Prof. Dr. Nele Matz-Lück Dr. Johannes Badenhop WS 2014/2015
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1 Prf. Dr. Nele Matz-Lück Dr. Jhannes Badenhp WS 2014/2015 c) Staatsgewalt aa) Qualität der Staatsgewalt Staatsgewalt als rechtlich gerdnete/nrmative Gewalt im Gegensatz zu faktischer Gewalt, Rechtsrdnung qualifiziert Handlung als Rechtsakt bzw. rechnet sie dem Staat zu Jellinek: herrschende Gewalt, der man sich nicht einseitig entziehen kann Kritik vn Kelsen: Nicht faktische Gewalt entscheidend, sndern nur Vllziehung vn Nrmen Jellineks Vergleich zum Verein ist nur quantitativer, nicht qualitativer Unterschied Auch bei Austritt aus dem Verein können entstandene Pflichten bestehen bleiben Auch bei Staaten ist es denkbar, dass einseitig die Staatsangehörigkeit aufgekündigt wird. Ansatz vn Kelsen Staatsgewalt ist die unmittelbare, eigene Gewalt des Staates, die nicht auf eine andere Ordnung rückführbar ist Entscheidend ist nach Kelsen der Begriff der Suveränität bb) Maßgebliche Wirkungsrichtungen der Staatsgewalt: Territrialhheit und Persnalhheit: Territrialhheit = Alleinzuständigkeit auf einem bestimmten Staatsgebiet Hheitsakte vrzunehmen (Gebietshheit) und über das Staatsgebiet ggf. auch zu verfügen (Territrialhheit im engeren Sinne) Persnalhheit = Befugnis des Staates, auf die Staatsangehörigen in rechtlich verbindlicher Weise Einfluss zu nehmen (auch, wenn sie sich im Ausland aufhalten) 35
2 Prf. Dr. Nele Matz-Lück Dr. Jhannes Badenhp WS 2014/2015 nach klassischem Verständnis ist der Staat ein Instrument zur Erledigung bestimmter Aufgaben zwecks Überlebenssicherung der betrffenen Bevölkerung; die Erledigung dieser Aufgaben nennt man Verwaltung, die überwiegend in zweierlei Weise durchgeführt werden kann: Eingriffsverwaltung: ggf. auch gegen den Willen vn Teilen der Bevölkerung; Bsp.: Flughafenplanung; Besteuerung vn Tabak einzelner Bürger; Bsp.: Abschleppen eines PKW aus dem Halteverbt Leistungsverwaltung: in der mdernen Industriegesellschaft wird der Staat v.a. auch in Frm der sg. Leistungsverwaltung tätig, d.h. zum Nutzen einzelner Bürger; Bsp.: Gewährung vn BaföG, Arbeitslsenunterstützung, Kindergeld größerer Gruppen; Bsp.: öffentliche Förderung vn Vereinen, Privatschulen Direkte Staatsgewalt: Ausübung vn Befehl und Zwang Staatsgewalt wird durch das Phänmen des physischen Zwangs definiert, der zur Durchsetzung staatlicher Befehle eingesetzt wird (Bsp.: Auflösung einer Demnstratin) Max Weber ( ) definierte Staatsgewalt daher als Mnpl an physischer Gewalt das Gewaltmnpl des Staates ist nach dieser Auffassung das Kernelement des Begriffs der Staatsgewalt Andrhung und Verwirklichung vn Strafen der Unterschied zur Ausübung vn Befehl und Zwang (s..) besteht darin, dass die unerwünschte Handlung nicht gestppt wird, sndern nur eine negative Flge an ein bestimmtes Verhalten geknüpft wird 36
3 Prf. Dr. Nele Matz-Lück Dr. Jhannes Badenhp WS 2014/2015 der Bürger hat flglich in der Hand, wie er sich verhalten möchte, und kann sich auch regelwidrig verhalten, wenn er bereit ist, die negativen Flgen in Kauf zu nehmen aber: swhl die direkte als auch die indirekte zwangsweise Durchsetzung setzen vraus, dass sich der Grßteil der Rechtsunterwrfenen auch an entsprechende Regeln hält (zwangsweise direkte der indirekte Durchsetzung gegenüber grßen Teilen der Bevölkerung wäre faktisch wegen Unzulänglichkeit der Kntrll- und Zwangsapparate und aufgrund der Ksten nicht machbar ); flglich kann kllektiver