Konzept Unterstützte Kommunikation
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- Marcus Vogt
- vor 7 Jahren
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1 Konzept Unterstützte Kommunikation Privates Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung und weiterer Förderbedarf und Heilpädagogische Tagesstätte des Vereines Helfende Hände Seite 1 von 16
2 Die Menschheit zur Freiheit bringen, das heißt, sie zum miteinander reden bringen Karl Jaspers Einführung Für alle Menschen ist Kommunikation ein Grundbedürfnis. Schon mit Säuglingen verhalten sich Bezugspersonen sehr kommunikativ. In Form von Körperkontakt, Blickkontakt, durch das sprachliche Begleiten aller Handlungen und die Verstärkung der mimischen und gestischen Mitteilungen finden bereits mit Säuglingen ständig bedeutsame Interaktionen statt, aus denen sich später Kommunikation und Sprache entwickeln. Bei Kindern und Jugendlichen, die aufgrund einer Behinderung nicht oder nicht ausreichend zur verbalen Sprache kommen, die also nicht reden im eigentlichen Sinne, müssen die Bezugspersonen andere Möglichkeiten finden: Dafür eignen sich die Methoden der Unterstützten Kommunikation (UK) hervorragend. Durch UK kann Lautsprache ergänzt und ersetzt werden. Im aktuellen bayerischen Lehrplan für den Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung ist jetzt die Unterstützte Kommunikation fest im Lernbereich Kommunikation und Sprache verankert. UK umfasst eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden, die die Kommunikationsmöglichkeiten der Kinder ohne ausreichende Lautsprache erweitern. In der UK ist es üblich, dass alle verwendeten Signale und Hilfsmittel (Gestik, Mimik, Körperspannung, Gegenstände, Bilder, Symbole, Gebärden, einfache und komplexe elektronische Hilfsmittel, Laute und Worte) gleichwertig Berücksichtigung finden. Diesen Ansatz, der uns stets zentrales Anliegen ist, nennt man multimodal. Ausgangspunkt ist immer das, was das Kind/ der Jugendliche besonders gerne mag oder interessant findet. Natürlich muss sich der sprechende Kommunkationspartner auf die Möglichkeiten und Bedürfnisse seines Gegenübers einstellen. Er muss verstehen wollen und dem Menschen zutrauen, dass er seinen Willen ausdrücken kann. Das ist nicht immer ganz einfach, aber gemeinsam schaffen wir das schon! Seite 2 von 16
3 Unser Menschenbild: - davon gehen wir aus: Wir sind alle gleichberechtigte Partner. sprechen kann, kann wir miteinander um. Auch wer nicht vieles oder sogar alles verstehen, und so gehen Jeder von uns hat sein ganz spezielles Know-How. Diese besonderen Fähigkeiten interessieren uns viel mehr als die Dinge, die jemand nicht kann! Je älter wir werden, desto mehr Erfahrungen sammeln wir. So lange wir Kinder sind, brauchen wir Erwachsene, die uns die Welt erklären und uns liebevoll auf ein möglichst eigenständiges Leben vorbereiten. Sind wir selber erwachsen, können wir uns gegenseitig etwas beibringen, jeder auf seine Weise. Jeder Mensch ist nämlich was Besonderes. Seite 3 von 16
4 Dokumentation: Damit niemand etwas zehn mal lernen muss, was er schon kann, schreiben wir immer alles auf. Jeder kann ja auf seine Weise etwas sagen. Nur versteht das nicht immer jeder. Aber man kann es ja zum Glück nachlesen z. B. im persönlichen Vokabelheft in den Ich-Büchern Seite 4 von 16
5 in den Förderplänen in den Jahresberichten aus Gruppe und Therapie in den roten Mappen Seite 5 von 16
