Erfahrungsbericht Wahlstation beim Rechtsstaatsprogramm der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. in Bukarest/Rumänien

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1 Erfahrungsbericht Wahlstation beim Rechtsstaatsprogramm der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. in Bukarest/Rumänien I. Allgemeines zur Ausbildungsstelle und zur Station Das Rechtsstaatsprogramm Südosteuropa ist eines der fünf weltweiten Regionalprogramme der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Die christdemokratisch orientierte politische Stiftung, welche in vielen Staaten der Welt Auslandsbüros unterhält, ergänzt ihre internationalen Projekte der Demokratieförderung und des politischen Dialogs seit rund 25 Jahren durch sogenannte Rechtsstaatsprogramme, welche sich direkt vor Ort für die Förderung rechtsstaatlicher Strukturen, Gewaltenteilung, eine unabhängige Justiz, Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sowie für die Gewährleistung der Grund- und Menschenrechte einsetzen. Das Rechtsstaatsprogramm Südosteuropa umfasst als Programmregion die Staaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kosovo, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Republik Moldau, Rumänien und Serbien. Der Sitz des Programms, an dem auch die Wahlstation absolviert wird, ist in Bukarest und befindet sich zusammen mit dem Auslandsbüro Rumänien der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. in einem Gebäude; beide Institutionen sind jedoch personell und organisatorisch strikt getrennt. Wichtige Schwerpunkte des Rechtsstaatsprogramms Südosteuropa liegen in der Begleitung von Transformationsländern, deren Vorbereitung auf den EU-Beitritt, rechtsstaatlicher Vergangenheitsbewältigung sowie auf bestimmten Fragen des Menschenrechts- und Minderheitenschutzes. Hierzu findet eine Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen, Parteien, Organisationen der Bürgergesellschaft sowie mit ausgewählten Eliten statt. Ich habe mich aufgrund des unter abrufbaren Informationsblatts der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. im April 2014 für die Wahlstation schriftlich beworben und nach einem kurzen Telefonat mit dem Leiter des Rechtsstaatsprogramms die entsprechende Zusage für die Ausbildung in der Wahlstation ab dem erhalten. 1

2 II. Aufgabenspektrum beim Rechtsstaatsprogramm Als Referendar unterstützt man das Regionalprogramm bei diversen Projektaufgaben. Hierzu zählen Recherchen für Berichte zu der Rechtsstaatssituation in den einzelnen Programmländern vor Ort, die Erstellung von Publikationen, das Verfassen von Redeentwürfen sowie die Mitarbeit im Planungs- und Organisationsmanagement. Einen Schwerpunkt während meiner Ausbildung stellte die geplante Reform der serbischen Verfassung dar. Das Rechtsstaatsprogramm hat in Zusammenarbeit mit der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Novi Sad einen Katalog der Normen der serbischen Verfassung erstellt, die novellierungsbedürftig sind. Bei einem Folgeprojekt sollen konkrete Lösungsvorschläge erarbeitet und hierzu als Orientierungshilfe u. a. auch ausgewählte Entscheidungen des deutschen Bundesverfassungsgerichts herangezogen werden. Das Rechtsstaatsprogramm gibt insofern als Beitrag zur Förderung von Rechtsstaatlichkeit sowie des Schutzes der Menschen- und Bürgerrechte Sammlungen ausgewählter Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts heraus, wobei ich an einem entsprechenden Band mitgearbeitet habe, der in die kroatische Sprache übersetzt und im Oktober 2015 in Kroatien vorgestellt werden soll. Hierzu habe ich auf Grundlage einer Rechtsprechungssammlung in rumänischer Sprache wichtige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts mit besonderer Relevanz für das Programmland herangezogen, die vorgenommene Auswahl unter dogmatischen wie inhaltlichen Aspekten überarbeitet sowie der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entsprechend angepasst. Daneben habe ich an einer mehrtägigen internationalen Konferenz in Bukarest zur Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit der mittelosteuropäischen Staaten mit dem Titel After 25 Years: The Central Eastern European Totalitarianisms in Retrospect teilgenommen, welche in Zusammenarbeit mit dem IICCR (Institutul de Investigare a Crimelor Comunismului si Memoria Exilului Romanesc ein Think Tank, der sich vor allem der historischen Aufarbeitung sowie dem Gedenken der kommunistischen Vergangenheit Rumäniens widmet), durchgeführt wurde. Hierbei hatte ich Gelegenheit, mich über die Herausforderungen zu informieren, die der Transformationsprozess in zahlreichen Staaten des früheren Ostblocks insbesondere unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten mit sich bringt. Unter den dortigen Referenten waren namhafte Verfassungsrechtler, Historiker und Politikwissenschaftler aus verschiedenen europäischen Staaten. 2

