Einführung in die Volkswirtschaftslehre, WS 2005/2006 Institut für Volkswirtschaftslehre, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
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- Maike Breiner
- vor 7 Jahren
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Transkript
1 Geld und Inflation
2 Inhalt der Vorlesung Welcher Zusammenhang besteht zwischen Geldmengenwachstum und Inflation? Was versteht man unter klassischer Dichotomie und der Neutralität des Geldes? Weshalb kommt es zu Hyperinflationen? Wie beeinflusst die Inflationsrate die Nominalzinssätze? Was sind Kosten der Inflation?
3 Hyperinflation in Deutschland 1923 Bekanntmachung Durch Erlass des Generalstaatskommissars gelten mit Wirkung ab Donnerstag, den 18. Oktober, folgende Ausschankpreise: Vollbier (Fassbier) hell 1 Liter Mark Vollbier (Orig-Abf.) hell ½ Literfl Mark Exportbier (Fassbier) hell 1 Liter Mark Exportbier (Orig-Abf.) hell ½ Literfl Mark In diesen Ausschankpreisen ist die gemeindliche Getränkesteuer mitenthalten. Die Gastwirte Erlangens Erlanger Tagblatt,
4 Geld und Inflation Inflation ist einerseits eine Preissteigerung von Gütern und Dienstleistungen und andererseits eine Geldentwertung. Wenn sich das Preisniveau erhöht, dann fällt der Wert des Geldes.
5 Inflationsraten in Deutschland Prozent Inflation
6 Geldangebot/-nachfrage und monetäres Gleichgewicht Die Geldmenge wird von der EZB gesteuert (beispielsweise durch Offenmarktoperationen). Die Geldnachfrage hängt von mehreren Faktoren ab, einschließlich des Preisniveaus. Die Nachfrage nach Geld hängt von den Transaktionen (Zahlungen) ab, die Wirtschaftssubjekte tätigen wollen. Wenn das Preisniveau steigt, wir mehr Geld für Transaktionen benötigt; die Geldnachfrage steigt. Langfristig wird das Preisniveau durch die Nachfrage und das Angebot an Geld bestimmt.
7 Das Geldangebot, die Geldnachfrage und das Gleichgewichtspreisniveau Geldwert1/P hoch 1 Geldangebot 1 Preisniveau P niedrig ¾ 1.33 niedrig ½ ¼ 0 A Menge bestimmt durch EZB Gleichgewichtspreisniveau Geldnachfrage 2 4 Geldmenge Gleichgewichtsgeldwert hoch
8 Die Auswirkungen einer Erhöhung des Geldangebots Geldwert 1/P MS 1 MS 2 Preisniveau P hoch 1 1 niedrig 2. verringert den Geldwert ¾ ½ A 1. Ein Anstieg des Geldangebots und erhöht das Preisniveau niedrig ¼ 0 M 1 B M 2 Geldnachfrage 4 Geldmenge hoch
9 Die klassische Dichotomie und die Neutralität des Geldes Nominelle Variablen werden in Geld gemessen. Reale Variablen werden in physischen Einheiten gemessen. Reale Variablen werden durch Geldmengenveränderungen längerfristig nicht beeinflusst (klassische Dichotomie). Geld ist (langfristig) neutral.
10 Ursachen von Inflation: Quantitätstheorie Die Quantitätstheorie des Geldes besagt, dass die verfügbare Geldmenge das Preisniveau bestimmt und die Wachstumsrate der Geldmenge die Inflationsrate bestimmt.
11 Umlaufgeschwindigkeit des Geldes und die Quantitätsgleichung P M V Y = Preisniveau = Geldmenge = Umlaufgeschwindigkeit des Geldes = reales BIP M V = P Y Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ist langfristig relativ stabil. Wenn die Zentralbank die Geldmenge schneller erhöht als Y zunimmt, erhöht sich das Preisniveau.
12 Das nominale BIP, die Geldmenge und die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes
13 Geld und Preise bei vier Hyperinflationen (a) Österreich (b) Ungarn Index (Jan = 100) Index (July 1921 = 100) 100,000 10,000 1,000 Preisniveau Geldmenge 100,000 10,000 1,000 Preisniveau Geldmenge
14 Geld und Preise bei vier Hyperinflationen (c) Deutschland (d) Polen Index (Jan = 100) Index (Jan = 100) 100,000,000,000,000 1,000,000,000,000 10,000,000, ,000,000 1,000,000 10, Preisniveau 1923 Geldmenge ,000,000 1,000, ,000 10,000 1, Preisniveau Geldmenge
15 Die Inflationssteuer (Seigniorage) Der Staat kann seine Ausgaben dadurch finanzieren, dass er Geld druckt. (Zentralbankunabhängigkeit?) Die Einnahmen aus dem Drucken von Geld nennt man Inflationssteuer oder Seigniorage. Wenn der Staat Geld druckt, erhöht sich das Preisniveau und die Personen, welche Geld halten, werden ärmer. Es wird eine Steuer auf das Halten von Geld erhoben.
16 Der Fisher-Effekt Der Fisher-Effekt postuliert eine Beziehung zwischen Inflationsraten und nominalen Zinsen. Nach dem Fisher-Effekt steigen Inflation und Nominalzinsen gleichmäßig an. Der Realzinssatz bleibt unberührt.
