Farben dünner Ölschichten
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- Kirsten Biermann
- vor 7 Jahren
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1 Farben dünner Ölschichten Roger Erb und Marco Pelz Universität Gesamthochschule Kassel 1. Einleitung Der Wunsch, ein Alltagsphänomen zu verstehen, gibt in vielen Fällen Anlaß, sich mit Physik zu beschäftigen. Ein zusätzlicher Anreiz ergibt sich sicherlich, wenn das Phänomen ästhetisch anspricht, wie es bei den "Farben dünner Ölschichten" der Fall ist. 2. Farben dünner Schichten Farben dünner Schichten sind die Ursache für eine Reihe ausgesprochen schöner Phänomene, wie etwa das Schimmern der Seifenblasen. Newton bemerkte hierzu 1704: "Man hat schon früher die Beobachtung gemacht, daß durchsichtige Substanzen wie Glas, Wasser, Luft usw., wenn man sie durch Aufblähen zu Blasen oder auf andere Weise zu dünnen Blättchen formt, je nach Dicke verschiedene Farben zeigen, obgleich sie bei größerer Dicke ganz hell und farblos erscheinen." [Newton 1996, S. 3] Robert Hooke ( ) konnte mit Hilfe mikroskopischer Untersuchungen beweisen, daß ein Zusammenhang zwischen Dicke und Farbe von dünnen Schichten besteht, "... daß Platten von gleicher Dicke auch gleiche Farben geben." [Tyndall 1876, S. 78] Eine aus heutiger Sicht akzeptable Erklärung durch die Interferenz wurde schließlich von Thomas Young ( ) geliefert. Eine besondere Art der dünnen Schichten - ein Ölfleck auf einer nassen Straße - tritt in unserer Zeit häufiger auf, weshalb wir sie für eine physikalische Betrachtung aufgreifen wollen. Ein solcher Ölfleck schillert in den schönsten Farben. Wir wollen versuchen,
2 aus dieser Farberscheinung etwas über die schon oben angesprochene Dicke zu erfahren. Im Physikunterricht kann der Ölfleck der Einstieg in die Interferenzoptik darstellen - wir wollen für diesen Beitrag hingegen die Kenntnis der Interferenz voraussetzen. 3. Experimentelle Realisierung Die Farbe, in der der Ölfleck an einer bestimmten Stelle erscheint, hängt mit der Dicke an dieser Stelle zusammen. Dies zeigt beispielsweise auch eine in einem Drahtrahmen aufgespannte Seifenhaut - eine keilförmige Schicht, deren dickerer Bereich unten ist. Die Farberscheinung entsteht, wie man hierbei an den nicht spektralen, blassen Farbtönen erkennen kann, durch destruktive Interferenz. Gerade die Komplementärfarbe zu der sichtbaren Farbe wird an der jeweiligen Stelle ausgelöscht. Um das Ölfleck-Phänomen näher zu untersuchen, mußte es von uns im Labor nachgestellt werden. Eine Reihe von Experimenten hat dabei ergeben, daß Haushaltsöle (also Pflanzenöle) nicht zu einem befriedigenden Ergebnis führten. Dies gelang lediglich mit dem auch beim Alltagsphänomen verwendeten Motorenöl. Mit einer Dosiervorrichtung haben wir einzelne Tropfen von Motorenöl auf Wasser in eine Schale gegeben. Gibt man einen Tropfen auf das Wasser, so erscheint die Schicht zunächst gleichmäßig grau oder von einer blassen Farbe. Die Dicke einer solchen Schicht läßt sich volumetrisch bestimmen, wodurch sich die Möglichkeit einer Zuordnung von Farbe und Schichtdicke ergibt. Die folgende Tabelle gibt den abgeschätzten Zusammenhang zwischen Schichtdicke (in µm) und Farbe wieder: schwarz 0 blau 0,22 grün 0,43 grau 0,07 grün 0,26 gelb 0,49 braungelb 0,10 gelb 0,30 blaßgelb 0,52 rot 0,16 rot 0,35 graublau 0,60 violett 0,19 violett 0,39 grün 0,70 Eine vergleichbare Tabelle befindet sich bei Minnaert [1992, S. 287] Allerdings erhielten wir nicht die schillernden Ölflecken, wie sie auf der Straße zu sehen sind.
