Deutscher Bauernverband
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- Eleonora Kneller
- vor 7 Jahren
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1 Es gilt das gesprochene Wort! Deutscher Bauernverband Rede von Werner Schwarz Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein und Vorsitzender des DBV-Fachausschusses für Saatgutfragen anlässlich des 2. DBV-Pflanzenzüchtungstages Pflanzenzüchtung hinterfragt: Innovative Wege zu neuen Erfolgen im Ackerbau am 9. Mai 2011 in Berlin Begrüßung
2 2 Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie herzlich zum Pflanzenzüchtungstag hier in Berlin, den der Deutsche Bauernverband zum zweiten Mal veranstaltet. Mein Name ist Werner Schwarz und ich bin Präsident des Bauernverbandes in Schleswig-Holstein. Zugleich bin ich Vorsitzender des DBV-Fachausschusses für Saatgutfragen Warum überhaupt einen Pflanzenzüchtungstag abhalten? Mir reicht schon ein Blick hinaus. Seit Wochen warten wir dringend auf Regen die Bestände lechzen nach Wasser. Die Niederschläge im März und April dieses Jahres waren deutschlandweit erneut unterdurchschnittlich. In der Folge haben unsere Rapspflanzen nur wenige Nebentriebe ausgebildet. Das gelbe Farbenmeer draußen täuscht gegenwärtig. Auch die Gerste schiebt schon die Ähren, der Weizen hat Trockenstress. Der sprichwörtlich verregnete April oder alte Bauernregeln wie Mai kühl und nass füllt dem Bauern Scheun und Fass treffen nicht mehr zu. Nicht nur Frühjahrtrockenheiten machen uns zu schaffen. Ich erinnere an das letzte Jahr: Der gesamte August war verregnet.
3 3 Den Weizen haben wir nur mit Qualitätsverlusten vom Acker holen können. Auch Schädlinge, wie der Maiswurzelbohrer, breiten sich immer weiter aus. Sintflutartige Regenfälle, Dürreperioden, Hagel und Spätfröste all diese Wetterextreme verursachen seit 1990 einen jährlichen Schaden von 475 Millionen Euro. Wetterkapriolen werden künftig wohl nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein. Der Klimawandel lässt uns nicht los! Was heißt das für die Pflanzenzüchtung? Ich will einige Stichworte liefern: Wir brauchen Sorten, die mit Trockenstress umgehen können! Wir brauchen Sorten, die resistent sind gegen Schadpilze, die in Nässeperioden explosionsartig ganze Bestände befallen! Wir brauchen Sorten, die neuen tierischen Schädlingen etwas entgegensetzen! Die Anpassung an den Klimawandel ist nicht alles. Durch die Atomkatastrophe in Japan wird der Ausbau der Erneuerbaren Energien einen Schub erhalten. Die Bundeskanzlerin hat in den letzten Tagen den Ausstieg aus der Atomkraft zementiert.
4 4 Bis 2020 soll laut Bundesregierung der Anteil der Erneuerbaren Energien auf 20 Prozent ansteigen. Wir Landwirte leisten schon jetzt einen großen Beitrag dazu. Im Schnitt holen wir für die Biogasanlagen etwa 15 Tonnen Trockenmasse Mais vom Acker. Das reicht aber lange nicht! Hier brauchen wir einen Quantensprung in der Züchtung. In den nächsten 10 Jahren muss der Trockenmasseertrag bei Mais auf mindestens 25 Tonnen pro Hektar steigen. Energiedichte ist das Stichwort. Die Kehrseite des Maisanbaus ist in den Augen der Gesellschaft die Verringerung der Artenvielfalt und Vermaisung der Landschaft. Deshalb muss die Züchtung an Alternativen zum Mais arbeiten unsere Fruchtfolgen müssen vielfältiger werden. In der Erprobung sind verschiedene Hirsearten wie Zuckerhirse, aber diese Pflanzenarten können im Gasertrag mit dem Mais immer noch nicht mithalten. Außerdem stehen die Züchtungsziele für die Biogasproduktion in Konflikt mit den Züchtungszielen für die Nahrungsmittelproduktion. Deshalb darf die Züchtung neben Klimawandel und Energieproduktion eines nicht aus den Augen verlieren: Die Ertragssteigerung. Unsere Aufgabe ist und bleibt die Produktion von hochwertigen Nahrungsmitteln in ausreichenden Mengen.
