Liebesgedichte des Mittelalters
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- Volker Holst
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1 Insel-Bücherei 1330 Liebesgedichte des Mittelalters Wie sich minne hebt, daz weiz ich wol von Hans-Joachim Simm 1. Auflage Insel 2010 Verlag C.H. Beck im Internet: ISBN schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG
2 Insel Verlag Leseprobe Simm, Hans-Joachim Liebesgedichte des Mittelalters Wie sich minne hebt, daz weiz ich wol Herausgegeben von Hans-Joachim Simm Mit Bildern aus dem Codex Manesse. Insel Verlag Insel Bücherei
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5 Liebesgedichte des Mittelalters Wie sich minne hebt, daz weiz ich wol Zweisprachige Ausgabe Mit farbigen Bildern aus dem Codex Manesse Herausgegeben, mit Biographien und einem Nachwort versehen von Hans-Joachim Simm Insel Verlag
6 Insel-Bücherei Nr Insel Verlag Berlin 2010
7 Liebesgedichte des Mittelalters
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10 Anonym Du bist mîn, ich bin dîn, des solt du gewis sîn. du bist beslozzen in mînem herzen, verlorn ist daz sluzzelîn du muost ouch immþr dar inne sîn.»mir hât ein ritter«, sprach ein wîp,»gedienet nâch dem willen mîn. Þ sich verwandelt diu zît, sô muoz ime doch gelônet sîn. mich dunket winter unde snþ schoene bluomen unde klþ, swenne ich in umbevangen hân. und waerz al der welte leit, sô muoz sîn wille an mir ergân.«8
11 Du bist mein, ich bin dein, dessen sollst du sicher sein. Du bist verschlossen in meinem Herzen, verloren ist der Schlüssel fein du mußt für immer drinnen sein.»mir hat ein Ritter«, sagte eine Frau,»gedient, wie ich es wollte. Bevor es zu spät ist, soll er doch belohnt werden. Winter und Schnee scheinen mir wie schçne Blumen und Klee, wenn ich ihn umfangen halte. Und würde es die ganze Welt verdrießen, er soll mich doch haben.«9
12 Der von Kürenberg Der von Kürenberg gilt als Vertreter der frühen, der donauländischen Minnelyrik (1150/70), die noch nicht vom franzçsischen Minnesang beeinflußt ist. Den Kürenberger historisch genau zu identif izieren ist bisher nicht gelungen. In Urkunden der Grafen von Burghausen (Oberbayern), der Passauer Kirche, derer von Wilhering und eines gleichnamigen Klosters bei Linz werden Dienstmannen mit dem Namen Kürenberg erwähnt. Da die Kürenbergerstrophe formal mit der Nibelungenstrophe übereinstimmt, gab es auch Vermutungen, es handele sich um ein und denselben Autor, zumal da das Nibelungenlied mit der Beschreibung von Kriemhilds Falkentraum einen Anklang an das Falkenlied des Kürenbergers zeigt. Der Kürenberger ist der älteste namentlich bekannte Minnesänger. Von ihm sind in der Manessischen Handschrift fünfzehn Strophen überliefert, darunter neben dem Falkenlied das Zinnenlied und weitere, einstrophige Gedichte. Im Falkenlied klagt eine Frau um ihren verlorenen Geliebten, für den der Jagdfalke Symbol ist. Beim Zinnenlied»Ich stuont mir nehtint spâte«handelt es sich um einen sogenannten Wechsel, in dem Frau und Mann nicht im Dialog miteinander, sondern übereinander sprechen und in dem sich schon früh eine Kritik am übersteigerten Frauendienst des Mannes und damit am Modell der romanischen Trobadors artikuliert, das kurze Zeit später großen Einfluß auf den deutschen Minnesang erlangt. Eine dritte Strophe, die als unecht gilt, verstärkt die Kritik parodistisch:» O ja, ich stand gestern abend spät an deinem Bett. / Da wagte ich nicht, dich, Herrin, zu wecken. / Dafür mçge Gott dich hassen! / Ich war doch kein wilder Eber, so sprach die Frau.«10