3 Im nächsten Experiment verwendeten wir mehrere deutlich kleinere Öltropfen und eine größere Wasserfläche. Nach der Zugabe des ersten Tropfens erschien eine gleichmäßig graue Ölfläche. Nach der Zugabe weiterer Tropfen entstanden wie erhofft mehrere Farben. Der Ölfilm wies nun offensichtlich eine Schichtung auf. Da jetzt eine volumetrische Bestimmung nicht mehr möglich war, mußte nun von der Farbe auf die Dicke geschlossen werden. Weitere Ölzugaben ließen den Ölfleck immer mehr denjenigen ähnlich werden, die auf Straßen zu finden sind. Mit der oben angegebenen Tabelle konnte nun bei bekannter Abfolge bzw. Ordnung aus der Farbe auf die Schichtdicke an den verschiedenen Stellen des Ölfilms geschlossen werden. 4. Auswertung des Experiments Es stellte sich nun die Frage, welche Farbanteile bei einer bestimmten Schichtdicke ausgelöscht werden - das Ziel war also, den Zusammenhang zwischen dem Interferenzphänomen und der Schichtdicke zu finden. Wir haben uns dazu einzelne Bereiche dicker Schichten mit einem Spektralapparat angeschaut. Im Vergleich dieses Spektrums mit dem Spektrum der verwendeten Lampe zeigte sich, daß mehrere Banden im Spektrum des Ölfilms durch destruktive Interferenz ausgelöscht werden. Durch Vergleich mit einem bekannten Linienspektrum konnten diese Bereiche vermessen werden. Die Tatsache, daß mehrere Interferenzbanden gleichzeitig auftreten können, erschwert allerdings die Voraussage des zu erwartenden Farbtones und verdeutlicht, daß so kaum Rückschlüsse auf die Schichtdicke gezogen werden können. 5. Interpretation mit der Farbtafel Die dem Phänomen zugrundeliegende Interferenz resultiert aus der zweimaligen Reflexion des Lichtes an der Ölschicht. Ein Teil des auf die Ölschicht einfallenden Lichtes wird an der ersten Grenzfläche (Luft/Öl) reflektiert, der Rest transmittiert. Der gleiche Vorgang, Reflexion und Transmission, findet ebenfalls an der zweiten Grenzfläche (Öl/Wasser) statt. Da die erste Reflexion an einem optisch dichteren Medium erfolgt, ergibt sich der resultierende Gangunterschied der beiden Lichtwege aus der optischen Wegdifferenz in der Ölschicht (mit der Brechzahl n =1,5 und der Dicke d) und einem zusätzlichen Phasensprung für den einfachen Fall senkrechter Beobachtung zu
4 = 2nd + λ/2 Destruktive Interferenz (Auslöschung) erfolgt, wenn der Gangunterschied bei der Überlagerung ein ungradzahliges Vielfaches der halben Wellenlänge beträgt: min = (k + 1/2) λ Die Dicke d einer Ölschicht läßt sich somit mit folgender Beziehung aus der Wellenlänge (Farbe) des ausgelöschten Lichtes bestimmen: d = kλ / 2n Bei Beleuchtung mit weißem Licht erscheint jeweils die komplementäre Mischfarbe zu der ausgelöschten Farbe. Für Licht einer bestimmten Wellenlänge findet bei Dicken, die geringfügig von obiger Bedingung für vollständige destruktive Interferenz abweichen, eine teilweise destruktive Interferenz statt. Um die Ergebnisse der Spektralanalyse zu verdeutlichen, sei die weiter unten folgende Abbildung betrachtet - eine Darstellung, die schon von Newton 1704 verwendet wurde [vgl. Newton 1996, 2. Band S. 24 ff]. Bei dieser sind für Wellenlängen, die im sichtbaren Bereich liegen, diejenigen Dicken des Ölfilms aufgetragen, für die bei senkrechter Beobachtung destruktive Interferenz nach obiger Beziehung erfolgt. Während die duchgezogene Linie den schmalen Bereich der vollständigen destruktiven Interferenz repräsentiert, berücksichtigt der graue Balken das zu einer bestimmten Wellenlänge gehörende Dickenintervall, in dem die resultierende Intensität aufgrund destruktiver Interferenz noch gering ist. Vollständige Interferenz erhält man hier beispielsweise für Licht der Wellenlänge 380 nm bei etwa 0,128 µm, 0,256 µm,... Schichtdicke. Die bei Berücksichtigung aller Wellenlängen auftretende Erscheinung erhält man, indem man bei der entsprechenden Dicke des Ölfilms eine Gerade, hier dargestellt am Beispiel AA, parallel zur Abszisse zieht. Deren Schnittpunkte mit den Linien, die die Interferenzbereiche angeben, zeigen die bei dieser Dicke fehlenden Wellenlängen. Der Wellenlängenbereich, der bei kleinen Ölfilmdicken durch destruktive Interferenz mehr oder minder vollkommen ausgelöscht wird, überzieht fast das gesamte Spektrum, so daß dieses nahezu einheitlich geschwächt wird. Dies ist gleichermaßen die Erklärung dafür, daß bei geringen Ölfilmdicken keine Interferenzbanden mit dem Spektroskop beobachtet werden können.
