Disquotale Einlagen und verdeckte Gewinnausschüttungen
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- Adolf Schneider
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1 A. Disquotale Einlagen Nach 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Sofern an dem Vorgang einer Zuwendung eine Gesellschaft beteiligt ist, stellt sich zusätzlich die Frage, wer jeweils Zuwendender bzw. der Zuwendungsempfänger ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich in diesen Fällen nicht lediglich um ein Zweierverhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter handelt, sondern die Mitgesellschafter als Dritte beteiligt sind. Insbesondere in Fällen der disquotalen Einlage ist daher zu entscheiden, ob insoweit ein schenkungsteuerbarer Tatbestand vorliegt und in welchem Verhältnis. Das Erbschaftsteuerrecht unterscheidet i.r. dieser Rechtsbeziehungen zwischen transparenten Personengesellschaften 1 und intransparenten Kapitalgesellschaften. 2 Beispiel An einer Gesellschaft sind Vater V mit 60 % und sein Sohn S mit 40 % beteiligt. Um den Kapitalbedarf der Gesellschaft zu decken, überträgt Vater V einen Vermögenswert auf diese (verdeckte Einlage), so dass sich der Wert des Gesellschaftsvermögens erhöht. Diese Werterhöhung kommt nicht nur Vater V zugute, sondern wirtschaftlich auch dem Sohn S, so dass sich letztlich der Wert seiner Beteiligung an der Gesellschaft erhöht. Vordergründig liegt lediglich eine (unmittelbare) Zuwendung zwischen V und der Gesellschaft vor. Handelt es sich bei dieser um eine GmbH, erfolgt die Vermögensübertragung regelmäßig zur Förderung des Gesellschaftszwecks, so dass es an einer Unentgeltlichkeit und damit einem steuerbaren Vorgang fehlt. Allerdings tritt aufgrund des Vermögenszugangs bei der GmbH gleichzeitig eine Werterhöhung des Geschäftsanteils des Mitgesellschafters S ein. Nach Auffassung des BFH konnte in diesen Fällen jedoch keine Schenkung zwischen Vater und Sohn angenommen werden, da sich die Bereicherung des Sohnes lediglich als Reflexwirkung der bei der GmbH als Empfänger der Zuwendung eintretenden Bereicherung darstelle. Im Schenkungsrecht wie auch sei jedoch Voraussetzung für eine Zuwendung, dass ein Übergang von Vermögenssubstanz auf den anderen Gesellschafter erfolgt. Die reine Werterhöhung seiner Beteiligung sei für sich allein kein Gegenstand einer freigebigen Zuwendung, sondern lediglich Folge der Werterhöhung des Gesellschaftsvermögens, so 1 2 BFH v II R 82/96, BStBl II 1998, 630 BFH v II R 28/06, BStBl II 2008, 258 4
2 dass S als Mitgesellschafter nicht auf Kosten des Zuwendenden, also des Vaters, bereichert ist. 3 Nach Auffassung des BFH ist somit für eine Zuwendung zwingend ein Substanzübergang erforderlich; die Finanzverwaltung hielt hingegen ursprünglich jede Vermögensmehrung für ausreichend, auch wenn diese lediglich auf einen reinen Wertzuwachs als (mittelbare) Folge einer Vermögenshingabe an die Gesellschaft beruht. Seit dem gilt nunmehr eine neue schenkungsteuerrechtliche Rechtslage durch Einführung des 7 Abs. 8 ErbStG. 4 Die Neuregelung zielt mit Satz 1 auf die Rspr. des BFH zu sog. disquotalen bzw. disproportionalen Einlagen in Kapitalgesellschaften ( Besteuerungslücke ). 5 Sie geht von der Fiktion einer Schenkung aus und bestimmt zudem deren Bemessungsgrundlage. Der subjektive Tatbestand (Wille zur Unentgeltlichkeit) soll hierbei unbeachtlich sein. 6 7 Abs. (8) ErbStG Als Schenkung gilt auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt. Freigebig sind auch Zuwendungen zwischen Kapitalgesellschaften, soweit sie in der Absicht getätigt werden, Gesellschafter zu bereichern und soweit an diesen Gesellschaften nicht unmittelbar oder mittelbar dieselben Gesellschafter zu gleichen Anteilen beteiligt sind BFH v II R 67/93, BStBl II 1996, 160; BFH v II R 28/08, BStBl II 2010, 566 BeitrRLUmsG v , BGBl I 2011, 2592 Hierzu Koordinierte Ländererlasse v , BStBl I 2012, 331 (nachfolgend:ländererlasse). Tz 3.1. Ländererlasse 5