3 Darüber hinaus habe ich an einer Veranstaltung zum Thema Korruptionsbekämpfung mit dem Titel The Sustainability of the National Anticorruption Directorate teilgenommen, welche in Zusammenarbeit mit der Britischen Botschaft Bukarest sowie dem Rumänischen Zentrum für Europäische Politik (CRPE) durchgeführt wurde. Zu den dortigen Referenten gehörte u. a. auch der gerade neugewählte (deutschstämmige) rumänische Präsident Klaus Iohannis, der im November 2014 überraschend die Stichwahl gegen den Gegenkandidaten und amtierenden Ministerpräsidenten Victor Ponta für sich entschieden hatte. In vereinzelten Gesprächen mit dem Leiter des Rechtsstaatsprogramms habe ich diesen zudem durch entsprechende kurze Unterrichtung auf Treffen mit Nichtregierungsorganisationen vorbereitet. III. Voraussetzungen und praktische Hinweise Die Wahlstation beim Rechtsstaatsprogramm Südosteuropa der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. kann im Prinzip ohne besondere Vorkenntnisse absolviert werden. Der rechtliche Fokus liegt ganz eindeutig auf dem öffentlichen Recht, insbesondere dem Staats-, Völker- und Europarecht; in zweiter Linie können auch das Verwaltungsverfahrensrecht sowie das Strafprozessrecht eine Rolle spielen. Gute rechtliche Kenntnisse in diesen Bereichen sind daher durchaus von Nutzen. Mitzubringen ist sicherlich auch ein ausgeprägtes Interesse an den politischen Entwicklungen in der Programmregion sowie eine Offenheit gegenüber bzw. eine gewisse Nähe zu den von der Konrad-Adenauer-Stiftung geförderten christdemokratischen Werten und Positionen. Kenntnisse der rumänischen Sprache sind hilfreich, jedoch nicht zwingend erforderlich. Die Mitarbeiter des Programms sprechen neben Rumänisch auch Deutsch und für die Teilnahme an den internationalen Konferenzen sind auch gute Englischkenntnisse ausreichend. Grundsätzlich ist zu bedenken, dass die Ausbildungsstelle weitaus kleiner ist als etwa eine deutsche Auslandsvertretung, die Gestaltungsmöglichkeiten und die (vor allem technische) Ausstattung daher begrenzt sind und es den Mitarbeitern erkennbar auch an Erfahrung und Souveränität im Umgang mit Referendaren mangelt. Ein rechtes Konzept für die Ausbildung in der Wahlstation ist nicht ersichtlich; vielmehr hängt es schlicht von Zufällen ab, in welchem Bereich und an welchen Projekten eine Mitarbeit erfolgt. Als Referendar bleibt man über weite Strecken sich selbst überlassen und ist gehalten, sich kontinuierlich selbständig um 3

