Erscheinung des Herrn 6. Januar Lesejahr ABC

Transkript

1 Erscheinung des Herrn 6. Januar Lesejahr ABC : Mt 2, Einführung (kann vorgetragen werden) Im folgenden suchen gelehrte Menschen, Ausländer, den neugeborenen König der Juden. Bevor sie ihn in Jesus finden können, werden sie zunächst noch zu einem anderen König, dem Gewaltherrscher Herodes, geführt und sie brauchen die Auskunft der Heiligen Schriften Israels, um ihren Weg weiter gehen zu können. 2. Praktische Tipps zum Vorlesen a. Der Text im Zusammenhang: Einordnung, Textumfang Dieser Abschnitt aus der Kindheitsgeschichte nach Matthäus wird nur in diesem überliefert. Er ist eine in sich geschlossene Erzählung, hat aber zahlreiche Verbindungslinien zu den anderen Erzählungen im näheren Kontext. So besteht z.b. eine enge Verbindung zum vorausgehenden Abschnitt 1,18-25 durch das Traummotiv und das Leitwort Engel des Herrn (angelos kyriou). Ebenso sind die Erzählungen von der Verfolgung des Jesuskindes durch Herodes, der Kindermord in Betlehem und die Flucht nach Ägypten mit der vorliegenden Erzählung eng verbunden. b. Betonen + Aus dem heiligen nach Matthäus 1 Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem 2 und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen. 3 Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem. 4 Er ließ alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes zusammenkommen und erkundigte sich bei ihnen, wo der Messias geboren werden solle. 5 Sie antworteten ihm: In Betlehem in Judäa; denn so steht es bei dem Propheten: 1

2 6 Du, Betlehem im Gebiet von Juda, bist keineswegs die unbedeutendste unter den führenden Städten von Juda; denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der Hirt meines Volkes Israel. 7 Danach rief Herodes die Sterndeuter heimlich zu sich und ließ sich von ihnen genau sagen, wann der Stern erschienen war. 8 Dann schickte er sie nach Betlehem und sagte: Geht und forscht sorgfältig nach, wo das Kind ist; und wenn ihr es gefunden habt, berichtet mir, damit auch ich hingehe und ihm huldige. 9a Nach diesen Worten des Königs machten sie sich auf den Weg. 9b Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen. 10 Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt. 11 Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar. 12 Weil ihnen aber im Traum geboten wurde, nicht zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg heim in ihr Land. c. Stimmung, Modulation Zwei Könige (Herodes und Jesus) werden einander gegenübergestellt. Weitere Königsmotive (die Königsgeschenke Gold Weihrauch und Myrrhe, die Proskynese/Huldigung der Sterndeuter, der Stern, das alttestamentliche Erfüllungszitat) prägen den Text. Zu dem passt es, mit einer feierlichen Stimme zu lesen; freilich wird auch mit Anschaulichkeit und lebendigem Stil (mit vielen Eigenschaften wie heimlich, sorgfältig, großer Freude) erzählt; auch diesem anliegen entsprechend kann vorgetragen werden. d. Besondere Vorleseform Da in vielen Gemeinden an diesem Tag ein Gottesdienst unter Beteiligung der Sternsinger gefeiert wird, werden zwei kreative Vorschläge angeboten, bei denen sich Kinder/ Jugendliche/ Sternsinger beteiligen können. 2

