: vielleicht unspezifisch für einige betroffene Kinder. Vorteil: es nutzt allen Kindern und Erzieherinnen/Lehrerinnen! Freifeld-Anlagen... eher nicht Pädagogisches Schallmanagement. Kinder brauchen ihre Grenzen... auch akustisch. Freiphasen und Ruhephasen im Wechsel. Usw. 3 Förderung Hörgerichtetheit und Sprachsensibilisierung Hörgerichtetheit fängt mit Störschallmanagement an. Zuhören lernen. Mehrere Programme, u.a. in Bayern (Prof. Kahlert: Ganz Ohr sein ), Ludwigshafen ( Ohrenspitzer ), usw. Ergänzend zur allgemeinen Sensibilisierung des Hörens und das natürliche beiläufige Lernen: interaktive Lernspielprogramme. Beispiel Hören Sehen Lernen. Elemente: basale Hörsensibilisierung, differenzierte Stufen der Phonologischen Bewusstheit, erste Erfahrungen mit Phonem- Graphem Zuordnung. 12

13 3 Förderung Mehr Information: Vielen Dank fürs Zuhören 13