4 Arbeitsaufträge zu bemühen, was zusätzlich dadurch erschwert wird, dass der Leiter des Rechtsstaatsprogramms häufig in den verschiedenen Ländern der Programmregion unterwegs ist und dann für eventuelle Rücksprachen nicht zur Verfügung steht. Um aus der Station einen Mehrwert zu erzielen, ist letztlich ein erhebliches Maß an Eigeninitiative erforderlich. Man sollte daher frühzeitig den Kontakt zu weiteren Institutionen in Bukarest suchen, wie etwa dem im gleichen Haus befindlichen Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung, der Deutschen Botschaft Bukarest oder auch dem Goethe-Institut. Hierdurch bekommt man durchaus Gelegenheit, an interessanten Veranstaltungen teilnehmen zu können sowie Kontakte zu politischen, juristischen und kulturellen Einrichtungen in der Region zu knüpfen. Eine Vergütung der Wahlstation wird nicht gewährt. Alle im Zusammenhang mit dem Aufenthalt anfallenden Kosten Anreise, Unterkunft, Verpflegung müssen vom Referendar selbständig getragen werden. Günstige Flüge nach Bukarest bieten alle gängigen Fluggesellschaften an; abzuraten ist insofern lediglich von der rumänischen Billigfluglinie BlueAir, da hier vom Reisegepäck bis zum Einchecken viele zusätzliche versteckte Kosten drohen und der Service zudem sehr zu wünschen übrig lässt. Die Wohnungssuche in Bukarest gestaltet sich eigentlich nicht sonderlich schwierig, entsprechende Hinweise finden sich in dem vom Rechtsstaatsprogramm herausgegebenen Informationsblatt Tipps für Bukarest; ggf. wird man auch auf Webseiten wie fündig. Mir ist es gelungen, über eine kurze Recherche eine Wohnung zu finden, die einerseits zentral in der Innenstadt von Bukarest gelegen und andererseits einen lediglich 10-minütigen Fußmarsch von der Ausbildungsstelle entfernt war. Bukarest selbst gehört vielleicht nicht zu den schönsten europäischen Hauptstädten, bietet aber mit dem wuchtigen Parlamentspalast, dem Athenäum mit der Staatsphilharmonie sowie dem Nationalen Kunstmuseum auch einige Sehenswürdigkeiten; in der Altstadt vermittelt sich hier und da sogar ein gewisses Flair, das eine Ahnung davon gibt, warum Bukarest einst sogar den Beinamen Paris des Ostens verliehen bekam. 4

5 IV. Fazit und Bewertung Trotz der wichtigen Thematik und der damit verbundenen interessanten und vielfältigen Fragestellungen ist das Rechtsstaatsprogramm Südosteuropa der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. als Ausbildungsstation des juristischen Vorbereitungsdienstes eher ungeeignet. Zwar fällt positiv ins Gewicht, dass man während der Ausbildung durchaus am Puls der Zeit aktueller politischer Entwicklungen in der Programmregion ist und die Chance erhält, über den Tellerrand der rein juristischen Ausbildung hinauszublicken. So hatte ich die Gelegenheit, eine politisch sehr wichtige Zeit in Rumänien zu erleben, in welche neben den richtungsweisenden Präsidentschaftswahlen auch das 25-jährige Gedenken der Ereignisse um die rumänische Revolution von 1989 und den Sturz des früheren Diktators Nicolae Ceaușescu fiel. Jedoch bleibt letztlich zu konstatieren, dass eine angemessene Betreuung von Referendaren und Praktikanten über weite Strecken nicht gewährleistet ist, eine wirkliche Einbindung in die tägliche Arbeit nicht stattfindet und die vor Stationsbeginn im Ausbildungsplan aufgeführten Tätigkeiten sich allenfalls in Teilbereichen mit der Realität vor Ort decken. Unter examenstaktischen Erwägungen ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass wenig Bezüge zu den im Schwerpunkt Staat und Verwaltung nach 32 Abs. 3 Nr. 4 JAVO relevanten Inhalten bestehen. Eine Wiederholung des Examensstoffes zur Vorbereitung auf den Aktenvortrag in der mündlichen Prüfung ist daher parallel zur Ausbildungsstation angezeigt. 5