Korrosion und aggressives Trinkwasser
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- Johann Bretz
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1 Korrosion und aggressives Trinkwasser P. Linhardt Inhaltsübersicht Begriffe Der elektrochemische Korrosionsmechanismus Lebensdauer und Korrosionswahrscheinlichkeit Praxiswissen im Regelwerk Ausgewählte Mechanismen und Beispiele Mikrobielle Beeinflussung von Korrosion Zusammenfassung 1
2 BEGRIFFE (nach ÖNORM EN ISO 8044) Korrosion Reaktion eines (metallischen) Werkstoffes mit seiner Umgebung Korrosionserscheinung Messbare Veränderung des Werkstoffes Korrosionsschaden Beeinträchtigung der Funktion eines Bauteils oder eines ganzen Systems durch Korrosion KORROSION KORROSIONSERSCHEINUNG = / SCHADEN Der elektrochemische Korrosionsmechanismus zwei gekoppelte Teilprozesse an der Grenzfläche Werkstoff/Medium kathodische Reaktion Oxidationsmittel (Medium) anodische Reaktion Metallatom (Werkstoff) e - reduzierte Form (Medium) O + H O + 4 e - 4 OH - H + e H + - Metallion (Medium) + + e- Korrosionsprodukte Deckschichten Passivschichten
3 ph Alkalisierung bei Kathoden O H O OH Wasser - OOH (OH) + H O OH - H + ph Versauerung bei Anoden H Kathode Stahl O, O e- Anode e- Kathode H Beachte: Örtliche Trennung von Anoden und Kathoden sind möglich Formen der Lokalkorrosion (Mulden-, Lochkorrosion, ) Lebensdauer Korrosionswahrscheinlichkeit Alle gebräuchlichen metallenen Werkstoffe korrodieren in wässriger Umgebung Erst Passivierung/Deckschichtbildung ermöglicht die Anwendung Wenn erfolgreich: Lebensdauer nahezu unbegrenzt (Abtragsraten µm/a) Bei (seltener) gleichförmiger Flächenkorrosion: Lebensdauer längerfristig und oft planbar (Jahre, Jahrzehnte) Schadensursachen sind zumeist Lokalkorrosion Hohe örtliche Korrosionsraten, Lebensdauer: Wochen bis wenige Jahre Wie wahrscheinlich ist mangelhafte Bildung einer Deck-/Passivschicht oder deren Zerstörung? 3
4 Bestimmende Faktoren für die Korrosionswahrscheinlichkeit Chemische Zusammensetzung des Wassers Betriebsbedingungen Qualität der Verarbeitung Qualität des Werkstoffs Verschiedene Werkstoffe verschiedene Kriterien! Chemische Zusammensetzung des Wassers alleine nicht bestimmend Gibt es Das aggressive Wasser schlechthin? Theorie und Praxiswissen im Regelwerk ÖNORM EN 150 (005) Korrosionsschutz metallischer Werkstoffe Hinweise zur Abschätzung der Korrosionswahrscheinlichkeit in Wasserverteilungs und -speichersystemen Teil 1 Allgemeines Teil Kupferwerkstoffe Teil 3 schmelztauchverzinkte Eisenwerkstoffe Teil 4 Nichtrostende Stähle Teil 5 Gusseisen, un- und niedrig legierte Stähle DIN (1993) Korrosion der Metalle Korrosion metallischer Werkstoffe im Inneren von Rohrleitungen, Behältern und Apparaten bei Korrosionsbelastung durch Wässer. Teil 1 Allgemeines Teil un- und niedriglegierte Eisenwerkstoffe Teil 3 feuerverzinkte Eisenwerkstoffe Teil 4 Kupferwerkstoffe Teil 5 Nichtrostende Stähle Teil 6 Beeinflussung der Trinkwasserbeschaffenheit 4
