Mobilfunk Deutschland 2010
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- Günter Holst
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1 SOLON STRATEGIEKOMPASS Billigmarken sind erst der Anfang... Executive Summary Die drei Schlüsseltrends des Mobilfunkmarktes: 1. Die Selbstverständlichung der Mobilfunknutzung: Preisverfall führt zu deutlich stärkerer Nutzung allerdings mit Verzögerung. Der massive Preisverfall läutet das Ende des Premium-Images ein, das der Mobilfunknutzung in Deutschland noch anhaftet. Mit Verzögerung wird die Nutzung des Mobilfunks stark ansteigen. 2. Produkte und Vertrieb: Der gesättigte Markt wird in einzelne Zielgruppen zerlegt. Spezielle Tarife (z.b. Discount-, No Frills -, Zielgruppentarife) und Vertriebskonzepte (z.b. Branded Reseller ) charakterisieren die Produkt- und Vertriebslandschaft. Kundensegmente werden mittels neuer Vertriebswege immer gezielter adressiert (Bsp. Ambient Sales ), Produktbündel (z.b. mit DSL) werben mit deutlichen Preisvorteilen. 3. Mobile Content: Das Volumen wächst, die Wertschöpfung aus Inhalten verlagert sich. Ausgehend von der Entwicklung des Mobiltelefons hin zum multimedialen schweizer Taschenmesser und der Alltagsdurchdringung des Internets, erlebt der mobile Webzugang einen erneuten, diesmal nachhaltigen Aufschwung. Profitieren werden die Netzbetreiber durch ansteigende Daten- und MMS-Nutzung. Inhalte werden zunehmend vom PC und aus dem Internet auf das Mobiltelefon geladen. Marktprognose bis 2010: Penetration und Nutzung werden deutlich wachsen, Umsätze jedoch nur moderat. Der Gesamtmarkt: derzeit 21 Mrd. (2004) auf ca. 28 Mrd. (2010), mit einem CAGR von 4,8% p.a. Voice: von 16,7 Mrd. auf ca. 17,4 Mrd. (0,7% p.a.), Non-Voice von 4,2 Mrd. auf ca. 10,2 Mrd. (16% p.a.) Die Umsätze mit Daten (1,2 Mrd. auf ca. 5,4 Mrd. ) werden die Umsätze aus Messaging langfristig überholen. Mobilfunk Deutschland: Marktentwicklung von 1995 bis 2010 (Mrd. / Wachstum in %) Umsatz CAGR % 28% 30% 43% Gesamt Daten Messaging 4,8% 28,4% 8,5% % 3% 12% 7% 10% 7% 3% 2% 5% 6% 6% Voice 0,7% Solon Management Consulting
2 1. Mobilfunk Deutschland: Die drei Schlüsseltrends Trend 1 Die Selbstverständlichung der Mobilfunknutzung Tchibo, Simyo, Base, Debitel light, klarmobil oder Blau.de die Discount-Tarife, die seit kurzem in den deutschen Markt drängen, haben die Mobilfunkpreise deutlich gesenkt. Ein Ende des Preisverfalls ist aber noch länger nicht in Sicht, und zahlreiche weitere Angebote werden in Kürze erwartet. Zwar gibt es bereits seit Jahren Tarife mit Minutenpreisen von wenigen Cent, diese gelten aber nur für Anrufe in das Festnetz und beinhalten außerdem eine oft erhebliche Grundgebühr bzw. einen hohen Mindestumsatz. Anrufe in fremde Mobilfunknetze kosten teilweise noch über 70 Cent, selbst für Anrufe in das eigene Mobilfunknetz werden manchmal noch über 30 Cent berechnet. Telefonieren die Kunden eines Mobilfunkanbieters in andere Netze, so muss dieser an die anderen Netzbetreiber Terminierungsentgelte entrichten. Bei Telefonaten in fremde Mobilfunknetze liegen diese Kosten bei ca. 15 Cent/Minute, bei Anrufen in das Festnetz werden aber nur ca. 1 Cent/Minute fällig und bei Gesprächen in das eigene Netz fallen überhaupt keine Terminierungskosten an. Dieser Umstand ermöglicht erst Flatrate-Tarife wie den von Base. Es zeigt aber auch, dass noch niedrigere Preise möglich sind. Die mittelfristig erwartete Senkung der Terminierungsentgelte im Mobilfunk durch die Bundesnetzagentur könnte einen weiteren Preisrutsch auslösen. Entwicklung Discount-Tarife (Anzahl Marken, Marktanteil in % aller Mobilfunknutzer) Anzahl In den kommenden Jahren ist mit einer deutlichen Zunahme der Mobilfunkanbieter zu rechnen % 10% Marktanteil (Quelle: Solon) Durch den Preisverfall wird endlich ein lange erwarteter Trend eintreten: Die Selbstverständlichung der Mobilfunknutzung, d.h. eine natürlich Nutzung ohne den Kostenticker im Hinterkopf. Es wird keinen Unterschied mehr machen, über welche Infrastruktur (Festnetz oder Mobilfunk) man gerade telefoniert. Die Nutzer werden daher auch nicht mehr bereit sein, einen signifikanten Aufpreis für mobiles Telefonieren zu bezahlen, die Nutzung nimmt in der Folge davon deutlich zu. Dieser Trend ist in einigen europäischen Ländern bereits eingetreten. Dort wurde das Preisniveau stark reduziert und die Nutzung wuchs proportional zum Preisverfall an. Dadurch blieb auch der Umsatz pro Kunde stabil. Eine zentrale Leistung der Discounter ist die Einfachheit ihrer Tarife. Ein langjähriger Wunsch des Marktes wird damit endlich realisiert. Dies wird auch die klassischen Tarife beeinflussen und zu einer Reduzierung der Tarifkomplexität führen. Die Zahl der am Markt Seite 2
