GELD REGIERT DIE WELT Lukas 16,1-13
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- Brigitte Bachmeier
- vor 8 Jahren
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1 GELD REGIERT DIE WELT Lukas 16,1-13 Geld regiert die Welt. Vermutlich stimmen Sie alle diesem Satz einer Binsenweisheit kopfnickend oder achselzuckend zu. Aber Sie sind sich schon im Klaren darüber, dass das bedeutet, dass das Geld auch Sie regiert? Oder sind Sie ein Außerirdischer? Kein Thema ist so wichtig in unserer Welt wie das Thema Geld. Der Mammonismus ist die Weltreligion Nummer 1. Oder sagen wir genauer: die Religion der 1. Welt. Nichts beherrscht die Gedanken der Menschen der westlichen Hemisphäre so sehr wie das Geld. Alles, was wir uns erdenken und erträumen, erfordert Geld, um es Wirklichkeit werden zu lassen. Ohne Geld ka Musi. Geld ist geprägte Freiheit hat Dostojewski gesagt. Nur wer Geld hat, gilt etwas. Geld und gelten haben nicht von ungefähr eine gemeinsame Sprachwurzel. Obwohl das Geld ja eigentlich Mittel zum Zweck sein sollte, wird es immer mehr zum Selbstzweck. Geldvermehrung wird oft zum eigentlichen Inhalt im persönlichen Bereich wie in der Wirtschaft. Wir alle huldigen diesem Gott und bringen ihm unsere Opfer dar. Die einen tun es fanatisch übrigens: das Wort fanatisch hat die ursprüngliche Bedeutung: von der Gottheit ergriffen und in rasende Begeisterung versetzt also, die einen tun es fanatisch und hingebungsvoll, andere vielleicht notgedrungen oder in Ermangelung eines anderen Gottes, für den zu leben sich lohnen würde. Die Politiker in unseren westlichen Ländern stehen vor allem vor einer großen Aufgabe: Arbeitsplätze schaffen. Immer noch vor dem Hintergrund der Illusion von der Vollbeschäftigung für alle. Aber es kann sich nicht ausgehen, auf der einen Seite den Menschen immer mehr durch die Maschine und den Computer zu ersetzen und ihm auf der anderen Seite Arbeit zu garantieren. Es passieren aber auch so perverse Dinge wie dieses, dass ein Konzern stolz Rekordgewinne vermeldet und gleichzeitig ein große Zahl von Mitarbeitern wie es so schön heißt freisetzt, also auf die Straße setzt. Die Schriftstellerin Hannah Ahrendt hat schon in den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts prophezeit: Was uns bevorsteht, ist die Aussicht auf eine Arbeitsgesellschaft, der die Arbeit ausgegangen ist, also die einzige Tätigkeit, auf die sie sich noch versteht. Was könnte verhängnisvoller sein? Ist also zurzeit nicht das Geld, sondern die Arbeit das Thema Nr.1? Frage: Warum ist es uns denn so wichtig, Arbeit zu haben? Weil wir nur auf diese Weise zu Geld kommen, ist doch klar. Und wenn jemand jetzt sagt: Ich arbeite um der Arbeit willen, weil sie mich erfüllt würden Sie das auch sagen, wenn Sie kein Geld dafür bekommen würden? Es geht im Grunde gar nicht, das Geld herauszuhalten aus unseren Gedanken und Wünschen und Absichten. 1/8
