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- Thilo Koenig
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1 68 Inhaltsverzeichnis zum Anhang: A Inhaltsverzeichnis zum Anhang: A Zur Situation des Neuen Geistlichen Lieds in der DDR Die Kirchenmusik in der DDR Das Neue Geistliche Lied in der ehemaligen DDR Literaturverzeichnis (Zusatz) des 7. Kapitels... 74
2 69 7 Zur Situation des Neuen Geistlichen Lieds in der DDR 7.1 Die Kirchenmusik in der DDR In der ehemaligen DDR litt die Kirche und ihre Musik unter der sozialistischen Regierung auf der einen Seite und der Diasporasituation auf der anderen. Bis zum Mauerbau 1961 studierten viele ostdeutsche Musiker im westlichen Teil Deutschlands, um dort ihr Kirchenmusikexamen zu machen. Einige von ihnen sind nach dem Studium in den Osten zurückgekehrt. i Nach dem Mauerbau war ein landesübergreifender Ausbildungsweg zwischen Ost- und Westblock ausgeschlossen. ii So wurde die Kirchenmusikausbildung in der DDR bald zu einem echten Problem. An keiner staatlichen Hochschule konnte das Fach Kirchenmusik belegt werden, lediglich in Weimar und in Leipzig gab es ein Fach Tasteninstrumente, welches dem Kirchenmusikstudium ähnelte. Dort konnte man einen Abschluss erhalten, der von den christlichen Kirchen als A-Examen anerkannt wurde. Weiterhin gab es kirchliche Ausbildungsstätten, meist von der evangelischen Kirche, in denen der Studiengang Kirchenmusik angeboten wurde. Im Zuge der sich erst entwickelnden Ökumene waren es allerdings kaum katholische Studenten, die an einer evangelischen Kirchenmusikschule ein Studium absolvierten. iii Die C- und B-Ausbildung musste innerkirchlich auf diözesaner Ebene in Berlin und Erfurt angeboten werden. In den Jahren zwischen 1972 bis 1990 kam es zu jährlichen Ost-West-Weiterbildungstreffen in Ostberlin sowie zu mehreren ökumenischen Kirchenmusiktagungen innerhalb der DDR. iv Seit 1951 wurden in Leipzig durch Probst Dr. Spülbeck (später Bischof von Meißen) und durch Professor Trexler Kirchenmusiktagungen angeregt. v i Z.B. Wilhelm Kümpel am Erfurter Dom und Johanna Schell in Potsdam, 1955 Konrad Wagner an der Hofkirche in Dresden, 1959 Karl Jonkisch in Görlitz. ii J. Schell, Fruchtbares Brachland. Zur Entwicklung der Kirchenmusik in der DDR., in: Musica Sacra 120 (2000), S. 15. iii Vgl. Interview mit Kurt Grahl, in: Anlage 6, S. 10. iv Vgl. J. Schell, Fruchtbares Brachland, S. 15.
3 70 Die Kirche litt unter dem DDR-Regime, welches, nach der Marxschen Lehre Religion als Opium für das Volk sah. Grahl verwendet den Begriff der Willkür des Staates, vi denn die ostdeutsche Kirche und ihre Musik unterlagen in der Zeit des Sozialismus sehr wohl willkürlich-staatlichen Entscheidungen. Durch die Zensur und die ständige Kontrolle der Organe der Staatssicherheit konnte sich die Kirche nicht frei entfalten. Der sozialistische Staat sah in der Kirche in der evangelischen sowohl auch der katholischen einen Klassenfeind. Texte, Gebete wie Liedtexte wurden zensiert. Öffentliche Veranstaltungen bedurften einer staatlichen Genehmigung. Plakate als Werbemittel für kirchliche Konzerte wurden, wenn überhaupt, nur unter strengster Aufsicht genehmigt. vii Im Bereich der