3 angebotenen Tarife pro Anbieter wird sinken, da es weniger Differenzierungsmöglichkeiten gibt. Damit einher geht allerdings ein starker Anstieg der Anzahl der Anbieter. Mobilfunk wird zu einem gewöhnlichen Gebrauchsgegenstand mit wenig Raum zur Differenzierung. Der entstehende Preisdruck zwingt die Netzbetreiber, Kosten zu optimieren. Trend 2 Produkte und Vertriebskanäle: Der gesättigte Markt wird in einzelne Zielgruppen zerlegt. Mit voranschreitender Marktsättigung werden Kundensegmente immer schärfer geschnitten, um mit zielgerichteten Produkten und Vertriebswegen besser auf spezielle Zielgruppen eingehen zu können. Diese Hypersegmentierung wird insbesondere von den kleinen Netzbetreibern forciert, da zusätzliche Marktanteile für die kleinen Anbieter am wertvollsten sind. Hierbei sind die Produkte und die Art des Vertriebs optimal aufeinander abgestimmt. Beispiel Direktvertrieb: Das ADAC-Mitglied wird per ADAC-Mitgliedszeitschrift geworben und erhält eine Freisprecheinrichtung kostenlos dazu eine typische Art des Vorteilspakets speziell für Mitglieder der Zielgruppe Auto. Beispiel VIVA-Handy: Die Vermarktung erfolgt über den TV-Sender VIVA, das Produkt beinhaltet die niedrigsten SMS-Preise auf dem Markt und ist damit perfekt auf die VIVA-Zielgruppe abgestimmt. Nachdem es in den letzten Jahren wenige bedeutende Tarif-Innovationen gab, ist durch den Trend zur Segmentierung wieder mehr Bewegung in die Produktlandschaft gekommen. War es vor einigen Jahren noch eine Sensation, als O2 mit Genion startete oder E-Plus das Time and More -Konzept einführte, so hat sich die Innovationsfrequenz seit Ende 2004 deutlich erhöht. Aktuelle Produktinnovationen sind Discount-Tarife, Flatrates ins Festnetz und in das eigene Mobilfunknetz, Flatrates für Daten oder für Gespräche aus der home zone, No Frills -Tarife und Substitutionsprodukte für das stationäre Internet. Die Entwicklung der Vertriebskanäle im Mobilfunkmarkt und der damit einhergehenden Produkte verlief in mehreren Stufen. Entwicklung der Vertriebskanäle im Mobilfunk Co-Branding / Partner Branding Direktmarketing Quadruple Play / Ambient Sales Mehrstufige Entwicklung des Mobilfunkvertriebs und damit einhergehend der Produktlandschaft 1 Eigene Shopketten und techniknaher Einzelhandel (Mediamarkt, Saturn, Fachhändler,...) (Quelle: Solon) In der ersten Stufe wurde der Vertrieb ausschließlich über eigene Shop-Ketten sowie den techniknahen Einzelhandel abgewickelt (vor allem über Fachhändler). Die Produkte der Netzbetreiber waren sich alle relativ ähnlich. Ab ca wurde der Massenmarkt u.a. mit Prepaid erobert vertrieben in den großen Märkten von Media Markt & Co. In der zweiten Stufe ab ca. 2001/2002 wurde verstärkt Direktmarketing eingesetzt, um weitere Kundengruppen effizienter zu erreichen und dem zunehmenden Gebrauchsgut- Charakter von Mobilfunk Rechnung zu tragen. Vor allem vier Formen des Direktmarketings werden eingesetzt: Anzeigen mit Response-Element (z.b. ADAC-Mitgliederzeitung), Direct Seite 3
4 Mailing mit Empfehlungspartnern (z.b. tema), TV-Spots (z.b. getmobile und Jamba! bei MTV) und der Vertrieb über das Internet (z.b. handy.de). Insbesondere die Service Provider nutzen Direktvermarktung nach wie vor intensiv der Anteil der Direktvermarktung ist bei diesen Anbietern auf ca % der Bruttoaktivierungen gestiegen. Die dritte Stufe ist seit kurzem zu beobachten: Der Aufbau weiterer Vertriebskanäle zusammen mit Partnern, unter Nutzung von deren Markennamen, auch Branded Reseller genannt. Hierbei wird ausgenutzt, dass der Partner in einer bestimmten Zielgruppe Kunden günstiger akquirieren kann als der Netzbetreiber oder Service Provider. Tchibo ist ein erstes Beispiel für einen Branded Reseller, da neben dem Vertriebskanal (Tchibo Shops sowie shop-in-shop) auch die Tchibo-Marke genutzt wurde, um die spezifische Zielgruppe der Frauen über 40 anzusprechen (Stichwort Tchibofonieren ). Wichtiges Merkmal dieses Konzeptes: Die Marke von O2 ( jung und innovativ ) wird durch den neuen Namen nicht beeinflusst. Es werden auch völlig neue Marken geschaffen, Beispiel Base von E-Plus. Dieser Discount-Tarif kann neben der hochwertigen E-Plus-Marke bestehen, da er durch seine eigene Marke klar abgesetzt ist. Die neuen Markennamen können hierbei beliebig aufgeladen werden. Weitere, aktuelle Beispiele sind Uboot von Schwarzfunk (Nutzung einer starken Jugendmarke, um das Segment 14- bis 20-jährigen zu adressieren) oder der Payback Volkstarif von Vodafone, der zusammen mit der BILD-Zeitung vermarktet wurde. 1 Weitere Fortsetzungen dieses Trends erfolgen derzeit beinahe wöchentlich. Zusätzliche Marken, die Mobilfunkprodukte via Branded Reseller -Konzept anbieten könnten, sind starke Retailer (ALDI, Lidl, Wal-Mart, etc.), TV-Sender (RTL, ProSieben, Sat1, etc.) Zeitschriften-Brands von Medienhäusern (Focus, Spiegel, Brigitte, etc.) oder auch Tageszeitungen. Die nächste Stufe, die sich abzeichnet, ist die Vermarktung von Mobilfunk im Kontext von anderen Produkten ( Ambient Sales ). Beispiele: Kontext Medien- und Kommunikation: Einbindung von Mobilfunk in ein Triple Play-Produktbündel, d.h. zusammen mit (Festnetz-) Internet, Festnetztelefonanschluss und Video/TV ( Quadruple Play ). Es ist zu erwarten, dass Festnetzbetreiber wie 1&1, Arcor, Versatel aber auch Kabelnetzbetreiber Mobilfunkdienste im Rahmen eines MVNOs 2 in ihre Netzinfrastruktur einbinden. Mit einer derartigen Erweiterung würden sie ein vollständiges Kommunikationsportfolio anbieten Kontext Reise : SIM-Automaten für Reisende & Touristen an Flughäfen, Bahnhöfen oder Autobahnraststätten Kontext Auto : Eingebautes Handy im Auto, Dienst über MVNO des Herstellers, Nutzung der gleichen Nummer