Dialoge. Sprachförderung in Kita und Schule. Dr. Frauke Hildebrandt Halle,
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- Georg Pfaff
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1 Dialoge Sprachförderung in Kita und Schule Dr. Frauke Hildebrandt Halle,
2 1. Sprache und Kognition der Dialog im Zentrum 2. Sprachförderkompetenzen 3. Die hohe Kunst: Sustained shared thinking 4. Fragen üben 5. Fragen der Kinder Nachdenken in der Praxis
3 Sprache und Kognition (nach Tomasello 2006) Sprache ist nicht der Ursprung von Kognition. Aber Sprache wirkt dreifach auf Kognition durch Weitergeben der Wissensinhalte Denkmodelle Erklärungen Implizite Reproduktion kausaler klassifikatorischer, relationaler Strukturen Dialogisches Sprechen über die physische Welt und Perspektivenübernahme 3
4 Basis für Dialoge - Gemeinsame Aufmerksamkeit Prüfen-Folgen-Lenken (Tomasello 2006)
5 Basis für Dialoge Triangulation Gemeinsamer Hintergrund Fähigkeit zur Referenz (deklaratives Zeigen) Fähigkeit zum Verstehen von Intentionen
6 Die kognitive Wirkung der dialogischen Rede (Tomasello, 2006) Verstehen von intentionalen Handlungen - Irritationen Verstehen von kausalen Ereignissen Geschichten, transitive, kausative Strukturen Metakognition Selbssteuerung - Reflexion durch Metadialoge
7 Drei Formen des Dialogs zur Entwicklung des Verständnisses von Intentionalität (Tomasello 2006) Intentionalität verstehen Dialog über die Welt Verschiedene Meinungen über die Welt artikulieren Dialog über die Form des Gesagten Missverständnisse klären, Erläuterungen Metarede Dialog über den Inhalt des Gesagten Didaktische Interventionen
8 Allgemeine Schwerpunkte von Sprachförderung in der Kita (nach Qualifizierte Statuserhebung Spracherhebung vierjähriger Kinder. Ausgangsbasis: Sprachlerntagebuch) Basale Fähigkeiten (Grobmotorik, Feinmotorik, Mundmotorik, Auditive Wahrnehmung) Phonologische Bewusstheit (Auditive Merkfähigkeit, Silbengliederung, Reimbildung) Sprachliches Handeln (Artikulation, Wortschatzerweiterung, Gespräche, Erzählen, Aufträge) Erfahrungen mit Bild- und Schriftsprache (Leseinteresse, Zuhören, Inhalte erschließen)
9 Grundregeln des Dialogs mit Kindern Nimm die Fragen der Kinder als Ausgangspunkt! Versuche deine Aufmerksamkeit an der Aufmerksamkeit der Kinder auszurichten! Geh auf Augenhöhe der Kinder! Sprich von dir selbst! (Ich-Botschaft) Spiegel wider, was du verstanden hast! (Widerspiegeln) Hör aufmerksam zu! (aktives Zuhören) Stell offene Fragen! (Türöffner)
10 Sprachförderkompetenzen der dialogische Prozess Vier Qualitätsdimensionen von Dialogen mit Kindern (nach Fried 2008) Beziehung Organisation Dialog Spachlichkognitive Herausforderung
11 Sprachlich-kognitive Herausforderung in Dialogen mit Kindern (Lilian Fried 2008) Vielfältiger Wortschatz Grammatisch komplexer Input Offene Fragen Themen benennen Themen verbinden Zusammenhänge hinterfragen
12 Diskurstypen nach Kommunikationsfunktionen (Schnädelbach 1977) Explikativer Diskurs Warum es so ist Was wäre, wenn es anders wäre (Hinterfragen, Begründen) Normativer Diskurs Was richtig ist (Wertung, Planung) Deskriptiver Diskurs Wie es ist (Beschreibung, Planung)
13 sustained shared thinking Ein frischer Begriff in der Elementarpädagogik Sylva, K. u. a., The Effektive Provision of Pre- School Education Project Zu den Auswirkungen vorschulischer Einrichtungen in England. In: Faust, G. u.a., Anschlussfähige Bildungsprozesse im Elementar- und Primarbereich, Bad Heilbrunn, 2004, S. 154.
14 Sustained shared thinking gemeinsames Nachdenken Man spricht von gemeinsam geteilten Denkprozessen (sustained shared thinking), wenn zwei oder mehr Individuen zusammen einen gedanklichen Weg einschlagen, um ein Problem zu lösen, ein Konzept zu konkretisieren, eine Aktivität zu bewerten, eine Geschichte weiterzuerzählen usw. Beide Parteien müssen zu diesem Denkprozess beitragen und das jeweilige Verständnis über ein Problem bzw. einen Sachverhalt entwickeln und erweitern.
