1.3 Beurteilung und Versorgung des Neugeborenen
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- Hansi Waldfogel
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1 1.3 Beurteilung und Versorgung des Neugeborenen Für die Beurteilung des Neugeborenen hat sich das von Virginia Apgar beschriebene Schema etabliert (Tab. 1). Tab. 1: APGAR-Schema zur Beurteilung von Neugeborenen APGAR Atmung Keine Langsam, unregelmäßig Ungestört, regelmäßig Puls Keinen < 100/Minute >100/Minute Grundtonus Schlaff Träge Flexion Aktive Bewegung Aussehen Blau oder weiß Akrozyanose Rosig Reflexe beim Absaugen Keine Herabgesetzt Schreien Die Zustandsdiagnostik erfolgt im Allgemeinen nach 1, 5 und 10 Minuten postpartal, die in der Bundesrepublik übliche erste Vorsorgeuntersuchung (U1) wird Minuten nach der Geburt von einer Hebamme oder einem Arzt durchgeführt. Außer der Beurteilung des Neugeborenen mittels des APGAR-Schemas gehören zur U1 eine komplette körperliche Untersuchung des Neugeborenen: Herz, Lunge und Abdomen, das Abtasten des Skelettes (Spina bifida, Meningomyelozele), des Kopfes (Fontanelle), Inspektion bzw. Austasten des Mundes (Gaumenspalte) sowie eine Untersuchung auf mögliche Fehlbildungen. Abschließend erfolgt die Gabe von 2 mg Konakion p.o. zur Vorbeugung einer Vitamin-K-Mangelblutung. Diese Untersuchung ist im gelben, speziell für Kinder geschaffenen Vorsorgeheft zu dokumentieren Basismaßnahmen Schutz vor Wärmeverlust Um den Wärmeverlust so gering wie möglich zu halten, wird das Neugeborene unter einem Wärmestrahler trocken gerieben und in war- 18
2 Neugeborenenversorgung 1 me Tücher gehüllt. Auch der Kopf muss aufgrund seiner relativen Größe vor Wärmeverlust geschützt werden. Das Frühgeborene sollte, wenn es nicht sofort nach der Geburt durch ein neonatologisches Team betreut wird, ohne vorheriges Abtrocknen mit Hinterkopf und Körper in eine Plastikfolie eingewickelt werden, nur das Gesicht bleibt frei [38]. Der Raum, in dem die Versorgung erfolgt, muss warm und frei von Zugluft und Strahlungskälte sein Taktile Stimulation Durch das Abreiben und Abtrocknen des Neugeborenen wird im Normalfall die Atmung ausreichend stimuliert; weitere Stimuli sind das Bestreichen der Wirbelsäule von kranial nach caudal, kitzeln der Fußsohlen und leichte Schmerzreize. Merke: Die erste Maßnahme bei Zyanose und bei Bradycardie ist die Sauerstoffapplikation über eine Maske. 1.4 Anpassungsstörung und Neugeborenenreanimation Sollten die o.a. Basismaßnahmen nicht ausreichend sein, so sind erweiterte Maßnahmen zu ergreifen. Kommt es nicht sofort zur Spontanatmung und liegt die Herzfrequenz unter 100/min, so handelt es sich um eine schwerwiegende Anpassungsstörung. Weitere Zeichen hierfür sind Hypo- bis Areflexie, Zyanose oder blassfahle Haut und reduzierter Grundtonus. Das folgende Flussdiagramm zeigt die einzelnen Schritte bei der Erstversorgung Neugeborener mit Adaptionsstörungen (Abb. 7). Die Gabe von Natriumbicarbonat wird nicht routinemäßig empfohlen (ggf. nach Blutgasanalyse). Ebenso ist die tracheale Applikation von Suprarenin kritisch zu bewerten, da deutlich höhere Dosen als 100 µg/ kgkg notwendig wären, um einen adäquaten Plasmaspiegel zu erreichen [38]. 19