wie das Primärhandy des Kunden Kontext Computer : UMTS SIM-Karte im Computer eingebaut, Dienst über MVNO des Herstellers (z.b. Apple imobile ) bzw. des DSL-Anbieters. Mit neuartigen Konzepten und dem Trend zur zweiten oder dritten SIM-Karte wird damit nicht nur das Marktpotenzial auch kleiner Zielgruppen stärker ausgeschöpft, sondern es werden und das ist möglicherweise der bedeutendere Teil neue Produkte und Anwendungen erschlossen, die zusätzlich zur Nutzung und damit zur Steigerung des Umsatzes pro Kunde beitragen. Durch den Preisverfall wird der Umsatz pro Kunde kurzfristig weiter absinken und erst mittelfristig durch die stärkere Nutzung wieder ansteigen. In den nächsten Jahren müssen daher die unterrepräsentierten Segmente im Markt erschlossen und Mehrfachnutzung 1 Wird jetzt nur noch über Payback und real,- angeboten. 2 Mobile Virtual Network Operator, Mobilfunkbetreiber ohne eigenes Netz aber weitreichendem Zugriff auf die Infrastruktur eines Mobilfunknetzes Seite 4
5 gefördert werden, um die Penetration zu steigern. Zudem muss der Anstieg der Nutzung pro SIM-Karte gezielt unterstützt und beschleunigt werden. Trend 3 Mobile Content: Das Volumen wächst, die Wertschöpfung aus Inhalten verlagert sich Das Mobiltelefon ist für viele Menschen zum Allroundgerät geworden. Diese Entwicklung ist nicht als Revolution eingetroffen, wie in der Vergangenheit von Mobilfunkanbietern und Geräteherstellern beschworen, sondern hat schleichend in die Mobilfunklandschaft Einzug gefunden. Beispiel: Viele Nutzer telefonieren mit ihrem Handy auch zu Hause, und zwar einfach deshalb, weil ihre Telefonnummern im Handy gespeichert sind und eben nicht auf dem Festnetz-Telefon. Ein echter convenience factor. Die Erfolgsfaktoren aller erweiterten Funktionalitäten des Mobiltelefons sind Preis, Einfachheit und Bequemlichkeit bei mobiler Nutzung. Ohne diese Erfolgsfaktoren setzen sich Dienste nicht durch, siehe WAP: WAP war gleichzeitig teuer, kompliziert (Konfiguration) und unbequem (lange Ladezeiten). Ein gutes Beispiel ist das ipod-handy: Das Zusammenwachsen von Handy und mp3- Player, wie z.b. das ipod-handy von Motorola und Apple oder das Walkman Handy von Sony, wird sich aus drei Gründen durchsetzen: Die Nutzungsbereiche überlappen sich klar (unterwegs sein), ein Gerät ist deutlich angenehmer zu handhaben, als zwei (Stichwort: Bei Anruf automatisches Umschalten, statt Kopfhörer absetzen) und ein Gerät kann zu einem niedrigeren Preis angeboten werden, als zwei. Ein Negativbeispiel ist MMS: Die Verbreitung wurde durch drei Gründe bislang deutlich erschwert: Hohe Preise, die komplizierte Konfiguration des Endgerätes, und die Tatsache, dass die weitaus meisten Festnetztelefone keine MMS darstellen können. Damit bleibt die Versendung z.b. eines Urlaubsfotos an die daheim Gebliebenen in den meisten Fällen aus. Der Verkauf von Klingeltönen läuft dagegen nach wie vor außerordentlich erfolgreich. In der Altersgruppe der 14- bis 19-jährigen hat schon jeder Zweite Klingeltöne heruntergeladen. Bei Einzelpreisen von 1,50 2 pro Klingelton geben heavy user damit teilweise deutlich über 10 pro Monat für derartige Dienste aus. Die Mobilfunkbetreiber verdienen an diesem Umsatz mit. Die Personalisierung der Endgeräte durch Klingeltöne, Bilder oder andere Inhalte ist aus der Mobilfunklandschaft nicht mehr wegzudenken. Waren bis vor kurzem noch alle via Mobiltelefon genutzten Mediengattungen auf das Mobilfunknetz angewiesen, werden zunehmend lokale Netze (PC/USB, Bluetooth, WLAN, etc.) genutzt. Das itunes-handy und der Handy-Walkman werden über den PC mit mp3-dateien bestückt. Das Mobiltelefon gewinnt durch diese Entwicklung eine gewisse Unabhängigkeit vom Mobilfunknetz. Der mit Inhalten generierte Umsatz läuft damit nicht mehr durch Hände der Netzbetreiber und spezialisierter Inhalteanbieter wie z.b. Jamba!, sondern verlagert sich zunehmend zu etablierten Anbietern wie z.b. itunes. Doch damit ist die Entwicklung noch nicht zu Ende. Mit den neuesten mp3-handys kann man sich die Klingeltöne selber erstellen: Die Musikdateien, die man über den PC auf das Handy geladen hat, dienen hier als Grundlage. Damit wandert auch dieser Umsatz teilweise vom Netzbetreiber ab. Ein anderes Beispiel sind Fotos, die mit der Handy-Kamera erstellt wurden. Wollten die Netzbetreiber in der Frühzeit der Kamerahandys noch den Versand der Fotos via MMS erzwingen (es gab teilweise keine PC-Schnittstelle), um hier ein Zusatzgeschäft zu etablieren, so haben die Endgeräte heute entweder Speicherkarten, wie sie bei Digitalkameras üblich sind, oder ein USB-Kabel. Zudem können sich die meisten Handys via Bluetooth verbinden und werden immer öfter mit WLAN-Fähigkeiten ausgestattet. Diese vielfältigen Anbindungsmöglichkeiten ermöglichen den komfortablen Datenaustausch mit dem PC, einer Vielzahl anderer Geräte oder über das Internet. Entlang verschiedenster Mediengattungen kann der Nutzer sich heute mit mobilen Inhalten versorgen, ohne den noch teuren Weg über das Mobilfunknetz zu gehen: Musikdateien, Seite 5