5 5 Die Weltbevölkerung wird bis 2050 von jetzt 7 Milliarden Menschen auf prognostizierte 9 Milliarden Menschen wachsen. Um diese Masse zu ernähren, muss die Nahrungsmittelproduktion um gut 60 Prozent steigen. Wir brauchen also eine zweite Grüne Revolution in der Landwirtschaft. Düngung, Bodenbearbeitung und Pflanzenschutz sind so gut wie ausgereizt. Es sind zwar Fortschritte zu erwarten, aber große Sprünge werden ausbleiben. Deshalb liegt die Verantwortung für die zweite Grüne Revolution bei der Züchtung. Bis 2050 müssen wir die Erträge bei Weizen und Reis mindestens verdoppeln! Und wir dürfen nicht außer Acht lassen, dass auch die tierische Veredlung auf Pflanzenzüchtung angewiesen ist. Der Lebensstandard steigt insbesondere in Asien und damit die Nachfrage nach Fleisch. Wir haben also eine weltweite Konkurrenzsituation: Menschen und Tiere müssen ernährt werden. Seit einigen Monaten wird auf den verschiedenen politischen Ebenen über den Anbau von Eiweißpflanzen diskutiert. Eiweißlücke und Importabhängigkeit der EU von Eiweißfuttermitteln diese Schlagwörter hört man seit langem.
6 6 Aber wie etablieren wir den Anbau von Eiweißpflanzen wieder in Europa? An die Züchtung stelle ich die Forderung, Sorten bereit zu stellen, die hohe Erträge liefern, standfest und krankheitsresistent sind. Außerdem muss der Futterwert heimischer Körnerleguminosen verbessert werden. Sonst können sie mit dem Eiweißfuttermittel Nummer Eins: dem Soja, nicht mithalten. Oder die Sojabohne selbst wird züchterisch an unsere klimatischen Bedingungen angepasst. Zur Etablierung des Eiweißpflanzenanbaus sind jedoch nicht nur züchterische Erfolge bei Ertrag und Qualität erforderlich. Ich nehme hier die gesamte Wertschöpfungskette in die Pflicht. Denn wir brauchen auch geeignete Absatzmöglichkeiten und Vermarktungsstrukturen. Mischfutterwerke müssen so verlässlich mit Eiweißpflanzen bedient werden, dass es für die Mischfutterhersteller attraktiv wird, auf unsere deutschen Erzeugnisse zurückzugreifen Wie können wir all diese Ziele erreichen? Ganz sicher nicht ohne eine massive Investition in die Forschung. Pflanzenzüchtung ist Grundlagenforschung.
7 7 Ich fordere, dass sich die Politik mit konkreten Fördermaßnahmen in diesen Bereich einbringt! Die Agrarforschung war viele Jahre das Stiefkind der Forschungsförderung. Das hat zu zersplitterten Strukturen geführt. Wir brauchen dringend eine bessere Vernetzung der öffentlichen und privaten Einrichtungen und neue Verbundprojekte. Die ersten Schritte in diese Richtung sind getan: Wir haben heute einen Initiativkreis Agrarforschung. Wir haben einen Bioökonomierat und eine nationale Strategie Bioökonomie. Der Austausch von Grundlagenforschern und landwirtschaftlicher Praxis, aber auch die Einbeziehung anderer Disziplinen wie der Ingenieurwissenschaften oder der Biotechnologie sind fundamental wichtig, um die Ziele Welternährung, Energiesicherheit und Ressourcenschutz zu erreichen. Auch hierzu bietet der heutige Tag eine Plattform Ich habe gerade viel über die Zukunft gesprochen. Jetzt will ich noch ein ganz gegenwärtiges Thema anschneiden. Im Ackerbau brauchen wir viele Betriebsmittel wie Dünge-, Beiz- und Pflanzenschutzmittel. Ein Betriebsmittel ist dabei ganz zentral.