3 Wärmezufuhr sorgfältig abtrocknen Absaugen: Mund vor Nase taktile Stimulation nasse Tücher entfernen Lagern Trachea absaugen bei mekoniumhaltigen Fruchtwasser spontan Atmung? Keine oder Schnappatmung > 100/min Herzfrequenz? < 100/min Beatmung mit 100% O sec Herzfrequenz? > 100/min /min < 80/min Auf Spontanatmung achten, dann Beatmung beenden Herzfrequenz steigt: Beatmung fortsetzen Herzfrequenz steigt nicht: Beatmung fortsetzen, FiO2 1,0 Herzmassage, wenn HF < 80/min Beatmung fortsetzen, FiO2 1,0 Herzmassage, F 120/min sec Hautfarbe? 0,1 ( 0,3) ml/kg Adrenalin 1 : i.v. oder i.t. 1 ml/kg NaHCO3 bei ph < 7,20 und/oder BE > 10 mmol/l Glukose 10% 5ml/kg, dann 2 3 ml/kg/h blau rosig oder periphere Zyanose O2-Gabe beobachten Abb. 7: Flussdiagramm zur Erstversorgung Neugeborener mit Anpassungsstörung Beatmung Die Indikation zur Beatmung wird anhand klinischer Parameter gestellt. Primär sollten die Neugeborenen mit einer Maske oder einem Rachentubus mit einem erhöhten Spitzendruck von cm H 2 O beatmet werden, wenn vorhanden zusätzlich mit PEEP-Ventil, um ein Eröffnen der Alveolen zu erreichen und zu erhalten. Bei der Beatmung über einen Rachentubus wird der Tubus nasal eingeführt und 5 6 cm tief in den Rachen vorgeschoben. Der Tubus wird in dieser Lage mit fixiert und der Mund des Neugeborenen mit der Hand verschlossen. Die Beatmung erfolgt dann mit dem Beatmungsbeutel über den Rachentubus. 20
4 Neugeborenenversorgung 1 Für eine erfolgreiche Beatmung des Neugeborenen, ob über Maske oder Rachentubus, ist die richtige Kopfstellung entscheidend (Abb. 8). Der Kopf des Neugeborenen sollte in der so genannten Schnüffelstellung gehalten werden. Es sollten primär fünf Beatmungshübe (Blähmanöver) mit einer Dauer von 2 3 Sekunden pro Hub erfolgen. Die Blähhübe sollten initial mit einem inspiratorischen Druck von cm H 2 O, anschließend mit cm H 2 O appliziert werden. Die Standardversorgung sollte mit 100 % Sauerstoff durchgeführt werden [38]. falsch falsch richtig Abb. 8: Kopfstellung des Neugeborenen für Beatmung Um möglichst physiologische Verhältnisse zu erreichen, sollte die Beatmungsfrequenz bei 30 40/min liegen [9]. Eine Hyperventilation sollte vermieden werden, um nicht die cerebrale und koronare Perfusion zu verschlechtern. Merke: Kontraindikationen hierfür sind die kongenitale Zwerchfellhernie, die Mekoniumaspiration und Atresien im Gastrointestinaltrakt; Neugeborene mit diesen Erkrankungen müssen primär intubiert werden. 21
5 1.4.2 Reanimation des Neugeborenen Entsprechend den aktuellen Empfehlungen der ERC (= European Resuscitation Council) 2005 [38] zur Reanimation von Neugeborenen sollte zur Herzdruckmassage die umgreifende Zwei-Daumen-Technik angewandt werden. Im distalen Drittel des Sternums liegt der ideale Druckpunkt. Beim Neugeborenen eine Fingerbreite unter der Intermamilarlinie, die Eindringtiefe entspricht rund einem Drittel des Thoraxdurchmessers (Abb. 9). Bei spontanen Herzaktionen unter 60/ min wird die Herzdruckmassage weiter fortgeführt, die Effektivität durch Palpation der A. umbilicalis bzw. A. brachialis kontrolliert. Bei Unsicherheit ggf. schnelles Auskultieren der Herzaktionen bzw. Fortführen der Reanimationsmaßnahmen bis zur klinischen Stabilisierung (rosiges Aussehen, Beginn von Spontanmotorik). Kompressionen: 120/min O 2 a Abb. 9: Idealer Druckpunkt beim Neugeborenen für Herzdruckmassage. A) Zwei-Helfer-Methode, b) Ein-Helfer-Methode b Merke: Während der Reanimation sollte das Neugeborene möglichst unter einem Wärmestrahler gelagert werden. Beatmung: Thoraxkompression = 1 : 3 Atemfrequenz: 40 60/min Herzfrequenz: /min 22
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