6 gesprochene Artikel und Radiosendungen ( Podcasting 3 ), Fotos, Spiele und vieles mehr. Die einzige Hürde bei dieser Art der Inhaltebeschaffung ist, dass die Inhalte zuvor manuell auf das Mobiltelefon geladen werden müssen, ähnlich wie beim ipod. Bei Musikdateien und Fotos, d.h. großvolumigen Dateien, die häufig verwendet werden, ist diese Methode schon heute verbreitet und akzeptiert. Nutzung von Mediengattungen im Bereich Mobile Content nach Netzinfrastruktur Netze Mobilfunk Lokale Broad- Netze casting Nutzungs- GSM GPRS / EDGE Bluetooth, IR, UKW kategorien WLAN, Kabel, Mobilfunk UMTS Speicherchip DMB DVB Formate SMS MMS WAP / Download / Download Broadcast mobile www Streaming Voice Mediengattungen Texte / Bilder Musik / Hörtexte Peer to Peer Radio Messaging Video Waren bis vor kurzem noch alle via Mobiltelefon genutzten Mediengattungen auf das Mobilfunknetz angewiesen, so werden nun zunehmend lokale Netze (PC, WLAN etc.) genutzt. Mobile Content Nutzung Daten Transport pur (z.b. Laptopkarte) (Quelle: Solon) TV www Games Transaktionen Personalisierung Mobiltelefon Bei aktuellen Informationen mit kleinerem Volumen wie z.b. Nachrichten oder s steht diese Notwendigkeit der vorausplanenden, manuellen Bestückung des Mobiltelefons im Widerspruch zu der durch das Internet zur Gewohnheit gewordenen, sofortigen Verfügbarkeit jeglicher Informationen. Hierdurch erlebt das mobile Web derzeit einen erneuten, diesmal nachhaltigen Aufschwung. Profitieren werden vor allem Google, Amazon und andere etablierte Internet-Marken. Die Nutzer sind im stationären Internet an deren Angebote gewöhnt und können ihr Kundenkonto, die Benutzerführung etc. nahtlos in den mobilen Raum erweitern. Mobilfunkbetreiber werden von dieser Entwicklung nur indirekt durch das rapide ansteigende Datenvolumen profitieren. Die Anbieter haben diesen Trend bereits erkannt und sich von dem walled garden -Konzept der frühen WAP-Jahre, in denen sich die Nutzer aus dem WAP-Portal des Netzbetreibers nicht oder nur umständlich wegbewegen konnten, über eine Zwischenstufe ( open garden eigenes Portal mit einfacher Möglichkeit, in das freie Web zu navigieren) hin zum mobilen Internet entwickelt. Ein gutes Beispiel dafür ist web n walk von T-Mobile, dass dem Kunden auf der Startseite Google mobile offeriert. Die Welten des stationären Internet ( , Google, Amazon etc.) werden damit mobil zugreifbar und ganze Applikationen (ipod, Navigation, Radio) werden zunehmend auf das Mobiltelefon migrieren. Konvergente Plattformen ermöglichen darüber hinaus den Zugriff von verschiedenen Endgeräten (PC, Settop-Box, PDA, Handy) auf die gleichen Informationen, wie es der Blackberry mit seinem Push- -Dienst in hervorragender Weise vorexerziert. Die Umsätze aus herkömmlichen mobilen Inhalten werden stagnieren. An ihre Stelle tritt ein stark ansteigendes Datenvolumen, getrieben durch multimediale Applikationen und die Nutzung des mobilen Internets. Dadurch werden Daten-Flatrates bis weit in den Massenmarkt hinein ihre Anwendung finden. Hierauf werden sich die Netzbetreiber einzustellen haben. 3 Podcasting: von ipod (mobiles Musikabspielgerät) und Broadcasting (ausstrahlen): Artikel und Radiosendungen werden durch eine Software automatisch mit dem PC vom Internet auf das ipod-phone geladen. Seite 6
7 2. Mobilfunk Deutschland: Marktentwicklung Vom Nischen- zum Massenprodukt in weniger als 10 Jahren: Mobilfunk ist eine der Erfolgsgeschichten der Telekommunikation und der Unterhaltungselektronik. Im Jahr 2000 explodierte der Markt. Mit einem Wachstum von 23 auf 48 Millionen Kunden hat er sich in einem einzigen Jahr mehr als verdoppelt. Erreicht wurde das vor allem durch die aggressive Vermarktung von Prepaid-Produkten, mit denen erstmals das große Kundensegment der Wenignutzer erschlossen werden konnte. 4 Mit dieser Entwicklung wurde ein Teil des Premium -Images abgelegt, das dem Besitz eines Mobiltelefons damals anhaftete. Entgegen dem Besitz eines Handys ist in Deutschland die Nutzung von Mobilfunk aber nach wie vor noch nicht zu etwas ganz alltäglichem geworden. Ende 2004 hatten 86% der Bevölkerung ein Mobiltelefon, 5 mit oder ohne Vertrag. Im Kernsegment der 14- bis 29-jährigen liegt die Penetration heute schon über 100%, was bedeutet, dass bereits viele mehr als eine SIM-Karte nutzen. Verbreitung von Mobilfunk: Deutschland weit hinten Im europäischen Vergleich ist die Penetration weiterhin unterdurchschnittlich: Die Penetration in anderen Ländern wie in Italien, Schweden, Portugal oder England liegt teilweise deutlich über 100%, hier haben bereits viele Nutzer mehr als ein Handy. Mobilfunkpenetration im europäischen Vergleich (Westeuropa 2004, in %) % Penetration % Prepaid 50% Italien 110% 91% Schweden 109% 59% Portugal 107% 73% Großbritannien 104% 68% Norwegen 104% 55% Griechenland 104% 66% Niederlande 100% 62% Österreich 100% 44% Spanien 99% 53% Irland 96% 75% Europa 95% Finnland 95% 5% Dänemark 94% 46% Schweiz 87% 40% Belgien 86% 65% Deutschland 86% 51% Frankreich 74% 38% Im europäischen Vergleich hat Deutschland eine niedrige Mobilfunkpenetration In hoch penetrierten Märkten ist Prepaid weit verbreitet sowie deutlich günstiger als z.b. in Deutschland (Quelle: Merrill Lynch 2005, Solon) In Deutschland sind die Grenzen des Kundenwachstums noch nicht erreicht. Durch die weitgehende Sättigung des Kernsegments kann ein deutliches Kundenwachstum nur noch durch eine stärkere Penetration der älteren bzw. besonders jungen Nutzersegmente, der besseren Erschließung der Wenignutzer/Verweigerer sowie der Vergrößerung des Kundenbereichs mit mehr als einer mobilen Telefonnummer (d.h. mehreren aktiven SIM-Karten) 4 Der Anteil von Prepaid-Kunden stieg von 24% (1999) schlagartig auf 55% (2000). Er liegt heute bei 50%. 5 Mobiltelefon gleichbedeutend mit aktiver SIM-Karte. Seite 7
