Elektrotechnik für Ingenieure
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- Karola Schenck
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1 Rainer Ose Elektrotechnik für Ingenieure Grundlagen 5., aktualisierte Auflage
2 Formelzeichenverzeichnis A A 0, A n a B B n B r C D d E e 0 F F C F L f f 0 f g G H H c h I I F I K I L I R I S i J K H k L l M N P p Dämpfung, Fläche, Kettenparameter FOURIER-Koeffizient Phasenoperator Bandbreite, Blindleitwert, magnetische Flussdichte FOURIER-Koeffizient Remanenzflussdichte elektrische Kapazität elektrische Flussdichte Dicke, Abstand, Verlustfaktor elektrische Feldstärke Elementarladung Kraft COULOMB-Kraft LORENTZ-Kraft Frequenz Resonanzfrequenz Grenzfrequenz elektrischer Leitwert magnetische Feldstärke Koerzitivfeldstärke Höhe elektrische Stromstärke Durchlassstrom Kurzschlussstrom Leiterstrom Sperrstrom Sättigungsstrom, Strangstrom zeitlich veränderlicher Strom elektrische Stromdichte HALL-Konstante Klirrfaktor, Kopplungsfaktor Induktivität Länge Gegeninduktivität Windungszahl Wirkleistung Leistungsdichte Q R R a R i R m r S S s T t t H U U F U H U k U L U R U S U s U z U q u u ind u M V v W W el W m X Y Y Z Z Blindleistung, Güte, elektrische Ladung elektrischer Widerstand Lastwiderstand Innenwiderstand magnetischer Widerstand differentieller Widerstand, Radius Scheinleistung, Stromdichte komplexe Leistung Bogenlänge, Schrittlänge KELVIN-Temperatur, Periodendauer Zeit Halbwertszeit elektrische Spannung Durchlassspannung HALL-Spannung Klemmenspannung Leerlaufspannung, Leiterspannung Sperrspannung Schleusenspannung, Strangspannung Schrittspannung Z-Spannung Quellenspannung zeitlich veränderliche Spannung Selbstinduktionsspannung Gegeninduktionsspannung Volumen Geschwindigkeit Energie, Arbeit elektrische Energie magnetische Energie Blindwiderstand Scheinleitwert komplexer Leitwert Scheinwiderstand komplexer Widerstand
3 Ose Elektrotechnik für Ingenieure Grundlagen Bleiben Sie auf dem Laufenden! Hanser Newsletter informieren Sie regel mäßig über neue Bücher und Termine aus den verschiedenen Bereichen der Technik. Profitieren Sie auch von Gewinnspielen und exklusiven Leseproben. Gleich anmelden unter
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5 Rainer Ose Elektrotechnik für Ingenieure Grundlagen 5., aktualisierte Auflage mit 543 Bildern, 25 Tabellen, 54 Lehr- und 119 Berechnungsbeispielen, 60 Übungsaufgaben und einer Formelsammlung Fachbuchverlag Leipzig im Carl Hanser Verlag
6 Prof. Dr.-Ing. Rainer Ose Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Braunschweig-Wolfenbüttel, Fakultät Elektrotechnik Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN: E-Book-ISBN: Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Buches, oder Teilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren), auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung mit Ausnahme der in den 53, 54 URG genannten Sonderfälle, reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Fachbuchverlag Leipzig im Carl Hanser Verlag 2014 Carl Hanser Verlag München Internet: Lektorat: Franziska Jacob, M.A., Mirja Werner, M.A. Herstellung: Dipl.-Ing. (FH) Franziska Kaufmann Coverconcept: Marc Müller-Bremer, München Coverrealisierung: Stephan Rönigk Druck und Bindung: Pustet, Regensburg Printed in Germany