5 ÖNORM EN Allgemeines Anwendungsbereich: Wasser für den menschlichen Gebrauch und Wässer ähnlicher chemischer Zusammensetzung Faktoren der Korrosionswahrscheinlichkeit: Werkstoffeigenschaften Wasserbeschaffenheit Planung und Ausführung Dichtheitsprüfung und Inbetriebnahme Betriebsbedingungen Parameter der Wasserbeschaffenheit: Temperatur Gesamthärte (c(ca + )+c(mg + )) ph c(ca + ) Leitfähigkeit c(cl - ) Konzentrationsangaben generell in mmol/l für Alkalinität (K S 4,3 ) Acidität (K B 8, ) c(so - 4 ) c(no - 3 ) die Bewertung! c(o ) c(p-verbindungen) TOC c(si-verbindungen) Ergänzende Parameter: c( gelöst ) c(mn gelöst ) und c(mn gesamt ) c(cu + ) KMnO 4 -Verbrauch Die Fragestellung bestimmt den minimal notwendigen Parametersatz Teil : Kupferwerkstoffe Beispiele zur Bewertung der Wasserbeschaffenheit gemäß ÖNORM EN 150 Lochkorrosion Typ 1, in Kaltwasser: Qualitative Bewertung von: c(hco - 3 ), c(cl - ), c(so - 4 ), c(no - 3 ) Lochkorrosion Typ, in Warmwasser: Gefahr bei ph<7 wenn S<1,5 Teil 3: Schmelztauchverzinkte Eisenwerkstoffe Gleichmäßige Flächenkorrosion: ph, c(co ) Lochkorrosion: Gefahr bei S 1 >0,5, sehr hoch bei S 1 >3 Nebenbedingungen für geringe Gefahr: c(hco 3 - )> c(ca + )>0,5 Selektive Zinkkorrosion: Gefahr bei 1<S <3 Gefahr gering bei c(no 3 - ) < 0,3 5
6 Teil 4: Nichtrostende Stähle Beispiele zur Bewertung der Wasserbeschaffenheit gemäß ÖNORM EN 150 Lochkorrosion: geringe Gefahr wenn c(cl - )<6 in Kaltwasser, c(cl - )<1,5 in Warmwasser für Mo-freie Legierungen (zb ) Teil 5: Un- und niedriglegierte Eisenwerkstoffe Gleichmäßige Flächenkorrosion: Schutzschichbildung möglich wenn c(o )>0,1 ph>7 c(hco 3 - )> c(ca + )>1 Es gibt kein allgemein aggressives Wasser! Jeder Werkstoff hat eigene Erfordernisse an die Wasserbeschaffenheit Der Begriff ist im historischen Kontext mit feuerverzinktem Stahl zu sehen Ausgewählte Mechanismen und Beispiele Lochkorrosion an Nichtrostendem Stahl Spaltkorrosion an Nichtrostendem Stahl Bimetallkorrosion von Gusseisen Kupferinduzierte Korrosion von verzinktem Stahl Selektive Korrosion: Entzinkung von Messing Erosionskorrosion Lochkorrosion an Kupfer 6
7 Lochkorrosion und Spaltkorrosion an Nichtrostendem Stahl (NIRO) O OH - + Cr 3+ Stähle mit > 1% Cr Unsichtbar dünne, elektronenleitende Passivschicht edler Charakter e - Passiver Zustand Chloridionen durchbrechen Passivschicht an Defektstellen Korrosionswahrscheinlichkeit ist abhängig von Legierungsklasse CrNi (1.4301) CrNiMo (1.4404) PREN=%Cr+3,3 %Mo Chloridgehalt, zb für mg/l in Kaltwasser, 50 mg/l in Warmwasser Temperatur Oberflächenzustand: geschliffen / mit Anlauffarben / gebeizt & passiviert Stärke des Oxidationsmittels im Wasser (Normalfall: Sauerstoff. Anderes ist in EN ausgenommen!) Lochkorrosion an NIRO Wasser O OH - Rost Cl - Passivschicht 3 mm e- (OH) + H O + - H Cl CrNi-Stahl 7
8 Spaltkorrosion an NIRO Flächiger Abtrag im Spalt Einflussgrößen wie für Lochkorrosion aber höhere Empfindlichkeit passiv O O O O O O O X - Wasser aktiv Spaltbildner (inert) e- NIRO Kathoden Anoden X = Cl, SO 4 u.ä Me = (n=), Cr (n=3) X - X - H H O + OH - Me ph, Cl - n+ Me(OH) n Rost Bimetallkorrosion (Kontaktkorrosion, galvanisches Element, edel-unedel-paarung) am Beispiel Gusseisen - Nichtrostender Stahl 8
9 Mechanismus der Bimetallkorrosion Wasser O O O O Kathoden + O + O + O + Rost Anoden Alkalisierung der Oberfläche NIRO NIRO Metalle sind metallenleitend verbunden: Versauerung O O O O Rost e - O + O + Gusseisen Gusseisen O + NIRO e- Gusseisen Bestimmende Größen: Art der Metalle Flächenverhältnis Elektrolytische Leitfähigkeit Rostknollen wegen lokaler Versauerung Kalkabscheidung wegen alkalisierter Oberfläche 9