8 erreicht werden. Im Bereich der Kinder (6-13 Jahre: Penetration von 27%) und bei den über 50-jährigen (50-69 Jahre: Penetration von 58%) ist die Verbreitung noch unterdurchschnittlich. Ein Grund für die vergleichsweise niedrige Penetration ist das in der Vergangenheit stabile Oligopol aus zwei sehr starken und zwei kleinen Mobilfunkbetreibern, das die Preise langfristig hoch halten konnte. Dies hat den Anstieg der Marktdurchdringung insbesondere auch im Prepaid Bereich stark gehemmt. Kundenwachstum durch Billiganbieter In Märkten mit hohem Prepaid-Anteil ist die Mobilfunkpenetration höher. In diesen Ländern sind Prepaid-Produkte auch deutlich günstiger als in Deutschland, so dass hier der Markt der Wenignutzer und derjenigen mit mehreren aktiven SIM-Karten besser erschlossen werden konnte. Die monatlichen Prepaid-Kosten für einen italienischen Kunden sind z.b. bei gleicher unterstellter Nutzung um 40% geringer als die eines deutschen. 6 Die niedrige Prepaid-Penetration in Finnland erklärt sich hingegen mit der großen Affinität der Finnen gegenüber neuen Technologien, sowie den sehr viel niedrigeren Preisen dort wurde bereits früh eine hohe Mobilfunkpenetration erreicht. Damit fehlte die Notwendigkeit, Prepaid-Angebote aggressiv vermarkten zu müssen. Auch in Deutschland wird die Penetration weiter steigen, was durch den derzeitig begonnenen Preisverfall noch beschleunigt wird: Bis Ende 2007 ist mit ca. 90 Mio. aktiven Mobiltelefonanschlüssen (d.h. aktive SIM-Karten) zu rechnen, bis Ende 2010 könnten dann bereits ca. 100 Mio. SIM-Karten genutzt werden, was einer Penetration von 120% entspräche. Penetration und jährliches Kundenwachstum (in %) 106% 68% 68% 68% 59% 48% 49% 29% 17% 16% 5% 7% 10% 115% 118% 120% 95% 103%110% 86% 79% 72% 5% 10% 10% 10% 8% 7% 5% 3% 2% Penetration Wachstum Bis 2010 wird auch in Deutschland eine Penetration weit über 100% erreicht sein. Treiber sind noch wenig penetrierte Gruppen und Zweitkarten (Quelle: Ist-Zahlen : Bundesnetzagentur 2005; Prognose: Solon) Mobilfunkumsätze: Abgeschwächtes Wachstum Mit steigender Penetration bzw. steigenden Nutzerzahlen im deutschen Mobilfunkmarkt sind auch die Umsätze gestiegen. Seit dem Jahr 1999 sind die Umsätze um durchschnittlich 15% pro Jahr gewachsen, wobei der Sprachanteil (Voice) nur unterproportional um 10% pro Jahr gestiegen ist. Die Umsätze aus Non-Voice-Diensten (SMS, Daten- und Informationsdienste) haben sich seit 1999 dagegen fast verzehnfacht. Trugen Umsätze mit SMS und Daten im Jahr 1999 ca. 5% zum gesamten Marktvolumen bei; so werden es 2005 bereits über 20% sein, mit steigender Tendenz. 6 Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung: Benchmark Internationale Telekommunikationsmärkte, Januar Seite 8
9 Trotz voranschreitender Marktsättigung werden die Umsätze in den nächsten Jahren vor allem durch die weiter steigende Verbreitung wachsen. Zunehmend spezialisierte Angebote sowie die Erschließung des Discount-Segments sind hier die marktentwickelnden Kräfte. Der ARPU (Umsatz pro Mobiltelefonanschluss, d.h. pro aktiver SIM-Karte; von Average Revenue Per User ) 7 stagniert seit Jahren. Der ARPU von Nutzern der neuen Discount- Tarife wird kurzfristig deutlich unter dem Marktdurchschnitt liegen, zudem werden durch die Discount-Tarife in der Folge auch die klassischen Tarife im Preis gesenkt werden, um die Abwanderung in das Niedrigpreis-Segment zu begrenzen. Diese Preissenkung wird zu einem weiteren ARPU-Verfall führen, der erst mittelfristig durch eine zunehmende Nutzung des Mobiltelefons sowohl in Sprachtelefonie als auch im Datenvolumen kompensiert bzw. überkompensiert werden kann. In Summe ist daher mit einem abgeschwächten, aber mittelfristig nach wie vor moderaten Umsatzwachstum von ca. 5% p.a. (CAGR ) zu rechnen, d.h. der Markt wird von 21 Mrd. (2004) auf ca. 28 Mrd. im Jahre 2010 anwachsen. ARPU: Ende der Stagnation oder weiterer Verfall? Der Umsatz pro Kunde zwischen Mitte der neunziger Jahre und 2001 ist deutlich gefallen, er hat sich im Laufe von 6 Jahren von ca. 74 pro Monat auf ca. 25 in etwa gedrittelt. Blended ARPU Deutschland (EUR/Monat) ARPU Index: 2000 = 100% Penetration / Index Gesprächsminuten (Index) Preis / Minute (Index) % 80% 60% 40% 20% 0% ARPU Penetration Gesprächsminuten (Index: 2000=100%) Preis / Minute (Index: 2000=100%) (Quelle: Bundesnetzagentur, Solon ) Seit 1995 ist der ARPU stark gefallen, in den letzten Jahren aber stabil geblieben Der Minutenpreis hat sich ebenso wie das Gesprächsvolumen seit 2000 kaum verändert Der Grund für den Verfall des ARPU liegt insbesondere in der Einführung und aggressiven Vermarktung der Prepaid-Tarife. Ein durchschnittlicher Prepaid-Kunde ist Wenignutzer, der ein Mobiltelefon vor allem dazu besitzt, um erreichbar zu