Ethische Fragen am Lebensende. Prof. Dr. Mouhanad Khorchide

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1 Ethische Fragen am Lebensende Prof. Dr. Mouhanad Khorchide

2 Der Islam Begriffsbestimmung Der Islam ist eine monotheistische Religion,, die sich streng vom Polytheismus abgrenzt. Islam bedeutet Hinwendung zu Gott. Einheit und Kontinuität t von Religion: Im Koran wird der Glaube an den einen Gott Islam bezeichnet. Daher wird z.b. Abraham als Muslim bezeichnet (3:67), sowie auch Lut (51:36), Noah (10:72) und die Anhänger nger Jesu (5:111). Muslimsein ist ein anthropologischer Zustand. 2

3 Die Kontinuität t der Botschaft Mohammed sah sich nicht als Urheber einer neuen Religion: Ich wurde entsandt, um die guten Charaktereigenschaften zu vervollkommnen! Koran, 4:163: Wir haben dir offenbart; ebenso wie früher Noah und den Propheten nach ihm, Abraham, Ismael, Isaak, Jakob und den Stämmen Israels, Jesus, Hiob, Jonas, Aaron und Salomo. Und dem David haben wir einen Psalter gegeben. Und über einige Gesandte haben wir dir berichtet, über andere nicht - und mit Moses hat Gott direkt gesprochen -, Gesandte als Verkünder froher Botschaft und als Warner. 3

4 Erschaffung des Menschen Warum hat Gott den Menschen erschaffen? aus Liebe und Barmherzigkeit Gott erwartet die Erwiderung seiner Liebe 4

5 Die Bestimmung des Menschen im Koran Der Mensch wird im Koran als Verwalter (arab( arab.: Khalif ) bestimmt, dem verschiedene materielle und nicht materielle Ressourcen zur Verfügung stehen. Er hat den Auftrag, diese Ressourcen verantwortungsvoll in seinem eigenen Sinne, im Sinne seiner Mitmenschen und im Sinne des Universums zu verwalten. Für r diese Verwaltungstätigkeit tigkeit wird der Mensch in zweierlei Hinsicht zur Rechenschaft gezogen, einmal in Bezug auf die Gesellschaft im Diesseits, die von ihren Mitgliedern Loyalität, t, und ehrliches Engagement erwartet, und andererseits im Jenseits Gott gegenüber. Dies bezieht sich auch auf die eigene Gesundheit 5

6 Die Bestimmung des Menschen im Koran 3 Eckpfeiler für f r eine verantwortungsvolle Verwaltungstätigkeit tigkeit des Menschen: 1. der Glaube an Gott und an das Ablegen von Rechenschaft 2. das aufrichtige Tun 3. das Läutern L des Herzens 3. 6

7 Der Mensch im Koran Bestimmung des Menschen als verantwortungsvoller Verwalter seiner selbst und des Universums Der Mensch wird weder durchwegs positiv noch ausschließlich lich negativ gezeichnet. Innerhalb der Schöpfung ist er durch seine Willensfreiheit ausgezeichnet. 7

8 Der Mensch im Koran Er wird positiv als das edelste Werk der Schöpfung Gottes beschrieben, von schöner harmonischer Gestalt; die Erde und das ganze Universum stehen ihm zur Verfügung. Gott hat ihm von seinem Geist eingehaucht Durch den Sündenfall S im Paradies ging sein hoher Rang innerhalb der Schöpfung nicht verloren. keine Erbsündenlehre 8

9 Der Mensch im Koran Der Mensch neigt aber auch zum Bösen. B Wenn Not über den Menschen kommt, betet er zu seinem Herrn und wendet sich ihm zu, wenn dieser ihm hierauf Gnade erweist, vergisst er und wendet sich wieder von Gott ab. (Koran: 39:8) Er ist manchmal ungeduldig und undankbar. 9

10 Gottesdienstliche Pflichten Im Islam haben die gottesdienstlichen Pflichten (Beten, Fasten, Sozialabgabe und Pilgerfahrt) eine spirituelle und eine sozial-ethische Bestimmung. Die gottesdienstlichen Pflichten sind kein Selbstzweck 10

11 Kontextualisierung der Offenbarung 570 n. Chr. Geburt von Mohammed in Mekka Beginn der Offenbarung 610 n. Chr. Erste Phase: in Mekka n. Chr. Zweite Phase: in Medina n. Chr. Hauptquellen des Islam: Koran und Sunna (prophetische Tradition) 11

12 Der Koran Für r Muslime ist er das Wort Gottes, das dem Propheten Mohammed mittels des Engels Gabriel offenbart wurde. 12

13 Die prophetische Tradition (Sunna( Sunna) Der Begriff Sunna steht für f r alle Handlungen und Aussagen des Propheten Muhammed, aber auch für f r das, was er geduldet oder bewusst nicht getan hat. Die Grundlage für f r die Sunna bilden die Hadithe, das sind Überlieferungen über den Propheten, die mit einer ununterbrochenen Kette von Überlieferern auf den Propheten zurückgehen. Es gibt verschiedene Hadith-Sammlungen Sammlungen,, die in den ersten Jahrhunderten nach dem Tod des Propheten gesammelt wurden, die bekanntesten sind Sahih Al-Bukhari Bukhari und Sahih Muslim. 13

14 Die Glaubenslehre des Islam Die islamische Glaubenslehre unterteilt sich in: Glaubensgrundsätze, Gottesdienstliche Pflichten die islamische Morallehre. 14

