Vorlesung Fachhochschule Düsseldorf WS 2014/15 Vorlesung: 18. November 2014
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- Manfred Sauer
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1 Vorlesung Fachhochschule Düsseldorf WS 2014/15 Vorlesung: 18. November 2014 Zur Erinnerung: bisherige Lerninhalte 1) Kurzdefinition Recht Gesamtheit der Rechtsnormen, die zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort verbindlich gelten und deren Geltung erforderlichenfalls mit Hilfe staatlicher Organe (Gerichte, Polizei etc.) durchgesetzt werden kann. Vgl. Schema der deutschen Rechtsordnung 2) Gegenstand der Vorlesung sind: - das Wirtschafts- und Privatrecht und - das Medienrecht = nur die linke Seite auf der Übersicht! Vgl. Modulhandbuch M10 Recht (Internetseite FH Düsseldorf) Grund: besonders praxisrelevant für das spätere Berufsleben Nicht Gegenstand der Vorlesung daher: Öffentliches Recht inkl. Strafrecht 3) Privatrecht Das Privatrecht umfasst
2 - das Bürgerliche Recht (insbesondere im BGB geregelt) und - das Sonderprivatrecht (z.b. Urheberrecht, Handelsrecht) Das Wirtschaftsrecht und das Medienrecht finden ihre Grundlage sowohl im Bürgerlichen Recht als auch im Sonderprivatrecht. Gegenstand der Vorlesung zuerst: Bürgerliches Recht, danach erst das Sonderprivatrecht (z.b. Urheberrecht im 2. Semester). Warum? Zuerst das Allgemeine, dann das Besondere! Deshalb: intensive Beschäftigung mit dem Bürgerlichen Recht, also insbesondere dem BGB. 4) BGB Das BGB umfasst 5 Bücher. Das Familien- und Erbrecht sind nicht Gegenstand der Vorlesung. Dafür aber die beiden ersten Bücher, d.h. der Allgemeine Teil (1. Buch) und das Recht der Schuldverhältnisse (2. Buch), ferner in Grundzügen auch das Sachenrecht (3. Buch). In Bezug auf das 1. Buch des BGB haben wir uns bereits intensiv mit der Geschäftsfähigkeit ( 104 ff. BGB) beschäftigt. Viele weitere Bereiche, die das 1. Buch des BGB behandelt, werden noch folgen, z.b.: - Anfechtung, - Stellvertretung, - Verjährung.
3 In Bezug auf das 2. Buch des BGB Recht der Schuldverhältnisse (vgl. Überschrift des 2. Buches des BGB) haben wir bislang insbesondere folgendes besprochen: - dass sich das 2. Buch des BGB in zwei große Abschnitte gliedert, nämlich: BGB (Allgemeiner Teil des Schuldrechts) BGB (Besonderer Teil des Schuldrechts) - was unter einem Schuldverhältnis zu verstehen ist, nämlich: Eine Rechtsbeziehung zwischen mindestens zwei Personen, kraft derer der eine (Gläubiger) berechtigt ist, von dem anderen (Schuldner) eine Leistung zu fordern. Der Begriff ergibt sich aus 241 Abs. 1 BGB. - wie können Schuldverhältnisse entstehen können, nämlich: Nach ihrer Entstehung werden folgende Schuldverhältnisse unterschieden: - rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse - rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse - gesetzliche Schuldverhältnisse Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse entstehen: - durch Vertrag ( 311 Absatz 1 BGB, lesen!) oder - ausnahmsweise - bei Auslobung ( 657 BGB) - durch einseitiges Rechtsgeschäft. Gesetzliche Schuldverhältnisse entstehen unabhängig vom Willen der Parteien dadurch, dass bestimmte gesetzlich festgelegte Voraussetzungen vorliegen, nach denen jemand eine Leistung fordern kann. Gesetzliche Schuldverhältnisse sind insbesondere:
4 - die Geschäftsführung ohne Auftrag ( BGB), - die ungerechtfertigte Bereicherung ( BGB), - die unerlaubte Handlung ( BGB) (auch Delikt genannt) Rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse sind an sich als gesetzliche Schuldverhältnisse einzuordnen. Sie sind jedoch den rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnissen weitgehend gleichgestellt. Dazu zählt insbesondere das vorvertragliche Schuldverhältnis ( 311 Absatz 2 BGB), auch "culpa in contrahendo" (c.i.c.) genannt. 5) Wer von wem was woraus? Wir haben uns in den letzten Wochen auch bereits mit allgemeinen Hinweisen zur Klausur beschäftigt und herausgearbeitet, dass sich bei der Klausur 3 Arbeitsschritte unterscheiden lassen: (1) Erfassen der Aufgabe, d.h.: - Sachverhalt gedanklich genau erfassen - Fallfrage konkretisieren, d.h.: Wer will was von wem woraus? Das bedeutet, dass geklärt werden muss: - Wer ist der Anspruchssteller, d.h. der Gläubiger ( Wer )? - Welches Anspruchsziel ( Was ) wird verfolgt? - Wer ist der Anspruchsgegner, d.h. der Schuldner ( von Wem )? - Auf welche Anspruchsgrundlage ( Woraus ) wird das Anspruchsziel gestützt?
