Freisetzen und Fixieren von Parametern in Strukturgleichungsmodellen
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- Frida Kolbe
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1 Freisetzen und Fixieren von Parametern in Strukturgleichungsmodellen 1 Variablen und Parameter Variablen haben für verschiedene Personen unterschiedliche Werte. Parameter haben für eine gegebene Population einen festen Wert. Mit Parametern kann die Verteilung von Variablen beschrieben werden: Parameter zur Beschreibung der Verteilung einer Variablen, z. B. Mittelwert, Varianz. Parameter zur Beschreibung der gemeinsamen Verteilung mehrerer Variablen, z. B. Korrelation, Kovarianz, Regressionskoeffizient. Der Begriff Parameter bezieht sich auf die Population. Ein Kennwert ist das Entsprechende in einer Stichprobe. Inhaltliche Hypothesen, die man mit einem Strukturgleichungsmodell prüfen möchte, muß man in Hypothesen über bestimmte Parameter im Modell verwandeln. Meist sind folgene Parameter wichtig: Varianzen von Variablen (Unterschiede zwischen Personen in einer Variable) Kovarianzen/Korrelationen zwischen Variablen (Zusammenhang zwischen zwei Variablen) Pfadkoeffizienten zwischen Variablen (Einfluß einer Variable auf eine andere) Über diese Parameter kann man zwei verschiedene Arten Annahmen haben: Unspezifische Hypothese: Ein Parameter müßte in einem bestimmten Wertebereich liegen. Beispiel: Eine Variable hat eine positive Wirkung auf eine andere Variable. Der Pfadkoeffizient zwischen diesen Variablen müßte einen positiven Wert haben. Solche Parameter werden in einem Strukturgleichungsmodell frei geschätzt. Spezifische Hypothese: Ein Parameter müßte einen genau bestimmten Wert haben. Beispiel: Zwei Variablen sollten inhaltlich keinen Zusammenhang besitzen Die Kovarianz/Korrelation zwischen ihnen müßte genau Null sein. Solche Parameter werden in einem Strukturgleichungsmodell fixiert, d. h. von vorneherein auf einen festen Wert (z. B. Null) gesetzt. 1
2 Das Freisetzen oder Fixieren geschieht nicht einzeln für jeden interessierenden Parameter, sondern für komplette Parametermatrizen. Das heißt aber, daß man nicht nur diejenigen Parameter (z. B. Pfadkoeffizienten) beachtet, die tatsächlich inhaltlich interessieren, sondern alle denkbaren Parameter in Bezug auf die jeweiligen Variablen berücksichtigen muß. Ein Beispiel: Untersucht man die Big-Five-Konstrukte, so würde man nicht nur annehmen, daß NEO- FFI-Extraversion ein Indikator für das Konstrukt Extraversion ist, sondern genauso (implizit) annehmen, daß diese Skala kein Indikator für Neurotizismus, Gewissenhaftigkeit, etc. ist. Man müßte also nicht nur die Ladung von NEO-FFI-Extraversion auf dem Konstrukt Extraversion freisetzten, sondern auch die Ladungen dieses Indikators auf den übrigen Konstrukten auf Null fixieren. 2 LISREL-Anweisungen Für alle im Modell enthaltenen Parametermatrizen muß festgelegt werden, welche Parameter darin frei geschätzt werden sollen und welche von vorneherein auf einen festen Wert fixiert sind. Für jede Matrix gibt es dabei zwei Möglichkeiten (hier am der Beispiel der Faktorladungsmatrix LX = Λ x gezeigt): Entweder: 1. In der MO-(Modelldefinitions-)Zeile wird die Matrix insgesamt freigesetzt, d. h. alle Parameter darin als frei zu schätzen definiert. Beispiel: LX=FU,FR 2. Anschließend werden diejenigen Parameter, die tatsächlich nicht geschätzt werden sollen, einzeln auf bestimmte Werte festgesetzt/fixiert (FI-Anweisungen). Beispiel: FI LX(1,2) (die Ladung des Indikators x 1 auf dem Konstrukt ξ 2 wird auf Null gesetzt) Oder: 1. In der MO-(Modelldefinitions-)Zeile wird die Matrix insgesamt fixiert, d. h. alle Parameter darin auf den festen Wert Null gesetzt. Beispiel: LX=FU,FI 2. Anschließend werden diejenigen Parameter, die tatsächlich doch geschätzt werden sollen, einzeln freigesetzt/als frei zu schätzen definiert (FR-Anweisungen). Beispiel: FR LX(2,1) (die Ladung des Indikators x 2 auf dem Konstrukt ξ 1 soll frei geschätzt werden) Bei den Matrizendefinitionen steht FU für full, d. h. alle Parameter der Matrix werden damit freigesetzt bzw. fixiert. Andere nützliche Möglichkeiten: SY,FR: symmetric, free; alle Parameter der Matrix werden geschätzt, wobei über und unter der Diagonale identische Werte stehen müssen DI,FR: diagonal, free; nur die auf der Diagonale der Matrix stehenden Parameter werden geschätzt, der Rest der Matrix bleibt auf Null fixiert 2