7 Vorwort zur 5. Auflage Das vorliegende Lehrbuch gliedert sich in die drei klassischen Grundlagenbereiche: Gleichstromtechnik Elektrische und magnetische Felder Wechselstromtechnik. Gliederung und Umfang der einzelnen Kapitel entsprechen weitgehend dem inhaltlichen und zeitlichen Rahmen der Vorlesungen Grundlagen der Elektrotechnik" an vielen Fachhochschulen. Das Buch ist als Kombination von Lehrbuch und Übungsbuch konzipiert und soll als studienbegleitendes Material für Studierende aller technischen Studienrichtungen an Fachhochschulen nutzbar sein. Ein grundlegendes Verständnis für allgemeine physikalische Phänomene der Elektrotechnik muss dabei vorausgesetzt werden. Im Vordergrund dieses Lehrbuches stehen Betrachtungen zu Vorgängen in elektrischen Stromkreisen aus der Sicht der Schaltungstechnik. Damit wird das Ziel verfolgt, das in der Vorlesung Grundlagen der Elektrotechnik vermittelte Grundlagenwissen in anwendungsbereiter Form für die nachfolgenden Lehrveranstaltungen Elektrische Messtechnik, Elektronische Bauelemente und Analoge und Digitale Schaltungen bereitzustellen. Der hohe Übungsanteil soll das erworbene Wissen vertiefen und festigen, um wesentliche Voraussetzungen für das Fachstudium in den Studienrichtungen Nachrichten- bzw. Informationstechnik, Kommunikationstechnik, Messtechnik, Automatisierungstechnik und Energietechnik zu schaffen. Die theoretischen Grundlagen zu jedem Kapitel werden so dargelegt, dass der Studierende die Vorlesungsmitschrift und den eventuell versäumten Stoff in effektiver Form selbstständig aufarbeiten kann. Dazu dienen u.a. Modelle und Analogien, die komplizierte Sachverhalte in möglichst einfacher und leicht verständlicher Form darlegen sollen. Zur Erhöhung der Anschaulichkeit wurden viele Aussagen zusätzlich aus Diagrammen, Prinzipskizzen und Ersatzschaltungen abgeleitet. Typische Berechnungsmethoden und -verfahren werden an aussagefähigen Lehrbeispielen demonstriert. Soweit sie nicht die Größenordnung eines dargelegten Sachverhalts verdeutlichen sollen, sind diese Lehrbeispiele in allgemeiner Form ausgeführt. Damit gelingt es dem Anwender, den Lösungsweg schrittweise nachzuvollziehen. Nahezu jedes Kapitel wird mit einer Anzahl praxisbezogener Berechnungsbeispiele abgeschlossen. Sie ermöglichen dem Studierenden die Gestaltung wirksamer Übungsphasen. Der Schwierigkeitsgrad dieser Berechnungsbeispiele entspricht typischen Klausuraufgaben des Lehrgebietes Grundlagen der Elektrotechnik", die teilweise erweitert und miteinander kombiniert wurden. Die vorliegende 5. Auflage entstand durch eine selektive Überarbeitung ausgewählter Abschnitte der 4. Auflage des Lehrbuchs. Diese Auflage enthält wieder einen Anhang mit Übungsaufgaben und eine separate Formelsammlung. Die Lösungen der Übungsaufgaben sind über das Internet ( zugänglich. Ich möchte mich an dieser Stelle für alle Hinweise zur Verbesserung der 1. bis 4. Auflage des Lehrbuchs bedanken. Wolfenbüttel, im August 2013 Rainer Ose