8 8 Und dieses bezeichnet unsere Sprache nicht als Mittel, sondern als ein Gut, einen kostbaren Schatz. Saatgut ist Träger des züchterischen und technologischen Fortschritts. Es bildet die Grundlage für den Erfolg im Ackerbau und muss höchsten Ansprüchen an die Saatgutqualität gerecht werden. Welche sind das? An erster Stelle steht für mich der landeskulturelle Wert der Sorte und des Saatgutes. Die Sorte muss zum Standort passen und regional adaptiert sein! Deshalb sind auch die Landessortenversuche unbedingt beizubehalten! Nur mit Hilfe ihrer Ergebnisse können wir Landwirte die Anbauplanung für das Folgejahr gestalten. An zweiter Stelle sehe ich die Sortenechtheit, die Reinheit und die Keimfähigkeit. Diese Anforderungen dürfen bei der Anerkennung keinesfalls in Frage gestellt werden. An dritter Stelle steht für mich die Beizung des Saatgutes. Es reicht nicht, dass das Saatgut oft nur optisch gleichmäßig gebeizt ist. Hier fordere ich, dass dies auch durch Beizgradanalysen nachgewiesen wird! Außerdem brauchen wir dringend wieder Neuzulassungen bei den Beizmitteln.
9 9 Das Bienensterben 2008 hat uns deutlich gezeigt, dass zur Sicherung der Beizqualität noch einiges getan werden muss. Dazu gehört neben einer deutlichen Verbesserung der Beiztechnik auch die Entwicklung besserer Haftmittel! Weitere Skandale durch Staubabdrift bei der Aussaat können wir uns nicht erlauben. Die Saatgutwirtschaft versucht, die Beizung zu professionalisieren. Auch wir Landwirte sind bereit dazu, wenn es bei Insektiziden notwendig ist. Wer sich dabei aber nicht zurücklehnen darf, sind die Pflanzenschutzmittelhersteller. Beizung geht uns alle an! In der heutigen Podiumsdiskussion wollen wir die angesprochenen Themen noch vertiefen. Denn im Vordergrund der Veranstaltung steht der gegenseitige Austausch zwischen landwirtschaftlichen Erzeugern, Züchtern, dem Handel und der Forschung. Mit den hier versammelten Experten aus Politik, Wirtschaft und landwirtschaftlicher Praxis werden wir kompetent die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen in der Pflanzenzüchtung diskutieren. Die Züchter unter Ihnen werden jetzt denken: Züchtungsfortschritt ist nicht umsonst!
10 10 Das sehe ich genauso. Aber wir dürfen uns in der Nachbaudiskussion nicht gegenseitig aufreiben! Der Schutz geistigen Eigentums ist für uns Landwirte ein hohes Gut. Ich wehre mich aber entschieden gegen eine Ausspionierung über den Agrarantrag, wie es derzeit die Europäische Züchterorganisation ESA fordert. Hier gilt es vielmehr, das gegenseitige Vertrauen wieder zu beleben. Das geht nur, wenn Züchter und Landwirte direkter miteinander umgehen. Die lange Produktionskette bei Saatgut behindert manchmal wohl diesen Kontakt. Zu guter Letzt dürfen wir die Ausbildung nicht außer Acht lassen! Wir müssen uns damit beschäftigen, wie wir junge Menschen für die Agrarwissenschaften und die Pflanzenzüchtung begeistern können, damit uns die klugen Köpfe nicht verloren gehen. Wir haben heute also noch viel zu tun! Bevor wir einsteigen, begrüße ich natürlich ganz besonders unsere heutigen Referenten: Herrn Professor Wenzel, der uns über die züchterische Anpassung von Weizen an den Klimawandel berichten wird, Herrn Dr. Sass, der sich ganz der Leguminosenzüchtung verschrieben hat,
11 11 Herrn Kemper, der auf die Ansprüche der Landwirtschaft an die Saatgutqualität eingehen wird, und Herrn Blumtritt, der uns die Bestrebungen von KWS-Lochow zur Verbesserung der Saatgutqualität nahe bringen wird. Nach dem Vortrag von Herrn Dr. Sass werden wir gegen Uhr im Foyer das Mittagessen einnehmen und um in den zweiten Veranstaltungsteil starten. Nun möchte ich das Wort an Herrn Professor Schäfer von der Fachhochschule Südwestfalen geben, der uns durch diesen Tag führen und auch die Podiumsdiskussion moderieren wird.
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