u.di informiert 2/08 Das Drei-Funktionen-Modell der Betrieblichen Altersvorsorge Ergänzungs-, Ersatz- und Ausgleichsfunktion
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- Helmut Krause
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1 Stellvertretende Vorsitzende Dorothee Gieseler Vorstandsmitglied Günter Marx Das Drei-Funktionen-Modell der Betrieblichen Altersvorsorge Ergänzungs-, Ersatz- und Ausgleichsfunktion Stuttgart, Oktober 2008 Ursprünglich war die Betriebliche Altersvorsorge eine die gesetzliche Rente ergänzende Altersvorsorge. Inzwischen wird sie im Verhältnis zur gesetzlichen Rentenversicherung auch zu einer ersetzenden und einer ausgleichenden Altersvorsorge. Demzufolge entwickelt sich die Betriebliche Altersvorsorge zu einem Drei-Funktionen-Modell. Die gesetzliche Rente ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die wichtigste Quelle ihres Alterseinkommens. Sie wird aber künftig in der Regel für die Finanzierung des Ruhestandes nicht mehr ausreichen, weil im Vergleich zum letzten Arbeitseinkommen die gesetzliche Rente Versorgungslücken aufweist. Es ist unumstritten, dass eine zusätzliche kapitalgedeckte Altersvorsorge erforderlich ist, um den während des Erwerbslebens erarbeiteten Lebensstandard mindestens zu einem großen Teil im Alter aufrecht erhalten zu können. Dies ist allerdings nichts neues, sondern war auch in der Vergangenheit so (herkömmliche Versorgungslücken). Das Erfordernis der zusätzlichen Altersvorsorge hat sich aber verschärft, weil der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren Änderungen an der gesetzlichen Rentenversicherung vorgenommen hat, die ein sinkendes Rentenniveau bewirken und die Regelaltersgrenze auf das 67. Lebensjahr verschieben Seite 1 von 5 u.di/vw 1.3 u.di informiert 2/08
2 Das sinkende Rentenniveau führt zu zusätzlichen Versorgungslücken und die Verschiebung der Regelaltersgrenze bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente zu weiteren Rentenverlusten. Durch die Rentenreform 2001 (Altersvermögensgesetz = AVmG) sinkt das Rentenniveau der Durchschnittsrente (bei 45 Versicherungsjahren) langfristig von 70 auf 67 Prozent des letzten Nettoeinkommens. Durch das Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz 2004 kommt es zu weiteren Abstrichen am Rentenniveau. Künftig richtet sich die Rentenanpassung im Wesentlichen nach dem Verhältnis von Beitragszahlern und Rentnern: Sinkt die Zahl der Beitragszahler, sinkt auch die Rentenanpassung und umgekehrt. Die Rentenreform 2004 (Alterseinkünftegesetz = AltEinkG) hat die nachgelagerte Besteuerung eingeführt, die schrittweise zur Steuerbefreiung der Beitragszahlungen und zur Steuerpflicht der Leistungen führt - mit sinkenden Nettorenten. Und schließlich hebt das Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetz aus dem Jahr 2007 die Regelaltersgrenze ab dem Jahr 2012 schrittweise vom 65. auf das vollendete 67. Lebensjahr an mit erheblichen Rentenverlusten, wenn langjährig Versicherte (35 Versicherungsjahre) ab dem 63. Lebensjahr die Altersrente vorzeitig in Anspruch nehmen. Experten wie Dieter Döring, ehemals Professor für Sozialpolitik an der Akademie der Arbeit der Universität Frankfurt am Main erwarten, dass das Rentenniveau bis 2030 auf ein Drittel des durchschnittlichen Bruttoverdienstes sinkt. Die Unterdeckungen des Alterseinkommens (Versorgungslücken) führt zu erheblichen Einschränkungen des gewohnten Lebensstandards im Alter. Um die Gefahr der Altersarmut abzuwehren, ist zusätzliche Altersvorsorge erforderlich. Der Gesetzgeber hat parallel zum Absenken des gesetzlichen Rentenniveaus mit den Rentenreformen 2001 und 2004 die Möglichkeiten für die zusätzliche Altersvorsorge neu geordnet, einschließlich der staatlichen Förderung. Aus der Kombination der umlagefinanzierten gesetzlichen Rente mit den kapitalgedeckten Vorsorgemöglichkeiten aus den Rentenreformen 2001 und 2004 kann eine Altersversorgung erreicht werden, die den Lebensstandard (weitgehend) sichert Seite 2 von 5 u.di/vw 1.3. u.di informiert 2/08
