Reformierte Kirchgemeinde Oftringen, Predigt vom 3. Juli 2016, SD Marcel Hauser
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- Heidi Fürst
- vor 7 Jahren
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Transkript
1 Dennoch Die meisten von uns kennen die Zeiten des Erfolgs. Unsere Projekte gelingen, in der Familie oder in Beziehungen haben wir es gut, gesundheitlich stimmt alles und auch im Glaubensleben läuft es gut, wir machen immer wieder Erfahrungen mit Gott. Und jetzt stehen wir vor schönen langen Ferien und freuen uns auf die freien Wochen und auf das Schöne, das wir erleben werden. Ich hoffe, dass es Ihnen heute so geht und dass dieses Hoch noch lange anhält. In diesen Zeiten, wo Gott uns, wie das Psalm 23 ausdrückt, einen gedeckten Tisch bereitet, ist es Zeit, sich hinzusetzen, zu geniessen, das Gute auszukosten, sich zu freuen und dankbar zu sein. Ich bin davon überzeugt, Gott deckt uns immer wieder im kleineren oder grösseren Rahmen den Tisch, aber manchmal getrauen wir uns gar nicht hinzusitzen und das Gute zu geniessen. Die Ferienzeit ist wohl eine gute Zeit, das zu üben. In den letzten Monaten bin ich etlichen Christen begegnet, die sich quasi am anderen Ende der Skala befinden. Sie sind in einer schweren Zeit. Einige sind von ernsthaften gesundheitlichen Problemen gezeichnet. Bei anderen sind Beziehungen in die Brüche gegangen, oder sie befinden sich in einer Zerreissprobe. Bei anderen sind es grössere berufliche Veränderungen die anstehen und existenzielle, auch finanzielle Fragen aufwerfen und bei einigen bestehen grosse Spannungen in der Familie mit den Kindern, man weiss nicht wie weiter. Ich persönlich hatte in den letzten Monaten eine Phase, in der ich beruflich, vor allem in meiner freiberuflichen Tätigkeit, sehr gefordert war und so psychisch an meine Grenzen kam. Ich habe dieser Predigt den Titel Dennoch gegeben. Mir geht es um die Frage, wie schaffen wir es, dennoch auf einem guten Weg zu bleiben? Dennoch zu glauben, dennoch zu lieben, dennoch zu hoffen, dennoch zu vertrauen, dennoch im Herzen eng mit Jesus verbunden zu bleiben? Jakobus rät uns in diesem Zusammenhang. Jakobus 5,13: Leidet jemand unter euch, der bete; ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen. Wenn wir in einer Hoch-Phase sind, wenn wir viel Segen und Gutes erleben und guten Mutes sind, dann sollen wir Psalmen also Loblieder singen. Gott von Herzen loben, ihn ehren. Ihm von Herzen danken für das viele Gute. Mir fällt das normalerweise nicht so leicht. Ich tendiere in Zeiten, wenn ich es locker habe und geniessen kann dazu, dass Jesus eher etwas in den Hintergrund tritt und ich mich vor allem dem Guten oder dem Vergnügen widme. Irgendeinmal realisiere ich dann, dass etwas nicht mehr stimmt und die Dinge leer oder sinnlos werden. Zum Dennoch in guten Zeiten gehört für mich deshalb, dass ich auch wenn ich es locker habe, bewusst die Beziehung zu Jesus pflege, und mit Jesus spreche, ihm danke und im Herzen mit ihm verbunden bleibe. Ich habe gemerkt, dass dann, wenn ich auch beim Geniessen mit Jesus im Herzen verbunden bleibe, auch etwas zurückkommt. Dann habe ich positive Gedanken, bin zuversichtlich, und ich nehme die Menschen anders wahr. Innerlich macht das für mich einen grossen Unterschied. Zum dennoch in guten Zeiten gehört für mich auch, dass ich mich mit guter Literatur beschäftige. Es hilft mir, wenn ich mich gedanklich mit etwas beschäftige, das mich interessiert und inspiriert. Seite 1 von 5
