Ich bin stinksauer! Warum kommst du schon wieder zu spät? Dialoge im DaZ-Unterricht mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen
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- Charlotte Waltz
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1 Ich bin stinksauer! Warum kommst du schon wieder zu spät? Dialoge im DaZ-Unterricht mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen Una Dirks, Bernd Holly & Maria Ramos Dies Academicus Philipps-Universität Marburg
2 Gliederung (1) Die Steinmühle (2) Vorarbeiten und Ankunft der umf (3) Das Beschulungskonzept (4) Das Evaluationskonzept (5) Interkulturelle Bildung: Umgang mit der Zeit Dialoge bilden und auswerten Videomitschnitte aus dem Unterricht: Präsentation und Auswertung auf der Basis eines Kompetenzrasters Kurzvortrag: Interkulturelle Differenzen im Umgang mit der Zeit (6) Fragen und Diskussion
3 1) Die Steinmühle B. Holly, Gymnasium Steinmühle
4 B. Holly Gymnasium Steinmühle Die Steinmühle Staatlich anerkanntes Gymnasium in freier Trägerschaft des Schulvereins Landschulheim Steinmühle e.v., gebundene Ganztagsschule und Internat Mitglied im Schulverbund Blick über den Zaun Mitglied in Die Internate Vereinigung Trägerin des Gütesiegels Hochbegabung (HKM) Umweltschule (Naturschutzakademie Hessen) Zertifizierung als Gesundheitsfördernde Schule angestrebt
5 B. Holly Gymnasium Steinmühle Leitlinien der Steinmühle 1. Einzelnen gerecht werden 2. Schule als Gemeinschaft verstehen 3. Lernen selbstorganisiert, kooperativ und kompetenzorientiert initiieren 4. Lernende Institution sein, sich neuen gesellschaftlichen Anforderungen stellen.
6 B. Holly, Gymnasium Steinmühle 2) Vorarbeiten Ankunft der umf Allgemeine Anfrage des Jugendamtes Marburg Marburg möchte UmA-Zentrum sein Die Schulgemeinde informieren Positive Reaktionen Herstellen räumlicher Voraussetzungen Mieten, Renovieren und Einrichten eines Gebäudes Gründung einer Jugendhilfeeinrichtung Inanspruchnahme der Dienstleistungen der GISA (gisa-marburg.de) Entwicklung eines Beschulungskonzepts Beantragung einer für Gymnasien neuen Beschulungsform für Schüler/-innen nicht-deutscher Herkunft (NDHS)
7 Herkunftsländer B. Holly, Gymnasium Steinmühle B. Gemmer
8 B. Holly, Gymnasium Steinmühle Herkunftsländer 10 Schüler aus Syrien Amtssprache Arabisch Englisch ab 1. Klasse Staatl. Schulsystem, Schulpflicht bis 11 Jahre Alphabetisierung: 81 % der Frauen, 92 % der Männer 4 Schüler aus Afghanistan Amtssprachen Paschto, Dari (Persisch) Alphabetisiert ca. 30% der Bevölkerung Kinder/Jugendliche (auch Mädchen) zunehmend Zugang zu Schulbildung 1 Schüler aus Eritrea Amtssprachen Tigrinya, Arabisch, Englisch u.v.m. Schulbesuch: ca. 45% besuchen die Grundschule, ca. 21% besuchen weiterführende Schulen Durchschnittliche Klassengröße: 97 Kinder pro Klasse
9 B. Holly, Gymnasium Steinmühle 3) Das Beschulungskonzept Insgesamt mind. 32 Wochenstunden Unterricht (vgl. Vorgaben der aktuell gültigen Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses, insbes. 50): 16 WS Deutsch als Zweitsprache Kernfach in hohem Stundenumfang für das zügige Erlernen unserer Sprache 4 WS Englisch Zentrale Inhalte des Sek-I-Englischunterrichts für die Anschlussfähigkeit in Sek-II 4 WS Mathematik Zentrale Inhalte des Sek-I-Matheunterrichts für die Anschlussfähigkeit in Sek-II 2 WS Sport Sprachsensibles Fach zur (non-)verbalen Verständigung der Schüler untereinander 2 WS Gesellschaftslehre bilingual (Englisch) Überblick über hist. Entwicklungen, die aktuelle pol. Situation in der Welt, D s Rolle im internationalen Kontext, Kenntnisse der Schüler über das eigene Herkunftsland. 2 WS Naturwissenschaftlicher Unterricht integrativ (Förderkurs Kl. 9i mit Jg 10) Erarbeitung bzw. Wiederholung zentraler Inhalte des naturwissenschaftlichen Unterrichts der Sek I, um die Anschlussfähigkeit in der Sek-II zu sichern. B. Gemmer
10 M. Ramos Das Beschulungskonzept 2 WS Interkulturelle Bildung Erteilt von der Fremdsprachenlehrerin (Arabisch, Spanisch) Maria Ramos. Konzept: Erwerb interkultureller Kompetenz durch die kulturkontrastive Bearbeitung alltagsrelevanter Themen ( critical incidents ), d.h. Vergleich der Lebenssituation im Herkunftsland mit dem Alltag in Deutschland Themen: Körpersprache, Nähe und Distanz, Privatsphäre vs. Öffentlicher Raum, (in)direkte Kommunikation, soziale Strukturen, Rolle der Frau, Umgang mit Regeln, Pünktlichkeit.