8 Hinweise zur Arbeit mit diesem Buch Das vorliegende Buch stellt eine Kombination von Lehrbuch und Übungsbuch dar. Aus diesem Grund wurden zahlreiche Beispiele und Übungsanteile eingearbeitet, die zur Erhöhung des Verständnisses für die betrachteten Stoffgebiete beitragen sollen. Lehrbeispiele: Lehrbeispiele dienen dazu, das grundlegende Verständnis für den jeweils dargelegten Sachverhalt an einem einfachen und überschaubaren Beispiel zu entwickeln bzw. zu festigen. Sie werden im laufenden Text an den Stellen eingefügt, an denen es eventuell zusätzlichen Erklärungsbedarf gibt. Dazu zählen das Aufstellen allgemeiner Lösungsansätze und die Durchführung einfacher Berechnungen sowie die Vermittlung von Vorstellungen über die Größenordnungen ausgewählter Erscheinungen der Elektrotechnik. Lehrbeispiele sind mit der Nummer des jeweiligen Kapitels und einer fortlaufenden Nummerierung versehen (z.b. Lehrbeispiel 3.5: Fünftes Lehrbeispiel im Kapitel 3). Berechnungsbeispiele: An die meisten Kapitel oder an größere Abschnitte eines Kapitels sind mehrere Berechnungsbeispiele angefügt. Sie werden vollständig vorgerechnet und mit zusätzlichen Lösungshinweisen versehen. Im Bedarfsfall wird mit folgenden Symbolen auf Richtungen (z.b. in Zeigerbildern) oder auf Zählpfeile (in Rechnungen) verwiesen: ( ), ( ), ( ), ( ). Ein Bearbeiter kann seine Fähigkeiten und Fertigkeiten innerhalb der Berechnung elektrischer Stromkreise herausbilden und festigen, wenn er die Aufgaben selbstständig bearbeitet. Falls er dabei die Übersicht verlieren sollte, ist sofortige Unterstützung durch Einsichtnahme in das vorgerechnete Beispiel möglich. In einigen Kapiteln werden die Berechnungsbeispiele mit einem Komplexbeispiel abgeschlossen. Dabei handelt es sich um die Kombination mehrerer Berechnungsbeispiele, die sich zu einem Komplex ergänzen und eine betrachtete Problematik möglichst umfassend darstellen sollen. Berechnungsbeispiele werden wie Lehrbeispiele nummeriert. Übungsaufgaben: Im Anhang des Buches befinden sich Übungsaufgaben. Sie sollen von dem Studierenden möglichst selbstständig abgearbeitet werden. Zur Kontrolle sind die Lösungen zu den Übungsaufgaben in Kurzfassung im Internet veröffentlicht. Übungsaufgaben werden im Sinne einer zielgerichteten Prüfungsvorbereitung mit der folgenden Kennzeichnung dem jeweiligen Grundlagenbereich zugeordnet: ÜA_1 = Gleichstromlehre, ÜA_2 = Felder und ÜA_3 = Wechselstromlehre. Es folgt die Nummer des jeweiligen Abschnittes, in dem die Problematik aus theoretischer Sicht behandelt wird. Ein nachfolgender Großbuchstabe ermöglicht die Unterscheidung der Übungsaufgaben eines gleichen Abschnittes (z.b. ÜA_1_3.5_B: Zweite Übungsaufgabe zur Gleichstromlehre Abschnitt 3.5). Die meisten Beispiele und Übungsaufgaben können mit Simulationsprogrammen nachvollzogen werden. Entsprechende Hinweise zur Arbeit mit PSPICE findet man in [14] Kap. 1.
9 Inhaltsverzeichnis I Gleichstromlehre 1 Elektrische Grundgrößen Elektrische Ladung Elektrische Stromstärke Elektrische Spannung Elektrischer Gleichstromkreis Widerstände im elektrischen Stromkreis Bemessungsgleichung Temperaturabhängigkeit Technische Ausführungsformen Gesetze zur Berechnung elektrischer Stromkreise Das OHMsche Gesetz Die KIRCHHOFFschen Sätze Maschensatz Knotenpunktsatz Energiesatz Lineare elektrische Gleichstromkreise Eigenschaften elektrischer Stromkreise Regeln zur Berechnung passiver Zweipole Reihenschaltung und Spannungsteilerregel Parallelschaltung und Stromteilerregel Berechnung passiver Zweipole Elektrische Quellen Lastfälle im Grundstromkreis Leistung und Wirkungsgrad Anpassungsfall Diskussion von Lastfällen Belasteter Spannungsteiler Beispiele und Anwendungen Grundschaltungen der elektrischen Messtechnik Messbereichserweiterung Aufnahme von Kennlinien Stromrichtige Messung Spannungsrichtige Messung Messgeräte mit Nullindikator Allgemeine Berechnung von Brückenschaltungen... 55