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14 Ich zôch mir einen valken mþre danne ein jâr. dô ich in gezamete, als ich in wolte hân, und ich im sîn gevidere mit golde wol bewant, er huop sich ßf vil hôhe und flouc in anderiu lant. Sît sach ich den valken schône fliegen. er fuorte an sînem fuoze sîdîne riemen, und was im sîn gevidere alrôt guldîn. got sende sî zesamene, die gelieb wellen gerne sîn. Ich stuont mir nehtint spâte an einer zinne, dô hôrt ich einen rîter vil wol singen in Kürenberges wîse al ßz der menigîn. er muoz mir diu lant rßmen, alder ich geniete mich sîn. Nu brinc mir her vil balde mîn ros, mîn îsengewant, wan ich muoz einer frouwen rßmen diu lant. diu wil mich des betwingen, daz ich ir holt sî. si muoz der mîner minne iemer darbende sîn. 12
15 Ich zog mir einen Falken auf, länger als ein Jahr. Als ich ihn gezähmt hatte, wie ich ihn haben wollte, und ich ihm sein Gefieder mit Gold schçn geschmückt hatte, erhob er sich in die Lüfte und flog davon. Später sah ich den Falken herrlich fliegen. Er trug an seinem Fuß die seidenen Bänder, und sein Gef ieder war ganz rotgolden. Gott führe sie zusammen, die einander gerne lieben wollen. Ich stand gestern abend spät an der Zinne, da hçrte ich einen Ritter sehr schçn singen in der Weise des Kürenbergers, aus der Menge heraus. Er muß verschwinden, oder ich will meine Lust mit ihm haben. Nun bring mir sogleich her mein Pferd, meine Rüstung, denn ich muß vor einer edlen Frau verschwinden. Die will mich dazu zwingen, daß ich ihr gehçre. Aber sie wird meine Liebe niemals bekommen. 13
16 Meinloh von Sevelingen Der Minnesänger stammt vermutlich aus einer Ministerialenfamilie von Sevelingen (dem heutigen Sçflingen, einem Stadtteil von Ulm), die als Truchsessen, d. h. als vornehmste Diener, den Grafen von Dillingen diente. Meinloh (12. Jahrhundert) dürfte der älteste schwäbische Minnesänger sein. Mçglicherweise hat er vor Kaiser Friedrich I. Barbarossa (reg ) gesungen, als dieser die Kaiserpfalz Ulm besuchte. Form und Inhalt seiner Lieder zeigen den Übergang vom traditionellen zum romanisierenden Minnesang, der das Ideal der hohen Minne vertritt. Zwçlf Strophen sind in der Manessischen Handschrift überliefert, sie sind etwa um 1170 entstanden. In der Strophe»Swer werden wîben dienen sol«finden sich Elemente der Liebeslehre, das Gebot der Verschwiegenheit und Treue; die Frau in der Strophe»Sô wþ den merkaeren«bekennt sich in ihrer Liebe zu dem Mann, und die»aufpasser«stellen kein unüberwindliches Hindernis dar. Anders als beim Kürenberger steht die Leiderfahrung des Mannes in der Minne nicht im Mittelpunkt. 14
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18 Swer werden wîben dienen sol, der sol saeliclîchen varn. ob er si ch wol ze rehte gegen in kunne bewarn, sô muoz er under wîlen senelîche swaere tragen verholne in dem herzen. er sol ez nieman sagen. swer biderben wîben dienet, die gebent alsus getânen solt. ich waene, unkiuschez herze wirt mit ganzen triuwen werden wîben niemer holt. Sô wþ den merkaeren! die habent mîn übel gedâht, si habent mich âne schulde in eine grôze rede brâht. si waenent mir in leiden, sô si sô rßnent under in. nu wizzen al gelîche, daz ich sîn friundinne bin âne nâhe bî gelegen, des hân ich weiz got niht getân. stechent si ßz ir ougen, mir râtent mîne sinne an deheinen andern man. 16