sein. Dadurch ist das durchschnittliche Gesprächsvolumen pro Kunde deutlich gefallen. Dies hat in Kombination mit gesunkenen Minutenpreise zu einem Einbruch des ARPU geführt. Seit Ende 2001 hat sich das Preisgefüge und auch die Nutzung zumindest im Durchschnitt nur noch wenig verändert. Mit beginnender Sättigung des Marktes, bei einer Penetration oberhalb von 60% der Bevölkerung, haben die Mobilfunkbetreiber zunächst keine Notwendigkeit für weitere Preisreduzierungen gesehen. Seitdem stagniert der ARPU in der Größenordnung von ca. 25 und liegt damit im europäischen Vergleich im unteren Bereich. Damals wurde erwartet, dass bei steigender Penetration mit der Zeit auch die Nutzung deutlich zunehmen würde, da Mobilfunk zu einer Selbstverständlichkeit werden und damit der ARPU stark ansteigen würde. Diese Selbstverständlichung von Mobilfunk ist in Deutschland heute nur vereinzelt eingetreten und noch nicht in dem Maße verbreitet, wie in anderen europäischen Ländern. 7 Mittelwert aus Post- und Prepaid-ARPU. Seite 9
10 Ausland: Stärkere Nutzung trotz vergleichbarem Preisverfall Im Gegensatz zu Deutschland hat die Mobilfunknutzung im europäischen Ausland in den letzten Jahren stark zugenommen. So wuchs das Gesprächsaufkommen pro Kunde in Spanien und in den Niederlanden um ca. 30% bzw. ca. 20%, wobei der Preisverfall in der gleichen Zeit ebenso groß war wie in Deutschland. Die Österreicher haben über diesen Zeitraum sogar mehr telefoniert (+28%), als im Gegenzug die Preise gesenkt wurden (-18%). In diesem Land wurde als einzigem in Europa der starke Preisverfall durch die vermehrte Nutzung in den letzten Jahren überkompensiert. Relative Entwicklung von Minutenpreis und Nutzung zw. Ende 2000 und Ende 2004 ( /min versus min/kunde) GR Preissenkung nicht kompensiert durch steigende Nutzung S F DK FIN -50% -40% -30% -20% D -10% 0% E N GB A NL Stärkere Nutzung überkompensiert Preissenkung I 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% -10% Relative Veränderung der Mobilfunk-Nutzung In den meisten Ländern der EU ist seit Ende 2000 der Preis gefallen. Die Nutzung hat dabei meistens zugenommen, wenn auch in fast allen Fällen nur unterproportional Relative Preisentwicklung P -20% (Quelle: Merrill Lynch 2005, Solon) Der Grund für den niedrigen ARPU in Deutschland liegt daher nicht in den gesunkenen Preisen diese wurden in anderen Ländern in gleichem Maße oder deutlich stärker gesenkt. Der Grund liegt vor allem in der niedrigen Mobilfunknutzung, die ihre Ursache wiederum in den relativ hohen Minutenpreisen hat. Zudem ist der Unterschied zwischen sehr niedrigen Festnetzpreisen und relativ hohen Mobilfunkpreisen in Deutschland so hoch wie in kaum einem andern Land, was die Nutzung weiter bremst. Beobachtet man in anderen Ländern eine teilweise Substitution des Festnetzes durch Mobilfunk, ist dies in Deutschland deutlich geringer ausgeprägt. In Österreich existieren Mobilfunktarife, die so günstig sind, dass sie für den Nutzer eine direkte Alternative zum Festnetz darstellen. Das hat bereits zu einer deutlichen Substitution von Festnetz durch Mobilfunk geführt. So betrug die Relation zwischen Mobilfunk- und Festnetzminuten im Jahre 2003 in Österreich 1:4. In Deutschland liegt das Verhältnis immer noch bei 1: Prognos Seite 10
11 Deutschland: Höchste Gesprächspreise Wie der folgenden Darstellung zu entnehmen ist, hat Deutschland die bei weitem höchsten Gesprächspreise in Europa. 9 Preis pro Minute und Minutenaufkommen in Westeuropa, Ende 2004 ( /min) 200 FIN Volumen (Abgehende Minuten/Monat) F DK GB SE IRL N NL P I B E GR A D Deutschland hat nicht nur die höchsten Preise sondern auch die niedrigste Nutzung 0 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 Preis pro Minute (Voice ARPU/Abgehende Minuten) (Quelle: Merrill Lynch 2005, Solon) Warte, ich rufe Dich vom Festnetz aus zurück im Land der Schnäppchenjäger ist dieser Ausspruch nach wie vor weit verbreitet. Die Nutzung des Mobilfunks ist in Deutschland weniger alltäglich als in anderen Ländern wenn man die Gesprächsminuten pro Kunde als Maßstab nimmt. Zusätzlich hat die hohe Komplexität und Intransparenz der Tarife ein Übriges zur Verunsicherung beigetragen. Wenn man aufgrund der komplexen Tarifstruktur aus Haupt- und Nebenzeit, verschiedenen Anrufzonen, Wochenend- und Abendtarifen, Minutenpaketen und begünstigten Anrufen zu ausgewählten Telefonnummern nicht mehr wissen kann, zu welchem Preis man im jeweiligen Moment telefoniert, wird die damit verbundene Unsicherheit lange Gesprächsdauern nicht unbedingt fördern. Mit den einfachen Angeboten von Tchibo (2004), Simyo, Base, debitel und anderen (2005) wurde nun eine Preisspirale in Gang gesetzt, die zu nachhaltig niedrigeren Preisen führen wird. Damit wurde endlich eine lange erwartete Entwicklung angestoßen: Das mobile Telefonieren verliert seine Besonderheit. Mobilfunk wird so gewöhnlich, wie wir heute einen Fernseher einschalten oder in ein Auto einsteigen. Durch diese Sebstverständlichung wird die Mobilfunknutzung mittelfristig stark ansteigen. Kurzfristig wird der ARPU zwar sinken, da die zusätzliche Nutzung den Preisverfall innerhalb der nächsten ca. zwei Jahre noch nicht kompensieren kann. Erst in einigen