2 Dass das nicht erst in unserer Zeit so ist, zeigt ein Zitat von Martin Luther, der den Mammon als den allgemeinsten Gott auf Erden bezeichnet hat. Und wenn wir noch weiter zurückgehen, in die Zeit von Jesus, hören wir schon aus dessen Mund die Warnung: Man kann nicht Gott dienen und dem Mammon. Offenbar hat der Mammonismus auch schon damals seine Faszination auf die Menschen ausgeübt und Gott den Rang streitig gemacht. Übrigens: das Wort mammon kommt aus dem Aramäischen und bedeutet schlicht Besitz, Vermögen. Es gibt aber auch die Deutung, dass es von dem benfalls aramäischen Wort aman kommt, und das bedeutet das, worauf man vertraut. In Gold we trust wäre ja vielleicht auch der treffendere Slogan für die Dollarnote als In God we trust. Auf diesem Hintergrund hat Jesus seine Geschichten erzählt. Auch die kriminelle Story, die unseren heutigen Predigttext bildet. Man ist beim Lesen oder Zuhören geneigt, den Bericht über einen BAWAG-Skandal aus jener Zeit vor sich zu haben. LUKAS 16,1-13 LESEN Der kriminelle Hauptakteur ist schnell identifizert: Natürlich der Verwalter auf griechisch übrigens Ökonom, nur so ganz nebenbei bemerkt. Sie wissen nicht genau, was ein Ökonom ist? Ich will es Ihnen anhand einer Geschichte erklären. Ein Kreuzfahrtschiff sinkt und es überleben nur drei Personen, ein Physiker, ein Chemiker und ein Ökonom. Sie stranden auf einer einsamen Insel und mit ihnen wird eine große, stabile Dose Wiener Würstchen an den Strand gespült. Der Chemiker sagt: Ich werde Salz aus dem Meer extrahieren und eine Säure anmischen, um die Dose zu öffnen. Eine Woche lang probiert er dies aber die Dose gibt nicht nach. Sagt der Physiker: Lass mich mal ran, ich werde über Hebel und Kräfte versuchen die Dose zu öffnen, auch dies wir eine Woche probiert. Währendessen sitzt der Ökonom die ganze Zeit am Strand und bräunt sich, bis die beiden anderen kommen und den Ökonomen anfauchen: Wir versuchen hier unser Leben zu retten und Du trägst nichts dazu bei. MACH WAS!!!.Darauf sagt der Ökonom: Jungs ich weiß gar nicht was ihr habt, NEHMEN WIR DOCH EINFACH MAL AN DIE DOSE WÄRE OFFEN. Dieser Mann hat ein ungeheures kriminelles Talent. Und so lauten auch die Überschriften in den verschiedenen Bibelausgaben die ja nicht selbst Teil des biblischen Textes sind - Vom unehrlichen Verwalter (Luth) Gleichnis vom ungerechten Verwalter (Elb) Vom Umgang mit Geld: Die Geschichte vom untreuen Verwalter (GN) Der durchtriebene Verwalter (Hfa) Es ist nun mal eine bedauerliche Tatsache: Solche kriminellen Subjekte gibt s leider Gottes immer und überall. Die Flöttls und Elstners, oder den französichen Aktienhändler Jérome Kerviel, der 5 Milliarden Euro verzockt hat. Oder jüngstes Beispiel: der deutsche Postchef, der rechtzeitig seine 2/8
3 Schäfchen ins trockene Liechtenstein gebracht hat und der wohl nur die Spitze des Eisbergs darstellt. Zu Recht empört sich das Volk über solche Betrüger. Wenn es gelänge, ihnen das Handwerk zu legen, dann wäre schon viel gewonnen auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit. Blöd ist jetzt nur und im Grunde unverständlich - dass Jesus in seiner Erzählung ausgerechnet dem durchtriebenen Verwalter ein dickes Lob zukommen lässt. Jesus lobte das vorausplanende Handeln des gerissenen Verwalters übersetzt Hoffnung für alle den entsprechenden Vers. Na ja, wenn Jesus solches Verhalten lobt, und wir ja gerne so leben möchten, dass uns Jesus auch loben kann, dann sollen wir also auch ja was denn? Auch gerissen und durchtrieben handeln? Schnell und den eigenen Vorteil nützend? Das kann s ja eigentlich nicht sein. Jesus kann es einem schon ganz schön schwer machen mit seinen Geschichten. Nun wissen einige unter Ihnen vielleicht, dass