Hochschulbildung nach Bologna
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- Norbert Boer
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1 Politik Thorsten Häußler Hochschulbildung nach Bologna Das Ende der humboldtschen Universitätsidee? Essay
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3 Universität der Bundeswehr München Fakultät für Staats- und Sozialwissenschaften Institut für politische Theorie Seminar: Politische Ideen 4. Trimester Hochschulbildung nach Bologna Das Ende der Humboldt schen Universitätsidee? Verfasst von: Thorsten Häußler SOWI Januar 2009 ~ 1 ~
4 Die Bildung wird täglich geringer, weil die Hast größer wird. Angesichts der Reformwut der vergangenen Jahre im Bildungssektor scheint dieser Ausspruch von Friedrich Nietzsche eine bisher unerreichte Brisanz für den europäischen Hochschulraum zu bekommen. Die Reformbemühungen, welche ihren vorläufigen Gipfel im Bolognaprozess fanden, bedeuten für viele Verantwortungsträger an den Universitäten eine immer weiter voranschreitende Aufgabe des Bildungsideals, welches Wilhelm von Humboldt bereits im frühen 19. Jahrhundert für die deutsche Bildungslandschaft formuliert hatte und welches seitdem weltweit als angesehenes Modell von diversen Bildungsträgern adaptiert wurde. Es gilt also zu prüfen, ob dieser Prozess zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulraumes tatsächlich das Ende der klassischen Universität in Europa bedeutet. Humboldts Universitätsidee Wilhelm von Humboldt postulierte seinerzeit ein Bildungsideal, nach dem der Mensch keine ausschließliche, berufs- oder tätigkeitsspezifische Ausbildung erhalten solle, sondern vielmehr als Grundlage derselben zuerst eine breit gegliederte, allgemeine Bildung, welche stark interdisziplinär ausgerichtet und an den humanistischen Bildungsgrundlagen der klassischen Antike orientiert sein müsse 1. Dies erst mache den Menschen zum mündigen Bürger seines Staates und zum produktiven Mitglied seiner Gesellschaft. Vermittlerin dieser Allgemeinbildung sei, nach den Grundlagen setzenden Elementarschulen und Gymnasien, die Universität 2. Weiter sei diese die wichtigste Trägerin staatlicher Forschung. Hierbei müsse der Staat durch Finanzierung lediglich die nötigen Rahmenbedingungen schaffen, welche Forschung und einen fruchtbaren Austausch zwischen den Universitäten und anderen wissenschaftlichen Institutionen, wie etwa Akademien und Archiven, ermöglichen. Darüber hinaus jedoch dürfe der Staat keinen Einfluss auf Forschung und Lehre nehmen, um so eine vollkommen freie Wissenschaft zu garantieren 3. Dies bedeutet im Besonderen eine Unabhängigkeit der Wissenschaft von privaten Interessen und ermöglicht eine zweckungebundene allgemeine Wissenschaft, welche losgelöst ist von religiösen, politischen und ökonomischen Bindungen und Verpflichtungen. 1 Vgl. Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, Referat für Öffentlichkeitsarbeit (Hrsg.): Humboldt und die Universität heute. Symposium des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft am 17. April 1995 im Wissenschaftszentrum Bonn, Bonn 1985, S Vgl. ebd., S.6f. 3 Vgl. Liessman, Konrad Paul: Theorie der Unbildung, Wien 2006, S.120. ~ 2 ~
5 Neben diesem Freiheitsgedanken sei das zweite konstituierende Merkmal der Universitäten die Dualität, die Einheit von Forschung und Lehre. Dadurch würde garantiert, dass die Lehre auf ebenbürtigem Niveau zur Forschung betrieben wird 4, wobei Forschungsergebnisse und neueste Erkenntnisse direkt in die Lehre einbezogen werden können, was so dazu beiträgt, dass der jeweilige wissenschaftliche Nachwuchs in Kenntnis des Forschungsstandes direkt und nahtlos an Forschung beteiligt werden kann. Diese ermöglicht eine völlig neue Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden, in der alle Beteiligten von einem grundlegenden und gemeinsamen Interesse an der Wissenschaft selbst und deren Beförderung geleitet werden, und nicht an einem bestimmten Zweck wie beispielsweise der Akkumulierung von spezifischem Wissen für ein bestimmtes Projekt oder Tätigkeit. 5 Der Bachelor als Abschied vom Bildungsideal Doch mit allgemeiner, breit gefächerter Bildung hat diese Lehre, wie sie im neuen dreigegliederten System der Hochschulbildung nach Bologna vorgesehen ist, zumindest für den Großteil der Studenten nichts gemein. Denn beim neuen Grundstudium, dessen angestrebter Abschluss der Bachelor ist, kann von Bildung im Humboldt schen Sinne kaum die Rede sein. Schließlich geht es hierbei vielmehr um berufsspezifische Qualifikationen, die durch ein praxis- und wirtschaftsorientiertes Kurzstudium vermittelt werden sollen. Jedoch kann diese universitäre Berufsausbildung bestenfalls als protowissenschaftlich bezeichnet werden 6. Die bloße Aneinanderreihung teilweise voneinander unabhängiger Module sowie deren ständige Abprüfung macht das Bachelorstudium unwissenschaftlich und unreflektiert. Dies führt gerade in Geisteswissenschaften dazu, dass Studenten eine sture Akkumulation von Fachwissen und Fakten betreiben, lediglich um das hohe Prüfungspensum zu erfüllen, jedoch oft ohne das Gelernte in einen weiteren Zusammenhang einordnen zu können. Diese faktische Umformung der universitären Bildung zur bloßen Ausbildung bedeutet eine Abkehr von der seit Humboldt in Deutschland herrschenden Zweigeteiltheit des tertiären Bildungssektors in universitäre Bildung und (Fachhoch-)schulgetragene Berufsausbildung, was Universitäten im Grunde zu Fachhochschulen degradiert und, konsequent 4 Vgl. Bundesminister: Humboldt, S Vgl. Liessman: Unbildung, S.117f. 6 Vgl. ebd., S.106. ~ 3 ~
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