Antibiotikatherapien heute: ist eine Rückfall in die präantibiotische Ära noch zu verhindern?
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- Damian Schmidt
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1 Antibiotikatherapien heute: ist eine Rückfall in die präantibiotische Ära noch zu verhindern? Freitag, 22, April 2016 Irene Vogel Kahmann Spitalapothekerin FPH Fähigkeitsausweis klinische Pharmazie FPH Gabriel, 8 Jahre
2 Deklaration Interessenkonflikte Finanzielle oder Eigentümerinteressen: nein Tätigkeiten für die pharmazeutische Industrie und andere Firmen des Gesundheitssystems: nein Drittmittel / Spenden: nein Persönliche Beziehungen: nein 2
3 Was ist unter der «präantibiotischen» Ära zu verstehen? Viele Todesfälle Geburtensterblichkeit 1 von 1000 Hautinfektion (auch banale nach Insektenstich..) 1 von 9 Pneumonie 3 von 10 Lebenserwartung minus 30 Jahre.. 3
4
5 Geschätzte Anzahl Todesfälle im Jahr
6 AMR = Antimicrobial Multi Resistance 6
7 Multiresistente Keime: Definitionen «Multidrug-resistant» (MDR) Non-susceptibility to at least one agent in three or more antimicrobial categories «Extensive drug-resistant» (XDR) Non-susceptibility to at least one agent in all but two or fewer antimicrobial categories (i.e. bacterial isolates remain susceptible to only one or two categories) «pandrug-resistant» (PDR) Non-susceptibility to all agents in all antimicrobial categories Magiorakos AP, Clin Microbiol Infect 2012; 18:
8 Somit It is time to close the book on infectious diseases The war against infectious diseases has been won William H. Stewart, US Surgeon General,
9 Jahr 2013 Quelle: World Economic Forum 9
10 USA 2013: Todesfälle durch folgende Keime Multiresistente Keime Infektionen / Jahr Todesfälle / Jahr Carbapenemresistente Enterobacteriaceae ESBL MRSA VRE Multiresistente Pneumokokken
11 Konkrete Fälle aus den USA 11
12 Aktuelle Situation in Europa Konsequenzen - Verlängerte Krankheitsdauer / 2.5 Mio zusätzliche Spitaltage - 1,6 Mia Euro zusätzliche Kosten pro Jahr Mio Tage Verlust an Produktivität 12
13 Situation Schweiz Keine Statistik vorhanden! SwissNoso schätzt spitalbedingte Infektionsfälle - davon ca Todesfälle, ein Teil durch resistente Keime verursacht - Mehrkosten ca. 240 Mio CHF / Jahr 13
14 Fallbeispiel Schaffhausen: Herr B.K., 1952 Hospitalisationsgrund im Januar 2016: Verdacht auf Pneumonie Anamnese: Patient war über Weihnachten in Kenia in den Ferien und dort wegen einer Pneumonie hospitalisiert (Therapie: Moxifloxacin + Clarithromycin) Nebendiagnosen / Risikofaktoren: - Chronisch-obstruktive Pneumopathie, unklares GOLD Stadium - Äthyltoxische Leberzirrhose Child A (Status nach schwerem chronischem Alkoholabusus) 14
15 Bronchialsekret Klebsiella: Keim bildet Carbapenemase vom Typ NDM und ESBL 15
16 Mittelstrahlurin 16
17 Therapieoptionen bei multiresistenten GNS Kanj SS, Mayo Clin Proc 2011, 86:
18 Therapieoption bei unserem Patienten 1. E.coli 2. Klebsiella pneumoniae 3. Acinetobacter baumanii 4. Pseudomonas aeruginosa Colistin 18
19 Colistin (Polymyxin E) in Japan aus Bacillus polymyxa var. Colistinus entdeckt - seit 1959 in der Humanmedizin im Einsatz (Colistinsulfat), wegen gravierender Nebenwirkungen (nephrotoxisch, neurotoxisch) seit 80er Jahr nur noch zur Inhalation - Substanzgemisch (ca. 30 Komponenten, einheitliche peptidisches Gerüst) - es fehlen systematische Studien zur Dosisfindung, Pharmakokinetik, -dynamik, Interaktionen, Kombinationspartner etc - Zerstört äussere Zellmembran der gram negativen Bakterien - Aktuell Renaissance.. 19
20 20
21 Die Frage ist nicht ob Resistenzen auftreten, sondern wann Bassetti M., Langenbecks Arch Surg 2015, 400:
