Automaten und Formale Sprachen
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- Pamela Meyer
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1 Automaten und Formale Sprachen Prof. Dr. Dietrich Kuske FG Theoretische Informatik, TU Ilmenau Wintersemester 2011/12 WS 11/12 1
2 Organisatorisches zur Vorlesung Informationen, aktuelle Version der Folien und Übungsblätter finden Sie über die Webseite der Veranstaltung Literaturempfehlung: Uwe Schöning: Theoretische Informatik kurz gefasst, Spektrum Akademischer Verlag Die Übungen werden von Herrn Huschenbett organisiert und durchgeführt. Prüfung: 90-minütige Klausur im Februar 2012 Bonuspunkte können durch Vorrechnen in Übungen erreicht werden WS 11/12 2
3 Arbeitsweise 1 Sie kommen natürlich zu jeder Vorlesung und hören aktiv zu. 2 Aber der Stoff ist zu anspruchsvoll, um in nur 90 min pro Woche verstanden zu werden. 3 Daher werden Sie den Vorlesungsstoff semesterbegleitend nacharbeiten: Definitionen ( Konzepte ) und Sätze herausschreiben und auswendig lernen, Beweise verstehen (wiedergeben können), weitere Literatur zu Rate ziehen 4 Sie drucken die Übungsblätter lange vor dem Übungstermin aus, lesen sie genau, überlegen eine Lösung, schreiben diese auf und arbeiten an Lösungen in den Übungen mit. 5 Auch Übungen werden semesterbegleitend nachgearbeitet. 6 Zu jeder Veranstaltung bringen Sie sämtliche Unterlagen zum Nachschlagen mit. 7 Bei Verständnisproblemen fragen Sie bitte frühzeitig! WS 11/12 3
4 Einführung Gegenstand der Vorlesung: (Endliche) Automaten Prinzip aus Rechnerorganisation bekannt: Symbol, Signal b Zustand q neuer Zustand q Endliche Menge von Zuständen, endliche Menge von legalen Eingangssignalen, Übergangsfunktion, Ausgabefunktion. Hier: Mittel zur Beschreibung und maschinellen Bearbeitung von Formalen Sprachen, d.h. Mengen von Wörtern. WS 11/12 4
5 Einführung Beispielsprachen {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13,..., 1001, 1002,...}: Menge der Dezimaldarstellungen von natürlichen Zahlen; erlaubte Zeichen: 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9. {0, 1, 10, 11, 100, 101, 110, 111, 1000, 1001,...}: Menge der Binärdarstellungen von natürlichen Zahlen; erlaubte Zeichen: 0 und 1. die Menge der korrekten Darstellungen für Floating-point-Zahlen in C (oder einer beliebigen Programmiersprache). die Menge der korrekt gebildeten Namen ( identifier ) in Java-Programmen. die Menge der korrekt gebildeten arithmetischen Ausdrücke in Java-Progammen. die Menge der syntaktisch korrekten Java-Programme, die auf allen Eingaben nach endlich vielen Schritten anhalten. WS 11/12 5
6 Einführung Beispielsprachen Die Menge der syntaktisch korrekten deutschen Sätze - wirklich? Nun schon wieder Den eratmenden Schritt Mühsam Berg hinauf! Auf denn, nicht träge denn! Strebend und hoffend hinan! (Aus: J.W. v. Goethe, An Schwager Kronos ) Es ist unklar, ob es sich hier um korrekte deutsche Sätze handelt. Die Menge aller grammatisch korrekten Sätze der deutschen Sprache ist gar keine Menge, da nicht eindeutig feststeht, ob eine Zeichenreihe dazugehört oder nicht. Also ist sie auch keine formale Sprache. WS 11/12 6
7 Einführung Thema 1 der Vorlesung: Reguläre Sprachen Beschreibungs-/Spezifikationsmöglichkeiten: reguläre Grammatiken Algorithmen zum Erkennen der Wörter der Sprache: Automaten Transformationen (effizient?) zwischen Grammatiken und Automaten Optimale Automaten ( Minimalautomaten ) Synthese von Sprachbeschreibungen: Aufbau aus Elementarbausteinen reguläre Ausdrücke Konsistenz und Korrektheit von Beschreibungen: (Erkennt Automat A genau die Wörter, die zu Grammatik G passen?) Unmöglichkeitsaussagen ( Sprache L besitzt keinen endlichen Automaten ) WS 11/12 7