3 Version 1: Begleitende pantomimische Darstellung Damit deutlich wird, dass der Bibeltext nacheinander zwei unterschiedliche Königsbegegnungen schildert, wird der Text von zwei Personen gelesen: Person A liest Mt 1,1-9a (die Begegnung der Sterndeuter mit Herodes in Jerusalem). Person B liest Mt 1,9b-12 (ihre Begegnung mit dem neugeborenen König in Betlehem). Zwei Orte sind im Altarraum gekennzeichnet: Beim Schild Betlehem positionieren sich Maria und das Jesuskind, das in ein hell leuchtendes Tuch gehüllt ist. Vor dem Schild Jerusalem steht Herodes, der durch ein dunkles Tuch über der Schulter und ein Schwert als Gewaltherrscher dargestellt wird. Er ist umgeben von den Menschen aus Jerusalem, einige spielen Schriftgelehrte und sollten ihre Bibeln dabei haben. Einige Sternsinger spielen im Gewand die Sterndeuter, der Stern wird durch einen Sternträger gespielt. Die beiden Sprecher lesen den Bibeltext laut und langsam vor, damit dazu gespielt werden kann und Zeit für die räumlichen Bewegungen bleibt. In der Predigt sollte auf die Zweiteilung der Perikope und auf die unterschiedlichen Könige eingegangen werden (s.u. Textauslegung). Version 2: Lesung des s mit Zwischenspiel: Der erste Teil des s (VV.1-9a) wird gelesen. Danach folgt ein kleines ZWISCHENSPIEL: 1. Sterndeuter Ob Herodes wohl der König ist, den wir suchen? Ich weiß nicht, es ist so dunkel hier im Palast, und der König sieht so finster aus. Der hat bestimmt keinen Thronfolger bekommen! 2. Sterndeuter Ja, alle erschrecken, wenn wir nach dem neugeborenen König fragen! Haben wir denn etwas Falsches gesagt? Die werden uns doch hoffentlich nicht noch etwas tun! 3. Sterndeuter Die Schriftgelehrten sagen, der neugeborene König kommt aus Betlehem. Kommt, hier sind wir nicht richtig! Wir gehen nach Betlehem. Ah, da ist ja auch wieder der Königsstern! Dann werden die Verse 9b-12 vorgelesen. 3. Textauslegung Die Kindheitsgeschichten des Matthäus und Lukas sind wie große Ouvertüren zum jeweiligen. Sie sind nicht im heutigen Sinn Berichte, sondern erzählen in Geschichten, wer Jesus Christus seinem Wesen nach ist. Jede kleine Erzählung beleuchtet einen anderen Aspekt. Es handelt sich gleichsam um ein Drama mit mehreren Akten. In jedem klingen wichtige christologische Aussagen an, die in den späteren Erzählungen im ausführlicher entfaltet werden. Darum sind die Kindheitsgeschichten oder besser Vorgeschichten der beiden Evangelisten auch so unterschiedlich. Der Evangelientext des heutigen Festtags wird nur von Matthäus überliefert. Begegnung mit dem herrschenden König von Roms Gnaden Sterndeuter kommen aus fernen Ländern aus dem Osten (V.1) und suchen den neugeborenen König der Juden (V.2). Durch die Führung eines Sterns kommen sie zuerst nach Jerusalem. 3