5 Zum Auffinden der richtigen Anspruchsgrundlage: Beim Auffinden der richtigen Anspruchsgrundlage ist immer vom Gläubigerbegehren auszugehen. Was will der Gläubiger? Will er Erfüllung oder Schadensersatz etc.? Wir haben auch festgestellt, dass im Zusammenhang mit der Anspruchsgrundlage: - zuerst geprüft wird, ob vertragliche Ansprüche bestehen, - erst danach, ob gesetzliche Ansprüche bestehen. Dies bedeutet: Vertragliche Ansprüche? = Bestehen eines rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses, insbesondere Vertrag Gesetzliche Ansprüche? = Bestehen eines gesetzlichen Schuldverhältnisses, insbesondere 823 BGB Zur Vervollständigung: Die beiden weiteren Arbeitsschritte sind: (2) Lösungsskizze erstellen (3) Niederschreiben der Klausurlösung 6) 823 BGB Aus Vorstehendem ergibt sich, warum 823 BGB im Rahmen unserer Vorlesung so relevant ist: weil es insbesondere um Schuldrecht geht, das Schuldrecht insbesondere zwischen rechtsgeschäftlichen und gesetzlichen
6 Schuldverhältnissen unterscheidet und die unerlaubte Handlung gemäß 823 ff. BGB ein wichtiges gesetzliches Schuldverhältnis darstellt 7) Fall vom S ist eine bekannte deutsche Schauspielerin. Sie spielte unter anderem die Hauptrolle in dem Film Das Leben ist ganz wunderbar, der mit großem Erfolg im deutschen Fernsehen lief. Im Mai 2014 veröffentlichte das deutsche Handelsunternehmen H einen Werbekatalog, in dem H auf der ersten Seite unter anderem auch Fernsehgeräte, die von H vertrieben werden, bewarb. Auf einem der Fernsehbildschirme, die in dem Werbekatalog zu sehen sind, ist deutlich erkennbar ein Bildnis der S aus dem Film Das Leben ist ganz wunderbar abgebildet. Außerdem befindet sich der Titel dieses Films am rechten oberen Rand dieses Fernsehbildschirms. S hatte zu dieser Verwendung ihres Bildnisses ihre Zustimmung nicht erteilt und ist deshalb empört. H wendet ein, dass die S in dem Bildnis als Person zwar erkennbar sei; allerdings sei S in dem Bildnis in ihrer Rolle aus dem Film Das Leben ist ganz wunderbar zu sehen, so dass die Verwendung des Bildnisses auch ohne ihre Zustimmung möglich war. Prüfen Sie im Gutachtenstil, ob: 1) S von H Unterlassung der Verwendung ihres Bildnisses verlangen kann. 2) S gegenüber H Schadensersatzansprüche zustehen. Falls Sie Schadensersatzansprüche bejahen, erläutern Sie bitte, welche Möglichkeiten der Schadensberechnung bestehen. Prüfungsschemata:
7 Allgemeines Prüfungsschema für 823 Abs. 1 BGB: 1. Tatbestand des 823 Abs. 1 BGB 1.1. Rechtsgutverletzung Leben Körper, Gesundheit Freiheit Eigentum Sonstige Rechte z.b. Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG 1.2. Verletzungshandlung Tun Unterlassen 1.3. Haftungsbegründende Kausalität Die Verletzungshandlung muss kausal für die Rechtsgutverletzung sein. 2. Rechtswidrigkeit 2.1. Regel: Verwirklichung des Tatbestands indiziert die Rechtwidrigkeit 2.2. Ausnahme: Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes 3. Verschulden 3.1. Vorsatz, Fahrlässigkeit ( 276 Abs. 2 BGB) , 828 BGB 4. Rechtsfolge: Schadensersatz 4.1. Schaden 4.2. Haftungsausfüllende Kausalität 4.3. Art und Umfang, 249 ff. BGB