es bei einem Gleichnis eine Bildebene und eine Sachebene gibt, und diese beiden Ebenen berühren einander nur an einem Punkt, dem so genannten Vergleichspunkt. Der könnte in diesem Fall in dem schnellen, vorausschauenden Handeln des Verwalters liegen. Nur wozu dann eine Bildhälfte, die mit ihrem kriminellen Stoff Fragen geradezu provoziert? Hätte Jesus vorausschauendes Handeln nicht an einer weniger anstößigen Geschichte deutlich machen können? Versuchen wir einmal, uns der Angelegenheit von einem systemischen Ansatz zu nähern. Systemisch meint, im größeren Zusammenhang, unter Berücksichtigung von Wechselwirkungen und Verwicklungen. Systemisch gedacht gibt es nicht einfach einen Schuldigen, dessen Bestrafung und Eliminierung dann das Problem lösen würde. Das Übel packt man noch nicht an der Wurzel, wenn man den Üblen am Kragen packt. Tatsächlich ist es ja so: Wenn wir noch einmal einen genauen Blick auf die Geschichte werfen und uns dazu ein paar Hintergrundinformationen besorgen, steht auf einmal der Verwalter nicht mehr allein auf weiter krimineller Flur. Wir müssen wissen, dass zu Jesu Zeiten das Land einer kleinen Zahl von Großgrundbesitzern gehörte. Die waren auf Grund der Größe ihres Besitzes gar nicht in der Lage, alles selber zu verwalten; deshalb setzten sie Verwalter ein, Ökonomen, Manager. Die mussten und durften mit den ihnen anvertrauten Gütern selbständig wirtschaften. Sie konnten verpachten, Abgaben festlegen, Kredite ausstellen und Forderungen eintreiben. Ähnlich wie die Zolleinnehmer hatten sie dabei die Möglichkeit, in die eigene Tasche zu wirtschaften, so lange die Bilanz für den Besitzer stimmte und er sich mit den abgelieferten Einnahmen zufrieden gab. Natürlich machten die Großgrundbesitzer auch Druck auf ihre Manager. Das war damals nicht anders als heute. Die Kohle musste schon stimmen, und 3/8
4 man musste aus den Leuten, den Bauern vor allem, herauspressen, was man konnte. Wenn einer nicht bezahlen konnte, wurde nicht lange gefackelt. Er ging als Schuldsklave mit seiner ganzen Familie in das Eigentum des Großgrundbesitzers über. (Ich glaube allerdings nicht, dass man damals schon von Humankapital gesprochen hat.) Wie viele solcher Schuldsklaven wohl zur Zeit Jesu ihr Dasein fristeten? Also: kriminelles Potenzial kann durchaus auch bei dem Großgrundbesitzer vermutet werden. Oder ist es etwa nicht kriminell, Menschen wirtschaftlich abhängig zu machen, auszubeuten, vielleicht sogar zu ruinieren? In welchem Gesicht zeigt sich Schuldsklaverei heute? Spinnen wir die Sache noch ein wenig weiter. Kann nicht sogar den offensichtlichen Opfern des Deals, den Schuldnern, kriminelles Handeln bescheinigt werden? Wenn sie ihre Schulden nicht fristgerecht zurückzahlten, zumindest bis zur dritten Mahnung warteten und schließlich vor einer Urkundenfälschung nicht zurückschreckten? Systemisches Denken macht die Sache nicht einfacher, sondern in der Regel komplizierter. Jetzt haben wir es auf einmal nicht mehr mit einem Kriminellen zu tun, sondern mit mindesten vier. Aber wir stoßen dafür auf die tatsächliche Wurzel des Übels, nämlich den allen Handlungen zugrunde liegenden ungerechten Mammon. Hoffnung für alle übersetzt diesen Ausdruck vom ungerechten Mammon sehr treffend mit das Geld, das so viele zum Unrecht verführt. Das