4 In den Versen 1-9a erzählt der Evangelist davon, wie sie dort zunächst dem regierenden König Herodes dem Großen begegnen. Dieser war mit Hilfe der Römer zum König über Israel geworden, obwohl er Idumäer, also kein Jude war. Herodes war bekannt für seine grausame Herrschaft (vgl. Mt 2,12-18). Die Sterndeuter fragen in Herodes Königspalast nach dem neugeborenen König der Juden. Herodes reagiert auf die Frage mit Erschrecken, Befehl und Heuchelei: er hat Angst um den Erhalt seiner Macht. Er will nicht zum Kind gehen, um ihm zu huldigen (wie er in V. 8 vorgibt), sondern wird seine Schergen schicken, um das Kind ermorden lassen. Doch nicht nur Herodes erschrickt, sondern auch das ganze Volk, als es hört, dass es einen neugeborenen König geben soll. Vorsicht vor antijudaistischer Deutung! Das Erschrecken Jerusalems wird häufig so ausgelegt, dass Herodes und das jüdische Volk eine Jesus ablehnende Front bildeten, während die Heiden, die Sterndeuter aus dem Osten, den Weg zu Jesus fänden. Der Matthäusexperte Ulrich Luz hat darauf hingewiesen, dass diese Szene historisch seltsam anmutet, da eine Ankündigung vom Aufscheinen des Messias und dem baldigen Ende der Schreckensherrschaft des Herodes eigentlich Freude und Begeisterung bei der Jerusalemer Bevölkerung hätte hervorrufen müssen. Um das Erschrecken des Volkes besser zu verstehen, ist es hilfreich zu hören, wie die Bauern von Solentiname in Lateinamerika diese Textstelle verstehen: Laureano sagt: - Ich glaube, diese Weisen haben ins Fettnäpfchen getreten, als sie Herodes nach einem Befreier fragten. So ähnlich, als ob heute jemand von auswärts bei Somoza anfragte, wo der Befreier Nicaraguas zu finden sei. Ein anderer der jungen Männer: - Mir scheint eher, diese Weisen hatten Angst vor Herodes und wollten nichts ohne sein Zustimmung unternehmen. Tjomas Pena: - Sie wollten so eine Art Geleitbrief haben...der gleiche junge Mann: - Sie gingen zuerst zu Herodes, weil sie Angst hatten. Und alle diese Leute in Jerusalem bekamen es auch mit der Angst, als sie von einem Messias reden hörten. Genau wie die Leute in Nicaragua es mit der Angst bekommen, sobald sie etwas von Befreiung hören: Kaum hören sie davon, dass es welche gibt, die die Ausgebeuteten befreien wollen, fangen sie an zu zittern. Wenn sie hören, diese Regierung müsste gestürzt werden, fangen sie vor Angst an zu zittern. (Ernsto Cardenal, Das der Bauern von Solentiname, 1991, 56f). Das Erschrecken Jerusalems ist also nicht gleich mit einer Ablehnung Jesu gleichzusetzen, es könnte auch die Angst der Jerusalemer sein, ihr Erschrecken, betroffenes Ahnen, welche Folgen es haben könnte, wenn ein neuer König der Juden dem diktatorischen Herodes Konkurrenz macht (Mt vgl. 2,12-18!). Und außerdem: Mit Hilfe der jüdischen Schriftgelehrten und durch deren Kenntnis der Heiligen (jüdischen) Schriften werden die Sterndeuter auf ihrem Weg weiter zur Davidsstadt Betlehem geleitet!! Der wahre König In den Versen 9b-12 erzählt Matthäus, wie die Sterndeuter dem wahren König der Juden begegnen, Jesus. Die klare Zweiteilung des Textes macht das zentrale Anliegen des Evangelisten deutlich: er zeigt den Gegensatz zwischen den beiden Königen Herodes und Jesus auf. Jesus ist der wahre König der Juden, über ihm erstrahlt der Stern, der die Sterndeuter führte. Ihn beten sie an und bringen ihm ihre Königsgeschenke. 4