2 Den anderen, die quasi auf der anderen Seite der Skala sind, rät Jakobus: Leidet jemand unter euch, der bete. Bei körperlichen oder seelischen Schwierigkeiten, die Leiden verursachen, sollen wir Gott suchen im Gebet. Sich Zeit nehmen zum Gebet, auch wenn sich die berufliche oder finanzielle Situation nicht verändert. Auch wenn sich die Situation mit dem Partner oder der Partnerin nicht verbessert. Auch wenn es keine Medikamente gibt die helfen, oder keine Operation, die erfolgversprechend ist. Auch wenn die Gebete von anderen und meine eigenen Gebete bis anhin nichts genützt haben. Dennoch weiter Gott suchen und beten. Meine Erfahrung und auch die Erfahrung von anderen sind, dass das gar nicht so einfach ist. Die Schmerzen, die Enttäuschung, das nicht Verstehen und nicht erklären können, oder die Trauer über einen Schicksalsschlag, rauben manchmal so viel Kraft, Glauben und Hoffnung, dass das Gebet kaum mehr möglich ist. Ich persönlich tendiere in schwierigen Situationen dazu, mich zurückzuziehen und abzukapseln, aber das bringt mich nur bedingt weiter. In solchen Zeiten brauchen wir Freunde und ein Netz von Menschen, die beten und einen durchtragen. Dann brauchen wir eine christliche Gemeinde, eine Gemeinschaft, die trägt und Mut macht zum Dennoch. Es hat mir geholfen zu lesen, dass die Jünger zur Zeit von Jesu auch schwierige Zeiten hatten und dass, mindestens ein Teil von ihnen, einen Weg gefunden hat, wie sie damit umgehen können. In Johannes 6, sagt Jesus: Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn an jenem letzten Tag auferwecken. Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und ich lebe um des Vaters willen, so wird auch, wer mich isst, leben um meinetwillen. Dies ist das Brot, das vom Himmel gekommen ist. Es ist nicht wie bei den Vätern, die gegessen haben und gestorben sind. Wer dieses Brot isst, der wird leben in Ewigkeit. Johannes 6,60-63: Empört sagten viele seiner Jünger: Was er da redet, ist eine Zumutung! Wie kann man von jemand verlangen, sich so etwas anzuhören? Jesus war sich bewusst, dass die Jünger über seine Worte empört waren. Daran nehmt ihr Anstoß?, fragte er sie. Und was werdet ihr sagen, wenn ihr den Menschensohn in den Himmel zurückkehren seht, dorthin, wo er vorher war? Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch ist dazu nicht fähig. Die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben. Johannes 6,66-69: Von da an wandten sich viele seiner Jünger ab und gingen nicht mehr mit ihm. Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt ihr auch weggehen? Da antwortete ihm Simon Petrus: Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte, die zum ewigen Leben führen, und wir glauben und haben erkannt, dass du der Heilige bist, den Gott gesandt hat. Jesus sagte Dinge, die seine Jünger nicht einordnen konnten. Sie haben sich wahrscheinlich gefragt: Sollen wir wirklich das Fleisch von Jesus essen? Es kann doch nicht sein, dass wir sein Blut trinken. Soll denn Jesus geopfert werden wie ein Sühneopferlamm? Diese rätselhafte Botschaft war für sie bedrückend und unerträglich. Da nützten auch die Worte Jesu von Vers 63 wenig: Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch ist dazu nicht fähig. Die Worte, die Seite 2 von 5
3 ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben. Seine Jünger haben noch nicht richtig verstanden, dass Jesus den Sühnetod sterben musste, dass er sein Fleisch und Blut für die Sünden der Welt opfern sollte. Sie haben nicht verstanden, dass diejenigen sein Fleisch essen und sein Blut trinken, die Jesus durch den Heiligen Geist in sich aufnehmen. Karfreitag und Pfingsten liegen ja noch vor ihnen. Sie konnten nicht erfassen, dass der Heilige Geist im Kleide der Worte Jesu zu uns Menschen kommt und uns Anteil gibt am Gewinn des geopferten Fleisches und Blutes von Jesus. Sie konnten noch nicht sehen, dass das Wunder des ewigen Lebens in uns gewirkt wird, wenn wir uns im Vertrauen Jesus und seinem Wirken öffnen. Diese für sie unverständlichen und unvorstellbaren Aussagen haben den meisten der Nachfolger von Jesus den Glauben und das Vertrauen in ihn geraubt. In der Folge haben viele seiner Jünger Jesus verlassen. Jesus hat hier einen Grossteil seiner Jünger