Geldsystem, der Mammonismus, der damals vorherrschend war und in unserer Zeit zur Staatsreligion erklärt wird das ganze System beruht auf Unrecht, ist von Unrecht durchdrungen und produziert ständig neues Unrecht. Es würde den Rahmen dieser Predigt bei weitem sprengen, würden wir alles Unrecht in unserer Welt aufzählen, das im Zusammenhang mit und im Hinblick auf das Geld geschieht. Stichworte wie Shareholder Value also die Marktwert-Maximierung des Eigenkapitals, die wirtschaftliche Ausbeutung der Länder der Dritten Welt, Wegrationalisierung von Arbeitsplätzen, Schuldenfallen verschiedenster Art wären hier zu nennen. Wir leben in einem ungerechten System und: wir haben alle unseren Anteil an der Aufrechterhaltung dieses Systems. Wir machen es uns zu leicht, die Schuld den Ökonomen zuzuschieben. Interessant ist, dass der Ausdruck ungerechter Verwalter in unserem Text aus dem Griechischen auch übersetzt werden kann mit Verwalter der Ungerechtigkeit. Sehen Sie den Unterschied? Einmal ist es der Verwalter und seine persönliche Ungerechtigkeit, seine unlauteren Motive, seine Eigennützigkeit. Das andere Mal ist er der Verwalter eines ungerechten Systems, in dem er eine gewisse Rolle spielt, aber eben nur eine Rolle. Nachdem wir es mit einer kriminellen Geschichte zu tun haben, ist es schon wichtig, ganz genau hinzuschauen, um die Fakten von Vermutungen zu unterscheiden. Wieso unterstellen wir eigentlich dem Verwalter unlautere 4/8
5 Motive? Gut, er wird vor seinem Herrn beschuldigt von wem eigentlich dass er das Gut des Herrn verschleudern würde. Der Herr reagiert auf das bloße Gerücht; er macht sich nicht einmal die Mühe, in die Bücher zu schauen und kündigt den Verwalter auf den bloßen Verdacht der Untreue hin. Und jetzt stellen wir uns einmal vor, der Verwalter hat einfach ein soziales Gewissen besessen, oder es hat ihn gepackt, als er die Kündigung gekriegt hat, und da hat er wozu er als selbständig agierender Manager ermächtigt war den Bauern einfach den Teil der Schuld erlassen, hinter dem sich in Wahrheit Zinsen verbargen. Offiziell war es in Israel ja verboten, Zinsen zu nehmen. Also, was tat ein kluger Ökonom: er rechnete sie schon von vornherein in die Schuldsumme ein. Die Zinsen und natürlich den persönlichen Reibach noch dazu. Kann es sein, dass der ungerechte Verwalter in Wahrheit Gerechtigkeit übte wenn auch verspätet? Kann es sein, dass das angebliche Verschleudern des anvertrauten Gutes darin bestand, dass er einfach nicht auf Gewinnmaximierung für seinen Herrn bedacht war, sondern die missliche Lage der Schuldsklaven berücksichtigt hat und die Verträge zu ihren Gunsten geändert hat? Gut, vielleicht hat ihn ja auch erst die eigene missliche Lage dazu gebracht, sich zugunsten der Schuldner einzusetzen. Natürlich hat er auch an sich gedacht bei der Geschichte, an seine eigene ungewisse Zukunft. Aber stand das wirklich so stark im Vordergrund? Und ist es möglich, dass Jesus die Geschichte bewusst nicht als Gleichnis verstanden wissen wollte, mit einer Bildebene, die sich nur an einem Punkt mit der Sachebene trifft? War die Geschichte vielmehr ein deutliches Statement Jesu gegen die Ausbeutung der Armen und für mehr Gerechtigkeit? Ich glaube, die Zuhörer Jesu könnten es durchaus so verstanden haben. Vielleicht hat Jesus ja