3 Ratschläge Für ökonomisches Arbeiten empfiehlt sich in den meisten Fällen folgendes: TD = Θ δ, TE = Θ ɛ und PS = Ψ (die Varianz-Kovarianzmatrizen der Meßfehler- bzw. Residualvariablen) als DI,FR definieren, denn hier interessieren i. d. R. nur die Varianzen in der Diagonalen. Bei den Matrizen LX = Λ x, LY = Λ y, GA = Γ und BE = B danach gehen, ob jeweils die Mehrzahl der Parameter darin frei zu schätzen ist (in der Modelldefinition FU,FR wählen) oder ob die Mehrzahl der Parameter fixiert sein soll (FU,FI wählen) und anschließend mit FI- bzw. FR-Anweisungen nacharbeiten. Wenn keine Interkorrelationen zwischen ξ-variablen zugelassen werden sollen (z. B. bei unabhängigen Konstrukten in einer Konfirmatorischen Faktorenanalyse), PH = Φ als DI,FR definieren, sonst als SY,FR (einzelne Korrelationen/Kovarianzen, die man ausschließen möchte, können dann mit FI-Anweisungen auf Null gesetzt werden). 3 Skalierer Beim Freisetzen und Fixieren der Parameter in den Ladungsmatrizen LX = Λ x und LY = Λ y besteht eine Besonderheit: Während die Varianzen von manifesten Indikatorvariablen aus empirischen Daten direkt berechnet werden können, stehen die Varianzen latenter Variablen nicht fest. Da latente Variablen nicht beobachtet werden können, ist es an sich auch willkürlich, in welcher Maßeinheit man sie sich vorstellt. Rechentechnisch ist es aber mötig, die Varianzen latenter Variablen auf irgendeine Weise festzulegen: Auch wenn die Enge der Beziehung zwischen zwei Variablen inhaltlich unabhängig von ihren Maßeinheiten ist, so müssen die Maßeinheiten feststehen, um die Enge der Beziehung bestimmen zu können (ohne Varianz keine Maßeinheit, und ohne Maßeinheit keine Meßwerte). Um dieses Problem zu lösen, kann man entweder die latenten Variablen auf eine Varianz von Eins standardisieren, oder aber ihre Varianzen an den (bekannten) Varianzen manifester Variablen ausrichten. Dies geschieht mit sog. Skalierervariablen, d. h. man wählt sich pro latenter ξ- bzw. η-variable genau eine Indikatorvariable aus, an der man die Varianz der latenten Variablen orientiert. Fixiert man die Ladung dieser Indikatorvariablen auf der latenten Variablen auf den Wert Eins, so bedeutet dies, daß die Varianz der latenten Variablen gleich der erklärten Varianz der Indikatorvariablen ist. LISREL-Anweisungen für Skalierer In den Ladungsmatrizen LX = Λ x und LY = Λ y muß für jede ξ- bzw. η-variable genau eine Ladung auf den Wert Eins festgesetzt werden. Zwei Schritte: 1. Die entsprechende Ladung muß (auf Null) fixiert werden, entweder durch Fixieren der gesamten Matrix in der Modelldefinitions-Zeile Beispiel: MO LX=FU,FI... 3
4 oder durch eine einzelne Fixier-Anweisung Beispiel: FI LX(1,1), wenn der Indikator x 1 als Skalierer für die latente Variable ξ 1 dienen soll. 2. Dem fixierten Parameter wird der feste Wert Eins zugewiesen: Beispiel: VA 1 LX(1,1) VA steht für value ; analog würde z. B. die Anweisung VA 0.3 TD(2,2) die Fehlervarianz θ δ 22 auf den Wert 0.3 festlegen) 4 Die Pattern -Anweisung (PA) Statt einer globalen Anweisung in der MO-Zeile mit anschließendem Nacharbeiten durch FR bzw. FI kann man auch für einzelne oder alle Matrizen die Pattern-Anweisung PA verwenden, mit der das Muster aus freien und fixierten Parametern in Matrixform definiert werden kann. Dabei gibt man für frei zu schätzende Parameter Einsen und für zu fixierende Parameter Nullen ein. Skalierer müssen wiederum anschließend mit VA-Anweisungen auf den Wert Eins gesetzt werden. Die folgenden drei Möglichkeiten der Definition von LX = Λ x wären z. B. gleichwertig: PA LX oder MO LX=FU,FI FR LX(2,1) LX(4,2) oder MO LX=FU,FR FI LX(1,1) LX(1,2) LX(2,2) LX(3,1) LX(3,2) LX(4,1) Die zu schätzende Parametermatrix sähe in jedem Fall so aus: 1 0 LX = Λ x = λ λ 42 4
5 Pattern-Anweisung für mehrere identische Zeilen einer Matrix Die Pattern-Anweisung bietet auch die Möglichkeit, mehrere gleichartige Zeilen einer Matrix arbeitssparend zu spezifizieren. Dies ist besonders für große Faktorladungsmatrizen, beispielsweise in konfirmatorischen Faktorenanalysen von Interesse. Weist eine Matrix mehrere aufeinanderfolgende Zeilen auf, die das gleiche Muster aus freien und fixierten Werten aufweisen, so muß diese Zeile nur ein mal aufgeschrieben werden. Ihr wird dabei eine Zahl vorangestellt, die angibt, wieviele dieser gleichartigen Zeilen in der Matrix direkt hintereinander stehen. Die folgende Faktorladungsmatrix mit drei Faktoren zu je fünf Items λ λ λ λ λ 72 0 LX = Λ x = 0 λ λ λ λ λ λ λ 153 kann also auf einfache Weise so spezifiziert werden: PA LX 4(1 0 0) 4(0 1 0) 4(0 0 1) VA 1 LX(1,1) LX(6,2) LX(11,3) 5
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