10 8 Inhaltsverzeichnis Allgemeine Umrechnung in eine Sternschaltung Dreieck-Stern-Transformation Stern-Dreieck-Transformation Beispiele und Anwendungen Verfahren zur Berechnung linearer Netzwerke Netzwerkberechnung nach KIRCHHOFF Der HELMHOLTZsche Überlagerungssatz Zweipoltheorie Spannungsquellen-Ersatzschaltung Stromquellen-Ersatzschaltung Beispiele und Anwendungen Analyseverfahren Umlaufanalyse Knotenanalyse Stromkreise mit nichtlinearen Bauelementen Strom-Spannungs-Kennlinie Ausgewählte Kennlinien nichtlinearer Bauelemente Konstruktion von Ersatz-Kennlinien Ersatz-Kennlinien von Elementarschaltungen Idealisierte Kennlinien und Ersatzschaltungen Grafische Bestimmung des Arbeitspunktes Beispiele und Anwendungen II Elektrische und magnetische Felder 7 Feldbegriff Einteilung der Felder Eigenschaften elektrischer und magnetischer Felder Stationäres elektrisches Strömungsfeld Eigenschaften des elektrischen Strömungsfeldes Beschreibung des stationären elektrischen Strömungsfeldes Integrale Größen Ortsbezogene Größen Maschen- und Knotenpunktsatz im Strömungsfeld Überlagerung elektrischer Strömungsfelder Berechnung elektrischer Strömungsfelder Homogene und einfache inhomogene Strömungsfelder Radialsymmetrische Strömungsfelder
11 Inhaltsverzeichnis 9 9 Elektrostatisches Feld Eigenschaften des elektrostatischen Feldes Beschreibung des elektrostatischen Feldes Integrale Größen Ortsbezogene Größen Berechnung elektrostatischer Felder Homogene und einfache inhomogene elektrostatische Felder Radialsymmetrische elektrostatische Felder Überlagerung elektrostatischer Felder Energie und Kräfte im elektrostatischen Feld Elektrisches Verhalten des Kondensators Regeln zur Berechnung von Kondensatorschaltungen Reihenschaltung und kapazitiver Spannungsteiler Parallelschaltung und Ladungsteiler Gemischte Kondensatorschaltungen Schaltvorgänge in RC-Kombinationen Ladevorgang Entladevorgang Umschalten vorgeladener Kondensatoren Ladungsausgleich Ladungsbilanz Ladungsausgleich in einer Reihenersatzschaltung Ladungsausgleich in einer Parallelersatzschaltung Kapazitive Netzwerke Magnetisches Feld Eigenschaften des magnetischen Feldes Beschreibung des magnetischen Feldes Integrale Größen Ortsbezogene Größen Magnetische Kreise Magnetisierungskennlinie Ersatzschaltungen für magnetische Kreise Berechnung magnetischer Kreise Magnetische Felder stromdurchflossener Leiter Energie und Kräfte im magnetischen Feld Magnetische Energie LORENTZ-Kraft Elektromagnetische Induktion Induktionsgesetz Selbstinduktion und Induktivität Gegeninduktion und Gegeninduktivität
12 10 Inhaltsverzeichnis Transformatorgleichungen Wechselwirkungen Elektrisches Verhalten der Spule Zusammenschaltung von Induktivitäten Unverkoppelte Induktivitäten Verkoppelte Induktivitäten Transformator-Ersatzschaltungen Schaltvorgänge an Spulen Einschaltvorgang Ausschaltvorgang Umschalten vormagnetisierter Spulen III Wechselstromlehre 13 Beschreibung von Wechselgrößen Periodische Zeitfunktionen Sinusförmige Zeitfunktionen Mittelwerte periodischer Zeitfunktionen Arithmetischer Mittelwert Gleichrichtwert Effektivwert Überlagerung sinusförmiger Zeitfunktionen Widerstände im Wechselstromkreis Elementare Zweipole Ohmscher Widerstand Induktiver Blindwiderstand Kapazitiver Blindwiderstand Reale Bauelemente Reale Spule Realer Kondensator Elementarschaltungen Zeigerbilder Gemischte RLC-Kombinationen Brückenschaltungen Berechnung von Stromkreisen bei sinusförmiger Einspeisung Berechnung im Zeitbereich Berechnung im Bildbereich Zeigerdarstellung Rechenregeln