tatsächlich einen BAWAG-Skandal aus seinen Tagen aufgegriffen? Interessant ist ja die Reaktion der Pharisäer, die Lukas ausdrücklich erwähnt in diesem 16. Kapitel des Lukasevangeliums: Das alles hörten auch die Pharisäer, die sehr am Geld hingen, und sie lachten über ihn. Da sagte er zu ihnen: Ihr redet den Leuten ein, dass ihr gerecht seid; aber Gott kennt euer Herz. Denn was die Menschen für großartig halten, das ist in den Augen Gottes ein Gräuel.. Hören wir aber noch kurz auf das hin, was Jesus selbst an Auslegung gebracht hat. Zunächst einmal: Er lobt kluges Handeln und legt es seinen Jüngern nahe, sich daran zu orientieren. Die Söhne dieser Welt sind klüger als die Söhne des Lichts gegen ihr eigenes Geschlecht. Dummheit ist keine christliche Tugend. Naivität ist kein christliches Markenzeichen. Die Söhne des Lichtes dürfen sich in den ganz weltlichen Angelegenheiten ruhig als helle Köpfe 5/8
6 erweisen. Es fällt uns kein Zacken aus der Krone, wenn wir von der Welt etwas lernen. Natürlich, ohne unsere ethischen und christlichen Maßstäbe aufzugeben. Als zweites greift Jesus den Aspekt der Geschichte auf, dass sich der Verwalter mit seiner Aktion die Freundschaft der Schuldner und damit seine eigene Zukunft sichern wollte. Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn er zu Ende geht, man euch aufnehme in die ewigen Zelte. Klar ist also, dass auch Christen mit dem ungerechten Mammon umzugehen haben. Wir leben nicht noch nicht auf einer Insel der Seligen, wo Geld wahrscheinlich wirklich keine Rolle mehr spielen wird. Wir haben genauso Einkommen und Ausgaben wie andere Menschen, wir haben Überlegungen anzustellen, was wir mit dem Geld, das uns zur Verfügung steht, tun. Ob wir es anlegen, investieren wofür? Wozu soll es uns dienen? Soll es in erster Linie uns dienen? Jesus sagt: Macht euch Freunde damit. Das heißt, benützt das Geld, um Sozialkontakte herzustellen und zu festigen. Leistet einen Solidarbeitrag. Unterstützt Bedürftige mit eurem Geld. Wirtschaftet so, dass Leben und Gemeinwohl gefördert werden. Zeichnet Aktien im Reich Gottes. Dass wir damit auch für unsere eigene Zukunft vorsorgen, ist eine weitere Pointe der Geschichte. Völlig unbefangen fordert uns die Bibel auf, Schätze im Himmel zu sammeln. Vielleicht lässt sich das am besten mit einer Erzählung von Leo Tolstoi illustrieren: Ein Reicher kommt in den Himmel. Oft wurde ihm gepredigt: Am Ende Deines Lebens kannst Du nichts von Deinem Reichtum mitnehmen. Doch der Reiche trägt im Himmel einen schweren Geldsack, gefüllt mit goldenen Rubelmünzen in seiner Hand. Und dann stellt er fest, dass es im Himmel zugeht wie auf der Erde. Es gibt dort alles zu kaufen. Die feinsten Sachen in den elegantesten Läden. Der einzige Unterschied: der Kunde wird von wunderschönen Engeln bedient, die immer freundlich sind und lächeln. Und weil der Reiche Hunger hat, geht er in eine Bäckerei, um sich leckeren Kuchen und duftendes Brot zu kaufen. Vor ihm steht eine alte Frau. Die reicht dem Engel eine abgewetzte kleine Kopeke, ungefähr ein Cent in unserer Währung, und bekommt dafür Brot und Kuchen in Hülle und Fülle. Dem Reichen läuft das Wasser im Mund zusammen. Prima, denkt sich der Reiche, die Preise im Himmel sind mehr als anständig und zieht eine schwere goldene Rubelmünze aus seinem