3 Die Auslegung nach dessen Wortlaut führt allerdings zu zum Teil seltsamen Ergebnissen; diesen überschießenden Normcharakter 7 hat auch die Finanzverwaltung erkannt und in Einzelfällen den Anwendungsbereich eingeschränkt. I. Leistung an eine Kapitalgesellschaft Das Gesetz verlangt eine Leistung an die Gesellschaft. Nach dem Wortlaut können dies auch Nutzungseinlagen (z.b. die unentgeltliche Überlassung von Wirtschaftsgütern) und Fremdfinanzierungsleistungen (z.b. die zinslose Darlehensgewährung) sein; 8 auch sollen unentgeltliche Dienstleistungen hierunter fallen. 9 Das ist vor dem Hintergrund des Normzwecks nicht überzeugend. Die mit der Ersparnis von Aufwendungen verbundene verhinderte Vermögensminderung der Kapitalgesellschaft kann nicht in eine substanzielle Vermögensmehrung umqualifiziert werden. 10 Daher führen Nutzungseinlagen, die unentgeltliche Leistung von Diensten (z.b. Geschäftsführung) oder die zinslose Überlassung von Fremdkapital zu keiner Erhöhung des Unternehmenswertes i.s.d. Satzes Zeitversetzte kongruente Einlage Beispiel A und B sind zu je 50 % Gesellschafter einer GmbH. A leistet eine verdeckte Bareinlage i.h.v Euro, B übereignet der GmbH 6 Wochen später ein Wirtschaftsgut mit einem Zeitwert von Euro. Legt man den Gesetzeswortlaut zugrunde, führen sowohl die verdeckte Bareinlage des A als auch die verdeckte Einlage des Wirtschaftsguts durch B zu einer Verwirklichung des Tatbestands des 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG. Die Rechtsfolge ist die Fiktion einer Schenkung, so dass beide Gesellschafter jeweils auf der Bemessungsgrundlage Euro Schenkungsteuer bezahlen müssten Hierzu etwa Milatz/Herbst, ZEV 2012, 21; Viskorf, ZEV 2012, 442, 443 ff Hierzu Tz Ländererlasse Korezkij, ZEV 2012, 303, 306 Vgl. BFH v GrS 2/86, BStBl II 1988, 348 zur fehlenden Einlagefähigkeit sog. Nutzungseinlagen So Fischer, ZEV 2012, 77, 81 f. 6
4 Leistung an Kapitalgesellschaft Gesamtbetrachtung: Zeitversetzte kongruente Einlage jeweils im Verhältnis Gesellschaft zu Gesellschafter im Verhältnis Gesellschaft zu Gesellschafter sowie zwischen Gesellschaftern fehlende Ausgewogenheit der beiden Leistungen = Toleranzgrenze von 20 % Für die Frage, ob eine Leistung an die Gesellschaft vorliegt, soll es jedoch auf eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung ankommen. Es ist daher keine steuerbare disquotale Leistung anzunehmen, sofern ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Gesellschafterleistungen entsprechend einem Gesamtplan der Gesellschafter vorliegt. 12 Das Stichtagsprinzip setzt der Gesamtbetrachtung jedoch Grenzen. Andere (vorausgegangene oder nachfolgende) Leistungen können nur berücksichtigt werden, wenn sie einen Bezug auf den Zeitpunkt der Steuerentstehung haben. Im Zeitpunkt der zu einer Wertsteigerung der Anteile führenden Leistung müssen damit Absprachen zwischen den Gesellschaftern und/oder mit der Gesellschaft bestehen, dass es zu keiner endgültigen Vermögensverschiebung zu Gunsten von Mitgesellschaftern kommen soll Tz und Ländererlasse; hierzu Viskorf/Haag/Kerstan, NWB 2012, 927, 934 Siehe Viskorf, ZEV 2012, 442, 444 7
5 a) Ausgleich auf Gesellschafterebene Abwandlung B verpflichtet sich gegenüber A, ihm zum Ausgleich ein Wirtschaftsgut im Wert von Euro zu übertragen. Auch in diesem Beispiel ist nach seinem Wortlaut 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG bezüglich der Leistungen des A an die GmbH einschlägig. 14 Dass B dem A eine entsprechende Gegenleistung in dessen Privatvermögen erbringt, spielt nach dem Wortlaut der Vorschrift keine Rolle, da das Rechtsverhältnis zwischen den Gesellschaftern in Satz 1 nicht angesprochen ist. Daher müssten auch Gesamtplanüberlegungen zwischen den Gesellschaftern an sich ohne Bedeutung sein gleichwohl lässt die Finanzverwaltung auch in diesem Fall eine Gesamtbetrachtung zu. 15 b) Fehlende Ausgewogenheit der Leistungen Darüber hinaus kann es vorkommen, dass die Beteiligten bei wechselseitigen Leistungen an die Gesellschaft übereinstimmend von einer Ausgewogenheit der Leistungen ausgehen. Sofern sich diese Annahme später anhand besserer Erkenntnisse als unzutreffend erweist, findet gleichwohl keine Besteuerung der objektiv vorhandenen Bereicherung statt, sofern nach den subjektiven Wertvorstellungen der Beteiligten (nachweislich) keine Bereicherung einer der Parteien vorliegen sollte. Eine Ausgewogenheit ist in diesem Fall jedoch zu verneinen, sofern zwischen den Leistungen ein offensichtliches Missverhältnis besteht hiervon ist nach Auffassung der Finanzverwaltung im Allgemeinen bei einer Wertdifferenz von mindestens 20 % auszugehen. 16 Diese Toleranzgrenze sollte auch in Fällen gelten, in denen eine Leistung zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschafter eine wechselseitige Leistung auf Gesellschafterebene gegenübersteht Forderungsverzicht Verzichtet der Gesellschafter in der Krise der Gesellschaft auf eine Forderung gegen die Gesellschaft, dann ist seine Forderung wegen 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO regelmäßig wertlos. Daher liegt keine verdeckte Einlage vor, denn der Gesellschafter wendet aus seinem Vermögen nichts Werthaltiges Viskorf/Haag/Kerstan, NWB 2012, 927, 934 Tz Ländererlasse Tz Ländererlasse So Korezkij, ZEV 2012, 303, 305 8
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