8 Allgemeines Prüfungsschema für 823 Abs. 2 BGB: 1. Verletzung eines Schutzgesetzes i.s.v. 823 Abs. 2 BGB 1.1. Schutzgesetz (z.b. 185 StGB oder 22 ff. KUG) Schutzgesetz ist jede Rechtsnorm, die (auch) dem Schutz der Rechte und Interessen des Einzelnen dient Verstoß gegen das Schutzgesetz tatbestandsmäßig rechtswidrig evtl. schuldhaft (beachte 823 II 2 BGB, in diesem Fall Prüfung des Verschuldens unten) 2. Rechtswidrigkeit 2.1. Tatbestand indiziert Rechtswidrigkeit 2.2. evtl. Rechtfertigungsgründe 3. Verschulden Prüfung nur, wenn dies nicht schon innerhalb der verletzten Norm geschehen ist (vgl. 823 Abs. 2 Satz 2 BGB, s.o.) 4. Schadensersatz 4.1. Schaden 4.2. Haftungsausfüllende Kausalität 4.3. Art und Umfang, 249 ff. BGB
9 Spezialfall: Prüfungsschema für 823 Abs. 1 BGB bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts 1. Tatbestand des 823 Abs. 1 BGB 1.1. Rechtsgutverletzung Verletzung eines sonstigen Rechts: Allgemeines Persönlichkeitsrecht, das aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG abgeleitet wird, ist als sonstiges Recht im Sinne von 823 Abs. 1 BGB anerkannt Sonderfall: Tatbestandsvoraussetzungen im Falle eines Geldentschädigungsanspruchs bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten (vgl. unten unter Ziffer ): Der Geldentschädigungsanspruch hat strenge Voraussetzungen, da die freie geistige Auseinandersetzung mit politischen und gesellschaftlichen Themen gefährdet wäre, wenn jede kritische Äußerung mit einem erheblichen finanziellen Risiko verbunden wäre. Die Anspruchsprüfung gleicht der Prüfung eines normalen Schadensersatzanspruches im Rahmen des 823 Abs. 1 BGB, allerdings mit folgenden Besonderheiten: - es muss eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechtes vorliegen (richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles) Maßgeblich sind insbesondere die Intensität des Eingriffs und seiner Folgen. Beispiele aus der Rechtsprechung: - Verletzung der Intimsphäre (z.b. Veröffentlichung von Nacktfotos) - Falschdarstellung einer Person als Straftäter - hartnäckige Wiederholung einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts
10 - Schmähkritik (Fall, in dem zu einer Fernsehansagerin gesagt wurde, sie sehe aus wie eine ausgemolkene Ziege ) - Vorliegen eines immateriellen Schadens: z.b. Rufschäden, Schmälerung der Lebensfreude - anspruchsberechtigt sind nur natürliche Personen, da der Geldentschädigungsanspruch insbesondere der Genugtuung dient. Dieses seelische Bedürfnis können aber nur natürliche Personen empfinden. - Höhe der Geldentschädigung: Frage des Einzelfalls. Kriterien: - Intensität des Eingriffs - Grad des Verschuldens - Verbreitungsgrad (Leser-, Hörer- oder Zuschauerzahl) - Verhalten des Betroffenen 1.2. Verletzungshandlung Tun Unterlassen 1.3. Haftungsbegründende Kausalität Die Verletzungshandlung muss kausal für die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts sein. 2. Rechtswidrigkeit Die Regel, wonach die Verwirklichung des Tatbestands die Rechtwidrigkeit indiziert, gilt bei der Verletzung von Persönlichkeitsrechten nicht.