Geldsack. Diesen Kuchen, zehn Brezeln, dieses Brot, Blätterteigtaschen und zwei Nusskipferln.. Packen sie es alles ein! sagt er zum Engel. Der Engel lächelt ihn freundlich an. Tut mir leid, mein Herr. Diese Währung gilt nicht im Himmel. Warum? fragt der Reiche erbost. Die Frau vor mir hat mit einer Kopeke den halben Laden leer gekauft, und ich gebe ihnen einen goldenen Rubel. Die Kopeke der alten Frau ist Geld, das sie in ihrem Erdenleben mit anderen geteilt hat. Nur diese Währung zählt im Himmel. 6/8
7 Soweit die Erzählung von Tolstoi. Und zurück zu Jesu Folgerungen aus der Geschichte mit dem Verwalter der Ungerechtigkeit. Noch einmal unterstreicht Jesus, dass wir inmitten des Systems des ungerechten Mammons leben und mit diesem umzugehen haben. Und für den Fall, dass sich bei uns der Gedanke einschleicht, als Christen seien wir über derlei weltliche Dinge erhaben, macht Jesus deutlich: Hier, auf der Erde, hier, mitten in unserem Alltag, hier, in allen weltlichen Geschäften, ist unser Übungsfeld für die Ewigkeit. Ganz offensichtlich soll uns in der Ewigkeit etwas anvertraut werden Jesus nennt es das Wahrhaftige und für den Umgang mit dem Wahrhaftigen sollen wir jetzt schon üben. Treue, Gewissenhaftigkeit auch und gerade in den kleinen, ganz weltlichen Dingen. Gedankenlosigkeit im Umgang mit dem Geld und das muss ich jetzt mir selbst predigen Gedankenlosigkeit ist unverantwortlich. John Wesley, Vater der Methodistenkirche, hat die einprägsame Formel geprägt: Earn all you can, save all you can, and give all you can. Also 1. Erwirb, soviel du kannst; 2. Spare soviel du kannst (also: verschwende nichts); 3. Gib, soviel du kannst." Aber noch eines muss gesagt werden, und das sagt Jesus abschließend zu diesem Kapitel: Du kannst nicht Gott dienen und dem Mammon. Er sagt das zu Menschen, deren erklärtes Ziel es war, Gott zu dienen! Der Umgang mit dem Geld birgt Gefahren, auch für Christen. Wir sind vor dem Mammonismus nicht gefeit. Unser Denken kann ganz gefangen genommen werden von finanziellen Überlegungen. Wünsche und Begehrlichkeiten regen sich auch in uns. Ängste im Hinblick auf drohende finanzielle Notlagen melden sich und damit der Wunsch, sich abzusichern. Paulus spricht seinem Mitarbeiter Timotheus gegenüber die deutliche Warnung aus: Wer unbedingt reich werden möchte, gerät in Versuchung. Er verfängt sich in unsinnigen und schädlichen Wünschen, die ihn zugrunde richten und ins ewige Verderben stürzen. Denn Geldgier ist eine Wurzel alles Bösen. Manche sind ihr so verfallen, dass sie dem Herrn untreu wurden und sich selbst die schlimmsten Qualen bereiteten. (1.Tim 6,9.10) Und in seinem 1. Korintherbrief zeigt er das richtige Verhältnis zu Geld, zu Besitz und Konsum auf: Die Tage dieser Welt sind gezählt. Darum gilt für die Zeit, die uns noch bleibt: Auch wer verheiratet ist, muss innerlich so frei sein, als wäre er unverheiratet. Wer traurig ist, lasse sich nicht von seiner Trauer gefangen nehmen, und wer fröhlich ist, nicht von seiner Freude. Kauft ein, als ob ihr das Gekaufte nicht behalten würdet, und geht so mit der Welt um, dass ihr nicht darin aufgeht. Denn die gegenwärtige Welt wird nicht mehr lange bestehen. (1.Kor 7,29-31) In diesem Sinne Amen. 7/8
8 Peter Rettinger, /8
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