8 Einführung Thema 2 der Vorlesung: Kontextfreie Sprachen : (beschreiben Struktur von Programmen in Programmiersprachen) Stärkere Klasse: kontextfreie Grammatiken Syntaxbäume, Ableitungssequenzen Algorithmen zum Erkennen der Wörter: Kellerautomaten Transformationen (effizient?) zwischen Grammatiken und Kellerautomaten Normalformen von kontextfreien Grammatiken Unmöglichkeitsaussagen WS 11/12 8
9 Einführung Lernziele Alle Grundbegriffe (Definitionen) kennen; Alle Grundtatsachen (Sätze) kennen; Sätze auf konkrete Situationen anwenden können; Grammatiken und Automaten entwerfen können; Transformationen zwischen Beschreibungsformen erklären und durchführen können; Sprachen nach Komplexität klassifizieren können; auch: Standard-Beweistechniken des Gebietes kennen und benutzen können. WS 11/12 9
10 Natürliche Zahlen: N = {0, 1, 2, 3,... } Positive ganze Zahlen: N + = {1, 2, 3,... } Definition Für eine Menge X ist X die Menge der endlichen Folgen über X. Beispiele Elemente von N : (2, 3, 2, 2, 1, 6), (4, 3, 0, 1), (3, 3), (3, 0, 5), (1), ( ) Elemente von {a, b, c, d} : (a, b, a), ( ) Elemente von {A, F, S, 2, 0, 1} : (A, F, S, 2, 0, 1, 1), ( ) Bemerkungen: X X N, denn dies ist die Menge der unendlichen Folgen von Elementen von X. ( ) X für alle X (insbes. auch für X = ) X + = X \ {( )} ist die Menge der nichtleeren endlichen Folgen über X. WS 11/12 10
11 Definition Ein Alphabet ist eine endliche nichtleere Menge. üblicherweise heißen unsere Alphabete Σ, Γ, Beispiele Alphabete: {0}, {0, 1, 2},... {A, F, S, 2, 0, 1} {groß, klein} keine Alphabete:, N, Q Ist Σ Alphabet, so nennen wir die Elemente oft Buchstaben. Beispiel Das Alphabet {0, 1, 2} hat also die drei Buchstaben 0, 1 und 2. Das Alphabet {groß, klein} hat die zwei Buchstaben groß und klein WS 11/12 11
12 Ist Σ ein Alphabet, so heißen die Elemente von Σ auch Wörter über Σ (auch: String, Zeichenkette). Beispiel (0), ( ) und (1, 2, 0, 0) sind also Wörter über dem Alphabet {0, 1, 2}. (groß), (klein, groß), (klein, groß, klein) und ( ) sind Wörter über dem Alphabet {groß, klein}. Schreibweise: Für das Wort (a 0, a 1, a 2,..., a n ) schreiben wir auch a 0 a 1 a 2... a n. Beispiel (1, 2, 0, 0) wird geschrieben als (1) wird geschrieben als 1 ( ) wird geschrieben als ε (das leere Wort) (klein, groß, klein) wird geschrieben als klein.groß.klein WS 11/12 12
13 Schreibweise: Typischerweise bezeichnen wir Wörter mit u, v, w, x, y, z, w 0, w 1,... Definition Sind u = (a 1, a 2, a 3,..., a n ) und v = (b 1, b 2, b 3,..., b m ) Wörter, so ist u v das Wort (a 1, a 2, a 3,..., a n, b 1, b 2, b 3,..., b m ); es wird als Verkettung oder Konkatenation von u und v bezeichnet. Schreibweise: An Stelle von u v schreibt man auch u v, meist sogar noch kürzer uv Beobachtung : Σ Σ Σ ist eine Abbildung (oder eine zweistellige Operation auf Σ ) mit (u v) w = u (v w) ( Assoziativität - Klammern unnötig) ε u = u ε = u ( neutrales Element - in Produkten unnötig). Kürzer: (Σ,, ε) ist ein Monoid. WS 11/12 13
14 Definition Für w Σ und n N ist w n induktiv definiert: { w n ε falls n = 0 = w w n 1 falls n > 0 Beispiel abacabacabacabac = abac abac abac abac = (abac) 4 abacccc = aba cccc = abac 4 d.h. die Potenzierung bindet stärker als die Verkettung = = ( ) 3 WS 11/12 14