11 Stattdessen ist hier die Rechtswidrigkeit in einer umfassenden einzelfallbezogenen Abwägung der persönlichkeitsrechtlichen Interessen des Betroffenen mit den (medialen) Interessen des Handelnden positiv zu ermitteln. Anders formuliert: Ob in medienrechtlichen Fällen die Verletzung des Persönlichkeitsrechts in dem konkreten Einzelfall rechtswidrig ist, entscheidet eine Abwägung der Rechte des Betroffenen mit den Rechten des Anspruchsgegners aus Art. 5 GG. Das Persönlichkeitsrecht ist ein Rahmenrecht. Es liegt also einer der wenigen Fälle vor, in denen die Verletzung des Rechtsguts nicht die Rechtswidrigkeit indiziert, sondern die Rechtswidrigkeit positiv festgestellt werden muss. In diesem Rahmen sind insbesondere die Kommunikationsfreiheiten gemäß Art. 5 GG (z.b. Meinungsfreiheit) zu berücksichtigen und mit dem Persönlichkeitsrecht abzuwägen. Achtung: Die Interessenabwägung ist in medienrechtlichen Fällen regelmäßig ein Schwerpunkt der Falllösung. 3. Verschulden 3.1. Vorsatz, Fahrlässigkeit, 276 BGB , 828 BGB 4. Rechtsfolge: Schadensersatz 4.1. Schaden Materieller Schaden - materielle Schäden an eigenen Rechtsgütern, z.b. Eigentum - Heilbehandlungskosten bei körperlichen Schäden - Einkommensverlust (z.b. Jobverlust intimer Fotos in Männermagazin durch Anspruchsgegner) - Kosten infolge der Verfolgung der Persönlichkeitsrechtsverletzung, z.b. Anwaltskosten
12 - kommerzielle Auswertung vermögenswerter Bestandteile des Persönlichkeitsrechts (z.b. Name, Stimme, Bildnis) Immaterieller Schaden (Geldentschädigungsanspruch) Achtung: Immaterielle Schäden können nicht wie materielle Schäden ersetzt werden. Der Betroffene kann aber in Geld entschädigt werden. Problem: Eine Geldentschädigung für die Verletzung von Persönlichkeitsrechten ist gesetzlich nicht geregelt; insbesondere ist 253 Abs. 2 BGB nicht einschlägig. Jedoch erkennt die Rechtsprechung die Möglichkeit an, immaterielle Nachteile, die aus einer Verletzung von Persönlichkeitsrechten resultieren, in Geld zu entschädigen, weil andernfalls keine sachgerechten Ergebnisse erzielt werden könnten. Zweck: Die Geldentschädigung soll immaterielle Nachteile ausgleichen und dem Betroffenen Genugtuung verschaffen. Voraussetzungen: s.o. zu Ziffer Haftungsausfüllende Kausalität 4.3. Art und Umfang, 249 ff. BGB
13 Prüfungsschema 22 ff. KUG Allgemeines Das Recht am eigenen Bild gemäß 22 KUG ist eine besondere Ausprägung des Persönlichkeitsrechts. 22 KUG ist nach seinem Wortlaut verletzt, wenn Bildnisse ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Zu beachten ist, dass 22 Satz 1 KUG nicht voraussetzt, dass die Abbildung ehrenrührig ist oder einen besonders geschützten z.b. intimen Bereich der Persönlichkeit betrifft. Die bloße Herstellung des Bildnisses wird von 22 KUG nicht umfasst, erforderlich ist vielmehr die Verbreitung bzw. das öffentliche zur Schau stellen. Prüfungsaufbau Unter der Voraussetzung, dass 22 KUG verletzt ist, kann 22 KUG über 823 Abs. 2 BGB i.v.m. 22 ff. KUG zivilrechtlich durchgesetzt werden. Der Prüfungsaufbau ist wie folgt: - zuerst ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen des 22 Satz 1 KUG erfüllt sind - dann ist zu prüfen, ob die Einwilligung des Abgebildeten ausnahmsweise entbehrlich war. Ausnahmen sind in 23 Abs. 1 und 24 KUG enthalten. - schließlich ist zu prüfen, ob 23 Abs. 2 KUG eingreift
14 1. Tatbestand des 22 KUG 1.1. Bildnis Ein Bildnis im Sinne des 22 Satz 1 KUG ist die Darstellung eines Menschen, die seine äußere Erscheinung für Dritte erkennbar wiedergibt. Die Darstellungsform spielt keine Rolle. Bildnisse können z.b. Fotos, Gemälde, Zeichnungen oder Filmaufnahmen sein. Die abgebildete Person muss erkennbar sein. Dieses Merkmal ist weit auszulegen. Auseichend ist, dass der Abgebildete begründeten Anlass hat anzunehmen, er sei zu identifizieren Verbreitung oder öffentliche Zurschaustellung Ein Bildnis wird verbreitet, indem es z.b. in einem Presseerzeugnis körperlich weitergegeben wird. Es wird öffentlich zur Schau gestellt, wenn es z.b. auf einer Website wahrnehmbar gemacht wird Einwilligung ( 22 Satz 1 KUG) Die Bildnisnutzung ist rechtmäßig, wenn der Abgebildete (ausdrücklich oder konkludent) eingewilligt hat. Die Einwilligung gilt im Falle des 22 Satz 2 KUG im Zweifel als erteilt. Die Einwilligung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, d.h. 104 ff. BGB sind grundsätzlich anwendbar. Bei Minderjährigen ist also gemäß 107 BGB die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich. Diese Regelung ist im Persönlichkeitsrecht zu ergänzen: Da die Bildnisveröffentlichung den persönlichen Lebensbereich des Minderjährigen betrifft, muss er ebenfalls einwilligen, es sei denn, er ist noch nicht einsichtsfähig. Vertreten wird die Auffassung, dass die Einsichtsfähigkeit ab dem 14. Lebensjahr besteht.