6 Als sprechender Kommunikationspartner solltest du unbedingt beachten: Gehe immer davon aus, dass ich auch als nicht mit Lautsprache sprechender Mensch alles verstehen kann! Zeige mir, dass es dich wirklich interessiert, was ich dir sagen will und tue nicht nur so, denn ich merke das sofort, wenn ich nicht ernst genommen werde! Du brauchst viel Zeit, um mit mir zu sprechen, nimm sie dir und gib auch mir ausreichend Zeit, um dir zu antworten. Bei der Suche nach Kommunikationshilfen, die zu mir passen, musst du ganz viel über mich herausfinden. Schau mich ganz genau an, beobachte mich und registriere auch, wenn ich mich weiter entwickle. Seite 6 von 16
7 Überprüfe deine eigene Gesprächsführung: Stellst du eindeutige Fragen, auf die ich auch eindeutig, z. B. mit Ja oder Nein antworten kann? Lässt du mir genügend Zeit zum Antworten? Welche Tricks und Strategien fallen dir ein, um herauszufinden, was ich sagen will? Nimmst du auch alle meine kommunikativen Signale wahr? Gibst du mir eine deutliche Rückmeldung, was du verstanden hast? ist dir bewusst, dass ich die Benutzung von Fotos, Symbolen, Gebärden oder Sprachausgabegeräten wie eine Fremdsprache erlernen muss? Bist du mir ein gutes Kommunikationsvorbild, d. h. kannst du mit den Hilfen, die du mir anbietest auch selbst umgehen? Seite 7 von 16
8 ich auch! ich will jetzt den Gong läuten Wir kommunizieren auch ohne Worte! Beobachte unsere Mimik, unsere Gesten, unsere Blicke und andere Kleinigkeiten :..unsere Atmung, Körperspannung, ob wir schwitzen.. Auch wenn wir mal zupfen, zwicken, patschen oder schreien kann das heißen: Hallo, schau doch mal her hallo komm doch mit! Mach s noch mal das ist toll Seite 8 von 16
9 Pause! ferti g ja manchmal benutze ich auch vereinbarte oder eigene Zeichen, Laute, Gesten und Gebärden um mit dir zu sprechen. Ich lerne immer mehr dazu. Plötzlich merke ich, dass ich etwas erreichen kann. Dann bin ich glücklich, weil ich mich besser verstanden fühle. Richtig gut können wir uns unterhalten, wenn ich die BigMäck-Taste, den Stepby-step oder andere Geräte drücke. ich bin satt Seite 9 von 16
10 Methoden der Unterstützten Kommunikation: Körpereigene Kommunikationsformen Ich kann dir schon sehr viel mit meinem Körper erzählen! Schau einfach genau hin, wann ich was mache. Du wirst sehen, ich mache das eigentlich genau so, wie du auch!...jetzt stimmt etwas nicht! Nur reicht das häufig nicht wirklich aus, um dir genau zu sagen, was ich will. Dann wirst du dir Möglichkeiten überlegen müssen, die ich lernen kann, damit du mich besser verstehst. Dazu brauchen wir beide viel Zeit. Was du dir für mich ausdenkst, darf weder zu schwierig noch zu langweilig und einfach für mich sein. Und es sollen mich außer dir möglichst viele andere Menschen auch verstehen! Also an die Arbeit! Finde heraus, welcher Kommunikationstyp ich bin. Diese Möglichkeiten hast du: Seite 10 von 16
11 Vereinbarte Zeichen für Ja und Nein Es gibt niemanden, der nicht ausdrücken kann, was ihm gefällt oder was er nicht ausstehen kann. Finde heraus, wie ich das mache. Vielleicht können wir uns sogar auf richtig eindeutige Zeichen für Ja, Nein und Ich weiß nicht einigen: Blick nach oben oder unten, die Hand geben, Schnute ziehen, Zunge rausstrecken... Gebärden Wenn ich dir sehr viel mit meinen Händen erzählen will und Zeichen, die du mir vormachst, nachmachen kann, hilft uns das schon ein großes Stück weiter. Auch Menschen, die nicht hören können, sprechen mit den Händen. Man nennt das Gebärden. Im Computerraum stehen Bücher und Ordner, in denen du nachschlagen kannst, welche Worte ich auch mit den Händen ausdrücken könnte. Alle Gebärden, die ich kann, sollten z. B. in meinem IchBuch stehen, damit alle Menschen, die mit mir zu tun haben, auch wissen, was ich sagen will. Dilek erzählt von ihrem Mitschüler Emanuel Seite 11 von 16