katholischen Kirche war der St. Benno-Verlag in Leipzig der Herausgeber aller religiösen Veröffentlichungen einschließlich wichtiger Musikalien viii. 7.2 Das Neue Geistliche Lied in der ehemaligen DDR In der DDR ist die Entwicklung [der christlichen Popularmusik] [ ] ähnlich wie in der BRD verlaufen ix Im evangelischen Bereich mag eine ähnliche Entwicklung stattgefunden haben, aber für den katholischen Bereich trifft Bubmanns Feststellung nicht zu. In der ehemaligen DDR wurde zwar die westdeutsche Entwicklung des Neuen Geistlichen Lieds wahrgenommen, aber nicht mitvollzogen. Ein wesentlicher Grund dafür bestand in den stark eingeschränkten Möglichkeiten der Kirche, mit den Medien zu arbeiten. Hauptträger der popular-religiösen Kirchenmusik waren in der Bundesrepublik gerade Tonaufnahmen, Fernsehen, Radio und schließlich Liederbücher. Schon allein aufgrund v Weitere Anmerkungen zu diesem Thema, in: W. Schrammek, Zielgerichtete Übereinstimmung. Kirchenmusikalische Tagungen in Leipzig , in: Musica Sacra 120 (2000), S. 16. vi Vgl. Interview mit Kurt Grahl, in: Anlage 6, S. 13. vii Vgl. Interview mit Kurt Grahl, in: Anlage 6, S. 25. viii Darunter sind Gesang- und Liederbücher für den gottesdienstlichen Gebrauch zu verstehen. Geistliche Musik im allgemeinen, wurde natürlich weiterhin durch größere Notenverlage bereitgestellt. ix P. Bubmann, Sound, S. 39.
4 71 dieser fehlenden Bedingungen konnte sich ein solches Liedgut in der ehemaligen DDR weitaus schlechter entwickeln. Durch freundschaftliche Beziehungen zwischen Kirchenmusikern und Pfarrern konnte aber ein gegenseitiger Austausch gelingen. Somit drangen neue westdeutsche Lieder von Janssens u.a. in die Kirchenmusik des Ostens. Das Neue Geistliche Lied im weiteren Sinne, wie es sich im westlichen Teil Europas entwickeln konnte, existierte in der DDR lediglich als Importware. Aber es gab ab 1965 ein neues Kinder- und Jugendlied! Auch im Osten stieg der Bedarf an solchen Liedern nach dem Konzil sprunghaft an. Kirchenmusiker komponierten viele gute Gesänge: Vilma Guilland in Halle, Kurt Grahl in Leipzig und einige andere mehr. Aber dieses Liedgut entstand nicht aus dem Bedürfnis popularmusikalische Lieder zu schreiben, sondern vielmehr um kinder- und jugendgerechte Gesänge zu schaffen. Kurt Grahl ist der bekannteste Komponist der ehemaligen DDR. Er hat viele Kinderund Jugendlieder geschrieben. Seine Musik orientiert sich allerdings nicht am Geschmack der Masse, sondern zeichnet sich vielmehr als eine am Text entlang komponierte Musik aus. So werden eine Synkope und ein Intervall nicht künstlich komponiert, weil es eben gut klingt, sondern weil der Text einen solchen Rhythmus und eine solche Melodie verlangt. x Darin liegt ein großer Unterschied zur Musik von Peter Janssens. Ein weiterer Unterschied kann anhand der Textinhalte dingfest gemacht werden, Grahl verwendet gerade nicht politische und befreiungstheologische Themen in seinen Kompositionen. xi Solche Inhalte waren jedoch ein Motor für das Neue Geistliche Lied in der Bundesrepublik. x Hier ähnelt Grahls Kompositionsweise der von Schweizer, der anhand der Textvorlage komponiert. xi Vgl. Interview mit Kurt Grahl, in: Anlage 6, S. 20f..
