Update I/2013 Aktien 6
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- Victor Rosenberg
- vor 8 Jahren
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1 Aktien 6
2 Dividende statt Kupon Aktienstrategie im Niedrigzinsumfeld Die nächsten Jahre dürften begleitet sein von historisch niedrigen Realzinsen, einer temporär zunehmenden Volatilität an den Kapitalmärkten und einem Abbau der Staatsschulden in den Industriestaaten. Ein Umfeld, in dem Dividendenstrategien ihre Qualitäten ausspielen sollten insbesondere im Hinblick auf eine Zeit der finanziellen Repression. AUTOREN: DENNIS NACKEN & JÖRG DE VRIES-HIPPEN Nicht nur die Renditen von Staatsanleihen hoher Bonität sanken Ende 2012 auf Rekordtiefs, sondern auch europäische Unternehmensanleihen (Investment Grade) werfen nach einer dreijährigen Hausse durchschnittlich gerade einmal rund 2,0 % ab. Nach Abzug der Inflation ergeben sich mitunter negative Realzinsen, die für die Zukunft schwerlich einen Beitrag zur Erfüllung der Renditeanforderungen institutioneller Investoren leisten können. Das Rendite-Risiko-Profil von Dividendenstrategien scheint im Vergleich mit anderen Vermögensklassen wesentlich interessanter. Sie vereinen die Qualitäten von aktuell hohen Dividendenrenditen und historisch niedrigen Kursvolatilitäten bei gleichzeitigem Inflationsschutz. Insbesondere europäische Unternehmen zeigen sich im internationalen Vergleich ausschüttungsfreundlich. So lag deren Dividendenrendite Ende 2012 marktweit bei durchschnittlich ca. 3,7 % (Basis: MSCI Europe). Durch eine Fokussierung auf dividendenstarke Titel lässt sich die zu erwartende Dividendenrendite im Portfolio weiter erhöhen. Immerhin wiesen Ende 2012 ca. 90 Indexmitglieder (von 436) eine Dividendenrendite von über 4 % auf. Entsprechend können europäische Dividendenstrategien Anfang 2013 eine Dividendenrendite von gut 5 % generieren. Interessant ist die Tatsache, dass die Diskrepanz zwischen den Dividendenrenditen europäischer Unternehmen und den Renditen von Staats- und Unternehmensanleihen in der Vergangenheit noch nie so groß war (Grafik 01). Für Aussagen zum zukünftigen Erfolg von Dividendenstrategien scheinen Anlegern vor allem drei Fragestellungen wichtig: Wie nachhaltig sind die Dividendenrenditen im derzeitigen Marktumfeld? Welche Vorteile können Dividendenstrategien dem langfristig orientierten Investor bieten? Und: Worauf kommt es beim Investmentprozess an? 7
3 AKTIEN 01 DIVIDENDENRENDITEN EUROPÄISCHER AKTIEN AUF ATTRAKTIVEM NIVEAU in % Die Dividendenrendite war Ende 2012 um den Faktor 2,5 höher als die Rendite von Bundesanleihen Dividendenrendite europäischer Aktien (MSCI Europe) Umlaufrendite europäischer Unternehmensanleihen (BofA EMU Large Caps) Umlaufrendite 10-jähriger Bundesanleihen Quelle: Datastream; AllianzGI Capital Markets & Thematic Research. Die frühere Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für künftige Ergebnisse. Drei Faktoren, die im aktuellen Marktumfeld für stabile Dividendenrenditen sprechen: 1. Wir gehen davon aus, dass die Basis für Dividendenausschüttungen die Konzerngewinne auch 2013 moderat wachsen wird. Begünstigt wird dies durch das globale Wachstum, das zwar vermutlich gering bleibt, aber eben nicht in eine Rezession umkippen dürfte. 2. Trotz der freundlichen Gewinnentwicklung nach der Finanzkrise 2008/2009 sind die Ausschüttungsquoten der Konzerne deutlich gesunken. In Europa ist das Verhältnis von ausbezahlter Dividende zum Gewinn je Aktie mit derzeit etwa 49 % im historischen Vergleich moderat. 3. Unternehmen verfügen derzeit über einen hohen Bestand an frei verfügbaren Mitteln (Cashflow). Die Phase des Deleveraging nach der Finanzkrise, d. h. die Eigenkapitalbasis zu stärken und Fremdkapital abzubauen, ist bei vielen Firmen bereits weit vorangeschritten könnten sich die Unternehmen wieder stärker dem Shareholder-Value widmen. Allerdings gibt es auch einzelne Faktoren, die gegen eine marktweite Erhöhung der Dividendenrenditen sprechen. Beispielsweise dürfte das Wachstum in den Industriestaaten aufgrund des Schuldenabbaus gebremst bleiben, ebenso gibt es nach wie vor viele Gesellschaften mit volatilen Erträgen (z. B. Banken). Zusätzlich könnten Unternehmen vereinzelt Übernahmeaktivitäten neu verfolgen. 8
