Eine neue Generation ist online

Transkript

1 In den letzten Jahren haben auch Seniorinnen und Senioren das Internet entdeckt. Bild Keystone Eine neue Generation ist online Senioren nehmen vermehrt am Leben im Internet teil und vernetzen sich in Computergruppen. Eine Generation, die s schreibt und über Skype mit ihrer Verwandschaft in Übersee telefoniert, hält langsam Einzug in die Altersheime. Von Daniel Jung

2 Gemäss den aktuellsten Zahlen des Bundesamts für Statistik benutzen 85 Prozent der Schweizer Bevölkerung ab 14 Jahren mindestens gelegentlich das Internet. Der Anteil der regelmässigen Benutzer Personen, die das Internet täglich oder mehrmals pro Woche benutzen lag im letzten Jahr bei 79,3 Prozent. Die Internetnutzung hat insgesamt in den vergangenen Jahren stark zugenommen (siehe Grafik unten links). Während die Zuwachsraten Ende der 90er-Jahre noch sehr hoch waren, haben sie sich inzwischen etwas abgeflacht. Im Schnitt nutzen Männer das Internet häufiger als Frauen. Besser ausgebildete Personen sind häufiger online unterwegs als Menschen mit geringerer Bildung. Auch das Einkommen beeinflusst die Wahrscheinlichkeit positiv, dass jemand das Internet nutzt: Je höher Die Nutzung des Internets hat seit 1997 sehr stark zugenommen. Ältere Personen nutzen immer noch weniger häufig das Interent als jüngere Menschen. Grafiken Bundesamt für Statistik

3 das Einkommen liegt, desto häufiger wird das Netz genutzt. Gemäss den Daten des Bundesamts für Statistik ist auch das Alter immer noch ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal. Während bei den 14- bis 19-Jährigen inzwischen 97 Prozent das Internet häufig nutzen, sind es bei den Senioren über 70 Jahre erst 29 Prozent. Trotzdem hat auch hier der Anteil in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen (siehe Grafik oben). Dies hat auch Auswirkungen auf die Region Schaffhausen. Die Senioren-Computergruppe Am letzten Donnerstagnachmittag trafen sich die Mitglieder des Forums CompuMail im Saal des Alterswohnheims La Résidence in Herblingen. «Liebe Freundinnen und Freunde von CompuMail, Kurt Meyer eröffnete am letzten Donnerstag das 14. Treffen des Forums Compu- Mail im Saal des Altersheims La Résidence in Schaffhausen. Bild Daniel Jung

4 schön, dass ihr trotz des prächtigen Wetters so zahlreich gekommen seid», sagte Kurt Meyer, der die Treffen jeweils organisiert. Mithilfe eines Beamers wurden dann aktuelle Fragen rund um E- «Es geht auch darum, dass ältere Leute so noch den Kontakt und etwas Unterhaltung haben» Mails und Neuerungen in Windows 7 behandelt. Rolf Gallmann führte vor, wie Bilder verkleinert werden können, um sie zu verschicken. Kurt Meyer erläuterte die Kalenderfunktion verschiedener Mailprogramme. Vor den Treffen, die fünfmal pro Jahr stattfinden, wenden sich die Forumsmitglieder jeweils mit Themenvorschlägen an Meyer. Während der Präsentationen am Donnerstag brachten die Teilnehmerinnnen und Teilnehmer auch immer wieder Fragen und eigene Vorschläge ein. Einen gemütlichen Ausklang nahm das Treffen bei Kaffee und Kuchen. Neben Treffen unterhält das Forum CompuMail auch eine Mailingliste. Die derzeit 55 angeschlossenen Mitglieder tauschen sich dort regelmässig aus. Neben Fragen zur Technik kommt auch dort die soziale Komponente nicht zu kurz: Häufig erstellen Mitglieder Bildreportagen, etwa über ihre letzten Ferien. «Es geht auch darum, dass ältere Leute, die nicht mehr an die Treffen kommen können, so noch den Kontakt und etwas Unterhaltung haben», sagte Kurt Meyer. Das Senioren-Computer-Forum besteht seit Es geht zurück auf Informatikkurse in Stein am Rhein, die zuvor während acht Jahren unter anderer Leitung bestanden. Das nächste Treffen findet wiederum im La Résidence statt, und zwar am Donnerstag, dem 27. Juni. Pfiffige Präsentationen Auch die Pro Senectute Schaffhausen bietet Computerkurse an. Im reichen Kursprogramm haben inzwischen auch Tablets und Smartphones eine grosse Aufmerksamkeit. So bietet Pro Senectute Schaffhausen derzeit je einen Grundkurs zum iphone und zum ipad an. Im Kurs zum Apple-Tablet werden an jeweils drei Nachmittagen die Bildschirmbedienung, das Programm itunes, der App-Store sowie das Surfen und das Mailen vorgestellt. Im PC-Bereich bietet Pro Senectute drei abgestufte Basiskurse an,