19 Wer edlen Frauen dienen darf, der soll glücklich sein; doch muß er auch wenn er vor ihnen alles richtig macht manchmal Sehnsucht und Schmerzen im Herzen verborgen ertragen; niemandem darf er s sagen. Wer angesehenen Frauen dient, dem geben sie entsprechenden Lohn. Ich glaube, ein unlauteres Herz wird nie mit vollkommener Treue edlen Frauen ergeben sein. Verwünscht seien die Merker! Die haben mir übel mitgespielt, sie haben mich schuldlos in großes Gerede gebracht. Sie glauben ihn mir zu verleiden, wenn sie so miteinander flüstern. Nun mçgen es alle wissen, daß ich seine Freundin bin ohne daß ich bei ihm lag, das hab ich Gott weiß es nicht getan. Gucken sie sich auch die Augen aus, ich kann an keinen anderen Mann denken. 17
20 Dietmar von Aist Der Minnesänger des 12. Jahrhunderts wird zum donauländischen Minnesang, also noch zur Frühphase des deutschen Minnesangs, gerechnet. Er gehçrt einem Ministerialengeschlecht aus dem oberçsterreichischen Raum an; der Name Aist bezieht sich auf den gleichnamigen Nebenfluß der Donau. Dietmars Gedichte es sind 16 Lieder mit insgesamt 42 Strophen überliefert stellen den Übergang zur neuen romanischen Liedkunst, von der außerhçf ischen zur hçf ischen Form dar. Die Urheberschaft der Gedichte ist freilich nicht immer eindeutig zu bestimmen. Als einer der ersten verwendet Dietmar Refrains und Wechsel in seinen Gedichten, die teils aus der Perspektive des Mannes sprechen, teils aus der der Frau, der eine starke Stellung zugewiesen wird. Die Themen sind Liebe, Trennung und Partnerschaft. Zwei Gedichte, in denen Frauen sprechen, sind hier aufgenommen. In dem Gedicht»Ez stuont ein frouwe alleine«erscheint, wie im Falkenlied des Kürenbergers, der Falke als Symbol der Freiheit in der Liebe: ein Gedicht, das man zu den schçnsten der ganzen Frühzeit und zu den ältesten Zeugnissen der mittelhochdeutschen Lyrik zählt. Bei dem Gedicht»Slâfest du, friedel ziere«handelt es sich um das erste überlieferte Tagelied des deutschen Minnesangs, eine Liedgattung, welche die Situation am Morgen (nach gemeinsam verbrachter Nacht), den Abschied zweier Liebender bei Tagesanbruch darstellt. Weitere bekannte Gedichte sind z. B.»Ahy, nu kumt uns diu zît«oder»ez dunket mich wol tßsent jâr«. 18
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22 Ez stuont ein frouwe alleine und warte über heide unde warte ir liebes. sô gesach si valken fliegen.»sô wol dir, valke, daz du bist! du fliugest, swar dir liep ist, du erkiusest dir in dem walde einen boum, der dir gevalle. alsô hin ouch ich getân: ich erkôs mir selbe einen man, den erwelt e n mîniu ougen. daz nîdent schoene frouwen. owþ, wan lânt si mir mîn liep? joch engerte ich ir dekeines trßtes niet!slâfest du, friedel ziere? wan wecket uns leider schiere. ein vogellîn sô wol getân daz ist der linden an daz zwî gegân.ich was vil sanfte entslâfen, nu rüefestu, kint, wâfen. lieb âne leit mac niht sîn. swaz du gebiutest, daz leiste ich, mîn friundîn.«diu frouwe begunde weinen:»du rîtest hinnen und lâst mich ein e. wenne wilt du wider her zuo mir? owþ, du füerest mîne frçide sant dir!«20
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