verloren. Als die meisten seiner Jünger weggegangen waren frage Jesus seine 12 engsten Begleiter: Wollt ihr auch weggehen? Herr, zu wem sollten wir gehen?, antwortete Simon Petrus. Du hast Worte, die zum ewigen Leben führen, und wir glauben und haben erkannt, dass du der Heilige bist, den Gott gesandt hat. Petrus gab zur Antwort, wir wissen nicht zu wem wir sonst gehen sollten, obwohl auch er nicht alles verstanden hatte. Zu welchem anderen Heilsbringer oder Lehrer sollten wir denn gehen? Wir wissen, Du lehrst uns, wie wir ewiges Leben erhalten. Und das zweite, was er sagt: Wir glauben und haben erkannt, dass du der Heilige bist, den Gott gesandt hat. Die 12 Jünger haben in der Zeit mit der sie mit Jesus gelebt haben eine echte Beziehung zu ihm aufgebaut. Sie haben ihn als jemand völlig Vertrauenswürdigen kennengelernt. Seine Reden, seine Taten und sein Leben waren überzeugend. Sie vertrauen ihm und glauben dass er der versprochene Retter ist. Es hat sich im täglichen Umgang mit ihm bestätigt, er ist es wirklich. Auch wenn sie jetzt einige Dinge nicht verstehen, er hat schon so oft bewiesen, was er sagt stimmt und geht in Erfüllung, darum glauben sie ihm, trotz ihrer momentanen Verwirrung. Ich denke, diese Geschichte wiederholt sich bei uns immer wieder. Viele glauben an Jesus bis zum Punkt, an dem sie Dinge nicht verstehen oder nicht einordnen können: Eine nicht erfüllte Hoffnung, eine Krankheit, unerfüllte Gebete, Aussagen der Bibel, die man nicht versteht oder einordnen kann, unerklärliche Leiden, ein Misserfolg, eine Enttäuschung, die vielleicht sogar gläubige Menschen verursacht haben. An diesem Punkt zweifeln viele und gehen dann von Jesus weg. Ich denke, auch wir kommen ab und zu in solche Situationen, in denen uns Jesus fragt: Wollt ihr auch weggehen? Und dann, was sagen wir? An diesem Punkt stellt sich die Frage. Haben wir Jesus persönlich im Alltag so gut kennengelernt, haben wir mit ihm schon so viel erlebt, dass wir sagen können: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du gibst das ewige Leben, und ich glaube, dass du der Retter bist, den Gott gesandt hat? Auch wenn ich mein Leiden und die Krankheit nicht erklären kann, auch wenn eine Beziehung in Brüche gegangen ist oder die Gefahr besteht dass es geschieht. Seite 3 von 5
4 Auch wenn ich beruflich oder finanziell grosse Schwierigkeiten habe, auch wenn ich es mit den Kindern ganz schwer habe, auch wenn ich nicht alles in der Bibel verstehe? Die Voraussetzung zum Dennoch in schwereren Zeiten ist also, Jesus gut zu kennen und im Glaubensalltag eine echte Herzensbeziehung zu ihm zu pflegen. Dann können wir wie Asaf es in Psalm 73 ausdrückt sagen (Psalm 73, 23-26): Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand. Du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich am Ende mit Ehren an. Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde. Wenn auch meine Kräfte schwinden und mein Körper mehr und mehr verfällt, so gibt doch Gott meiner Seele Halt. Er ist alles, was ich brauche und das für immer! Wir Christen kommen nicht darum herum immer wieder dennoch zu sagen, wenn wir die Beziehung zu Jesus stärken wollen. Dennoch bleibe ich stets an dir kann heissen: Dennoch nehme ich mir Zeit zum Danken und Loben, auch wenn ich eigentlich keine Zeit habe. Dennoch lese ich etwas Gutes in den Ferien, auch wenn ich mir die Zeit dafür bewusst nehmen muss. Dennoch lese ich in der Bibel, auch wenn ich nicht alles verstehe. Dennoch bete ich mit meinem Partner oder meiner Partnerin, auch wenn wir das schon lange nicht mehr getan haben. Dennoch vergebe ich, auch wenn ich tief verletzt wurde. Dennoch beten, auch wenn ich es schon oft getan habe und ich im Moment Schmerzen und Angst habe. Die Zusage von Psalm 73 gilt: Du hältst mich an meiner rechten Hand. Im Vertrauen darauf dass er mich hält, dass er mich leitet