13 Inhaltsverzeichnis Transformationsregeln Komplexer Widerstand Komplexer Leitwert Gemischte Schaltungen im Wechselstromkreis Rechnerische Lösung im Bildbereich Grafische Lösung im Bildbereich Variation von Betriebsparametern Spezielle Wechselstromschaltungen Wechselstrom-Brücken Induktivitätsmessbrücke Kapazitätsmessbrücke Phasendrehbrücke Frequenzabhängigkeit der Wechselstromkreise Komplexer Frequenzgang Tief- und Hochpässe Schwingkreise Übertragungsvierpole Leistungsbetrachtungen im Wechselstromkreis Zeitfunktion der Leistung Wirk-, Blind- und Scheinleistung Komplexe Leistung Leistungsfaktor und seine Verbesserung Dreiphasensysteme Symmetrische Drehstromgeneratoren Spannungen und Ströme Belastungsarten Leistung im Dreiphasensystem Transformator Idealer Transformator Verlustloser und streuungsfreier Transformator Realer Transformator Übungsaufgaben Literaturverzeichnis Sachwortverzeichnis Formelzeichenverzeichnis
14 12 1 Elektrische Grundgrößen 1 Elektrische Grundgrößen 1.1 Elektrische Ladung Die elektrische Ladung ist eine grundlegende Eigenschaft der Materie. Alle physikalischen Zustände, Prozesse und Erscheinungen, die in der Elektrotechnik auftreten, werden durch ruhende oder bewegte elektrische Ladungen verursacht. Elektrische Ladungen sind Bestandteil aller Atome. Um den positiv geladenen Atomkern (Protonen) existiert eine negativ geladene Atomhülle, die mit n Elektronen besetzt ist. Diese beiden Elementarteilchen tragen eine vorzeichenbehaftete Elementarladung e 0. Proton: positive Ladung + e 0 Elektron: negative Ladung e 0 e 0 1, A s (1.1) Ein Atom, dem aus seiner Umgebung keine Energie zugeführt wurde, erscheint für einen externen Beobachter elektrisch neutral. Die negative Ladung der Atomhülle hebt die positive Ladung des Atomkerns nach außen hin auf. Bewegliche Ladungen entstehen in bestimmten Stoffen z.b. durch das Herauslösen von Elektronen aus der Atomhülle. Infolge der Zufuhr von Energie (z.b. Wärme) werden Elektronen aus der Hülle der Atome entfernt und stehen dann als bewegliche Ladungsträger zur Verfügung. Das Atom besitzt in diesem Fall einen Überschuss an positiven Ladungen seines Kernes. Der Betrag jeder positiven oder negativen Ladung ist dann ein ganzzahliges Vielfaches n der Elementarladung e 0 und wird als Ladungsmenge Q bezeichnet. Für die Einheit gilt: [Q] = 1 A s (Amperesekunde). Q = n e 0 (1.2) Jede Ladung versetzt den sie umgebenden Raum in einen besonderen Zustand. Sie bewirkt ein elektrisches Feld (Kap. 7 bis 9) und übt damit eine Kraft F ~ Q auf benachbarte Ladungen aus. Nach dem COU- LOMBschen Gesetz (siehe Abschn. 