Jahren werden die steigende Nutzung und insbesondere der steigende Datenverkehr dazu führen, dass auch der ARPU wieder ansteigt. Die Auflösung des Oligopols E-Plus hat die komfortable oligopolistische Situation der vier deutschen Netzbetreiber mit der Einführung der Discount-Tarife simyo und BASE zur Disposition gestellt. Bis dato hatten die kleinen Mobilfunkbetreiber E-Plus und O2 keinen Anreiz, eine aggressivere Preispolitik zu betreiben, solange die hohen Preise von den Kunden akzeptiert wurden und 9 Ein wesentlicher Grund für die hohen Minutenpreise sind hohe Terminierungsentgelte, die Mobilfunkbetreiber von anderen Netzbetreibern verlangen, wenn Anrufe in das Mobilfunknetz geleitet werden sollen. Die deutschen Terminierungsentgelte wurden kürzlich von der EU-Regulierungsbehörde beanstandet. Seite 11
12 sie an einem durch die großen Netzbetreiber vorgegebenen Preisniveau partizipieren konnten. Marktanteile der Mobilfunkanbieter (in %) 5.2% 3.8% 9.4% 12.1% 6.6% 6.5% 7.7% 8.6% 14.7% 10.4% 16.2% 13.7% 13.3% 12.3% 12.7% 13.3% 38.4% 39.0% 41.9% 42.4% 43.1% 40.5% 40.0% 39.1% 38.4% 38.1% 37.8% 39.1% 39.7% 39.4% 38.8% 39.7% 41.1% 41.6% 40.6% 38.5% O2 E-Plus Vodafone T-Mobile Seit 1995 war der Markt oligopolistisch. Erst durch Einführung von O2 wurde dieses Oligopol zum Teil erodiert 17% 10% 6% C-Netz (DTAG) k.a. k.a. 38% 32% 30% 32% 31% 28% 27% 26% Anteil Serviceprovider (Quelle: Bundesnetzagentur) In einem Markt, der sich der Sättigung nähert, hat sich diese Situation geändert. Wenn nur noch schwer Neukunden gewonnen werden können, haben die kleinen Anbieter einen stärkeren Anreiz, durch deutliche Preissenkungen überproportional viele Neukunden zu gewinnen als die großen Netzbetreiber. Vor allem der Umstand, dass der Betrieb eines Mobilfunknetzes die Existenz hoher Fixkosten bedingt und daher eine große Kundenbasis notwendig ist, um profitabel zu werden, zwingt die kleinen Betreiber zu neuen Strategien. Vodafone und T-Mobile haben nicht nur ein Qualitätsimage zu verlieren, sondern vor allem deutlich mehr Umsatz als E-Plus und O2, da viele eigene Kunden schnell auf die billigeren Tarife aus dem eigenen Hause wechseln werden. Ohne Not werden sie daher kein Billigangebot intensiv bewerben, sondern erst dann massiv in dieses Segment einsteigen, wenn die Discounter einen bestimmten Marktanteil erreicht haben. Die gerade eingeführten Angebote von Vodafone ( CallYa Compact ) und T-Mobile ( Xtra Click&Go ) sind als erste Reaktion zu verstehen, um eigene, wechselfreudige Kunden zu halten, sie werden aber noch nicht in den Vordergrund gerückt. Die Discounter werden dieses Zeitfenster nutzen, um massiv den Aufbau ihrer Kundenbasis voranzutreiben und die entsprechenden Marken zu etablieren. Man kann zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nicht davon ausgehen, dass Discount- bzw. No Frills -Angebote den Markt langfristig dominieren werden. In Dänemark sind No Frills -Tarife bereits seit einigen Jahren auf dem Markt, konnten aber bis jetzt nur einen Marktanteil von ca. 20% erobern. Wenn man der in Deutschland höheren Bedeutung von Discount-Produkten Rechnung trägt, ist in Deutschland mittel- bis langfristig mit einem Marktpotenzial von ca % der Kunden zu rechnen, die sich für Discount-Tarife entscheiden könnten. Folgende Faktoren stehen einer weiteren Ausbreitung von Discount-Tarifen im Wege: Subventionierte Hardware: Das neueste Endgerät spielt eine zentrale Rolle bei der Kaufentscheidung vieler Mobilfunknutzer. Die Subventionierung, die den Kaufpreis senkt, ist ihnen deutlich wichtiger als ein niedriger Tarif. Kauf: Viele Kunden ziehen eine direkte Auswahl bzw. persönliche Beratung dem Kauf über das Internet vor. Die Nutzung des Internets als Einkaufsplattform ist für viele Menschen noch nicht selbstverständlich. Betreuung: Die ausschließliche Kundenbetreuung über Internet und Telefon sowie Rechnungen per sind ebenfalls für weite Teile der Bevölkerung große Hürden. Seite 12
13 Discount-Anbieter werden kurz- bis mittelfristig zwar Marktanteile gewinnen; die kleineren von ihnen werden aber nach Sättigung des Discount-Marktes bzw. nach abgeschlossener Segmentierung in Schwierigkeiten kommen, da die Anbieter erst ab einer gewissen Größe profitabel werden. Die Netzbetreiber können preislich leicht nachziehen, da sie noch relativ hohe Margen haben und so deutliches Potenzial zu Kosteneinsparungen besitzen. Dem werden nur wenige der kleinen Anbieter etwas entgegenzusetzen haben vor allem aber diejenigen, die in kurzer Zeit eine starke Marke aufbauen konnten. Mobiles Internet: Die Netzbetreiber profitieren vom Datenvolumen Mit der rasanten Verbreitung von mp3-playern, Digitalkameras und Internet versteht mittlerweile ein großer Teil der Bevölkerung, wie multimediale Inhalte und Anwendungen genutzt werden. Die Ausstattung von Handys mit Internet-Browser und Kamera ist de facto Standard und die weitere Ausrüstung mit einem mp3-player großer Kapazität (Apple/Motorola s itunes-handy, Sony/Ericsson s Walkman-Handy, neue Nokia-Geräte) hat bereits begonnen. Es scheint, als wären die Mobilfunkanbieter hier mehr und mehr außen vor: Fotos der im Handy eingebauten Kamera werden auf den PC geladen und nur selten per