ziviler Ungehrsam gegen ein als ungerecht empfundenes staatliches System dieses ins Wanken bringen Gewährung vn Vrteilen die Aussicht auf bestimmte wirtschaftliche/finanzielle Vrteile ist eine Frm staatlicher Steuerung des Verhaltens der Bürger; maßgebliches Element: Freiwilligkeit/autnme Entscheidung; Vrteil: Akzeptanz (psitiver Anreiz) kann dann ebenfalls Unterfrm der Sanktinierung gewertet werden, wenn finanzielle der snstige Vrteile vrenthalten werden, um ein bestimmtes Verhalten zu erreichen (negativer Anreiz) Ausübung vn Herrschaftsmacht durch geistigen Einfluss jeder Staat lebt davn, dass zumindest weite Teile seiner Bevölkerung sich ihm gegenüber lyal verhalten Ausnahme: Staat ist bereit, durch massiven Gewalteinsatz Widerstand zu brechen aber: selbst das ist nur möglich, wenn sich zumindest die staatlichen Repressinsinstrumente lyal verhalten der erfrderliche geistige Einfluss kann sich dann vllziehen in Frm vn blßen Infrmatinen; Bsp.: Energieverbrauch Auffrderungen zu einem bestimmten Verhalten; Bsp.: Warnungen vr HIV/AIDS 37
4 Prf. Dr. Nele Matz-Lück Dr. Jhannes Badenhp WS 2014/2015 staatlicher Prpaganda geistiger Einfluss hat den größten Erflg, wenn Menschen sich aufgrund ratinaler Einsicht an die staatlichen Anweisungen halten (Akzeptanzerfrdernis) cc) Aufgabe der Staatsgewalt Staat hat die Funktin, ein widerspruchsfrei und verlässlich das Zusammenleben vn Menschen unter einer Rechtsrdnung zu garantieren, insbesndere Rechtsfrieden und Rechtssicherheit herzustellen. Staatsgewalt erfrderlich, um das Verhalten in der Gemeinschaft verbindlich zu regeln und mit Machtmitteln das vrgeschriebene Verhalten zu erzwingen Aufrechterhaltung der Rechtsrdnung Kmmt der Staat der Durchsetzung vn Nrmen nicht nach, wird die zentrale Frderung der Rechtsgemeinschaft auf Durchsetzung des Rechts enttäuscht (Verlässlichkeit der staatlichen Ordnung). Der Staat verliert damit Glaubwürdigkeit. Die unzureichende Durchsetzung vn Nrmen setzt den Bestand der Rechtsrdnung aufs Spiel. als Gewalt als ntwendiges Mittel zur Durchsetzung der Rechtsrdnung Gewalt als ntwendiges Mittel zur Aufrechterhaltung der Rechtsrdnung Erwartung der Nrmunterwrfenen dd) Staatsgewalt und Sziale Wirksamkeit Eine Rechtsrdnung setzt vraus, dass sich der Grßteil der Rechtsunterwrfenen auch an entsprechende Regeln hält (sziale Wirksamkeit) Jellinek, S 426: Näher besehen ruht die ganze Staatsgewalt auf dem Gehrsam der Untertanen, all ihre Tätigkeit ist verwandelter Gehrsam. Eine zwangsweise Durchsetzung des Rechts gegenüber grßen Teilen der Bevölkerung wäre faktisch wegen Unzulänglichkeit der 38
5 Prf. Dr. Nele Matz-Lück Dr. Jhannes Badenhp WS 2014/2015 Kntrll- und Zwangsapparate und aufgrund der Ksten "nicht machbar") Russeau: Auch der Stärkste ist nicht stark genug, seine Herrschaft auf Dauer zu behaupten, wenn er nicht die Gewalt in Recht und den Gehrsam getragen ist. Bestand der Staatsgewalt setzt zu einem guten Teil willentlicher Gehrsam vraus. flglich kann kllektiver ziviler Ungehrsam gegen ein als ungerecht empfundenes staatliches System dieses ins Wanken bringen ee) Legitimität und Staatsgewalt Legitimität der jeweiligen Staatsgewalt als ntwendige Vraussetzung der Existenz vn Staatsgewalt? Abgrenzung Legalität und Legitimität Legalität: Ausübung vn Staatsgewalt in Übereinstimmung mit bestehenden Rechtsnrmen Legitimität: Rechtfertigung der Ausübung vn Staatsgewalt anhand vn Werten und Grundsätzen, die der Rechtsrdnung vrausgehen