9.4) stoßen sich Ladungen gleicher Polarität voneinander ab, und Ladungen mit verschiedenen Vorzeichen ziehen sich gegenseitig an. Ladungen können ruhen oder sich infolge der Kraftwirkung eines elektrischen Feldes bewegen. Ob sie sich bewegen können, und wie schnell sie sich bewegen, hängt von der sie umgebenden Materie ab. Ruhende Ladungen erhält man z.b. durch Ladungstrennung auf den Oberflächen zweier durch einen Nichtleiter getrennter Metallplatten (vgl. Kap. 9). Bewegliche Ladungen können gerichtet transportiert werden, wenn ein äußeres elektrisches Feld auf sie einwirkt (z.b. durch Anlegen einer Spannung an einen Leiter). Die negativen Ladungen führen dann eine Bewegung relativ zu den positiven Ladungen aus. Der jeweilige Zustand einer Ladung (Ruhe oder Bewegung) wird demzufolge neben der von außen zugeführten Energie durch das stoffliche Medium bestimmt, in dem sich die Ladung befindet bzw. das von den betrachteten Atomen gebildet wird. Solche stofflichen Medien können fest, flüssig oder gasförmig sein. Die weiteren Ausführungen in diesem Lehrbuch beziehen sich auf Festkörper, die in der Regel bei Raumtemperatur betrachtet
15 1.2 Elektrische Stromstärke 13 werden. Man unterscheidet zwischen den folgenden Stoffen: Elektrischer Leiter: Unter einem Leiter versteht man einen leitfähigen Stoff, der eine große Anzahl von beweglichen Elektronen enthält (z.b. Kupfer mit einer Konzentration n Cu Elektronen / cm 3 ). In metallischen Leitern sind die Elektronen nur sehr schwach im Atomverband gebunden, können sich leicht lösen und stehen somit in großer Anzahl als bewegliche Ladungsträger für einen Ladungstransport zur Verfügung. In den weiteren Ausführungen der folgenden Kapitel zur Gleichstromlehre (Ausnahme: Kap. 6) werden ausschließlich metallische Leiter betrachtet. Halbleiter: In einem Halbleiter ist die Anzahl der beweglichen Ladungen pro Volumeneinheit im Vergleich zum metallischen Leiter um Größenordnungen von bis zu Elektronen / cm 3 geringer. Durch den zielgerichteten Einbau von geeigneten Fremdatomen (Dotierung) kann diese Anzahl jedoch um Größenordnungen verändert werden. Auf Leitungsmechanismen in Halbleitern kann in diesem Lehrbuch leider nicht eingegangen werden. Es wird auf die weiterführende Literatur (z.b. [13]) verwiesen. Nichtleiter (Isolator): Ein idealer Nichtleiter besitzt keine frei beweglichen Ladungsträger. Somit ist ein Ladungstransport nicht möglich. Bei realen Nichtleitern sind die Elektronen fest im Gitterverband verankert, solange sie nicht entsprechend hohen Temperaturen oder starken elektrischen Feldern ausgesetzt werden. Obwohl es demzufolge keine idealen Nichtleiter geben kann, geht man in ausgewählten Fällen von dieser idealen Eigenschaft aus (z.b. Kap. 9). 1.2 Elektrische Stromstärke Die elektrische Stromstärke i beschreibt einen Ladungstransport pro Zeiteinheit. dq i = (1.3) dt Wenn sich die Menge der transportierten Ladung über der Zeit ändert, so handelt es sich um einen zeitlich veränderlichen Strom i = f (t). Er wird im Weiteren, wie auch alle anderen von der Zeit abhängigen Größen, mit einem kleinen Buchstaben i gekennzeichnet (Einheit: [ i ] = 1 A). i t 1 t 2 Bild 1.1: Zeitlich veränderlicher Strom Betrachtet man einen veränderlichen Strom in einem zeitlichen Intervall (z.b. hier von t 1 bis t 2 siehe Bild 1.1), so ist die Fläche, die vom Funktionsverlauf i = f (t) gegen die Zeitachse eingeschlossen wird, ein Maß für die in diesem Zeitraum Δ t transportierte Ladungsmenge Δ Q = Q 2 Q 1. t2 ΔQ = i dt (1.4) t 1 Wird über der Zeit eine konstante Ladungsmenge bewegt, so handelt es sich um einen zeitlich unabhängigen Strom i f (t). Dieser Gleichstrom wird mit einem großen Buchstaben I gekennzeichnet. i I Bild 1.2: Gleichstrom t t
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