5 Es ist Matthäus wichtig, dass Jesus obwohl er König der Juden genannt wird ein König für alle Menschen aus allen Nationen ist. Deshalb betont er, dass es Sterndeuter aus dem Ausland waren, die Jesus huldigten. Deshalb charakterisiert er Jesus schon im ersten Satz seines s als Nachfahren Davids, des großen Königs der Juden, und als Nachkommen Abrahams, der als Stammvater vieler Nationen verehrt wird. Auf die königliche Würde des Kindes verweisen auch die Huldigung der Sterndeuter, ihre Geschenke und der Stern. Die Huldigung, eine tiefe Verbeugung mit der Stirn bis zum Boden, die man nur vor Königen machte (V.11), drückt die Anerkennung der Weltherrschaft dieses Königs der Juden selbst durch nicht-jüdischen Menschen aus fernen Ländern aus. Die kostbaren Geschenke der Sterndeuter (Gold, Weihrauch und Myrrhe) gelten im Alten Testament als Königsgeschenke (Ps 72,10.15; Jes 60,6; Hld 3,6). Der Stern signalisierte die Geburt des neuen Königs der Juden und brachte die Sterndeuter in Bewegung (V.2). Die Bedeutung des Sterns lässt sich wiederum vor allem durch ein Schriftzitat aus dem Alten Testament aus dem Buch Numeri (Num 24,17) erschließen: Ein Stern geht aus Jakob auf, ein Zepter erhebt sich in Israel... Diese Weissagung wurde in der jüdischen Geschichte immer wieder auf den kommenden König des jüdischen Volkes oder eine messianische Gestalt hin ausgelegt. Rabbi Akiba, der im 1. Jh n.chr. lebte, sah darin Simon Bar Kosiba, den Führer des zweiten jüdischen Aufstands gegen Rom ( n.chr) beschrieben. Wegen Num 24,17 nannte er ihn in Bar Kochba - Sternensohn um. Außerdem zeigen Münzen aus dieser Zeit oft die Darstellung Herrscherkopf mit Stern. Der Herrscher, der sich mit einem Stern über seinem Haupt abbilden ließ, meldete damit den Anspruch an, König zu sein. Auch Herodes der Große, dem die Römer sein Königtum verschafft hatten vertrat diesen Anspruch durch geprägte Münzen: Er ließ während seiner Regierungszeit eine solche Münze mit römischen Helm und Stern prägen. Doch der Evangelist Matthäus zeigt, über wessen Haupt der Stern erstrahlt, wer der wahre König der Juden ist: Es ist nicht der brutale König Herodes der Große, sondern das Kind in Betlehem, der Davidsohn Jesus. Die vorliegende Erzählung zeichnet damit Jesus von Anfang an als den wahren König und sein Kommen zum Heil aller Menschen und aller Völker aus. Zusammen mit der anschließenden Erzählung von der Verfolgung des messianischen Kindes weist Matthäus von Anfang an auch auf das Ende Jesu hin. Von seiner Kindheit an geht der Messias Jesus der Hinrichtung durch den römischen Statthalter Pilatus entgegen: Der Titel König der Juden wird Jesus im Matthäusevangelium erst wieder in der Gerichtsszene vor Pilatus (27, ) gegeben werden. Sterndeuter oder die heiligen drei Könige? In dem biblischen Text ist an keiner Stelle von den Heiligen drei Königen die Rede. Das bemerken viele kaum, da sie mit dem Sterndeutern oder den Weisen aus dem Morgenland automatisch die drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar assoziieren. Doch diese Namen kommen im Bibeltext gar nicht vor. 5

6 Im griechischen Urtext werden die Sterndeuter magoi genannt. Damit werden in der ganzen damaligen griechisch sprechenden Welt Vertreter östlicher Theologie, Philosophie und Naturwissenschaft bezeichnet. Erst später in der Volksfrömmigkeit wurden diese weisen und klugen Männer (von denen der Text nicht einmal angibt, wie viele es sind), zu den drei Königen, da ihre drei Gaben (Mt 2,11) im Alten Testament als Königsgeschenke gelten (Ps 72,10.15; Jes 60,6; Hld 3,6). Außerdem erzählen Stellen aus dem Alten Testament von der Wallfahrt von Königen der anderen Völker nach Jerusalem (vgl. auch Ps 72; Micha 4,1-5; Jes 2, 2-4) und davon, dass diese von einem Licht oder strahlenden Glanz geführt werden: Auf, werde licht, denn es kommt dein Licht, und die Herrlichkeit des Herrn geht leuchtend auf über dir. Denn siehe, Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker, doch über dir geht leuchtend der Herr auf, seine Herrlichkeit erscheint über dir. Völker wandern zu deinem Licht und Könige zu deinem strahlenden Glanz. (Jes 60,1-3) Literatur: M Küchler, Wir haben seinen Stern gesehen... (Mt 2,2), in: BiKi 44 (1989), Dr. Bettina Eltrop 6