MMS verschickt, mp3-dateien werden vom PC aus auf das Mobilfunkgerät geladen und Klingeltöne konstruiert sich das Gerät selber aus den eigenen mp3-musikdateien; sie müssen nicht mehr teuer vom WAP-Portal des Betreibers geladen oder per Premium-SMS angefordert werden. Mobile Inhalte werden zukünftig über andere Kanäle als den etablierten WAP-Portalen auf das Mobiltelefon gelangen. Auch wenn diese Entwicklung erst am Anfang steht und daher einige Jahre benötigen wird, um sich spürbar im durchschnittlichen Umsatz bemerkbar zu machen, wird sie dazu führen, dass sich der Markt der Mehrwertdienste stark entwickelt. Der damit erzeugte Umsatz wird zunehmend an den Internet- und WAP-Portalen der Mobilfunkbetreiber und spezialisierten Inhalteanbietern wie Jamba! vorbeigehen. Die Netzbetreiber werden allerdings am stark steigenden Datenaufkommen verdienen immer dann, wenn sich die Kunden, wie aus der stationären Internet-Welt gewöhnt, bei Google, Amazon, Spiegel Online und Co. mit Informationen und Unterhaltung versorgen. Anteil von Messaging und Daten am gesamten Umsatz pro Kunde (ARPU) (in %) 11% 15% 16% 18% 19% 21% 23% 1% 2% 3% 4% 6% 35% 33% 31% 27% 8% 11% 13% 15% 17% 11% 13% 14% 15% 14% 15% 15% 17% 18% 18% 18% Non-Voice Daten Messaging Die Bedeutung des Datenanteils für den ARPU wird stark zunehmen (Quelle: Merril Lynch 2005, Bundesnetzagentur 2005, Solon) Der Datenumsatz wird mittelfristig die gleiche Bedeutung für den Gesamtumsatz der Mobilfunkanbieter haben wie die Umsätze aus Messaging und diese langfristig sogar überholen. Im Jahr 2010 wird der Anteil von Non-Voice am gesamten ARPU bereits ca. 35% betragen. Seite 13
14 Zusammenfassung und Ausblick Penetration: Deutliches Kundenwachstum kann nur noch über eine Erhöhung der Penetration von speziellen Segmenten (vor allem Kinder und Senioren), der besseren Überzeugung bisheriger Handy-Verweigerer und der Vergrößerung des Anteils der Kunden mit mehr als einer SIM-Karte erfolgen. Die Penetration wird auf deutlich über 100% steigen, sodass bereits Ende 2010 ca. 100 Mio. SIM-Karten aktiv genutzt werden. Preise: Discount-Angebote haben eine Preisspirale nach unten in Gang gesetzt, Mobilfunk verliert sein Premium-Image und die Nutzung wird vollständig alltäglich. Ein zusätzlicher Preisschub nach unten könnte durch eine Entscheidung der Regulierungsbehörde ausgelöst werden, die Terminierungsentgelte unter das aktuelle Niveau von ca. 15 Cent zu senken % der Kunden werden Discount-Angebote nutzen. Subventionierte Hardware und gute persönliche Betreuung bleiben aber weiterhin für die Mehrheit der Mobilfunknutzer wichtige Kaufkriterien. Nutzung: Die Nutzung wird deutlich ansteigen. Klassische Voice- und Messaging- Dienste werden durch sinkende Preise stärker genutzt. Das Datenvolumen wird durch die Verbreitung des mobilen Internets und der push- einen signifikanten Schub erhalten. ARPU: Der ARPU-Verfall wird kurzfristig nicht zu stoppen sein. Erst mittelfristig werden eine stark steigende Nutzung und das ansteigende Datenvolumen wieder zu einer ARPU-Erhöhung führen. Umsatz: Der Umsatz wird nur moderat mit ca. 5% p.a. von 21 Mrd. auf 28 Mrd. anwachsen. Die Wertschöpfung von Mobile Content wird sich zunehmend in das Internet verlagern. Die Netzbetreiber profitieren allerdings von deutlich steigenden Datenvolumina wenn es gelingt, die Barrieren, die hier einer Nutzung noch entgegenstehen, weiter zu senken. Die Entwicklung des Mobiltelefons hin zum multimedialen Schweizer Taschenmesser mit push- , mp3-player etc. schafft hierzu die optimale Voraussetzung. Auf dieser Basis lassen sich neue Applikationen und Geschäftsmodelle etablieren. Seite 14
15 Autor: Dr. Philipp Geiger Dr. Philipp Geiger ist Manager bei Solon Management Consulting und Leiter der Technology Practice Group. Nach dem Studium der Physik in Heidelberg und Paris promovierte er am Deutschen Elektronen-Synchrotron in Hamburg (DESY) und am Max-Planck- Institut in Heidelberg. Seit seinem Start bei Solon 1998 hat er zahlreiche europäische Kabelnetzbetreiber, DSLund Backbone-Betreiber, Mobilfunkbetreiber sowie Investoren beraten. Beratungsschwerpunkt ist Breitband und Triple-/Quadruple-Play im Telekommunikationsmarkt sowie die dahinterliegende Modellierung von Marktentwicklungen und Geschäftsstrategien. Weitere Themen sind die Bewertung von Netzen sowie die Entwicklung von Netz- Modernisierungskonzepten. Solon Management Consulting Solon fokussiert sich als Strategieberatung auf die Branchen Medien und Telekommunikation. Dabei verfügt Solon aus vielen Klientenprojekten über langjährige Erfahrung in den Bereichen Festnetz- und Mobiltelekommunikation und ist die führende Beratung für die europäische Breitbandkabel-Industrie. Die Projekte umfassen die Entwicklung und Umsetzung von Unternehmensstrategien, den Aufbau neuer Geschäfte und die Begleitung von M&A-Vorhaben von der Marktsondierung bis zum Transaktionsabschluss. Solon arbeitet regelmäßig für führende Medienund Telekommunikationsunternehmen ebenso wie für Banken und Private Equity- Investoren. Solon Management Consulting GmbH & Co. KG Kardinal-Faulhaber-Str München Telefon: Fax: contact@solon.de Seite 15
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