3 Dabei spielt die Betriebliche Altersvorsorge die zentrale Rolle; sie muss künftig eine ergänzende, ersetzende und ausgleichende Funktion erfüllen. Ergänzungsfunktion Die ergänzende Betriebliche Altersvorsorge soll das Alterseinkommen aus der gesetzlichen Rentenversicherung um eine Betriebsrente aufstocken, um herkömmliche Versorgungslücken (teilweise) zu schließen. Ziel ist es, den im Arbeitsleben erreichten Lebensstandard im Ruhestand weitgehend aufrecht erhalten zu können. Dies ist die ursprüngliche Funktion der Betrieblichen Altersvorsorge. Mit der ergänzenden Betrieblichen Altersvorsorge konnte solange das Ziel der (weitgehenden) Lebensstandardsicherung erreicht werden, wie die gesetzliche Rentenversicherung ein Leistungsniveau anstrebte, das sich an der Lebensstandardsicherung orientierte, allerdings dazu alleine in der Regel nicht ausreichte. Modellrechnungen der Rentenversicherungsträger besagten in der Vergangenheit, dass nach 45 Versicherungsjahren mit einer Durchschnittsrente von rund 70 Prozent des Nettoeinkommens zu rechnen sei. Tatsächlich erreichten dieses Rentenniveau nur etwa die Hälfte der Männer und lediglich jede zwanzigste Frau. Deshalb hat die Betriebliche Altersvorsorge seit jeher die Funktion einer die gesetzliche Rente ergänzenden Altersvorsorge (Ergänzungsfunktion). Ersatzfunktion Seit der Rentenreform 2001 reicht die Ergänzungsfunktion der Betrieblichen Altersvorsorge für die Aufrechterhaltung des Lebensstandards nicht mehr aus. Diese Rentenreform hat die politischen Zielgröße der gesetzlichen Rentenversicherung verändert. Die ausgabenorientierte Einnahmenpolitik ist in eine einnahmenorientierte Ausgabenpolitik übergeleitet worden. Nicht mehr das Leistungsniveau, sondern der langfristige Beitragspfad ist die Zielgröße der Politik. Die Leistungsrücknahmen führen dazu, dass die gesetzliche Rente auch längerfristig die wichtigste Alterseinkommensquelle sein wird, Seite 3 von 5 u.di/vw 1.3. u.di informiert 2/08
4 jedoch wird sie nur noch eine Basisabsicherung darstellen (Rürup, Betriebliche Altersversorgung, Handelsblatt, November 1/2006). Damit hat der Gesetzgeber die Weichen für ein sinkendes Rentenniveau gestellt. Zugleich ist als ersetzende Altersvorsorge der Rechtsanspruch auf Betriebliche Altersvorsorge durch Entgeltumwandlung eingeführt worden (gemeinsam mit der RiesterFörderung), um die zusätzlich entstehenden Versorgungslücken kompensieren zu können. Damit hat die Betriebliche Altersvorsorge zusätzlich eine Ersatzfunktion für das zurückgehende gesetzliche Rentenniveau erhalten. Ausgleichsfunktion Mit der Ergänzungsfunktion und der Ersatzfunktion der Betrieblichen Altersvorsorge können die künftigen Rentenverluste nicht ausgeglichen werden, die bei langjährig Versicherten entstehen, wenn sie die vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen. Wer mindestens 35 Versicherungsjahre nachweist hat das Recht wie schon bisher ab dem vollendeten 63. Lebensjahr die vorgezogene Altersrente für langjährig Versicherte in Anspruch zu nehmen. Das ist die Theorie. Realität ist: Mit der vom Gesetzgeber beschlossenen Anhebung der gesetzlichen Regelaltersgrenze vom 65. auf das vollendete 67. Lebensjahr verschlechtert sich in Zukunft materiell die Möglichkeit, die vorgezogene Altersrente auch tatsächlich in Anspruch nehmen zu können. Höhere Rentenverluste als bisher sind dafür die Ursache. Die Rentenverluste setzen sich zusammen aus Rentenabschlägen für die Zeit vom 63. bis zum 67. Lebensjahr (48 Monate x 0,3 Prozent = 14,4 Prozent) und vier fehlenden Beitragsjahren, so dass ab Geburtsjahrgang 1964 insgesamt Rentenverluste von ca. 22 Prozent entstehen (bei den früheren Geburtsjahrgängen sind durch die schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze die Rentenverluste geringer). Diese Rentenverluste werden dazu führen, dass viele Beschäftigte sich eine vorgezogene Rente ab 63 finanziell nicht mehr leisten können, obwohl meist aus gesundheitlichen Gründen ein Ausstieg aus dem Arbeitsleben ratsam wäre Seite 4 von 5 u.di/vw 1.3. u.di informiert 2/08
5 Damit fällt der Betrieblichen Altersvorsorge eine weitere Aufgabe zu: Sie erhält nochmals zusätzlich eine Ausgleichsfunktion für die Rentenverluste langjährig Versicherter bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente. Weitere Informationen siehe Startseite Rente mit 67. e Konzeption und Inhalte Dorothee Gieseler, Günter Marx, Willi Mück Redaktion Monika Schelenz Verantwortlich Willi Mück, Vorsitzender u.di Unterstützungs- und Vorsorgewerk für den Dienstleistungsbereich e.v. Industriestraße 24, Stuttgart; Tel.: ; Fax: ; Mobil: stuttgart@u-di.de; Amtsgericht Stuttgart, Vereinsregister Nr BOA mit u.di: Registernummer Deutsches Patent- und Markenamt Zu den satzungsgemäßen Aufgaben von u.di gehört die Förderung aller dem sozialen Wohl der Beschäftigten in Betrieben, Verwaltungen und Einrichtungen des Dienstleistungsbereichs dienenden Maßnahmen der betrieblichen Sozialpolitik. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir gelegentlich nur männliche Formulierungen. So schreiben wir z.b. Arbeitnehmer, wobei ebenso Arbeitnehmerinnen gemeint sind. Dies gilt entsprechend, wenn in anderen Fällen nur männliche Formulierungen verwendet werden Seite 5 von 5 u.di/vw 1.3. u.di informiert 2/08
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