Eradikation durch Impfung Utopie?
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- Alwin Lange
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1 Eradikation durch Impfung Utopie? 18. St.Galler Infekttag, Anita Niederer-Loher
2 WHO Definitionen ERADIKATION Reduktion der weltweiten Inzidenz auf 0 Keine Kontrollmassnahmen mehr notwendig ELIMINATION Reduktion der Inzidenz auf 0 in definierter geographischer Region Kontrollmassnahmen notwendig zur Verhinderung von Wiederauftreten KONTROLLE Reduktion von Inzidenz, Prävalenz, Morbidität und Mortalität
3 Frage 1 Wieviele Krankheiten wurden bisher weltweit durch Impfung eradiziert? a) 1 Krankheit b) 2 Krankheiten c) 3 Krankheiten d) 4 Krankheiten a) 1 Krankheit = Pocken
4 Frage 2 Wieviele Krankheiten sollen offiziell gemäss WHO in den kommenden Jahren eradiziert werden? a) 1 Krankheit b) 2 Krankheiten c) 3 Krankheiten d) 4 Krankheiten d) 4 Krankheiten Malaria (1955) Dracunculiasis = Guinea worm (1986) Polio (1988) Lymphatische Filiariasis (1997)
5 Lady Mary Wortley Montague ( ) Edward Jenner ( )
6 Pocken-Eradikation: Eine Erfolgsgeschichte Mumie von Ramses V (1156 BC) Variola (lat. varius = gefleckt) Case fatality rate 20% - 60% (Kleinkinder 80% - 95%) Überlebende waren immun, konnten Pockenpatienten pflegen Variolation: Subcutanes Einbringen (Inokulation) von Material aus Läsionen von Pocken-Erkrankten 1721: Pocken Epidemie in Boston Wissenschaftliche Untersuchung (Boylston, Mather) Case fatality rate Infektion 14% Case fatality rate Inokulation 2% Riedel, BUMC Proceedings, 2005
7 Vaccination Beobachtung: Milchmädchen mit St.n. Kuhpockeninfektion erkranken nicht an Pocken Vaccination von lat. Vacca = Kuh (Vaccinia = Kuhpocken) Jenner: 3-teilige Publikation über Vaccination 1798 Viel Widerstand (erste Impfgegner!), dennoch rasche, weltweite Verbreitung der Impfung zum Schutz gegen Pocken Riedel, BUMC Proceedings, 2005
8 Variolation Vaccination Eradikation 1950er Jahre: zusätzlich zur Impfung Kontrollmassnahmen (Isolation etc.) Elimination der Pocken in vielen Ländern, aber weiterhin lokale Epidemien 1967: globale WHO-Kampagne zur Eradikation der Pocken 1977: weltweite Eradikation der Pocken 8. Mai 1980: WHO erklärt die Welt offiziell pockenfrei und empfiehlt, die Impfprogramme zu stoppen
9 For some diseases eradication may make sense. But for other diseases, such as polio, measles, mumps, and malaria, the dream of eradication may not be one that can be relied upon. The best that may be done is to seek elimination or control rather than eradication and to hope that politics, war, climate change, economics, and ethics allow us to get that far.
10 Polio 1988: Start WHO Polio-Eradikations Programm, nachdem Polio in Nordund Südamerika eliminiert war 1999: Typ 2 Wildtyp-Polio-Virus eradiziert 2006: 4 Länder weltweit mit regelmässiger, lokaler Poliovirus- Transmission (Indien, Pakistan, Afghanistan, Nigeria) Januar 2012: Indien feiert! Ein Jahr ohne Polio-Transmission Hopkins, NEJM, 2013
11 Polio 2011: 650 Fälle aus 16 Ländern Hopkins, NEJM, 2013
12 Polio Eradikation: Probleme Nigeria Indien Gerüchte über Nebenwirkungen, Sterilität durch Polio- Impfung verhindert gute Akzeptanz Unruhen, Terrorismus sehr schlechte Hygieneverhältnisse, hohe Bevölkerungsdichte Afghanistan und Pakistan seit 2002 teilweise unerreichbar bei politischen Konflikten Immunsupprimierte Personen (z.b. HIV+) können das Polio-Virus über unbestimmte Zeit ausscheiden Selten Rückmutation des Impfvirus in einen virulenten Typ Risiko Reisetätigkeit Donor fatigue
13 Malaria Gebiete 2010: 216 Mio Fälle Swiss TPH
14 Malaria Die Impfung
15 Malaria und Immunsystem Riley, Nature Medicine, 2013
16 Malariaimpfung Angriffspunkte Anti- Sporozoite RTS,S Anti- Hepatic Stage Anti- Gametocytes Anti- Toxine Adapted from Hopkins, NEJM, 2013 Anti- Blood Stage
17 Malaria Eradikation? Sehr viele Herausforderungen Komplizierter Life cycle, riesige genetische Variabilität Immunität nicht ganz verstanden Zunehmende Resistenzen gegen Anti-Malariamedikamente Vektoren mit Resistenzen, Verhaltensänderungen Politische Hürden Hohe Kosten Eradikation durch Impfung allein sicherlich nicht möglich Kombination von Massnahmen Vektorkontrolle (LLIN, IRS) Management von klinischen Malariafällen Impfung: Forschung!