17 Der Fisher-Effekt Realzinssatz = Nominalzinssatz Inflationsrate Nominalzinssatz = Realzinssatz + Inflationsrate Eine Erhöhung der Inflationsrate um 1 % hat nach dem Fisher-Effekt eine Erhöhung des Nominalzinssatzes um 1 % zur Folge. Wenn die Zentralbank das Geldmengenwachstum erhöht und die Inflationsrate steigt, hat das keine Konsequenzen für den Realzinssatz. Geld ist somit neutral. Die folgende Abbildung illustriert diesen Zusammenhang.
18 Nominalzinssatz und Inflationsrate
19 Kosten von Inflation Rückgang von Kaufkraft? Wenn die Preise aller Güter (einschließlich Löhne) gleichmäßig steigen, bleibt die Kaufkraft der Menschen unberührt. Warum stellt Inflation also ein Problem dar?
20 Kosten von Inflation Schuhsohlen -Kosten Speisekarten-Kosten Variabilität der Preise und Misallokationen inflationsbedingte Steuerverzerrungen Anpassungskosten willkürliche Vermögensumverteilung
21 Schuhsohlen-Kosten Schuhsohlen-Kosten sind Ressourcen, die verschwendet werden, wenn die Leute auf Grund der Inflation ihre Kassenhaltung verringern. Inflation verringert den Wert (die Kaufkraft) von Geld. Damit entsteht ein Anreiz, die Geldhaltung zu verringern. Dies bedeutet, dass Unannehmlichkeiten und Kosten entstehen.
22 Speisekarten-Kosten Speisekarten-Kosten (menu costs) sind die Kosten, die in Unternehmen dadurch entstehen, dass bei Preisänderungen neue Preislisten gedruckt und verteilt werden müssen oder Produkte neu ausgezeichnet werden. Auch die Kosten der Entscheidungsfindung bei Festsetzung der neue Preise sind den Speisekarten- Kosten zuzurechnen.
23 Variabilität der relativen Preise Mit zunehmender Inflation steigt die Variabilität der relativen Preise. Wenn die relativen Preise verzerrt werden, dann werden Konsumentenentscheidungen suboptimal, denn eine effiziente Allokation der Ressourcen über Märkte wird durch Preisverzerrungen unmöglich.
24 Inflationsbedingte Steuerverzerrungen Inflation führt zu einer Erhöhung der Steuerbelastung der Ersparnisse: Realzinssatz Inflationsrate Nominalzinssatz Steuern (25 %) Nominal nach Steuern (Steuern 25 %) Realzinssatz nach Steuern Volkswirtschaft 1 (Preisstabilität) Volkswirtschaft 2 (Inflation)
25 Anpassungskosten Preisvergleiche werden schwieriger vor allem bei hoher Variabilität. Die Berechnung von Kosten und Erträgen (und damit der realen Einkommen) wird erschwert.
26 Willkürliche Vermögensumverteilung Wenn nicht alle Preise (Löhne, Zinsen) sich an die gestiegene Inflationsrate anpassen, kommt es zu Umverteilungen. Beispiel: Wenn sich Nominalzinsen nicht an die gestiegene Inflation anpassen, kommt es zu einer Umverteilung von Sparern (Gläubigern) zu Schuldnern.
27 Hyperinflation und Rückkehr zur Naturalwirtschaft An unsere ländlichen Leser In diesen Tagen kommt der Postbote und nimmt die Neubestellungen auf das Erlanger Tagblatt entgegen. Der Bezugspreis für den Monat November beträgt 1320 Millionen (freibleibend). Durch die katastrophale Geldentwertung sind die Herstellungskosten einer Zeitung derart gestiegen, dass wir unbedingt zur Erhebung obigen Abonnementspreises gezwungen sind. Wir stellen es unseren Landwirtschaft treibenden Lesern anheim, uns statt dieses Betrages Naturalien im Tausch für die Lieferung unseres Blattes zu geben und zwar liefern wir das Erlanger Tagblatt gegen in unserer Geschäftstelle Bruckerstraße 8/10 erfolgende Abgabe von entweder 1 Pfund Butter oder 10 Stück Eiern oder 10 Pfund Weizen oder ½ Zentner Kartoffeln im Monate frei ins Haus. Ausdrücklich machen wir darauf aufmerksam, dass bei Lieferung von Naturalien eine Nachforderung während des ganzen Monats November unterbleibt. Verlag Erlanger Tagblatt
28 Zusammenfassung Das Preisniveau bringt Geldangebot und Geldnachfrage in Übereinstimmung. Wenn die EZB das Geldangebot stark erhöht, führt das zu einem steigenden Preisniveau. Dauerhafte Geldmengenerhöhungen bewirken kontinuierliche Inflation.
29 Zusammenfassung Laut neuklassischer Theorie ist Geld neutral: langfristig beeinflussen nominale Variablen (wie Geld) nur nominale Variablen (wie Preise), und nicht reale Variablen (wie Output, Realzinsen). Eine Regierung kann ihre Ausgaben über die Notenpresse finanzieren. Dies resultiert in einer Inflationssteuer.
30 Zusammenfassung Nach dem Fisher-Effekt führt eine steigende Inflationsrate zu steigenden Nominalzinsen, sodass der Realzins konstant bleibt. Ökonomen gehen von sechs Formen von Inflationskosten aus: Schuhsohlen-Kosten Speisekarten-Kosten Variabilität der relativen Preise Veränderung der Besteuerung Anpassungskosten Willkürliche Umverteilungseffekte
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