Vrüberlegung: ist die Verflgung bestimmter Staatszwecke der die Einhaltung bestimmter Staatsfrmen Vraussetzung für die Existenz vn Staatsgewalt und damit Vraussetzung der Existenz eines Staates? vgl. etwa Art. 16 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte vn 1789 (beachte: über Präambel der Verfassung der V. Republik nch heute geltendes französisches Verfassungsrecht): Eine Gesellschaft, in der weder die Gewährleistung der Rechte gesichert nch die Gewaltenteilung festgelegt ist, hat keine Verfassung (1) Legitimatin nach außen aus der Sicht des Völkerrechts (Außenperspektive) ist es grundsätzlich unbeachtlich, wie Staatsgewalt ausgeübt wird; insbesndere ergibt sich aus dem inneren 39
6 Prf. Dr. Nele Matz-Lück Dr. Jhannes Badenhp WS 2014/2015 Selbstbestimmungsrecht der Anspruch, über die eigene innere Regierungsfrm zu entscheiden daraus flgt: auch ein undemkratischer Staat ist und bleibt ein Staat Grenze: unveräußerliche Menschenrechte (ius cgens) w dann jedenfalls einer bestimmten Regierung(sfrm) die Legitimität abgesprchen wird Knsequenz: Vrenthaltung vn staatlichen Rechten durch die internatinale Gemeinschaft (Bsp.: Vertretung vn Südafrika in der Generalversammlung der Vereinten Natinen) Auffrderung zur kllektiven Nichtanerkennung durch Sicherheitsrat der UN Staatlichkeit als slche bleibt jedch auch in einem slchen Fall unberührt andererseits wird jedch die Effektivität der Ausübung vn Staatsgewalt als Maßstab herangezgen, d.h. eine bestimmte Regierung wird nur slange als Regierung angesehen, die einen Staat wirksam nach außen vertreten kann, slange sie auch in der Lage ist, effektiv Hheitsgewalt auf dem fraglichen Staatsgebiet auszuüben aber: dass sich auf einem bestimmten Teilgebiet aufständische Gruppen gebildet haben der dass Teile des Staatsgebietes der das gesamte Staatsgebiet militärisch besetzt wurden (Bsp.: Plen nach 1939), bewirkt nicht den Wegfall der Staatsgewalt Grenze: Aufständischen gelingt es ihrerseits, sich effektiv auf dem gesamten Staatsgebiet mit ihrer neuen Staatsgewalt durchzusetzen Wies ist die Staatsfrm (und damit die Frage der Legitimität der Ausübung vn Staatsgewalt) grundsätzlich irrelevant für die Anerkennung eines Staates aus völkerrechtlicher Sicht? Staatengemeinschaft ist auf friedliches Zusammenleben als berstes Ziel angewiesen nimmt auch undemkratische menschenrechtsverachtende Staatsgewalt hin 40
7 Prf. Dr. Nele Matz-Lück Dr. Jhannes Badenhp WS 2014/2015 Grenze daher nur bei Verstößen gegen fundamentale Rechtsprinzipien (Völkermrd etc.) Relevanz der Effektivität vn Staatsgewalt flgt wiederum aus der Friedensfunktin des Völkerrechts (nur effektive Staatsgewalt kann garantieren, dass die vm Staat abgeschlssenen Verträge eingehalten bzw. erfüllt werden; vgl. auch Art. 4 UN-Charta: nur friedliebenden Staaten steht eine UN-Mitgliedschaft ffen) (2) Legitimatin der Staatsgewalt nach Innen relevant für die Frage nach dem Widerstandsrecht, d.h. der Frage, b es bestimmte Herrschaftsfrmen gibt, gegenüber denen das Staatsvlk Widerstand leisten darf Art. 20 Abs. 4 GG Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist. Radbruchsche Frmel Extremes Unrecht ist kein Recht Unerträglichkeitsfrmel: Recht, das unerträglich gegen die Gerechtigkeit verstößt, ist kein Recht Verleugnungsfrmel: Ein Gesetz, dass Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt, ist kein Recht aber: immer nur extreme Grenze 41
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