4 Dividendenpapiere: Stabilität fürs Depot Dividendenstarke Aktien mit guter Perspektive können aber nicht nur eine höhere Rendite, sondern auch mehr Stabilität ins Depot bringen. Ein Blick in die USA, wo längere Zeitreihen verfügbar sind, zeigt, dass die Volatilität (gemessen an der 36 Monate rollierenden Standardabweichung) von US-amerikanischen Aktien, deren Unternehmen eine Dividende zahlten, gegenüber Aktiengesellschaften, die keine Gewinne ausschütteten, seit 1972 spürbar geringer war. Eine Analogie lässt sich auch für europäische Dividendentitel seit den 1990er Jahren erkennen. Ursachen hierfür sind unter anderem: Die Dividendenpolitik ist häufig aktiver Bestandteil der Unternehmensstrategie. Die Dividende hat einen außerordentlich starken Signaleffekt. Dividendenkürzungen oder -ausfälle werden vom Markt sehr negativ bewertet, da sie Zweifel an der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens schüren. Folglich sind die Konzerne bestrebt, eine kontinuierliche Dividendenzahlung zu gewährleisten. Ein Vergleich von Dividenden und Gewinnen der Indexmitglieder des MSCI Europe zeigt, dass die Unternehmensgewinne in den letzten 30 Jahren weitaus größeren Schwankungen unterworfen waren als die Dividenden. Es ist zu beobachten, dass hohe Ausschüttungen und das Bestreben, diese aufgrund der Signalwirkung zuverlässig und kontinuierlich zu leisten, die Unternehmen tendenziell disziplinieren. Sie müssen mit ihren finanziellen Ressourcen umsichtig haushalten und diese effizient verwenden. Unternehmen mit hoher Dividendenrendite verfügen zumeist über gesunde Bilanzrelationen mit relativ hohem Eigenkapitalbestand und stabilen Cashflows. 9
5 AKTIEN 02 DIVIDENDEN EINE VERLÄSSLICHE GRÖSSE FÜR INVESTOREN 20 % 16,5% Durchschnittlicher Performancebeitrag 3,9 % der Dividenden 15 % 10 % 7,1 % 8,7 % 12 % 13,2% 5 % 0 % 4,8 % 6,4 % 4,2 % 3,5 % 3,1% 1,9 % 3,6 % 3,7 % -3,4 % -3,3 % 5 % -5,8 % Kursgewinne/-verluste Performancebeitrag Dividenden Quelle: Datastream; AllianzGI Capital Markets & Thematic Research. Die frühere Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für künftige Ergebnisse. Zum anderen trennen sich Investoren für gewöhnlich nicht so schnell von einer ausschüttungsstarken Aktie, die auch in einem negativen oder stagnierenden Marktumfeld noch verhältnismäßig gut planbare Erträge verspricht. Gleichzeitig ist interessant zu beobachten, dass Dividenden dem Depot zu mehr Stabilität bzw. zu einem realen Wertzuwachs verhelfen können. So war der Performancebeitrag von Dividenden des MSCI Europe über rollierende 5-Jahreszeiträume seit 1973 stets positiv (Grafik 02), sodass Kursverluste zum Teil kompensiert ( ) oder zumindest abgemildert ( , ) werden konnten. Über den gesamten Zeitraum war die annualisierte Gesamtrendite der Aktienanlage für den MSCI Europe zu ungefähr 44 % durch den Performancebeitrag der Dividenden bestimmt. Auch ein Blick in die USA zeigt, dass Dividendenstrategien seit 1950 in einem Umfeld sowohl steigender Inflation (bis 10 %) als auch Deflation dem breiten Markt überlegen waren. Ein durchaus interessanter Aspekt, da im Rahmen einer finanziellen Repression eine Inflationierung der Wirtschaft neben der Konsolidierung der Staatshaushalte und dem Wachstum ein probates Mittel sein kann, die Schuldenberge der Industriestaaten abzubauen. Dividendenstrategien: Auf den Investmentprozess kommt es an Allerdings greift die alleinige Betrachtung von dividendenbezogenen Kennzahlen, die typisch bei Dividendenstrategie-ETFs angestellt wird, zu kurz. Um nicht in die Dividendenfalle zu geraten, ist eine genaue fundamentale Analyse im Investmentprozess unerlässlich. Denn eine auf den ersten Blick hohe Dividendenrendite kann sich unter Umständen deutlich reduzieren, falls die erwartete Ausschüttung gekürzt wird oder gar ganz ausfällt. Die fundamentale Analyse sollte weit über die reine Mathematik hinausgehen. Neben einer aktionärsfreundlichen Unternehmenspolitik und dem Bekenntnis des Managements zur Dividendenzahlung sollte vor allem das Geschäftsmodell nachhaltige Erträge erwarten lassen. Faktoren wie Marktanteile, Eintrittsbarrieren oder Preissetzungsmacht spielen hierbei eine wichtige Rolle. 10
