Schadstoffe im Bauwesen aus planerischer und medizinischer Sicht
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- Lucas Kruse
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1 Architektenkammer Baden-Württemberg Mittwoch, den 20. Oktober 2010 in Stuttgart Schadstoffe im Bauwesen aus planerischer und medizinischer Sicht Dr. med. Michael P. Jaumann Arzt für f r HNO und Umweltmedizin Bezirksbeirat der Bezirksdirektion Stuttgart Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg 1 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
2 I. Einführung in die biologischen Grundlagen II. Mechanismen der Schädigung durch Fremdund Schadstoffe (Inhalation, Nahrung und Kontakt) III. Aktuelle Fallbeispiele aus der umweltmedizinischen Sprechstunde IV. Fazit und Ausblick 2 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
3 I. Einführung Kommunikation der Zellen im Körper Belastungen mit Chemikalien low dose Ca. 10 Millionen neuartige chemische Substanzen wurden in den letzten 100 Jahren entwickelt Auswirkungen auf die Menschen? 3 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
4 II. Inhalative Belastungen Partikel in unserer Atemluft (Stäube) Moleküle von Gasen oder Chemikalien lagern sich an diese Partikel an Partikel kleiner 3 Mikrometer* werden in den Lungenbläschen vom Körper aufgenommen *Mikrometer (µm) = ein Tausendstel Millimeter (ein Haar ø 70 µm) 4 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
5 Staubpartikel, halogenierte Kohlenwasserstoffe 90% der Stäube in Atmosphäre <10 µm (P.J. CRUTZEN, 1994) stammen aus anthropogenen Verbrennungsprozessen 87,5% PCDD/F an Partikeln < 2 µm angelagert (US-EPA, 1994) diese sind bestens alveolengängig! 100% Bioverfügbarkeit dieser Substanzen (C.S. NESSEL et al, 1990) 5 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
6 Ultrafeine Stäube (ø ca. 0,02 µm) Deposition in Alveolen (Ti02, PTFE) Passage durch Epithelien/Membranen Resorption signifikant höhere Reaktion im Lungengewebe (Oberdörster G., 1997), Ti02 (Titanoxid), PTFE (Polytetrafluoroethylene) 6 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
7 Ultrafeine Stäube (Nano-Partikel) PTFE-Dämpfe mit Partikeln (<50 µg/m3) Extrem toxisch im Tierversuch (Inhalation) sind Carrier der adsorbierten Stoffe! PTFE = Polytetrafluoroethylene (Oberdörster G., 1997) 7 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
8 Schadstoffe NOx (80-95% aus Verkehr) Ozon (NOx + UV + Kohlenwasserstoffe) CO, CO2, SO2 Benzol, Kohlenwasserstoffe (BTX) Polychlorierte Biphenyle (PCBs) Formaldehyde, Isocyanate Blei, Cadmium, Arsen... Lärm 8 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
9 Wichtige Belastungen Innenräume (1) Belastungen der umgebenden Außenluft, Gasherde, Gasheizungen, Kamin, Haushaltsprodukte (Reiniger etc.), Hobbyprodukte, Holzschutzmittel (PCP, Lindan, Pyrethroide u.a.), Möbel (Spanplatten, Lacke, Leinöl), Bobenbeläge (Teppichboden, Laminatplatten), Tapeten, Baumaterialien, Computer (Drucker), Tabakrauch, Pilzbefall (ab 70% Luftfeuchtigkeit) 9 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
10 Wichtige Belastungen Innenräume (2) Belastungen Böden Schadstoffe in Trinkwasser und Getränken Fremdstoffe in Nahrungsmittel Fremd- und Hilfsmittel in Kosmetika Schadstoffe in Kleidung Lärm, Radio, elektromagnetische Felder 10 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
11 Gesundheitsgefährdende hrdende Stoffe in Bauprodukten 1. Lösemittel in Lacken und Klebern 2. Biozide, Weichmacher, Bindemittel und Flammschutzmittel in Bodenbelägen, Kunststoffen und Holzwerkstoffen 3. Zusatzmittel in mineralischen Baustoffen UBA: eine übergreifende Erfassung der diffusen Gefahrstoffeinträge aus Bauprodukten gibt es bisher nicht 11 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