15 Glaubensgrundsätze Im Islam gibt es sechs Glaubensartikel, den Glauben an: 1. einen einzigen Gott (arab( arab.: Allah) 2. Seine Engel 3. Seine Offenbarung (heilige Bücher: B Thora, Evangelien, Koran etc.) 4. Seine Gesandten, Propheten: darunter Adam, Abraham, Moses, Jesus und zuletzt Mohammed 5. den Tag des Jüngsten J Gerichts und das Leben nach dem Tod: Der Mensch wird für f r seine Taten zur Verantwortung gezogen und mit dem Höllenfeuer bestraft bzw. mit dem Paradies belohnt 6. die göttliche g Planung 6. 15

16 Religiöse Pflichten 1. das Glaubensbekenntnis 2. das rituelle Gebet 3. die Sozialabgabe 4. das Fasten im Monat Ramadan 5. die Pilgerfahrt nach Mekka Weitere Gebote: Gebot zur Pflege der Verwandtschafts- und Nachbarschaftsbeziehungen, Rauschmittelverbot, Alkoholverbot, Verbot des außerehelichen Verkehrs, Verbot des Schweinfleischverzehrs 16

17 Die islamische Morallehre Es handelt sich um im Koran festgelegte Prinzipien. Dazu gehören unter anderem: Aufrichtigkeit, Freiheit, Gleichheit aller Menschen, Gerechtigkeit, Selbstlosigkeit, Gewissenhaftigkeit, Treue, Mut, Geduld, Gemeinschaftssinn, Achtung der Menschenwürde usw. 17

18 Der islamische Dekalog Koran: 17: Setze nicht dem einen Gott einen anderen Gott zur Seite! 2. Und dein Herr hat bestimmt, dass ihr Ihm allein dienen sollt! 3. Und zu den Eltern sollt ihr gut sein; und breite für f sie in Barmherzigkeit und Demut deine Arme aus, und sag: Herr! Erbarme Dich ihrer wie sie mich aufgezogen haben, als ich klein war! 4. Und gib dem Verwandten, was ihm zusteht, ebenso dem Armen und dem Reisenden, der sein Geld verloren hat. Sei nicht geizig aber auch nicht verschwenderisch! 18

19 Der islamische Dekalog 5. Und tötet t tet nicht eure Kinder aus Furcht vor Verarmung! 6. Und lasst euch nicht auf Unzucht ein! 7. Und tötet t tet niemanden! 8. Und tastet das Vermögen der Waisen nicht an! 9. Und haltet euer Versprechen! 10. Und seid gerecht! 11. Und hört h nicht auf Gerüchte, wenn ihr kein Wissen darüber habt! 12. Und gehe nicht überheblich auf Erden umher! Du kannst weder ein Loch in die Erde machen, noch die Berge in Höhe H erreichen. 19

20 Koranische Prinzipien Der Koran betont allgemeingültige ltige Prinzipien: - Gerechtigkeit - Menschenwürde - Freiheit - Gleichheit aller Menschen - die soziale Verantwortung 20

21 Islamische Normen? Normen werden unter den Menschen in einem offenen demokratischen Prozess ausgehandelt, allerdings im Rahmen der allgemeinen ethischen Prinzipien Problem: in einer pluralistischen Gesellschaft begegnen sich unterschiedliche Normensysteme 21

22 Die Erwiderung der Liebe und Barmherzigkeit Gottes Einerseits im Gebet Andererseits in den täglichen t Begegnungen und Handlungen, im verantwortungsvollen Einsatz meiner Ressourcen Gott ist dort, wo Liebe und Barmherzigkeit sind Gott ist aber auch dort, wo Leid und Schmerz sind, denn Gott leidet auch mit 22

23 Bedeutung vom Sterben Leiden als Zuwendung Gottes Leiden als Prüfung Leiden als Läuterung L Sterben als Rückkehr R zu Gott (Der Herr hat ihn zu sich gerufen) Das Sterben als Übergangsphase zur Begegnung mit Gott, aber auch mit sich selbst, mit seinen Taten und mit seiner Vergangenheit 23

24 Bedeutung vom Sterben Der Mensch zwischen Hoffnung und Angst Die Religion versucht dem Unbehagen entgegenzutreten Die Offenbarung der Barmherzigkeit Gottes im Jenseits Bedürfnis nach Gebet, Meditation, Spiritualität Trost für f r die Verwandtschaft 24

25 Patientenverfügung Der Wille des Patienten muss dem Grundsatz der Verantwortlichkeit für f r seine Gesundheit und der Unantastbarkeit der menschlichen Würde W Rechnung tragen Entscheidend ist: die medizinisch- fachliche Expertise 25

26 Organspende wer ein Menschenleben rettet, ist so, als hätte er die ganze Menschheit zum Leben verholfen, und wer ein Menschenleben vernichtet, ist so, als hätte h er die ganze Menschheit getötet tet 26

27 Rituale Sterben in Richtung Mekka (südost( dost) Aussprechen der Schahada Koranrezitation Bittgebete Anwesendheit eines Imams Trauer 27

28 Aus der Sicht der islamischen Jurisprudenz Die Gelehrten waren bemüht, ein juristisches Schema zu entwerfen, das möglichst m alle Lebensbereiche erfassen soll Schari a ein menschliches Konstrukt? Leitgedanke: die Maximen der islamischen Offenbarung: Bewahrung der Religionsfreiheit, des Körpers, der Vernunft, des Eigentums und der Familie 28

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