6 44 % der Gesamtrendite des MSCI Europe wurden in den letzten 40 Jahren durch den Performancebeitrag der Dividende bestimmt Ist die Nachhaltigkeit einer hohen Dividendenrendite gewährleistet, dann können im Rahmen einer Dividendenstrategie darauf aufbauend klare Kauf- und Verkaufssignale generiert werden: Eine hohe (überdurchschnittliche), fundamental untermauerte Dividendenrendite gibt ein Kaufsignal der Markt unterschätzt die Qualität dieser Aktie. Fällt die Rendite aufgrund von Kurssteigerungen unter eine definierte Mindestanforderung, ergibt sich ein Verkaufssignal. Unabhängig von der möglicherweise weiterhin hohen Qualität der Aktie erscheint die abschmelzende Dividendenrendite als Signal für eine relativ unattraktivere Bewertung. Dividendenrendite: Signal für eine Wende Nachhaltig hohe Dividendenrenditen können nicht nur auf Einzeltitelebene ein Indikator für die Attraktivität sein, sondern deuten zumeist auch auf Marktebene darauf hin, dass der Pessimismus der Marktteilnehmer bezüglich der Gewinnentwicklungen der Unternehmen bereits hoch ist bzw. die Risiken größtenteils eingepreist zu sein scheinen. Auch hier lassen sich mittels einer an der Dividendenrendite orientierten Strategie Kauf- und Verkaufssignale generieren. Anfang 2012 gab die durchschnittliche Dividendenrendite des europäischen Marktes beispielsweise ein klares Kaufsignal im Vergleich zu anderen Assetklassen, aber auch im Vergleich zu anderen Aktienmärkten. Ist aus fundamentaler Sicht die Dividendenrendite sichergestellt, gibt der Markt hier ein positives Signal. Aus Perspektive der Dividendenrenditen besteht dieses Kaufsignal für europäische Aktien weiterhin. Europäische Aktien zeigen aktuell immer noch attraktive Renditen gegenüber verschiedenen Anleiheklassen und gegenüber anderen regionalen Aktienmärkten. Einen zusätzlichen Anreiz, dieses Kaufsignal zu nutzen, mag dabei das konservative Risikoprofil einer Dividendenstrategie bieten. Jörg de Vries-Hippen ist CIO European Equities und Investment Style Leader für die europäische Core(Kern)-Strategie sowie Portfoliomanager für die europäischen Aktien-Core-Produkte. Zudem ist er für den Schweizer Aktienmarkt zuständig und verwaltet seit 1995 die schweizerischen Aktienfonds. Jörg de Vries-Hippen arbeitet seit 1992 für Allianz Global Investors. Seit 2003 arbeitete er als Teamleiter für European Large Caps in Frankfurt und wurde 2007 zum Co-CIO European Equities und schließlich 2010 zum CIO European Equities ernannt. Jörg de Vries-Hippen schloss sein Studium der Betriebswirtschaftslehre im Jahr 1993 an der Universität Mannheim ab und ist ausgebildeter DVFA/CIIA-Analyst. Dennis Nacken ist Vice President im Bereich Global Capital Markets & Thematic Research, dem Thinktank von Allianz Global Investors. Als Kapitalmarktstratege befasst er sich mit den aktuellen Perspektiven an den internationalen Kapitalmärkten, den Langfristtrends der Kapitalanlage und der strategischen Portfoliooptimierung. Zuvor arbeitete er bei der Helaba Trust, wo er sechs Jahre als Senior-Wertpapieranalyst für die Bereiche Chemie und Öl verantwortlich war. Dennis Nacken studierte an der Universität Hamburg VWL und an der Wirtschaftsakademie Hamburg BWL und ist Diplom-Volkswirt sowie Betriebswirt (WAH). Außerdem führt er den Titel Chartered Financial Analyst (CFA). VERTIEFENDE STUDIEN ZUM THEMA DIVIDENDENSTRATEGIEN 11
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