15 Definition Seien y, w Wörter über Σ. Dann heißt y Präfix/Anfangsstück von w, wenn es z Σ gibt mit yz = w Infix/Faktor von w, wenn es x, z Σ gibt mit xyz = w manchmal auch Teilwort, aber Vorsicht! Suffix/Endstück von w, wenn es x Σ gibt mit xy = w. WS 11/12 15
16 Definition Sei Σ ein Alphabet. Teilmengen von Σ werden (formale) Sprachen über Σ genannt. Eine Menge L ist eine Sprache, wenn es ein Alphabet Σ gibt, so daß L Sprache über Σ ist (d.h. so daß L Σ ) Beispiel 1 Sei Σ = {(, ), +,,, /, a}. Dann können wir die Sprache EXPR der korrekt geklammerten Ausdrücke definieren. Es gilt beispielsweise: (a a) a + a/(a + a) a, (((a))) EXPR ((a+) a( EXPR 2 Die Menge der Dezimaldarstellungen von Primzahlen ist eine Sprache: das Alphabet ist {0, 1, 2,..., 9} 3 Die Menge der Primzahlen ist keine Sprache, denn was sollte das Alphabet sein? WS 11/12 16
17 Es gibt sehr viele Sprachen über Σ. Satz Die Menge L Σ := {L L Sprache über Σ} ist überabzählbar, d.h. man kann die Elemente von L Σ nicht als Folge anordnen. L 1, L 2, L 3, L 4,... WS 11/12 17
18 Beweis: Indirekt. ( Diagonalisierung ) angenommen, L wäre abzählbar. Schreibe alle Elemente von L Σ als Folge L 1, L 2, L 3, L 4,... Schreibe die Elemente von Σ als Folge w 1, w 2, w 3, w 4,... (In der Übung wird gezeigt, daß Σ abzählbar ist.) Dann definiere eine neue Sprache. L = {w i i 1, w i / L i }. Nun sei j 1 beliebig. Wir haben: w j L j w j / L Daraus folgt, daß L L j ist. Weil j beliebig war, kommt L also nicht in der Liste L 1, L 2, L 3, L 4,... vor, ein Widerspruch zur Annahme. WS 11/12 18
19 Definition Sind L 1 und L 2 Sprachen, so heißt die Sprache L 1 L 2 = {w 1 w 2 w 1 L 1, w 2 L 2 } (auch L 1 L 2 oder L 1 L 2 ) die Konkatenation oder Verkettung von L 1 und L 2. Beispiel {0} {1} = {0 i 1 j i, j 0}, {0} {1}{0, 1} ist die Menge der Binärzahlen Beobachtungen Die Verkettung von Sprachen ist assoziativ: (L 1 L 2 ) L 3 = L 1 (L 2 L 3 ) {ε} ist neutrales Element: L {ε} = {ε} L = L ist auslöschendes Element: L = L =. WS 11/12 19
20 Definition Sei L Sprache und i N. Dann ist L n induktiv definiert: { L n {ε} falls n = 0 = L L n 1 falls n > 0 Es gilt also L n := {w 1 w 2 w n w 1,..., w n L}. Beachte: {w i w L} L i, meist keine Gleichheit! Beispiel {01, 10} 2 = {0101, 0110, 1001, 1010} {0101, 1010} aber {01} 2 = {0101} WS 11/12 20
21 Definition Sei L eine Sprache. Dann ist L = n 0 Ln der Kleene-Abschluß oder die Kleene-Iteration von L. Weiter ist L + = n 1 Ln. Selbststudium: L + = L L = L L Beachte: {w i w L, i 0} L, meist keine Gleichheit! Beispiel Für L = {0, 11} liegt = 0(11)00(11)(11)0(11) in L, aber nicht in {w i w L, i 0}. Für L = {01} gilt L = {w i w L, i 0} WS 11/12 21
22 Beobachtung Sei Σ Alphabet. Sind L 1 und L 2 Sprachen über Σ, so auch die Verkettung L 1 L 2, die Kleene-Iteration L 1, die Sprache L+ 1, die Vereinigung L 1 L 2, die Differenz L 1 \ L 2 und der Schnitt L 1 L 2. und Σ sind Sprachen über Σ. Schreibweise: Ist L Sprache über Σ (und ist Σ aus dem Kontext klar), so schreiben wir L für das Komplement Σ \ L. WS 11/12 22
23 Prioritätsregeln für Operationen auf Sprachen: Potenz/Iteration binden stärker als Konkatenation Konkatenation stärker als Vereinigung/Durchschnitt/Differenz. Sprechweise: Klasse von Sprachen (nicht Menge ). Beispiel Die Klasse aller Sprachen, die Klasse der unendlichen Sprachen, die Klasse der Sprachen über einem einelementigen Alphabet, die Klasse der regulären Sprachen, usw. (Diese Gesamtheiten sind keine Mengen im strengen Sinn.) WS 11/12 23
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