5 72 Die im Osten neu entstanden Lieder (oftmals für Kinder) fanden durch die Religiöse Kinderwoche xii ihre Verbreitung. Aus der Bundesrepublik importierte Jugendgesänge erlangten hauptsächlich durch die Dreifaltigkeitsliedhefte xiii Bekanntheit. In den neunziger Jahren wurden Zusammenfassungen des angesammelten Kinder- und Jugendliedgutes durch den St. Benno-Verlag in Leipzig herausgegeben, zum einen die RKW LIEDERKISTE xiv und zum anderen DER HERR SINGT MEIN LIED xv. Darüber hinaus sind folgende Liedersammlungen zu erwähnen: MEIN GOTT WELCHE FREUDE xvi und das POVERLLO xvii. Weitere Veröffentlichungen von Kinder- und Jugendliedern in Ostdeutschland gab es nicht. Grahl sagt selbst: Das Neue Geistliche Lied hat es [im Osten] nicht gegeben [ ]. xviii Nach unserer engen Definition des Neuen Geistlichen Liedes als Kirchenlied gab es sehr wohl ein eigenständig in der DDR entstandenes Liedgut. Grahl versteht unter dem Begriff des Neuen Geistlichen Lieds nur die Musik, die sich durch Janssens entwickelte. Er will den Namen Neues Geistliches Lied als Oberbegriff der christlichen Popularmusik verstanden wissen, nicht als neues Kirchenlied. Ein gemeinde- und gottesdiensttaugliches Lied xix entstand natürlich auch in der ehemaligen DDR, vergleichbar mit der Musik von Peter Janssens ist der ostdeutsche Liedschatz jedoch nicht. xii Kurz: RKW. Die katholischen Gemeinden hauptsächlich in der ehemaligen DDR (Westdeutsche Gemeinden lernten die RKW erst nach der Wende kennen) gestalten alljährlich für ihre Kinder eine Ferienwoche die immer unter einem religiösen Thema stand. Der Hauptakzent lag auf den Katechesen zum Thema, die dann auf verschiedene weise spielerisch vertieft wurden. Weiterer Schwerpunkt war es, Freude und Gemeinschaftsgefühl in den Kindern zu prägen. In jedem Jahr kamen dazu neue Liedhefte mit passenden thematischen Gesängen heraus, die fast ausschließlich von ostdeutschen Komponisten verfasst wurden. Allerdings mit dem Kürzel: Nur für den innerkirchlichen Gebrauch. Auch heute noch finden solche Kinderwochen statt. xiii Dreifaltigkeitshefte deshalb, weil sie jährlich am Sonntag zur heiligen Dreifaltigkeit veröffentlicht wurden. In ihnen finden sich jene Import-Lieder aus der Bundesrepublik. xiv H. Kliem (Hrsg.), RKW Liederkiste. Eine Liederkiste aus den Religiösen Kinderwochen von , Leipzig xv AG der Jugendseelsorgeämter der kirchlichen Jurisdiktionsbezirke in der DDR (Hrsg.), Der Herr ist mein Lied, Leipzig xvi A. Ziegert (Hrsg.), Mein Gott welche Freude, Bd. I, Leipzig 1976 und Bd. II, Leipzig Beinhalteten beide Weihnachts- und Adventslieder. xvii A. Ziegert u.a. (Hrsg.), Poverello. Ein Liederbuch für frohe Christen, Leipzig In diesem Liederbuch sind neben religiösen Stimmungsliedern auch Volkslieder und natürlich westliche Neue Geistliche Lieder enthalten. xviii Vgl. Interview mit Kurt Grahl, in: Anlage 6, S. 23. xix RKW-Lieder wurden natürlich auch für den gottesdienstlichen Gebrauch geschrieben.
6 73 So kann abschließend resümiert werden, dass es keine selbstständige oder vergleichbare Entwicklung der christlichen Popularmusik in der ehemaligen DDR gegeben hat. Dennoch wurden Neue Geistliche Lieder komponiert, die sich aber vom Sacropop-Stil im westlichen Teil Deutschlands deutlich unterschieden.
7 74 Literaturverzeichnis (Zusatz) des 7. Kapitels: Ziegert, Alexander (Hrsg.): Mein Gott welche Freude, Bd. I, Leipzig 1976 und Bd. II, Leipzig Schrammek, Winfried: Zielgerichtete Übereinstimmung. Kirchenmusikalische Tagungen in Leipzig , in: Musica Sacra 120 (2000), S. 16. Schell, Johanna: Fruchtbares Brachland. Zur Entwicklung der Kirchenmusik in der DDR, in: Musica Sacra 120 (2000), S. 15. Kliem, Hildegard (Hrsg.): RKW Liederkiste. Eine Liederkiste aus den Religiösen Kinderwochen von , Leipzig 1988.
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