5 Schichtdicke [µm] 0,767 0,639 0,511 A A 0,384 0,256 0, Wellenlänge [nm] Legt man ein Lineal parallel zu AA und führt dies bei der Dicke "Null" beginnend über die Darstellung, so treten nacheinander folgende Mischfarben in Erscheinung: Zu Beginn ist der Ölfilm so dünn, daß überhaupt kein Licht reflektiert wird; der Ölfilm ist praktisch unsichtbar. Mit zunehmender Dicke des Ölfilms nimmt die Intensität aller Farben zu. Zuerst erscheint der kurzwellige, blauviolette Teil des Spektrums. Die Intensitäten der übrigen Farben sind noch sehr gering. Rot ist fast gar nicht enthalten. Der Ölfilm erscheint in einer mausgrauen Mischfarbe. Mit zunehmender Dicke sind die Farben mit fast gleicher Intensität vorhanden. Einzig Violett und Blau sind mit etwas geringerer Intensität vertreten; der Ölfilm erscheint in einer blaßgelben Färbung.Anschließend verschwinden die
6 kurzwelligen Bereiche, das Blau und das Violett. Rot ist mit voller, Grün und Gelb mit geschwächter Intensität vorhanden. Als resultierende Mischfarbe entsteht das Braungelb. Wird die Ölfilmdicke größer, wird der mittlere Teil des Spektrums verdunkelt, der Ölfilm erscheint purpurfarben bis rot. Die weitere Folge der Entwicklung ist, daß das sichtbare Spektrum mit gleichmäßig verteilten, fehlenden Stellen durchzogen wird, so daß der Ölfilm mit zunehmender Dicke in blasseren Farben erscheint. Die sich so ergebenden Aussagen entsprechen den zuvor durch die Tabelle wiedergegebenen experimentellen Befunden zwischen Farbe und Dicke einer Schicht. 6. Resümee Wir denken, daß von dem Phänomen "Ölfleck auf der Straße" einige Motivation ausgeht. Dagegen vermitteln die klassischen Interferenzexperimente, wenn sie auch noch unter Verwendung monochromatischer Beleuchtung zur Anwendung kommen, oftmals den Eindruck, als sei ihr Auftreten immer mit einigem technischem Aufwand verbunden. Dem steht aber eine Vielzahl von Interferenzerscheinungen in der Natur gegenüber, die ohne den Einsatz technischer Apparaturen sichtbar sind. Die Farben der Ölschichten geben hier die Möglichkeit, unter Verwendung von direkter und von spektroskopischer Beobachtung einiges über das Entstehen von Interferenzfarben zu verstehen. 7. Literatur Minnaert, M Licht und Farbe in der Natur. Basel; Boston; Berlin: Birkhäuser. Newton, I Optik oder Abhandlungen über Spiegelungen, Brechungen, Beugungen und Farben, 3 Bd. (1704). Thun; Frankfurt/M.: Deutsch. Pelz, M Farben dünner Ölfilme. Diplomarbeit (Berufspädagogik) Kassel. Tyndall, J Das Licht. Braunschweig: Vieweg. (Erb, Roger und Marco Pelz. Farben dünner Ölschichten. In: DPG (Hg.). Didaktik der Physik: Vorträge - Frühjahrstagung 1998 in Regensburg, )
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