1. Mai 2016 (Bernd Rapp) Rogate 1. Timotheus 2, 1-16a. Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn JC.
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- Liane Liese Bruhn
- vor 7 Jahren
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1 Predigt (Gruß und Bitte) Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn JC. AMEN, Liebe Gemeinde, Rogate 2. Person plural, Imperativ! heißt also: Betet! Diese Aufforderung lässt keine Wahlmöglichkeiten. Das ist eine klare Anweisung. Haben wir doch schon gemacht Denken sie jetzt vielleicht! Den Eingangspsalm haben wir miteinander im Wechsel gebetet, zum Eingangsgebet haben wir unser Amen gesagt, nach der Taufe haben wir für Frau Mahla gebetet und nachher kommt noch die Fürbitte und das gemeinsame Gebet aller Gebet: das Vater Unser! Ja, vielleicht haben sie heute morgen schon gebetet, noch im Bett oder vor dem Frühstück, vielleicht gehören sie zu den vielen, die jeden Abend ihr Gebet vor dem Einschlafen sprechen. Oder sie haben sogar richtige Gebetszeiten für sich in ihren Alltag integriert! Die Aufforderung: Betet die sollte Christenmenschen nicht völlig unvorbereitet treffen und auch nicht unsicher machen! Die Aufforderung Betet ist für Christen ungefähr so selbstverständlich wie für den Fußballer die Aufforderung: Tritt an den Ball oder für die Radfahrerin: Tritt in die Pedale! Zum Gebet gehört ja das Lob Gottes - Das Lobgebet sollte leicht fallen, schließlich haben wir erst vor kurzem Ostern gefeiert. Wer noch Anregungen braucht für Bitten und Klagen, (Zeitungen hoch halten) für den hab ich ein paar Zeitungen dabei: Darin findet sich ja immer genug Stoff. Wem es schwer fällt selbst zu formulieren, dem sei das Gesangbuch (hochhalten) ans Herz gelegt, da finden sich hinter den Liedern Psalmen und Gebete für alle möglichen Situationen im Leben. Und etwas ganz besonderes ist es in einer Gemeinde, wenn sehr bewusst füreinander gebetet wird: weil man darum gefragt wird oder weil man das Gebet anderen anbietet, weil man um Sorgen und Nöte weiß und weil man den Weg eines anderen einfach so im Gebet begleiten möchte! Deshalb beten wir auch ungefragt übrigens in unserer Liturgie nach jeder Taufe, weil die Gemeinde im Gebet die neu dazu gekommenen begleitet. Der Predigttext für den heutigen Sonntag Rogate hat natürlich das Thema Gebet zur Grundlage. Das war auch nicht schwer zu erraten! Der Text steht im 1. Timotheus-Brief und hat das gemeinsame Beten im Gottesdienst zum Inhalt. Denn 1
2 so wie wir es heute noch machen, geht es nämlich zurück bis in die Anfänge der christlichen Gemeinden. Schon damals wurden die Leiter der Gemeinden dazu aufgefordert, in den Versammlungen mit den Menschen zu beten. Der biblische Text für den heutigen Sonntag ist eine solche Anweisung, wie man das Gebet gestalten soll: Lesung des Predigttextes: 1. Timotheus 2,1-6a (Neue Genfer Übersetzung) Gebet für alle Menschen 21Das Erste und Wichtigste, wozu ich die Gemeinde` auffordere, ist das Gebet. Es ist unsere Aufgabe, mit Bitten, Flehen und Danken für alle Menschen einzutreten, 2 insbesondere` für die Regierenden und alle, die eine hohe Stellung einnehmen, damit wir ungestört und in Frieden ein Leben führen können, das Gott in jeder Hinsicht ehrt und das in allen Belangen glaubwürdig ist. 3In dieser Weise zu beten ist gut und gefällt Gott, unserem Retter, 4denn er will, dass alle Menschen gerettet werden und dass sie die Wahrheit erkennen. 5Es gibt nämlich nur einen Gott, und es gibt auch nur einen Vermittler zwischen Gott und den Menschen den, der selbst ein Mensch geworden` ist, Jesus Christus. 