15 Die Einwilligung kann zeitlich, örtlich und inhaltlich beschränkt erteilt werden. Ihre Reichweite ist durch Auslegung zu ermitteln. Einen Anhaltspunkt bietet die im Urheberrecht entwickelte Zweckübertragungslehre ( 31 Abs. 5 UrhG). Die Einwilligung kann gemäß 119 ff. BGB angefochten werden. 2. Abbildungsfreiheit ( 23 Abs. 1 KUG) Im Interesse der Medien, der Kunst und der Öffentlichkeit dürfen Bildnisse in bestimmten Ausnahmefällen ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte ( 23 Abs. 1 Ziff. 1 KUG) Voraussetzungen: Früher: lediglich (absolute oder relative) Person der Zeitgeschichte erforderlich, dann durfte Foto abgebildet werden, es sei denn, es lagen ausnahmsweise berechtigte Interessen des Abgebildeten isv 23 Abs. KUG dagegen Heute: mit der Veröffentlichung des Bildnisses muss ein schutzwürdiges Informationsinteresse (Informationsgehalt) der Allgemeinheit verfolgt werden; nicht gegeben bei reinen Werbezecken Nach heutiger h.m. setzt eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung damit eine Berichterstattung über ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung voraus. Dann ist die Gegenausnahme des 23 Abs. 2 KUG zu prüfen Ausnahmen gemäß 23 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 KUG Beispiel für Ziffer 2: Tourist vor Foto des Kölner Doms. 3. Schutz berechtigter Interessen des Abgebildeten ( 23 Abs. 2 KUG)
16 23 Abs. 2 KUG schränkt die Ausnahmen gemäß 23 Abs. 1 KUG zum Schutz des Abgebildeten ein. Im Falle des 23 Abs. 2 KUG darf ein Bildnis nicht ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden. Ob das persönlichkeitsrechtliche Interesse des Abgebildeten berechtigt ist, ist in einer Abwägung mit dem Veröffentlichungsinteresse der Gegenseite und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit zu ermitteln. Im Rahmen der Abwägung sind vor allem folgende Aspekte relevant: - Intensität des Eingriffs: Bildnisse, die die Intimsphäre einer Person betreffen (z.b. Nacktfotos), dürfen nicht ohne ihre Einwilligung veröffentlicht werden. - Zweck der Bildnisveröffentlichung: In der Abwägung ist zu berücksichtigen, ob das Bildnis einen Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse leistet oder nur der Unterhaltung dient. - Personengefährdung: Das Diskretionsinteresse des Abgebildeten überwiegt regelmäßig, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass eine Veröffentlichung des Bildnisses sein Leben, seine Gesundheit oder seine Freiheit gefährdet (z.b. erhöhte Gefahr einer Entführung). - Resozialisierungsinteresse des Straftäters - Werbung: die rein kommerzielle Bildnisverwertung ist nicht gemäß 23 Abs. 1 KUG privilegiert. Es ist mindestens auch ein Informationsinteresse erforderlich. Die persönlichkeitsrechtlichen Interessen sind mit den Informationsinteressen der Öffentlichkeit abzuwägen. Je weiter die informativen Zwecke zurücktreten, desto stärker ist das Persönlichkeitsrecht zu gewichten.
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