22 Resistenzentwicklung 22
23 Keine neue AB-Klasse mehr entdeckt seit Fischbach, M. A., Science 2009; 325:
24 Die heutige Problematik Neue Antibiotika Resistenzen heute 24
25 MRSA 25
26 Klebsiella pneumoniae resistent auf 3.Gen Cephalosporine, Fluorochinolone und Aminoglykoside 26
27 * Enterobacteriaceae (E.coli, Klebsiella etc) doi: /nature
28 Das zukünftige Problem Schröppel K, Med Klin Intensivmed Notfmed 2013, 108:
29 Warum kommt es zur Resistenzbildung? (I) «Die Zeit wird kommen, in der Penicillin von jedermann in Geschäften gekauft werden kann. Dadurch besteht die Gefahr, dass der Unwissende das Penicillin in zu niedrigen Dosen verwendet. Indem er die Mikroben nun nicht-tödlichen Mengen aussetzt, macht er sie resistent». A.Fleming 1945 Alexander Fleming; Rede anlässlich der Nobelpreisverleihung
30 Bildquelle: com/2013/03/antibiotic-resistance-superbug.jpg Warum kommt es zur Resistenzbildung? (II) Antibiotikaresistenz ist die Summe des gesamten Antibiotika- Verbrauchs! Goossens H. et al, Lancet 2005; 365:
31 Antibiotikaverbrauch USA Hollis A, NEJM 2013; 369:
32 Antibiotikaeinsatz in der Tiermast (I) 32
33 Antibiotikaeinsatz in der Tiermast (II) 33
34 Antibiotikaverbrauch Europa 34
35 Einsatz in der Tiermedizin (Deutschland) Colistin 4. Platz 35
36 36
37 37
38 Immerhin 38
39 39
40 Weltweit verschiedene Programme 40
41 41
42 Heutige Strategie: die drei «P» Prevent Menschen vor Infektionen schützen Preserve Antibiotika bewahren, die wir zur Verfügung haben Promote neue Antibiotika und bessere Diagnostik entwickeln 42
43 «Preserve» - Korrekter Einsatz der Antibiotika - Aufklärung der Patienten - Forschung bei «alten» Antibiotika (Fosfomycin, Nitrofurantoin, Colistin) - Interdisziplinäre Zusammenarbeit / «Antibiotic Stewardship» - etc 43
44 Interdisziplinäre / interprofessionelle Zusammenarbeit: Mögliche Aufgaben der Pharmazeuten Allgemeine Aufgaben (Beispiele): - Überprüfung der Leitlinientreue - Überprüfung der präoperativen Antibiotika: Substanzwahl, Dosis, Zeitpunkt, Umgang Penicillin-Allergie? - Verbrauchsstatistiken / Bestellung Reserveantibiotika Auf bestimmte Patienten bezogen: - Beratung zur optimale Dosierung - anhand PK/PD-Parameter - Patientenfaktoren (Nierenfunktion, Körpergewicht..) - TDM - Interaktionen testen - etc 44
45 Ausschöpfen anderer Strategien - Kombination von Antibiotika mit Nicht-Antibiotika - Bsp. Minozyklin + Loperamid in vitro synergistisch wirksam gegen Staphylococcus aureus - NSAR anstatt Antibiotikum bei einer unkomplizierten Harnwegsinfektion - Phagentherapie - Impfungen - Phytotherapie - etc Ejim L, Nature Chemical Biology 2011; 7: ; Bleidorn J., BMC Medicine 2010, 8:30 45
46 «Promote»: neue Antibiotika entwickeln 46
47 47
48 Probleme Forschung: neue Substanzen sind schwierig zu finden, v.a. gegen gram negative Keime Studien: «normale» Designs (z.b. doppelblind) sind unbrauchbar Ökonomische Faktoren: - Seltener Einsatz - Keine Dauertherapie Kosten lassen sich während «normalen» Zeit des Patentschutzes nicht einspielen Es braucht neue Anreize! 48
49 Pipeline «neu»: neue Klasse Antibiotika «alt»: analog der Klassen, die heute im Einsatz sind Datengrundlage: Theuretzbacher U, IJAA, 2012, 39:
50 Pipeline davon 15 Impfungen 50
51 Neuentwicklung eines Antibiotikums Walsh CT, The Journal of Antibiotics 2014, 67:
52 52
53 Take home messages Antibiotikatherapien heute; ist ein Rückfall in die präantibiotische Ära noch zu verhindern? - Aktuell ist die Situation ist äusserst beängstigend! - es braucht - zwingend komplett neue Wirkstoffe - globales und interdisziplinäres Handeln auf allen Ebenen 53
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