6Er hat sein Leben als Lösegeld für alle gegeben und hat damit zu der von Gott bestimmten Zeit den Beweis erbracht, dass Gott alle retten will. Liebe Gemeinde, Beten ist Pflicht in der Gemeinde. Alle sind freundlich aber bestimmt aufgefordert zu beten. Das Erste und Wichtigste, wozu ich die Gemeinde auffordere, ist das Gebet, heißt es im Text. Das ist kein unverbindliches Erinnern, sondern sozusagen die erste Christenpflicht! Und zwar soll nicht nur einer für alle beten, sondern alle für alle! Es geht um Bitten, Flehen und Danken für alle Menschen. Wenn ich mir dabei die Menschen vorstelle, die mir nahe sind, dann ist das einfach. Oft weiß ich ja, welches die Nöte und Sorgen meiner Liebsten sind und kann gut für sie bitten. Was mir selbst fehlt, weiß ich auch, besonders im Vergleich mit anderen. Der Dank für das, was mir an Gutem im Leben geschenkt ist, fällt mir da schon weniger schnell ein. Aber wenn ich mir vor Augen führe, wie gut es mir geht, dann gelingt auch das. Fürbitten fallen mir immer ein, wenn ich abends die Tagesschau schaue oder morgens die Zeitung lese. Aber es geht hier noch um etwas mehr als meinen eigenen Horizont und um die, die mir nahe sind. Es geht darum, für alle Menschen zu beten. Das ist radikal. Denn es bedeutet ja, auch für die zu beten, die ich nicht leiden kann; für die, mit denen ich Streit habe. Und auch für die, die mich verletzt haben. Von meiner persönlichen Situation einmal 2
3 abgesehen, heißt für alle beten, auch für Menschen zu beten, die Fehler gemacht haben, die verantwortlich sind für das Leid anderer, für die Kriegstreiber, für die Schleuser von Flüchtlingen, für die, die andere quälen und foltern. Das ist ganz schön viel, was da von uns verlangt wird. Es erfordert die Fähigkeit, beim Beten von meinen eigenen Befindlichkeiten und Bedürfnissen absehen und weitersehen zu können. Für alle Menschen da ist die ganze Welt eingeschlossen, Arme, Reiche, Schlaue, Dumme, Kinder, Erwachsene, Christen, Muslime, Juden und Atheisten einfach alle. Ausnahmen gibt es nicht. Die Bibel ist eben manchmal im positiven Sinne viel radikaler als wir es oft wahrhaben wollen! Eine Gruppe von Menschen wird dann noch besonders erwähnt. Es zeigt, dass es auch für die Christen damals nicht selbstverständlich war, diese Menschen einzubeziehen in ihre Gebete, hatten sie doch auch immer wieder unter ihnen zu leiden. Man solle für alle beten und insbesondere auch für die Regierenden - Luther übersetzte: für die Könige und alle Obrigkeit! Für die da oben, für die, die an der Macht sind, für die, die das Sagen haben. Das ist jetzt aber wirklich zu viel verlangt, könnte der ein oder andere damals gedacht haben. Da ist eine Grenze erreicht, könnte der ein oder andere heute sagen. Aber: Was auf den ersten Blick aussieht, als sollte man kriecherisch und anbiedernd sein, ist auf den zweiten zutiefst demokratisch und wie ich finde sehr modern gedacht: Wir sollen beten für die Obrigkeit, denn sie sind auch nur Menschen. Sie stehen nicht über den anderen, sondern daneben. Wir dürfen sie nicht vergessen, denn sie sind im besonderen Maße verantwortlich. Auch sie haben es nötig, denn sie müssen Entscheidungen treffen, die unser aller Leben betreffen. Und wir hängen von diesen Entscheidungen mit ab. Ob wir ein freies und selbstbestimmtes Leben führen können, oder wie es in der Sprache des Neuen Testaments heißt: ungestört und in Frieden, kommt stark auf die Obrigkeit in unserem Land an. Also gibt es guten Grund, auch für die Regierenden unserer Zeit zu beten. So weit, so gut. Die Anweisungen zum Beten sind klar formuliert. Aber bringt das denn was, das Beten? Bringt es etwas, dafür zu beten, dass meine Eltern sich nicht so oft streiten, fragen sich Jugendliche. Bringt es etwas, dafür zu beten, dass es Frieden gibt auf der Welt, wenn doch immer neue Krisenherde dazu kommen, fragen sich junge Erwachsene. Bringt es etwas, dafür zu beten, endlich schwanger zu werden, fragen sich manche Frauen und Paare. 3