15 Wie funktioniert gemeinsames Nachdenken? Gemeinsames Nachdenken ist methodisch streng aber thematisch offen und kreativ
16 sustained shared thinking ein frischer Begriff für ein altes Konzept sustained shared thinking kann von den alten philosophischen Denkmethoden und Gesprächstechniken und Denkimpulsen profitieren Ist individuell und überindividuell zugleich
17 Sokrates ( vor Chr.) Sokrates leitet seine Gesprächspartner an, sich daran zu erinnern, was in ihrem Leben wirklich wichtig ist und was sie darüber zu wissen meinen Gemeinsames Hinterfragen der Konzepte und selbstverständlichen Überzeugungen
18 Der explikative Dialog im Kitaalltag Analysieren (Woraus? Wie? Was heißt?) Forschen (Warum? Wozu?) Spekulieren (Was wäre, wenn )
19 Sprachförderkompetenzen: Achtung bei Fragen! Der fragend-entwickelnde Unterricht ist häufig ein Misserfolg! Osterhasenpädagogik! Geschlossene Fragen können manipulativ sein. (Rhetorische Fragen Nasebohrfragen)
20 Sprachförderkompetenzen: Fragen über Fragen Prüfen der eigenen Intention Will ich etwas wissen? Fehlt mir eine Information erster Stufe? Will ich wissen, was die Kinder wissen? Fehlt mir eine Information zweiter Stufe? Will ich wissen, was die Kinder über x denken? Bin ich neugierig darauf? Will ich mich durch das, was die Kinder über x denken zum Denken über x anregen lassen und gemeinsam weiterdenken? Will ich durch das Gespräch mit den Kindern selber etwas anderes lernen - etwa das Fragen? (Kant)
21 Schlüsselsituation Analysieren beim Anziehen (Erzieherinnen, November 2010) Analysieren Was denkst du Sehen deine beiden Füße eigentlich genau gleich aus? Woraus ist deine Jacke eigentlich gemacht? Wie wird eigentlich der Stoff gemacht, aus dem dein Schal ist? Wie funktioniert so ein Reißverschluss eigentlich genau? Wie geht der Klettverschluss eigentlich zu?
22 Schlüsselsituation Forschen beim Anziehen (Erzieherinnen, November 2010) Forschen nach Ursachen, Gründen, Zwecken und Motiven Was denkst du... Warum kommt durch den Gummistiefel eigentlich kein Wasser? Wieso müssen wir uns eigentlich andauernd anziehen? Wieso müssen sich Tiere eigentlich nicht anziehen?
23 Schlüsselsituation Spekulieren beim Anziehen (Erzieherinnen, November 2010) Spekulieren Wäre es nicht besser, wenn wir selbst bestimmen könnten, wie das Wetter wird? Was wäre eigentlich, wenn dein Reissverschluss gar kein Ende hätte? Stell dir mal vor, alle Hunde müssten sich so viel anziehen wie du dich jetzt anziehst Was wäre eigentlich, wenn alle Kleider durchsichtig wären? Stell dir mal vor, die Schnürsenkel wären Regenwürmer Eigentlich wäre es doch besser, das anzuziehen, was jeder gerade findet
24 Schlüsselsituation: Beim Mittagessen Analysieren, Forschen, Spekulieren Woraus, denkst du? Wie, denkst du? Wozu, denkst du? Warum, denkst du? Was wäre, wenn?
25 Warum explikative Dialoge in der Kita? Der Prozess des dialogischen Nachdenkens ist zentral! Nicht das inhaltliche Ergebnis! Verstehen von kausalen Ereignissen Geschichten, transitive, kausative Strukturen Verstehen von intentionalen Handlungen - Irritationen Metakognition Selbssteuerung - Reflexion durch Metadialoge
26 Gemeinsames Nachdenken in der Praxis Worüber man gemeinsam nachdenken sollte. Vorschläge von Kindern zwischen 4 und 8 Jahren: Chemie Indianer Tiere Angst Unendlichkeit DDR und Bundesrepublik Zauberei Monster und Zombies Dinos die Unterwelt andere Welten und komische Planeten Sagentiere Sterne und Weltall Römer Drachen Kriege, Schiffe, Bomben Jesus Christus Theater Rätsel ägyptische Götter Weltwunder Weltkatastrophen die Elemente Tod Nixen Geister
27 Sind die Geschichten echt? (Wido, 4 Jahre)
28 Wo war ich, als ich noch nicht auf der Welt war? Ich war im Bauch und ich war ganz nass.
29 Was ist eigentlich Unendlichkeit? (Elisabeth, 6 Jahre)
30 Wie funktioniert eigentlich unser Gehirn? Das ist nicht Denken Ein glückliches Gehirn Ein wütendes Gehirn
31 Was passiert mit mir, wenn ich tot bin? (Heinrich, 5 Jahre)
32 Ist die Erde wirklich rund? (Wido, 4 Jahre)
33 Wer hat eigentlich bestimmt, wieviel genau ein Meter ist? (Rebek, 6 Jahre)
34 Woher wissen wir, dass das, was wir sehen, wirklich so ist? (Simon, 5 Jahre)
35 Literatur Cam, Philip: Zusammen nachdenken. Mülheim 1996 Fried, Lilian: Sprachförderkompetenz. Düsseldorf 2008 Hösle, Vittorio: Der philosophische Dialog. München 2006 Klann-Delius, Gisela: Spracherwerb. Stuttgart 2008 Martens, Ekkehard: Methodik des Ethik- und Philosophieunterrichts. Philosophieren als elementare Kulturtechnik. Hannover 2003 Matthews, Gareth B.: Philosophische Gespräche mit Kindern. Berlin 1984 Meyer, Hilbert: Unterrichtsmethoden. Berlin 1987 Schnädelbach, Herbert: Reflexion und Diskurs. Frankfurt 1977 Nelson, Katherine: Young minds in social worlds. Cambridge 2007 Tomasello, Michael: Die kulturelle Entwicklung des menschlichen Denkens. Frankfurt am Main 2006; Die Ursprünge der menschlichen Kommunikation. Frankfurt am Main 2009
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