Kunst in der Chirurgie I Dermatologie. Stephan Huber. Stephan Huber

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1 Stephan Huber 1952 geb. in Lindenberg im Allgäu Studium an der Akademie der Bildenden Künste, München Studium der Germanistik an der Ludwig-Maximilians-Universität München 1980/81 P.S.1 - Stipendium, New York 1986 Förderpreis des Freistaates Bayern 2006 Rolandpreis für Kunst im öffentlichen Raum, Bremen 2008 Kunstpreis der Stadt München seit 2004 Professur für Bildhauerei an der Kunstakademie München seit 2004 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, München seit 1981 weltweit Ausstellungen in Museen und Galerien, u.a. Teilnahme an der documenta 8 (1986) und an der Biennale di Venezia (1999) seit 1987 Kunst im öffentlichen Raum Stephan Huber lebt und arbeitet in München und im Ostallgäu. Universitätsklinikum Ulm Weitere Informationen: Stand 100_02_ Universitätsklinikum Ulm Kunst in der Chirurgie I Dermatologie Stephan Huber

2 Vier Karten für Ulm Die vier großen leuchtenden Landkarten in der Magistrale der Chirurgie I Dermatologie des Universitätsklinikums Ulm wollen den Betrachter in ihren Bann ziehen, ihn aus der Atmosphäre der Klinik in andere Welten entführen: in Welten, die zwischen Realität und Fiktion pendeln, in Welten, die sowohl ernst als auch ironisch sind, die dem Betrachter scheinbar vertraut erscheinen und dennoch so noch nie zu sehen waren. Die Landkarten verbinden verschiedene historische Zeiten, konstruieren ungeahnte Zusammenhänge und bringen Vergessenes ans Licht.

3 So liegt die Insel der Irrtümer sehr nahe an der brain-brain -Insel der Nobelpreisträger. Im Meer der Kampfzonen wird beispielsweise immunologische Abwehr gegen virale Angriffe, antibiotische Abwehr gegen bakterielle Angriffe dargestellt, wobei Ernsthaftigkeit und Ironie nahe beieinander liegen. Inselwelt der Medizin Ein dynamisches Inselsystem, das ausschließlich der Medizin gewidmet ist, thematisiert die großen medizinischen Errungenschaften. Im Mittelpunkt stehen dabei Erkenntnisse und biographische Merkmale der Nobelpreisträger, aber auch Fehler, Vorurteile und Ideologien, die die Geschichte der Medizin durchziehen. Ein Gewirr von fiktiven Schifffahrtslinien durchzieht die Karte und verbindet die Inseln miteinander. Alles hängt mit allem zusammen, Medizingeschichte ist wichtiger Teil der Kulturgeschichte der Menschheit und an jener ist wunderbar ablesbar, wie sich Ethik, Interessen und Vorlieben der menschlichen Gesellschaften verändert haben. Ästhetisch angeregt und intellektuell animiert kann der Betrachter in einem ernsten Spiel zum Reisenden zwischen den Inseln werden. Das Universitätsklinikum sieht sich mit seiner eigenen Geschichte konfrontiert, die sowohl nach innen wie nach außen wirkt.

4 Romeo und Julia, Das Jagdgewehr und Casablanca werden im linken Kartenbereich anhand von anatomischen Herz- und Blutkreislaufdarstellungen dargestellt, gelegen neben den Territorien von love & hate oder dem Seenareal unserer Schutzengel. Geografie der Liebe/Nervenbahnen der Abenteuer Diese Karte widmet sich den Abenteuern großer Liebesgeschichten und Forschungsreisen. Auf der rechten Seite werden mit Hilfe anatomischer Darstellungen von Gehirnen und Nervenbahnen Expeditionen, Forschungsreisen und Abenteuer erzählt: die der realen Personen Scott und Amundsen genauso wie die der fiktionalen Figuren Tim und Struppi positioniert nahe den Territorien der schriftlosen Kulturen oder neben dem Areal des heroischen Zeitalters. Reales und Fiktionales, high und low, Wissenschaft und Comicwelt, Populärkultur und Archäologie liegen gleichberechtigt und gleichbehandelt nebeneinander: Das gesammelte Wissen der Welt ist ein großer Steinbruch, aus dem hier eine Landkarte modelliert wird.

5 Augen und Ohren Das Sehen und das Hören prägen diese Karte mit anatomischen Darstellungen von Augen und Ohren, die das gesamte Territorium durchziehen. Auf der linken Seite, der Augenseite verbinden Flüsse und Seensysteme die Lieblingskünstler Stephan Hubers, zum Beispiel Tomaso Masaccio, Balthus oder Bruce Naumann, die jeweils mit einer Silhouette eines Kunstwerkes, dargestellt als See, vertreten sind. Diese Gewässer münden in einen großen Strom der Kultur, der den mittleren Teil dieser Karte bestimmt. Dorthin führen auch die Flüsse, die den Musikerarealen der rechten Seite, also der Ohrenseite entspringen. Auch die Musiker kennzeichnen die Vorlieben des Künstlers. Zu ihnen gehören neben Debussy, Bach oder den Talking Heads auch Hildegard Knef, die 1925 in Ulm geboren wurde, und in wunderbarer Weise Kultur und Regio nalität verbindet.

6 Der Betrachter wandelt vom Ulmer Münster bis zur Hochschule für Gestaltung, von frühen Tüftlern wie dem Schneider von Ulm, Albrecht Ludwig Berblinger, bis hin zum schwäbischen Erfindergeist von heute, vom Naziterror bis zur demokratischen Kämpfernatur Otl Aicher. Opulentes Ulm-Theater Stephan Huber breitet in dieser Darstellung sein Panorama der bewegten Geschichte der Stadt Ulm aus. Der große Strom der Donau hält die Karte formal und inhaltlich zusammen. Synchronität und Parallelität überlagern sich in dieser subjektiven Kartographie. Die scheinbar objektivste und genaueste Darstellung der Welt wird hier zu einem großen opulenten Theater mit vielen kleinen Erzählungen, die sich zu einem vielschichtigen Ganzen summieren.