4 Bringt es etwas, dafür zu beten, dass ich meinen Job nicht verliere, fragen sich Angestellte großer Firmen. Bringt es etwas, dafür zu beten, dass ich wieder gesund werde, fragen sich Ältere. Die Fragen lassen sich beliebig fortsetzen und schwer beantworten. Manche Menschen sind fest davon überzeugt, dass ihnen das Beten etwas gebracht hat. Es gab in ihrem Leben eine Wende, es gab einen Strohhalm, nach dem sie greifen konnten, einen Menschen, der an ihrer Seite war ja manchmal sogar eine wunderbare Wendung. Eine allgemeingültige Antwort lässt sich aber trotzdem nicht finden. Aber um diese, für uns so wichtige Frage, geht es im Predigt-Text interessanterweise gar nicht. Es heißt schlicht und ergreifend: Das Beten ist gut und gefällt Gott, unserem Retter. Beten ist einfach unsere Art, uns gegenüber Gott zu verhalten, so sieht es der Verfasser des Textes. Und es ist deshalb wichtig, weil es uns an etwas Entscheidendes erinnert: Wir verdanken unser Leben nicht uns selbst, sondern Gott. Beten, vor allem das Beten für andere, für alle anderen, verhindert Egoismus. Es macht deutlich: Ich bin nicht allein auf dieser Welt. Auch andere Menschen haben Probleme und Sorgen und Bedürfnisse. Das rückt mich in einen größeren Zusammenhang, manchmal sehe ich meine eigenen Probleme und Sorgen in einem anderen Licht, auf alle Fälle verbindet es mich mit anderen Menschen und macht mir deutlich, dass ich für andere Verantwortung übernehme - diese im Gebet aber auch gleichzeitig für mich. Denn er will, dass alle Menschen gerettet werden und dass sie die Wahrheit erkennen. und zwar dadurch, dass sie füreinander beten. Betet in meinem Namen, sagt Jesus und fordert dazu auf: Sucht im Gebet Kontakt zu Gott. Fragt und fragt nach, lasst euch nicht alles vorsetzen. Singt Schreit Glaubt! Aber glaubt nicht alles. Zweifelt und habt Mut. Setzt euch ein und setzt etwas dagegen, ruft laut, riskiert etwas es ist manches Mal scheinbar umsonst, aber es wird nie vergeblich sein. Beten ist unsere Aufgabe. Die Theologin Dorothee Sölle hat es so ausgedrückt: Beten ist Revolte. Wer betet, sagt nicht: So ist es und Amen! Er sagt: So ist es! Und so soll es nicht sein! Und das und das soll geändert werden! Beten ist eine intensive Vorbereitung auf das Leben und intensive Lebensbegleitung zugleich. In der Bibel lesen wir immer wieder von Menschen, die beten. Sie beten auch um das vollkommen Unmögliche. Josef betet im ägyptischen Gefängnis um Befreiung. Mose, der einen Mann erschlagen hat, betet am Dornbusch um Vergebung. Hanna betet um ein Kind, obwohl es eigentlich schon längst zu spät 4
5 ist. Der Ehebrecher David bittet Gott um Erbarmen. Hiob kämpft betend mit Gott, der zugelassen hat, dass ihm alles genommen ist. Der Prophet Jeremia betet, weil er sein Amt nicht mehr erträgt. Jona betet im Walfisch und Daniel betet in der Löwengrube. Maria betet, als sie schwanger ist mit Jesus, und Lydia betet, als sie als erste Frau in Europa eine christliche Gemeinde gründet. Alle diese verschiedenen Gebete sind nicht vergeblich gewesen und gingen nicht verloren. Auch unsere Gebete werden nicht vergeblich sein und nicht verloren gehen, davon bin ich überzeugt. Jesus selbst hat uns gesagt: Er ist der Weg, der uns mit Gott verbindet. Gott hat sich in Jesus selbst gegeben und so Himmel und Erde verbunden. Das haben wir an Ostern erfahren. Über ihn, über Jesus, der selbst dem Tod die Macht abgenommen hat, erreichen unsere Gebete Gott. Selbst wenn wir einmal nicht mehr wissen, was wir beten sollen selbst dann gibt es eine Möglichkeit. Für diesen Fall hat Jesus uns ein Gebet gegeben, das wir immer beten können, das Vaterunser. In das Vaterunser hinein kann ich abgeben, was ich beten will und in Gottes Hände legen, was ich allein nicht ändern kann. Beten ist unsere Art, mit Gott zu sprechen und ihn zu bitten für alle Menschen mit Bitten, Flehen und Danken einzutreten. Nicht jedes Gebet macht sofort alles gut aber gutes kann im Gebet sofort beginnen zu wachsen. AMEN 5
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