12 Zeigen auf Gegenstände und Personen Wenn ich auf etwas oder jemanden zeigen kann, um dir so meine Wünsche mitzuteilen, gehört mir schon fast die ganze Welt, denn diese ist eine prima Kommunikationstafel. Du kannst mir auch ein Regal z. B. an meinem Garderobenplatz aufstellen, in das du bestimmte Gegenstände legst, die ich bei Bedarf herausholen kann, um dich auch mal etwas zu fragen. Wenn darin z. B. meine Badehose liegt, und ich wissen will, wann wir wieder schwimmen gehen, muss ich sie nur holen und dir geben. Dann kannst du mir sagen, wie lange ich noch warten muss. Seite 12 von 16
13 Fotos, Bilder und Symbole Du merkst, dass ich besonders gerne Bilder oder Fotoalben anschaue. Super! Benutze einfach die Bilder, um dich mit mir zu unterhalten. Lass mich drauf schauen oder zeigen und lege mir dann, wenn ich eine Zeit lang mit dir die Bildersprache im Spiel geübt habe, eine Symboltafel oder eine Kommunikationsmappe an. Diese muss ich natürlich dann auch immer griffbereit, z. B. in der Rollitasche, haben, sonst nützt sie nichts, wenn ich schnell mal was sagen will! Seite 13 von 16
14 Elektronische Sprachausgabegeräte Mit diesen tollen Dingern kann ich mich lautstark am Geschehen beteiligen! Kleine, handliche Geräte mit einer Taste, z. B. der Step-by-Step oder der BigMack, sind mir am liebsten. Sie begleiten mich den ganzen Tag über in allen Lebenslagen. Ich kann dich schnell mal rufen, Witze erzählen, mir aus dem Büro einen Stift ausleihen, im Unterricht ein Gedicht aufsagen, Spielkommandos erteilen und, und, und... Wenn ich mit meinen Fingern oder z. B. per Kopfsensor auch gezielt mehrere kleinere Tasten bedienen kann, gib mir doch mal auch ein komplizierteres Sprachgerät zum Üben, z. B. einen MinTalker oder einen Super-Talker. Vielleicht kann ich damit ja noch mehr quasseln! Seite 14 von 16
15 Elektronische Hilfen zur Umweltkontrolle Ich will nicht nur mit dir quatschen, sondern auch bei Spielen und Angeboten aktiv mitmachen. Wenn ich mich nicht so gut bewegen kann, helfen mir dabei die vielen bunten Sensortaster, die Netzschaltadapter ( Power-LinkStation) und die Batterieunterbrecher für Spielzeuge und Kleingeräte. Damit kann ich selber Radio, Cassettenrekorder und Fernseher ein- und ausschalten, Löcher bohren, mein Essen selbst pürieren, mir das Massagegerät ein- und ausschalten, die Nachttischlampe an- oder ausknipsen usw. Ich finde das nämlich toll, wenn ich so viel wie möglich ohne deine Hilfe machen kann! Gestützte Kommunikation (FC) Manchmal kann ich von alleine nicht auf Gegenstände, Bilder oder Personen zeigen, z. B. wenn meine Arme machen, was sie wollen oder ich von selber nicht so handeln kann, wie ich es will. Dann brauche ich dich als körperliche oder seelische Stütze. Wie du mich stützen kannst, dass es mir etwas bringt, müssen wir beide gemeinsam herausfinden. Es kann sein, dass du mir den Unterarm stützen musst, damit ich zeigen kann. Oder vielleicht hilft es mir ja schon, wenn du ganz nah bei mir bist, damit ich mich traue, etwas von mir mitzuteilen. Seite 15 von 16
16 Totale Kommunikation Niemand drückt sich komplett einseitig aus, höchstens ein Roboter! Alles, was mir hilft, mich so unmissverständlich wie möglich auszudrücken, ist erlaubt. Das heißt, auch wenn ich eher der Gebärden-Typ bin, benütze ich gerne mal ein Sprachgerät oder zeige auf Bilder oder Gegenstände. Du musst bei mir immer mit allem rechnen. Lass dich drauf ein du wirst sehen, das wird echt spannend, und wir werden uns schließlich total gut kennen und verstehen. Seite 16 von 16
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