18 Masern Eine der 5 führenden Todesursachen bei Kleinkindern weltweit > 95% der Masern-Todesfälle in low-incomecountries mit schlecht funktionierenden Gesundheitssystemen Wirksame und sichere Impfung vorhanden 95% Durchimpfung für Eradikation Masern seit 2003 aus WHO-Region Americas eliminiert Alle Fälle importiert bzw. import-related WHO Strategieplan
19
20 Masern Durchimpfung weltweit
21 SÄZ 2010 Masern Durchimpfung CH
22 Masern Eradikation? Schwierig, aber nicht unmöglich! PROBLEME Hoch-kontagiöse Erkrankung bei wachsender Bevölkerungsdichte und Urbanisierung Wahrnehmung als ungefährliche Krankheit (Europa) Impfgegner (Europa) Krieg, politische Unruhen Finanzierung, Manpower Konkurrenz Polio-Eradikation Keegan, JID, 2011
23 Masernelimination CH Nachholimpfungen für alle nicht-immunen bzw. nur mit einer Dosis geimpften Personen, die nach 1963 geboren sind! (Maximal 2 Dosen MMR-Impfstoff, Abstand mind. 4 Wochen) Franchisen-befreite Kostenübernahme durch die Grundversicherung der Krankenkassen (Konsultation, Injektion und Impfstoff) bis Ende BAG
24 Schwerpunkt Pertussis-Impfschutz!
25 Frage 3 Haben Sie in den letzten 10 Jahren selbst eine Pertussis-Boosterimpfung erhalten? a) Ja b) Nein c) Weiss nicht
26 Impfplan 2013: Übersicht
27 Impfempfehlung Pertussis Schutz für ALLE! Pertussis-Boosterimpfung für alle Jährigen, indem dt durch dtpa ersetzt wird Alle Jährigen sollen eine Dosis dtpa (Boostrix ) erhalten, unabhängig von der Anzahl früherer Pertussisimpfungen! Mindestabstand zu letzter dt-auffrischimpfung: 2 Jahre Falls letzte dtpa-impfung vor <10 Jahren (= erwartete Schutzdauer): keine Impfung nötig
28 Schutz für kleine Säuglinge! Alle Personen mit privatem oder beruflichem Kontakt zu kleinen Säuglingen brauchen eine Dosis dtpa (Boostrix ), unabhängig von Alter und Anzahl früherer Pertussisimpfungen! Erwachsene mit Kinderwunsch, junge Eltern (Impfung beider Eltern im Wochenbett!), Grosseltern, Babysitter, Krippenpersonal, Nicht vergessen: Sich selber! Mindestabstand zu letzter dt-impfung: 1 Monat
29 Schutz für kleine Säuglinge! Beschleunigtes Impfschema für vor dem Alter von 5 Mt. exponierte Säuglinge (Krippe, etc.) 2,3,4 und Monate Pertussis-Boosterimpfung für Schwangere im 2. oder 3. Trimenon, ausser bei St.n. Pertussis-Impfung oder PCR-bestätigter Pertussis-Infektion in den letzten 5 Jahren
30 TAKE HOME Eradikation durch Impfung ist möglich, aber es braucht immer Kombination von verschiedenen Massnahmen Die Hürden sind vielfältig und oft sehr hoch Polio: Politische Faktoren als Hauptproblem Malaria: Komplexer Erreger, komplexe Immunität, Vektorkontrolle, Impfung «on the way» Masern: Durchimpfungsrate > 95 % notwendig für Eradikation WHO-Ziel: Masern Elimination in Europa 2015 MMR-Nachimpfung für ALLE Personen ab Jahrgang 1964 und jünger! Impfplan 2013: Pertussis-Impfung für (fast) alle!
31 FRAGEN in der Praxis? Infektionen im Kindesalter Unklare und/oder periodische Fieber Infektdiathese und Immundefekte Impfungen Reisemedizin, Reiseberatung für Familien Anita Niederer-Loher
32 Vielen Dank für s Zuhören!
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