10 Mulden- und Lochkorrosion an verzinktem Stahl Nur schmelztauchverzinkter Stahl ist geeignet! Mindestens 55 µm Schichtdicke Ursachen für Mulden- und Lochkorrosion Ungeeignete Wasserzusammensetzung (c(ca + ), K S 4,3, S1 gemäß EN 150-3) Temperatur (Potentialumkehr) durch ZnO ab 35 C gem. EN (früher: 55 C) Ablagerungen (6h-Position) Belüftungselement (= Mechanismus der Spaltkorrosion) Kupferionen im Wasser kupferinduzierte Lochkorrosion häufig in Warmwasser-Zirkulationsleitungen DIN : > 60 µg/l Cu + ist kritisch ---- EN 150-3: k.a. Kupferinduzierte Korrosion Verzinkter Stahl Warmwasserrohr 10
11 Kupferinduzierte Korrosion Cu + Cu e- Stahl Wasser Zn Zn + Cu+ Cu+ Stahl Cu Cu + Cu + e - Rost Wasser O Rost Stahl H O Cu e - Wasser - OH Rost 1. Primäre Zementation. Sekundäre Zementation 3. Kontaktelement REM-Bild EDX-Elementverteilung Cu Zn Kupferinduzierte Korrosion Quelle des Kupfereintrags: Korrosion von Kupferwerkstoffen Missachtung der Fließregel Leitungen aus Kupfer trotz Beachtung der Fließregel auch das Rückströmen (Konvektion) muss verhindert werden! Bauteile aus Kupferwerkstoffen zu große Anzahl von Fittings, Absperrorganen (in der Warmwasserzirkulation jetzt nicht mehr zulässig) + Bedingungen, die Korrosion solcher Bauteile fördern Selektive Korrosion (Entzinkung von Messing) Erosionskorrosion Wärmetauscher aus kupfergelötetem NIRO 11
12 Selektive Korrosion Entzinkung von Messing Begünstigende Faktoren nach EN 150- Hoher Anteil an zinkreicherem β-messing Niedriger Wert für c(hco 3 - ) Hohes Verhältnis c(cl - ) zu c(hco 3 - ) Stagnation, erhöhte Temperatur Erosionskorrosion Zerstörung von Deckschichten durch zu hohe Strömungsgeschwindigkeit W. Allertshammer 001 1
13 Lochkorrosion an Kupfer Typ 1: Kaltwasser Typ : Warmwasser (selten) Initiierung durch gestörte Deckschichtbildung (Filme an der Oberfläche) Schäden innerhalb Monaten bis weniger Jahre (3-5 Jahre) Kohlenstoff-Filme Heißoxidfilm, Flussmittel Biofilm günstig: c(hco - 3 ), c(cl - ) natürliche org. Inhibitoren? ungünstig: c(so - 4 ), c(no3 - ) Stagnation Lochkorrosion an Kupfer - Mechanismus 13
14 Mikrobielle Beeinflussung von Korrosion Erst seit wenigen Jahren als praxisrelevant anerkannt Im Regelwerk erst ansatzweise berücksichtigt Genaue Umstände sind vielfach noch unbekannt Allgemeiner Mechanismus Durch Ausbildung von Biofilm (hygienisch in der Regel unbedenklich) wird die Grenzfläche Metall-Wasser modifiziert ( anderes Korrosionsmedium!) Die Deck- / Passivschichtbildung wird beeinflusst Reaktivitäten werden beeinflusst Korrosion an Kupferwerkstoffen unter Einfluss von Biofilm Abbeizen in verd. H SO 4 Schleimiger Belag BIOFILM 14
15 Korrosion an Nichtrostendem Stahl durch Manganoxidierer In Trinkwasser an CrNi 18/10 (1.4301) und CrNiMo 18/10/ (1.4404, ) an ortsgefertigten Schweißnähten ab ca 60 mg/l Chlorid (!) in Kaltwasser MIC durch manganoxidierende Mikroorganismen Biomineralisierter Braunstein stellt an nichtrostendem Stahl ein stärkeres Oxidationsmittel als der Sauerstoff dar In der EN nicht berücksichtigt Die Empfindlichkeit von nichtrostendem Stahl gegenüber Chlorid steigt dadurch stark an 15
16 Zusammenfassung Das aggressive Wasser gibt es nicht Jeder Werkstoff hat seine eigenen Grenzen hinsichtlich der chemischen Zusammensetzung des Wassers Auch Planung, Verarbeitung und Betriebsweise beeinflussen die Korrosionswahrscheinlichkeit Die ÖNORM EN 150 bietet Praxiswissen in kompakter Zusammenstellung für Planer und Ausführende Die mikrobielle Beeinflussung von Korrosionsvorgängen kann ungewöhnliche Schäden verursachen 16
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