12 Toleranzwerte von Schadstoffen - Unsicherheiten 1. Herleitung ohne Kombinationswirkungen 2. Annahme dass Stoffe ungefährlich sind - wenn Konzentration unter eintausendstel der Wirkschwelle liegt - ist willkürlich 3. Verhalten aus der Luft sedimentierender Fremdstoffe ist kaum bekannt 4. Kanzerogene Stoffe haben keinen Schwellenwert (auch immunotoxische?) 5. Toxikologische Kenntnisse nur für sehr wenige Substanzen ausreichend (aus Tierversuchen!) 12 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
13 Mögliche Symptome bei Belastung von Innenräumen (1) Reizungen, Rötungen der Augen, Schleimhäute Wiederkehrende Nebenhöhleninfekte Kopf- und Gliederschmerzen Chronische Müdigkeit Probleme mit Muskeln und Gelenken Hauterkrankungen Konzentrations- und Leistungsschwäche Gedächtnisstörungen, Riechstörungen 13 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
14 Mögliche Symptome bei Belastung von Innenräumen (2) 1. Alle diese Symptome und Beschwerden können Anzeichen für Belastungen sein 2. In den wenigsten Fällen werden Fremd- und Schadstoffe als Ursache vermutet 3. Bei länger dauernden Beschwerden wo sich die behandelnden Ärzte schwer tun sollte an externe Belastungen gedacht werden 14 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
15 Immunologie Schwermetallionen induzieren Adhaesionsmoleküle (Klein, 1994) Monozyten und funktionsgestörte Endothelzellen induzieren Gewebefaktoren lokalisierte Thrombosen (Lewis, 1995) Moleküle (Chemikalien) und Ionen (Schwermetalle) induzieren Zytokine, heat shock proteins (HSP70, HSP90) (Kirkpatrick, 1996, Triebskorn, 1998) 15 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
16 Organochlor-Verbindungen Neurotoxizität Mentale Entwicklungsstörungen Hirnstamm Neuropathie (sensibel, autonom) Hormonelle Störungen 16 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
17 III. Fallbeispiele Umweltmedizin 1. Schüler 11 Jahre bekommt in einem Klassenzimmer rote und tränende Augen, ein jucken der Nase und Reizhusten (Formaldehyd, Spanplatten, 2009) 2. Ehepaar entfernt nach 20 Jahren den Teppichboden aus der Wohnung, Ehemann Professor der Mathematik, in der selben Nacht bekommt Ehefrau Asthmaanfälle, mehrfach im Krankenhaus, kann nicht mehr in der Wohnung leben (Aspergillus niger, 2008) 17 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
18 Situationsabhängige Umweltanalytik Expositions-Situation Noxe Wohnung Holz Holzschutzmittel Spanplatten Teppich, Kammerjäger Fugendichtmasse Computer Formaldehyd, Isocyanate Pyrethroide Polychlorierte Biphenyle Isocyanate Wohnumfeld Garten Insektizide Reinigung Lösemittel (z.b. PER) Zahnersatz Amalgam Quecksilber Palladium/Goldlegierung Palladium 18 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
19 Belastungen mit Schimmelpilzen Das Umweltbundesamt (UBA) stellt klar:...die derzeit leider vermehrt angewandte Billigsanierung durch Trocknung, Desinfektion und Versiegelung schimmelpilzbelasteter Bauteile (ist) nicht zur Herstellung eines gesundheitlich zuträglichen Zustandes geeignet. 19 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
20 IV. Wegweisend... Utopie?...die beste Möglichkeit aber, den Schutz der Bevölkerung zu garantieren, wäre ein bundesgesundheitliches Gift-Gesetz, das ein sofortiges und unbürokratisches Verbot giftverdächtiger Substanzen möglich machen soll... (Bundesgesundheitsministerium, 1977) 20 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
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