5 Tablet-Computer sind auch bei älteren Personen beliebt. Bild fotolia die jeweils im Informatikschulungsraum am Schaffhauser Kantonsspital durchgeführt werden. Daneben gibt es auch themenspezifische Kurse, etwa zum E-Banking. Fortgeschrittene Nutzer treffen sich zur zweimal im Monat an der Vorstadt in Schaffhausen stattfindenden Computeria. Am nächsten Treffen im Mai wird gezeigt, wie man mit Power-Point pfiffige Präsentationen mit Animationen und Musik erstellen kann. Im November wird zum Beispiel das Erstellen eines Fotokalenders fürs nächste Jahr erklärt. Die Kurse sind sehr praxisnah. «Es reicht nicht, die Dinge theoretisch vorzuführen, sondern die Senioren müssen selber aktiv werden learning by doing», erklärte Karin Riguzzi Schmidt, Leiterin Bildung und Sport von Pro Senectute. Die Kurse richten sich an Menschen ab rund 65 Jahren. «Die Teilnehmer sind meist jung gebliebene und aktive Senioren, die zum Beispiel Wanderrouten planen möchten», sagte Riguzzi. Daneben gehören das Versenden von s, die allgemeine Informationssuche, das Abrufen von Fahrplan- und Reiseinformationen, die Informationen über Ämter und Behörden sowie zu Gesundheitsthemen zu den Kerninteressen der Internetnutzer im Seniorenalter. «Die Teilnehmer sind meist jung gebliebene und aktive Senioren» Langsam ausgelaufen ist bei Pro Senectute der Grundkurs in Natelbenutzung er wird nur noch ge-

6 mäss Absprache durchgeführt. «Als wir vor zehn Jahren mit diesen Kursen angefangen haben, hatten viele noch kein Natel», sagte Riguzzi. Heute sei bei der interessierten älteren Bevölkerung die Benutzung eines Mobiltelefons keine Neuigkeit mehr. Fragen gebe es eher im Bezug auf die Möglichkeiten der Smartphones. Insgesamt sei das Interesse an den Informatikkursen der Pro Senectute aber nach wie vor sehr hoch. Aufrüstung im Altersheim Langsam hält eine Generation, die an den Umgang mit Computern gewöhnt ist, auch Einzug in die Altersheime. In den letzten zwei Jahren wurden in den Häusern, die zum Altersheim am Kirchhofplatz in Schaffhausen gehören, alle Zimmer mit Internetanschlüssen nachgerüstet. Dafür mussten die Fernsehleitungen angepasst und neue Zwischenverstärker installiert werden. Über die Sasag können die Bewohner nun auf das Internet zugreifen. «Sobald jemand sein Interesse bekundet, helfen wir bei der Installation», sagte Heimleiter Rodolfo Mähr. Das Angebot werde zwar genutzt, aber bei Weitem noch nicht von der Mehrheit der Bewohner. Mähr sagt: «Die älteren Menschen, In den Kursen der Pro Senectute sind Smartphones ein wichtiges Thema. welche die neuen Technologien wirklich aktiv nutzen, sind in der «Sobald jemand sein Interesse bekundet, helfen wir bei der Installation» Regel noch sehr gesund und wohnen zu Hause.» Daher werden Computer in Heimen wohl seltener genutzt als in Privathaushalten von gleichaltrigen Personen. Auch seien rund 90 Prozent der Heimbewohner Frauen, die häufig in ihrem Berufsleben noch nicht mit Computern gearbeitet hätten. «Im Moment haben wir erst zwei oder drei Personen, die am Netz hängen», sagte Mähr, «es ist sicher kein Boom.» Als nächster Schritt sollen die Bewohner bei der Benutzung von Skype, einem Bild-Telefon-Dienst

7 über das Internet, stärker unterstützt werden. «Weil die Familien immer mehr weltweit verstreut sind, wird das wichtiger.» Bereits halte eine Bewohnerin per Skype über einen Tablet-Computer mit Verwandten im Libanon den Kontakt. «Wir planen, dafür einen PC zur allgemeinen Verfügung zu stellen als Service», sagte Mähr. Kurse bietet das Altersheim am Kirchhofplatz selber keine an. «Die Personen, die am Thema interessiert sind, wissen, wie man einen Computer benutzt», sagte Mähr. In der Zukunft könnten vielleicht in Zusammenarbeit mit Pro Senectute auch Informatikkurse zum Thema werden. Im Alterszentrum Breite wird der Zugang zum Internet derzeit schrittweise und gemäss den Bedürfnissen der Bewohner eingeführt. Im dritten städtischen Altersheim, dem Künzle-Heim, wurde diese Möglichkeit im Neubau von Anfang an vorgesehen. «Wir sind in den städtischen Heimen aber noch eher in den Anfängen», sagte Monica Studer, Bereichsleiterin Betreuung im städtischen Sozial- und Sicherheitsreferat, auf Anfrage.