11 U. Dirks 4) Das Evaluationskonzept Una Dirks untersucht mit DaZ-Studierenden der Philipps-Universität Marburg die Frage: Wie gelingt die schulische Bildung von Flüchtlingen?
12 Forschungsziele U. Dirks o o o o o Kompetenzstand und -erwerb von Deutsch als Zweitsprache und der deutschen Sprache im Fach (z.b. Mathematik, Chemie) evaluieren. Bestmögliche Lehr-Lernbedingungen für einen erfolgreichen DaZ-Erwerb der umf rekonstruieren. Ausschöpfungspotentiale für schülerspezifische Fördermaßnahmen bestimmen. Fördermaßnahmen implementieren und evaluieren. Eine evidenzbasierte Grundlage für Anschlussforschungen und Transfermöglichkeiten in ähnlich strukturierte Handlungsfelder bereitstellen.
13 Das Forschungsdesign U. Dirks orientiert sich am state of the art summativer (punktueller) und formativer (prozessbezogener) DaZ-Evaluationsformate des bundesweiten Forschungsverbundes Bildung durch Schrift und Sprache (BISS, ). Über umf-beschulungen liegen bis dato kaum Forschungsergebnisse vor. Daten: Experteninterviews mit LehrerInnen, Schul- und Einrichtungsleitung Sprachbiographische Fragebögen mit Schülern, kontinuierliche Sprachstandsdiagnosen in DaZ und einzelnen Sachfächern auf der Basis von Schülertests/-klausuren, Unterrichtsvideos (ca. 4 Messzeitpunkte/Schulj.) Methoden: Handlungs- und strukturtheoretische sowie dokumentarische Interviewanalysen mithilfe von MaxQDA Profilanalysen und Niveaubeschreibungen, ethnographische Unterrichtsbeobachtungen, Bestimmung der Förderhorizonte.
14 5) Interkulturelle Bildung: Umgang mit der Zeit U. Dirks M. Ramos
15 U. Dirks M. Ramos 5a) Dialoge bilden und auswerten Bitte, formulieren Sie mithilfe der Karten Dialoge. Sie müssen nicht alle Karten benutzen und können andere Verabredungen treffen, z.b. ins Kino oder ins Restaurant gehen, zusammen einkaufen und/oder kochen. Auf welcher Kompetenzstufe des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (A1, A2, B1 ) ordnen Sie Ihren Dialog ein?
16 Niveau Kompetente Sprachverwendung Selbständige Sprachverwendung Elementare Sprachverwendung Kompetenzbereich C 2 C 1 B 2 B 1 A 2 A 1 Deskriptoren des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen Kann praktisch alles, was er/sie liest oder hört, mühelos verstehen. Kann Informationen aus verschiedenen schriftlichen und mündlichen Quellen zusammenfassen und dabei Begründungen und Erklärungen in einer zusammenhängenden Darstellung wiedergeben. Kann sich spontan, sehr flüssig und genau ausdrücken und auch bei komplexeren Sachverhalten feinere Bedeutungsnuancen deutlich machen. Kann ein breites Spektrum anspruchsvoller, längerer Texte verstehen und auch implizite Bedeutungen erfassen. Kann sich spontan und fließend ausdrücken, ohne öfter deutlich erkennbar nach Worten suchen zu müssen. Kann die Sprache im gesellschaftlichen und beruflichen Leben oder in Ausbildung und Studium wirksam und flexibel gebrauchen. Kann sich klar, strukturiert und ausführlich zu komplexen Sachverhalten äußern und dabei verschiedene Mittel zur Textverknüpfung angemessen verwenden. Kann die Hauptinhalte komplexer Texte zu konkreten und abstrakten Themen verstehen; versteht im eigenen Spezialgebiet auch Fachdiskussionen. Kann sich spontan und fließend verständigen, dass ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ohne größere Anstrengung auf beiden Seiten gut möglich ist. Kann sich zu einem breiten Themenspektrum klar und detailliert ausdrücken, einen Standpunkt zu einer aktuellen Frage erläutern und die Vor- und Nachteile verschiedener Möglichkeiten angeben. Kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht. Kann die meisten Situationen bewältigen, denen man auf Reisen im Sprachgebiet begegnet. Kann sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessengebiete äußern. Kann über Erfahrungen und Ereignisse berichten, Träume, Hoffnungen und Ziele beschreiben und zu Plänen u. Ansichten kurze Begründungen oder Erklärungen geben. Kann Sätze und häufig gebrauchte Ausdrücke verstehen, die mit Bereichen von ganz unmittelbarer Bedeutung zusammenhängen (z.b. Informationen zur Person und zur Familie, Einkaufen, Arbeit, nähere Umgebung). Kann sich in einfachen, routinemäßigen Situationen verständigen, in denen es um einen einfachen und direkten Austausch von Informationen über vertraute und geläufige Dinge geht. Kann mit einfachen Mitteln die eigene Herkunft und Ausbildung, die direkte Umgebung und Dinge im Zusammenhang mit unmittelbaren Bedürfnissen beschreiben. Kann vertraute, alltägliche Ausdrücke und ganz einfache Sätze verstehen und verwenden, die auf die Befriedigung konkreter Bedürfnisse zielen. Kann sich und andere vorstellen und anderen Leuten Fragen zu ihrer Person stellen z.b. wo sie wohnen, was für Leute sie kennen und was für Dinge sie haben und kann auf Fragen dieser Art Antwort geben. Kann sich auf einfache Art verständigen, wenn die Gesprächspartner/innen langsam und deutlich sprechen und bereit sind zu helfen.