und dass er mich am Ende des Lebens bei sich aufnehmen wird, sage ich immer wieder dennoch. Verschiedene Schreiber des Neuen Testamentes ermutigen mich, dieses Vertrauen auch in schwierigen Situationen zu bewahren. Der Gemeinde in Philippi schreibt Paulus, Philipper 1,29: Denn euch ist es im Blick auf Christus geschenkt worden, nicht allein an ihn zu glauben, sondern auch für ihn zu leiden. Paulus fordert die Gläubigen in Philippi nicht nur eindringlich auf, sich zu allezeit im Herrn zu freuen. Das ist ein Schwerpunkt des Briefes. Er macht sie auch noch darauf aufmerksam, dass ihnen nicht nur der Glaube gegeben wurde, sondern auch noch für Jesus zu leiden. Warum erwähne ich das? Wie gesagt, hatte ich in den letzten Monaten mit diversen Menschen zu tun, die eine schwere Zeit haben. Ein Problem das öfters im Raum stand war: Wie kann es sein, dass ich oder die christlichen Freunde erleben müssen, dass wir so schwierige Situationen durchstehen und so leiden müssen? Das hat bei einigen eine echte Glaubenskrise ausgelöst. Sie haben das fast nicht auf die Reihe gebracht. Es kann doch nicht sein, dass es ein Christ so schwer hat. Paulus kämpfte in praktisch allen Gemeinden darum, dass die Christen verstehen und annehmen, dass Glauben und Leiden oft miteinander verbunden sind. Den Ephesern schreibt er zum Beispiel (Epheser 3,13): Daher bitte ich euch: Lasst euch von den Nöten, die ich durchmache, nicht entmutigen! Ich erleide das alles ja für euch; es trägt dazu bei, dass ihr Anteil an Gottes Herrlichkeit bekommt. Seite 4 von 5
5 Paulus hatte das Problem, dass andere mutlos wurden, im Glauben verzagten, beinahe den Glauben verloren weil er, Paulus, so viel Nöte und Leiden durchmachen musste. Für Paulus war klar, dass er quasi einen Leidens - Preis zu bezahlen hatte. Schon bei seinem Bekehrungserlebnis vor Damaskus sagte Gott zu Hananias, der für Saulus beten sollte. Ich will ihm zeigen, wie viel er um meines Namens willen leiden muss. In all den Briefen von Paulus macht er deutlich, für ihn gehört das Leiden und das Dennoch der Christen zum normalen Glaubensleben. Aber für ihn ist auch ganz klar, dass wir dabei nicht überfordert werden. In 1.Kor 10,13 meint er dazu: Und Gott ist treu; er wird euch auch in Zukunft in keine Prüfung geraten lassen, die eure Kraft übersteigt. Wenn er euren Glauben auf die Probe stellt, wird er euch auch einen Weg zeigen, auf dem ihr die Probe bestehen könnt. In schwierigen und in guten Zeiten ein Dennoch zu sagen, wird uns standhaft und vollkommen machen. Auf diesem Weg wird uns im Glaubensleben nichts mehr fehlen. Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand. Du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich am Ende mit Ehren an. Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde. Wenn auch meine Kräfte schwinden und mein Körper mehr und mehr verfällt, so gibt doch Gott meiner Seele Halt. Er ist alles, was ich brauche und das für immer (Psalm 73, 23-26)! Amen. Natürlich kann ich nicht sagen, warum einige mehr, andere weniger leiden müssen. Bei mir selber habe ich aber erfahren, dass das Leiden nicht nutzlos ist. Ich habe im Leiden sehr vieles gelernt und es hat mich weitergebracht. Z.B. hat es mir geholfen, meine Prioritäten klarer zu setzen und mich besser auf das Wesentliche zu konzentrieren. Jakobus verspricht uns diesbezüglich Grosses. Jakobus 1,2-4: Seht es als einen ganz besonderen Grund zur Freude an, meine Geschwister, wenn ihr Prüfungen verschiedenster Art durchmachen müsst. Ihr wisst doch: Wenn euer Glaube erprobt wird und sich bewährt, bringt das Standhaftigkeit hervor. Und durch die Standhaftigkeit soll das Gute, das in eurem Leben begonnen hat, zur Vollendung kommen. Dann werdet ihr vollkommen und makellos sein, und es wird euch an nichts mehr fehlen. Seite 5 von 5
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