17 M. Ramos 5b) Videomitschnitte aus dem Unterricht Präsentation einzelner Dialoge Auswertung anhand des Kompetenzrasters zur Unterrichtseinheit.
18 DaZ Interkulturelle Kompetenzen: Umgang mit der Zeit Sprachliche Kompetenzen (Auswahl) Sch. A Sch. B Begriffe über Pünktlichkeit anwenden können X X Adjektive mit dem Präfix un- anwenden können M. Ramos Begriffe für Jahreszeiten, Monate und das Datum anwenden können X X Präpositionen + Zeitangaben (am, um, im) unterscheiden und korrekt verwenden können Sprachmittel für Verabredungen anwenden können X X X X X Sprachmittel für Entschuldigungen bei Zuspätkommen anwenden können Sprachmittel für Annahme oder Zurückweisung der Entschuldigung verwenden können X X X Erstellen eigener Dialoge: Sich verabreden/ Zu spät kommen sich entschuldigen XX X X Interkulturelle Kompetenzen (Auswahl) Sich in die Rolle des Wartenden versetzen können X? Die Bedeutung des Wertes Pünktlichkeit und von Zeitmanagement in Deutschland verstehen und erklären können Den Umgang mit Zeit zwischen dem Herkunftsland und Deutschland vergleichen, Differenzen und Unterschiede beschreiben und erklären können X? X? X Das ursprüngliche Sozialverhalten im Umgang mit Zeit ggf. verändern. X? X?
19 Zwischenbilanz U. Dirks Ein Dialog ist eine Textsorte, die bestimmte Muster sprachlicher Kommunikation aufweist (Brinker 2010). Ihr Aufbau orientiert sich an der kommunikativen Funktion des Dialogs (vgl. Gansel/Jürgens 2007). Alle 9i-Schüler verfügen über die für Verabredungen und Entschuldigungen erforderlichen Sprachmittel. Es gibt jedoch ein breites Spektrum qualitativer Unterschiede bei der sprachlichen und inhaltlichen Realisierung des jeweiligen Kommunikationsziels. Interkulturelle Kompetenz muss mithilfe zusätzlicher Schülerprodukte und Daten erfasst werden.
20 DER UMGANG MIT DER ZEIT In Deutschland und in unseren Ländern M. Ramos
21 M. Ramos Der Umgang mit der Zeit ist in den verschiedenen Kulturen und Ländern sehr unterschiedlich.
22 Die Faktoren, die den Umgang mit der Zeit beeinflussen, sind auch sehr unterschiedlich M. Ramos
23 Die Wirtschaft und die Geschichte eines Landes beeinflussen den Umgang mit der Zeit M. Ramos
24 In Ländern mit mehr Landwirtschaft oder Viehzucht ist die Zeit mit der Natur, dem Wetter und den Jahreszeiten verbunden. Frühling, Sommer, Herbst, Winter M. Ramos
25 In diesen Ländern ist die Pünktlichkeit nicht so wichtig. Wie ist es in deinem Land - in der Schule? - bei der Arbeit? - mit Freunden oder mit der Familie? - Wo verabredest du dich mit den Freunden? M. Ramos
26 In Ländern mit einer stark industrialisierten Gesellschaft ist die Zeit so wertvoll wie Geld. = M. Ramos
27 In einer stark industrialisierten Gesellschaft werden folgende Tugenden geschätzt: Pünktlichkeit (pünktlich sein) und Zuverlässigkeit (zuverlässig sein), denn sie werden mit der Leistungsfähigkeit verbunden (leistungsfähig sein) M. Ramos
28 Der Mensch ist zur Arbeit geboren wie der Vogel zum Fliegen.. Martin Luther Glaubst du, die Religion spielt auch eine wichtige Rolle in dem Umgang mit der Zeit in den verschiedenen Kulturen? M. Ramos
29 Wenn jemand dir seine Zeit gibt, egal in welchem Land, ist das genauso wertvoll wie ein Geschenk. M. Ramos
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